Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.12.2011, Az. I ZR 129/10

I. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 322

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
I [X.]
Verkündet am:

15. Dezember 2011

Führinger

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Einkauf Aktuell
UWG §§ 3, 4 Nr. 11; GG Art. 5 Abs. 1 Satz 2; [X.] § 29 Abs. 2; [X.] § 17
a) Das für den Staat bestehende Gebot, sich nur in engen Grenzen auf dem Gebiet der Presse zu betätigen, stellt insoweit, als es den Schutz der [X.] und der Verbraucher bezweckt, eine Marktverhaltensregelung im Sinne des §
4 Nr.
11 UWG dar.
b) Der in §
29 Abs.
2 [X.] geregelte formale Beherrschungsbegriff kann nicht mit dem Begriff der Abhängigkeit im Sinne des §
17 [X.] oder ande-rer Bestimmungen gleichgesetzt werden, die an die materielle [X.] anknüpfen.
[X.], Urteil vom 15. Dezember 2011 -
I [X.] -
OLG [X.]

LG [X.]

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.]esgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 15.
Dezember 2011 durch [X.] Dr.
Bornkamm und die Richter Pokrant, Prof. Dr.
Büscher, Dr. Schaffert
und
Dr. Koch

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des [X.], 5.
Zivilsenat, vom 9.
Juni 2010 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Beklagte, die [X.], lässt jede Woche über ihre Zusteller vorwiegend in Ballungsgebieten und großen Städten
an alle Haushalte
die Postwurfsendung "Einkauf Aktuell"
verteilen,
der regelmäßig weitere [X.] beigefügt sind und die neben dem Fernsehprogramm redaktionelle Bei-träge
in den aus dem nachstehend wiedergegebenen Klageantrag ersichtlichen Rubriken enthält.

Größter Einzelaktionär der aus dem ehemaligen Monopolunternehmen "[X.]"
hervorgegangenen Beklagten ist mit einem Anteil von 30,5% die [X.], an der der [X.] zu 80% und die Länder zu 20%
beteiligt sind.

1
2
-
3
-
Die
Kläger, die Interessenverbände der Zeitungsverleger
und Anzeigen-blätter, sind der Ansicht, das Verteilen der Postwurfsendung "Einkauf Aktuell"
verstoße wegen
der an der Beklagten beteiligten
öffentlichen
Stellen gegen das aus Art.
5 Abs.
1 Satz
2 GG folgende Gebot der Staatsferne der Presse. Sie haben deswegen die Beklagte wegen eines Verstoßes gegen eine Marktverhal-tensregelung im Sinne des §
4 Nr.
11 UWG in Anspruch genommen und [X.],
es der Beklagten unter Androhung von [X.] zu untersagen, das Objekt "Einkauf Aktuell"
zu verbreiten
oder verbreiten zu lassen, sofern es die Rubriken
"Editorial"
und/oder
"Titelstory"
und/oder
"Gesundheit"
und/oder
"TV-Höhepunkte"
und/oder
"[X.]"
und/oder
"Essen und Trinken"
und/oder
"Technik"
und/oder
"Reisen"
und/oder
"Computer & Co."
und/oder
"Horoskop"
wie in den als Anlagen K
6, K
8, K
10, K
12, K
14, K
16, K
18, K
20, K
22 und K
24 beigefügten Ausdrucken aus seinen Ausgaben "[X.]/[X.]/[X.]"
geschehen
enthält.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen (LG [X.],
[X.] 2009, 215).
Die Berufung
der Kläger ist ohne Erfolg geblieben
(OLG [X.],
AfP
2010, 499). Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgen die Kläger ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

[X.] Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Beklagte nicht Adressatin
des
aus Art.
5 Abs.
1 Satz
2 GG abgeleiteten
Gebots
der Staatsfer-ne der Presse
ist und den Klägern daher
kein Unterlassungsanspruch aus §§
8,
3, 4 Nr.
11 UWG in Verbindung mit dieser Grundrechtsbestimmung
zusteht. Zur Begründung
hat es ausgeführt:

Das
Gebot der Staatsferne der Presse setze
einer
pressemäßigen Betä-tigung öffentlicher Stellen
enge Grenzen. Die Beklagte sei jedoch nicht der öf-3
4
5
6
-
4
-
fentlichen Hand zuzurechnen.
Sie sei zwar ein gemischtwirtschaftliches Unter-nehmen.
Eine beherrschende Einflussnahme von staatlicher Seite sei aber ausgeschlossen.
Sonstige Umstände, aus denen eine zumindest faktische Be-herrschung folge, hätten die Kläger nicht dargelegt. Die von
[X.] und Ländern über die [X.] gehaltenen Anteile reichten hierfür auch deshalb nicht aus, weil
in den vergangenen Jahren auf
den Hauptversammlun-gen der Beklagten zwischen 67% und 74% der Stimmen repräsentiert gewesen seien, so dass
die
staatlichen
Stellen dort keine sichere
Mehrheit gehabt hätten. Aus der möglichen politischen Einflussnahme auf den Rücktritt des früheren Vorstandsvorsitzenden
der Beklagten Dr.
Z.
oder den
Verkauf der [X.] ergebe sich ebenso
wenig eine beherrschende Stellung wie aus dem Inhalt der Postwurfsendung
"Einkauf Aktuell"
oder
der früheren Monopolstellung der [X.].
Im Übrigen sei das Gebot der Staatsferne der Presse als bloßes Ab-wehrrecht gegen staatliche Einflussnahme keine
Marktverhaltensregelung im Sinne des §
4 Nr.
11 UWG.

I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Kläger hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Klage mit Recht als unbegründet abgewie-sen.
Der von den Klägern gestellte Klageantrag ist allerdings entgegen der [X.] der Revisionserwiderung nicht unbestimmt (dazu unter [X.] 1).
Das aus Art.
5 Abs.
1 Satz
2 GG abzuleitende
Gebot der Staatsferne der Presse
stellt auch eine Marktverhaltensregelung im Sinne des §
4 Nr.
11 UWG dar
(dazu unter [X.] 2 bis
4).
Die Beklagte ist jedoch nicht Adressatin dieses Gebots, weil der [X.] und die Länder mit ihrem an dieser
über die [X.] ge-haltenen Anteil von 30,5% die Beklagte nicht beherrschen
(dazu unter [X.] 5).

1. Der Klageantrag genügt dem Bestimmtheitserfordernis des
§
253 Abs.
2 Nr.
2 ZPO. Er ist

anders als die Revisionserwiderung meint
nicht deswegen unbestimmt, weil einzelne im Antrag aufgeführte Rubriken von "Ein-7
8
-
5
-
kauf Aktuell"
Beiträge enthalten, die auch nach Ansicht der Kläger unbedenklich sind; der Einwand, dass der Beklagten
mit dem Antrag auch ein zulässiges Verhalten untersagt werden soll, richtet sich nicht gegen die Zulässigkeit, son-dern gegen die Begründetheit der Klage. Unabhängig davon ist der Klageantrag ohnehin auf ein Verbot der konkreten Verletzungsform gerichtet, das keinen Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit begegnet; denn die Verbreitung von "Einkauf Aktuell"
soll nach dem Antrag nur untersagt werden, wenn die ange-führten Rubriken dort so ausgestaltet sind wie in den im Antrag wiedergegebe-nen Ausgaben (vgl. [X.], Urteil vom 7.
April 2011

I
ZR
34/09, [X.], 742 Rn.
17 = [X.], 873

Leistungspakete im Preisvergleich, mwN).

2. Die Bestimmung des Art.
5 Abs.
1 Satz
2 GG fordert zur Sicherung der Meinungsvielfalt die Staatsferne
der Presse.
Dieser Grundsatz
schließt es aus, dass der Staat unmittelbar oder mittelbar Presseunternehmen beherrscht, die nicht lediglich Informationspflichten der öffentlichen Stellen erfüllen. Der Staat kann zwar zur Sicherung der Vielfalt und zur Vermeidung einseitigen Einflusses auf die öffentliche Meinungsbildung infolge Zusammenballung publizistischer Macht Gefahren durch gesetzliche Regelungen begegnen. Er selbst
darf sich jedoch
nur in engen Grenzen auf dem Gebiet der Presse betätigen
(vgl. [X.]
20, 162, 175; vgl. zur [X.] 121, 30, 52
mwN).
Das verfassungsrechtliche Gebot, dass die Presse von staatlichen Einflüssen freizuhalten ist, bezieht sich nicht nur auf manifeste Gefahren unmittelbarer Lenkung oder Maßreglung der im Bereich der Presse tätigen Unternehmen, sondern weitergehend auch auf die Verhinderung aller mittelbaren und subtilen Einflussnahmen des Staates (vgl. wiederum zur [X.] 121, 30, 52
f. mwN).

3. Da die Grundrechte die staatliche Gewalt umfassend und insgesamt binden und die Frage der [X.] für das jeweilige Unternehmen 9
10
-
6
-
nur einheitlich beantwortet werden kann,
gelten diese Grundsätze
nicht nur für Unternehmen, die vollständig im Eigentum der öffentlichen Hand
stehen, son-dern
auch für gemischtwirtschaftliche Unternehmen, die von der öffentlichen Hand
beherrscht
werden
(vgl. [X.] 128, 226 Rn.
49
ff.). Der Begriff der staatlichen Gewalt ist in diesem Zusammenhang
weit zu verstehen und be-schränkt sich daher nicht auf
sogenannte
imperative Maßnahmen (vgl. [X.] 128, 226 Rn.
47).
Auch steht die theoretische Möglichkeit,
die Meinungs-
und Pressefreiheit des Art.
5 GG über den Umweg der Einwirkungsrechte geltend zu machen,
nicht der Annahme
entgegen, dass ein gemischtwirtschaftliches Unternehmen
unmittelbar grundrechtsverpflichtet sein kann
(vgl. [X.] 128, 226 Rn.
52
ff.).

4. Das für den Staat bestehende Gebot, sich nur in engen Grenzen auf dem Gebiet der Presse zu betätigen, dient
wie oben ausgeführt

der Siche-rung der Meinungsvielfalt. Es regelt damit die Frage, wie sich Hoheitsträger und von Hoheitsträgern
beherrschte Unternehmen im Falle ihrer Teilnahme am Wettbewerbsgeschehen auf dem Gebiet der Presse zu verhalten haben. Das Gebot der Staatsferne der Presse stellt damit insoweit, als es auch den Schutz der Mitbewerber und der Verbraucher bezweckt, eine Marktverhaltensregelung im Sinne des §
4 Nr.
11 UWG dar (vgl. [X.] in [X.]/Bornkamm, UWG, 30. Aufl., §
4 Rn.
13.53
f.; v.
[X.], Rechtsbruch als unlauteres Verhalten, 2007, S.
61).

5. Die Beklagte wird jedoch

anders als die Revision meint

nicht von ih-ren öffentlichen Anteilseignern beherrscht. Die von ihr vorgenommene
Heraus-gabe
und Gestaltung der Postwurfsendung
"Einkauf Aktuell"
stellt daher kein
staatliches Handeln dar.
11
12
-
7
-

a) Ein gemischtwirtschaftliches Unternehmen wird in der Regel von öf-fentlichen Anteilseignern beherrscht, wenn die öffentliche Hand mehr als die Hälfte seiner Anteile hält. Für die Grundrechtsverpflichtung ist dabei grundsätz-lich an die entsprechenden zivilrechtlichen Wertungen in den §§
16, 17 [X.] sowie
in Art.
2 Abs.
1 Buchst.
f der [X.] 2004/109/[X.]
(vgl. [X.] 128, 226 Rn.
53).
Das Kriterium der Beherrschung mit seiner Anknüpfung an die eigentumsrechtlichen Mehrheitsverhältnisse stellt danach nicht auf konkrete [X.] hinsichtlich der Geschäftsfüh-rung ab, sondern auf die Gesamtverantwortung für das jeweilige Unternehmen.
Unerheblich
ist daher, ob die öffentliche Beteiligung durch eine öffentliche Stelle oder durch mehrere öffentliche Stellen erfolgt und ob diese ihre Handlungen koordinieren (vgl. [X.] 128, 226 Rn.
54;
abweichende Meinung aaO Rn.
113).
Die Frage, ob ein Abhängigkeitsverhältnis besteht,
ist im Übrigen
in erster Linie aus der Sicht des betroffenen Unternehmens zu beurteilen. Aus seiner Sicht ist es
unerheblich, ob der

nach außen einheitliche

fremde Unter-nehmerwille,
dem eine Gesellschaft unterworfen sein soll, von einem anderen Unternehmen oder von mehreren anderen Unternehmen gebildet wird (vgl. [X.], Urteil vom 4.
März 1974

[X.]
ZR
89/72, [X.]Z 62, 193, 197).

b) Nach diesen Grundsätzen ist die Beklagte kein vom [X.] und den Ländern beherrschtes Unternehmen.

aa) Der
Abhängigkeitstatbestand nach §
17 [X.]
oder
Art.
2 Abs.
1 Buchst.
f RL
2004/109/[X.]
ist erfüllt, wenn ein rechtlich selbständiges Unter-nehmen aus seiner Sicht in eine Situation geraten ist, in der es der Möglichkeit einer Beherrschung durch ein anderes Unternehmen ausgesetzt ist (vgl. [X.], Beschluss vom 17.
März 1997
[X.]
ZB
3/96, [X.]Z 135, 107, 114
mwN). Dies
wird
nach §
17 Abs.
2 [X.] vermutet, wenn ein Unternehmen im Mehrheitsbe-13
14
15
-
8
-
sitz eines anderen Unternehmens steht.
Das ist vorliegend unstreitig nicht der Fall.

bb) Eine unter 50% liegende Beteiligung kann in Verbindung mit weiteren verlässlichen Umständen rechtlicher oder tatsächlicher Art eine Abhängigkeit im Sinne von §
17 [X.] oder
Art.
2 Abs.
1 Buchst.
f RL
2004/109/[X.] begründen, wenn die abstrakte Möglichkeit einer beständigen und umfassenden gesell-schaftsrechtlich vermittelten
Einflussnahme
besteht
(vgl.
[X.]Z 62, 193, 201). Das kann auch
dann der Fall sein, wenn die Hauptversammlungen einer Akti-engesellschaft
aufgrund von Streubesitz erfahrungsgemäß so schlecht besucht sind, dass die unter 50% liegende Beteiligung eines Großaktionärs regelmäßig ausreicht, um für einen längeren Zeitraum Beschlüsse mit einfacher Mehrheit durchzusetzen. Die Abhängigkeit kann ferner durch die Möglichkeit einer tat-sächlichen Einflussnahme auf den Vorstand und seine Geschäftspolitik ver-stärkt werden, die ein Großaktionär bei einer Gesellschaft, an der überwiegend Klein-
und Kleinstaktionäre beteiligt sind, in hohem Maße ausüben kann. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der
Großaktionär ein
Mandat oder sogar mehrere Mandate im Aufsichtsrat besetzen kann
(vgl. [X.]Z 135, 107, 114
f.).

cc)
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall
nicht erfüllt. Nach den ge-troffenen Feststellungen waren auf
den Hauptversammlungen der Beklagten in den letzten Jahren immer mindestens 67% der stimmberechtigten Anteilseigner vertreten.
Damit verfügten die hinter
der [X.] stehen-den öffentlichen Anteilseigner
über keine Hauptversammlungsmehrheit.
Für den Umstand, dass über eine besondere Mandatsverteilung im Aufsichtsrat oder sonst in personeller Hinsicht eine durch die Beteiligung in Höhe
von 30,5% an-zunehmende Abhängigkeit verstärkt worden ist, haben die Kläger, die

wie der Gegenschluss aus §
17 Abs.
2 [X.] ergibt
-
in dieser Hinsicht
die Darlegungs-
16
17
-
9
-
und Beweislast tragen
(vgl. [X.] in [X.] Kommentar zum [X.], 3.
Aufl.,
2.
Bearb. 2009,
§
17 Rn.
99), nichts
dargetan.

Vergeblich verweist die Revision demgegenüber
auf die Rechtsprechung des Senats, wonach im Rahmen des §
4 Nr.
11 UWG bei
einem
Verhalten, das
unter einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt steht, das Vorliegen einer
Erlaubnis vom Adressaten des Verbots darzulegen und im [X.] auch zu bewei-sen ist
(vgl. [X.],
Urteil vom 23.
Juni 2005
I
ZR
194/02, [X.]Z 163, 265, 273
f.
Atemtest;
Urteil vom 19.
November 2009
I
ZR
186/07, [X.], 160 Rn.
15 =
[X.], 250

Quizalofop;
Urteil vom 10.
Februar 2011

I
ZR
8/09, [X.], 842 Rn.
18 =
[X.], 1144
[X.]). Im Streitfall geht es nicht darum, ob die Beklagte
als öffentlich beherrschtes Unter-nehmen ausnahmsweise

etwa in Erfüllung ihr obliegender
Informationspflich-ten

auf dem Gebiet der Presse tätig werden darf.
Zu entscheiden ist
hier viel-mehr die vorgelagerte Frage, ob überhaupt eine [X.] der [X.] besteht.
Das Vorliegen einer solchen Bindung war
als anspruchsbe-gründende Tatsache

von den Klägern darzulegen. Davon ist zutreffend
auch das Berufungsgericht ausgegangen.
Es hat
ausdrücklich ausgeführt, dass die Kläger
die dafür erforderliche Beherrschung der Beklagten durch ihre öffentli-chen Anteilseigner nicht dargelegt haben.

dd) Die Revision
rügt ferner, für die Frage der Beherrschung der [X.] komme es nicht auf die Frage
an, in welchem Umfang ihre Anteilseigner in den letzten Jahren auf ihren
Hauptversammlungen präsent gewesen seien;
maßgeblich sei vielmehr die Sicht des beherrschten Unternehmens und des-halb
die Frage,
ob sich der Vorstand oder der Aufsichtsrat der Beklagten nach den Interessen der
Hauptaktionäre
ausrichte (vgl. [X.] in K.
Schmidt/[X.], [X.], 2.
Aufl., §
17 Rn.
6
mwN).
Auch diese Rüge führt die Revision nicht zum Erfolg.
18
19
-
10
-

(1) Die Revision beanstandet
zu Unrecht, dass sich das Berufungsgericht nicht mit dem Vortrag der Kläger zur Einflussnahme der [X.]esregierung auf die Besetzung des Postens des Vorstandvorsitzenden bei der Beklagten ausei-nandergesetzt hat.
Die behauptete Einflussnahme hätte keine Beherrschung
begründet, zumal
selbst eine rechtlich nicht abgesicherte zufällige Mehrheit in der Hauptversammlung hierfür nicht ausgereicht hätte (vgl. [X.].[X.]/Bayer,
3.
Aufl.,
§
17 Rn.
50). Aus demselben Grund kam es auch nicht auf
die Behauptung der Kläger
an, wonach die [X.]esregierung den Verkauf der Post-bank beeinflusst habe und nichts dafür ersichtlich
sei, dass die Besetzung der Spitzenpositionen der Beklagten nicht mit staatlicher Billigung erfolgt sei.
Die Beklagte brauchte deshalb entgegen der Ansicht
der Revision
nicht
darzulegen und gegebenenfalls
zu
beweisen, dass auf den
Hauptversammlungen
Ent-scheidungen
gegen die Stimmen der öffentlichen Anteilseigner getroffen wor-den
sind.

(2) Der
von den
Klägern vorgetragene Umstand, ein Staatssekretär oder ein Vorstandsmitglied der [X.] befinde sich im [X.] der Beklagten, war als solcher nicht geeignet, eine Beherrschung
zu begründen (vgl. [X.].[X.]/Bayer
aaO
§
17 Rn.
41; Spind-ler/Stilz/Schall, [X.], 2.
Aufl., §
17 Rn.
31;
Großkomm.[X.]/Windbichler, 4.
Aufl., §
17 Rn.
46).
Ebenso
wenig
führt
die Möglichkeit, ein Mitglied des [X.]s zu bestellen, zur Beherrschung eines Unternehmens
(vgl.
Münch-Komm.[X.]/Bayer
aaO
§
17 Rn.
50; [X.] in [X.]/[X.]
aaO
§
17 Rn.
12, 40).

(3) Gleichfalls ohne Erfolg rügt die Revision, die Beherrschung der [X.] durch ihre öffentlichen Anteilseigner ergebe sich bereits aus §
29 Abs.
2 [X.].
Der dort
geregelte formale Beherrschungsbegriff, wonach Kontrolle das 20
21
22
-
11
-
Halten von mindestens 30% der Stimmrechte an der Zielgesellschaft ist, kann nicht mit der Abhängigkeit im Sinne des
§
17 [X.] oder anderer Bestimmungen gleichgesetzt werden, die an die materielle Beherrschung anknüpfen. Die
Vor-schrift
des §
29 Abs.
2 [X.] enthält demgegenüber eine eigenständige, an den spezifischen Zwecken des Wertpapiererwerbs-
und Übernahmegesetzes ausgerichtete Begriffsbestimmung, die die in anderen Gesetzen verwendeten Kontrollbegriffe unberührt lässt und umgekehrt auch nicht mit dem Begriff der konzernrechtlichen Abhängigkeit nach §
17 [X.] gleichgesetzt werden kann
(vgl. Begründung des [X.] eines Gesetzes zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmens-übernahmen, BT-Drucks. 14/7034, S.
53; v.
[X.] in
[X.] Kommentar zum [X.], 2.
Aufl., §
29 Rn.
80; [X.] in [X.][X.], [X.], 4.
Aufl., §
29 [X.] Rn.
22; [X.] in [X.]/[X.], Aktien-
und GmbH-Konzernrecht, 6.
Aufl., Vor §
311 Rn.
27;
aA Spind-ler/Stilz/Schall
aaO
§
17 Rn.
29).

(4) Für die Beurteilung der Frage, ob die Beklagte von ihren öffentlichen Anteilseignern beherrscht wird, kommt es nicht darauf an, ob -
wie
die Revision geltend macht

in der Postwurfsendung "Einkauf Aktuell"
veröffentlichte
Wer-beanzeigen
der
CDU den Eindruck einer redaktionellen Berichterstattung [X.].
Eine sich daraus etwa ergebende Rechtswidrigkeit jener Anzeigen würde weder einen Beweis noch auch nur ein Indiz für die im vorliegenden Zu-sammenhang
allein bedeutsame Beherrschung der Beklagten durch ihre öffent-lichen
Anteilseigner darstellen.

(5) Keine Beherrschung der Beklagten und damit auch nicht deren [X.] ergibt sich schließlich aus dem Wettbewerbsvorteil, den die Beklagte nach dem Vortrag der Kläger infolge
ihrer
früheren
Monopol-stellung
auch weiterhin genießt.
Das Berufungsgericht hat hierzu zutreffend 23
24
-
12
-
ausgeführt, dass
sich dieser Vorteil allenfalls bei der Zustellung der Post-wurfsendung
der Beklagten auswirken kann, die aber im vorliegenden Rechtsstreit nicht Streitgegenstand
ist. Die Kläger begehren die Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung der Verteilung von "Einkauf Aktuell", sofern
diese Postwurfsendung die
im Klageantrag
aufgeführten Rubriken enthält.

ee) Vergeblich verweist die Revision auch darauf, dass sich die [X.] bei der Beklagten und die Mehrheitsverhältnisse auf deren Hauptversammlungen ändern können. Ein vorbeugender Unterlassungsan-spruch ist von den Klägern in den Tatsacheninstanzen nicht geltend gemacht worden. Er wäre
im Übrigen nur dann begründet gewesen, wenn die Kläger eine Erstbegehungsgefahr, das heißt ernsthafte und greifbare tatsächliche [X.] dafür vorgetragen und im [X.] bewiesen hätten, dass die Beklagte sich in naher Zukunft in der entsprechenden Weise rechtswidrig [X.] werde ([X.], Urteil vom 17.
August 2011

I
ZR
57/09, [X.], 1038 Rn.
44 = [X.], 1609

[X.]). Diese Erstbegehungsgefahr muss sich dabei auf eine konkrete Verletzungshandlung beziehen; aufgrund der
Umstände muss
sich
die drohende Verletzungshandlung so konkret abzeich-nen, dass sich die Verwirklichung aller Tatbestandsmerkmale
zuverlässig beur-teilen lässt ([X.], Urteil vom 13.
März 2008

I
ZR
151/05, [X.], 912 Rn.
17 = [X.], 1353

[X.], mwN). Die Kläger hätten daher [X.] vortragen und gegebenenfalls beweisen müssen, die den Schluss hätten rechtfertigen können, die Beklagte werde ihre Postwurfsendung "Einkauf [X.]"
auch bei einer absehbaren Änderung der bei ihr bestehenden Beteiligungs-
oder Stimmverhältnisse in unveränderter Form fortführen.

25
-
13
-
[X.][X.] Nach allem ist die Revision der Kläger
mit der Kostenfolge aus §
97
Abs.
1 ZPO zurückzuweisen.

Bornkamm
Pokrant
Büscher

Schaffert
Koch
Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 06.11.2008 -
315 O 136/08 -

OLG [X.], Entscheidung vom 09.06.2010 -
5 U 259/08 -

26

Meta

I ZR 129/10

15.12.2011

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.12.2011, Az. I ZR 129/10 (REWIS RS 2011, 322)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 322

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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