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PDF anzeigen 5 [X.]/09 [X.] vom 9. November 2009 in der Strafsache gegen wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung
- 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 9. November 2009 beschlossen: Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 22. Juni 2009 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit eine Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.]. G r ü n d e
Das [X.] hat den Angeklagten wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung, begangen gemeinsam mit dem nichtrevidierenden Angeklagten [X.]
, zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner [X.], deren unbeschränkte Durchführung auch nach Hinweis seitens des Se-nats auf § 64 StGB ausdrücklich gewünscht wird. 1 1. Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der Sachrüge hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen den Angeklagten beschweren-den Rechtsfehler ergeben. Insbesondere ist nicht zu beanstanden, dass das [X.] die angenommene erhebliche Verminderung seiner [X.] - 3 - fähigkeit aufgrund Alkoholisierung im Rahmen der Prüfung eines minder schweren Falles nach § 250 Abs. 3 StGB nicht zu seinen Gunsten berück-sichtigt hat. Das [X.] verweist zur Begründung (unter Bezugnahme auf [X.]St 49, 239) darauf, dass der Angeklagte nur zwei Monate vor der jetzt abgeurteilten Tat wegen schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung unter Annahme der Voraussetzungen des § 21 StGB wegen erheblicher Verminderung der Schuldfähigkeit aufgrund Alkoholkonsums verurteilt worden war. Anhaltspunkte dafür, dass der Ange-klagte den Alkoholkonsum aufgrund einer Alkoholkrankheit nicht vermeiden konnte, sind nicht ersichtlich; insoweit hat das sachverständig beratene [X.] ein Alkoholabhängigkeitssyndrom ausgeschlossen. Unter diesen Umständen hielt das [X.] eine positive Berücksichtigung der vermin-derten Schuldfähigkeit zu Recht für nicht angezeigt und sah, nachdem es aus anderen Gründen zur Annahme des § 250 Abs. 3 StGB gelangt war, kei-nen Raum für eine weitere Milderung des Strafrahmens gemäß §§ 21, 49 StGB (vgl. [X.]R StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 38). 3 2. Ein sachlichrechtlicher Mangel liegt jedoch darin, dass das [X.] nicht erkennbar geprüft hat, ob eine Maßregel nach § 64 StGB anzuord-nen war. Nach den Feststellungen drängte sich eine solche Prüfung auf. Danach trank der 24 Jahre alte Angeklagte —dessen Alkoholkonsum seit dem 17. Lebensjahr stetig zugenommen [X.], schon vor der Tatzeit regelmäßig in erheblichem Umfang Alkohol. —In den letzten Jahren kam es bei ihm nur selten zu einer Trinkpause von einem Tagfi ([X.]). Zwar ge-lang es ihm nach Entlassung aus der Verbüßung einer Ersatzfreiheitsstrafe im November 2007 —zumindest für einige Zeit seinen Alkoholkonsum zu re-duzierenfi ([X.]). —[X.] bewegte sich der Angeklagte indes in der [X.], die sich regelmäßig auf dem [X.] in [X.] trifft, um dort unter anderem gemeinsam Alkohol zu konsumieren. Bereits im Juli 2008 war er wegen schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe verur-4 - 4 - teilt worden. Diese Tat hatte der Angeklagte auf dem [X.] aus der [X.] heraus begangen; er war dabei erheblich alkoholisiert, weshalb das Tatgericht die Voraussetzungen des § 21 StGB bejaht hatte. Auch die nunmehr abgeurteilte Tat vom 9. Februar 2009 hat der Angeklagte unter gleichartigen Umständen und wiederum unter erheblichem Alkoholeinfluss stehend begangen, so dass das [X.] von einer erheblichen [X.] seiner Steuerungsfähigkeit ausgeht. Angesichts dieser Feststellungen liegt es nahe, dass der Angeklagte den in § 64 Satz 1 StGB beschriebenen Hang aufweist. Zwar hat das Land-gericht unter Berufung auf den Sachverständigen sowohl beim Angeklagten als auch bei dem Nichtrevidenten [X.]
einen Hang, alkoholische Ge-tränke im Übermaß zu sich zu nehmen, verneint, da keinerlei Anhaltspunkte für ein Abhängigkeitssyndrom hätten festgestellt werden können. Dabei hat es jedoch verkannt, dass ein Abhängigkeitssyndrom nicht zwingende Vor-aussetzung für die Annahme eines Hangs ist (vgl. [X.]R StGB § 64 Hang 2 und § 64 Abs. 1 Hang 5). Denn hierunter fällt nicht nur eine chronische, auf körperlicher Sucht beruhende Abhängigkeit, sondern es genügt eine einge-wurzelte, aufgrund psychischer Disposition bestehende oder durch Übung erworbene intensive Neigung, immer wieder Alkohol oder andere Rauschmit-tel im Übermaß zu sich zu nehmen, ohne dass diese den Grad einer physi-schen Abhängigkeit erreicht haben muss ([X.], Beschluss vom 18. [X.] 5 StR 363/98; Beschluss vom 18. Juli 2007 [X.] 5 StR 279/07). Dass eine solche Neigung [X.] wie sie bei dem festgestellten [X.] nahe liegt [X.] zur Anordnung der Maßregel des § 64 StGB ausreichen kann, hat das [X.] nicht ersichtlich bedacht. Auch ergibt sich aus den bisherigen Feststellungen nicht, dass eine [X.] Therapie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 64 Satz 2 StGB) oder andere Voraussetzungen der [X.] offensichtlich nicht vorliegen. Angesichts des Gewichts der [X.] und der einschlägigen Vorstrafe gilt dies auch für die Gefährlichkeitsprognose. 5 - 5 - [X.] steht nicht entgegen, dass § 64 StGB durch das Gesetz zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Kranken-haus und in einer Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 ([X.], 1327) von einer Muss- in eine Sollvorschrift umgestaltet worden ist. Dies macht die [X.] des § 64 StGB durch das Tatgericht nicht entbehrlich. Dieses muss vielmehr das Ermessen tatsächlich ausüben und die Ermessensentschei-dung für das Revisionsgericht nachprüfbar machen (vgl. [X.] NStZ-RR 2008, 73 f.). 6 3. Der Senat kann ausschließen, dass die Freiheitsstrafe bei Anord-nung einer Maßregel milder hätte ausfallen können. Demnach wird das neue Tatgericht unter Hinzuziehung eines Sachverständigen nur noch die Maßre-gelfrage zu prüfen haben. 7 8 4. Eine Erstreckung der Aufhebung gemäß § 357 StPO auf den zur Tatzeit in Folge von Alkoholkonsum in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich verminderten Nichtrevidenten [X.]
, bei dem ebenfalls ein [X.] behand-lungsbedürftiges [X.] —[X.] ([X.]) festgestellt wurde, der jedoch keine Revision eingelegt hat, scheidet aus, da die Entscheidung nach § 64 StGB bei jedem Angeklagten auf individuellen Erwägungen beruht (vgl. [X.]R StPO § 357 Erstreckung 4). [X.] Raum Brause [X.] [X.]
Meta
09.11.2009
Bundesgerichtshof 5. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.11.2009, Az. 5 StR 421/09 (REWIS RS 2009, 724)
Papierfundstellen: REWIS RS 2009, 724
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