Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.11.2017, Az. II ZR 127/16

II. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 2866

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2017:071117B[X.]127.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
II ZR 127/16
vom
7. November
2017
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
HGB §§ 105, 161; BGB § 705
Für den einer Publikumspersonengesellschaft beitretenden Gesellschafter müssen sich die mit dem Beitritt verbundenen, nicht unmittelbar aus dem Gesetz folgenden Pflichten aus dem Gesellschaftsvertrag klar ergeben.
[X.], Beschluss vom 7. November 2017 -
II ZR 127/16 -
OLG [X.]

LG [X.]

-
2
-

Der II. Zivilsenat des [X.] hat am
7.
November
2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
Drescher und [X.], [X.], Dr.
Bernau und die Richterin Grüneberg
einstimmig beschlossen:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 2.
Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 22.
April 2016 wird auf ihre Kosten nach § 552a ZPO i.V.m. § 522 Abs.
2 Satz
2 und 3 ZPO zurückgewiesen.

Gründe:
Zur Begründung
wird auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 11.
Juli
2017 Bezug genommen. Die Stellungnahme der Klägerin vom 2.
Oktober 2017 gibt zu einer abweichenden Beurteilung in der Sache keinen Anlass.
I.
Entgegen der Auffassung der Revision liegt
kein Zulassungsgrund vor. Klärungsbedürftige Rechtsfragen
im Zusammenhang mit der Rückforderung [X.] Auszahlungen an Kommanditisten hat der erkennende Senat

wie bereits ausgeführt
-
geklärt
([X.], Urteil vom 12.
März
2013

II
ZR
73/11, [X.], 1222). Vorliegend geht es nur noch um die Anwendung dieser Grundsätze auf den konkreten Einzelfall. Weitere klärungsbedürftige Rechtsfragen stellen sich nicht. Die Rechtssache erlangt nicht dadurch grund-sätzliche Bedeutung, dass eine nicht näher erläuterte "große Vielzahl"
von [X.]en betroffen ist
und der Begriff des "[X.]"
nicht ausschließlich von der Klägerin und ihren Schwestergesellschaften ver-wendet wird. Von der Revision angeführte behauptete
Fehler
anderer Oberlan-1
2
-
3
-

desgerichte bei der Auslegung von Gesellschaftsverträgen rechtfertigen die Zu-lassung im vorliegenden Rechtsstreit ebenfalls nicht. Zulassungsrelevante Rechtsfehler des Berufungsgerichts bei der Auslegung des Gesellschaftsver-trags der [X.] "S.

"

GmbH & Co (im [X.]: [X.]) zeigt die Revision nicht auf. Sie sind auch nicht ersicht-lich.
II.
Zu Recht hat das Berufungsgericht einen Anspruch der Fondsgesell-schaft
auf Rückzahlung von
an die Kommanditisten geleisteten Auszahlungen verneint. Die Auslegung des Berufungsgerichts, durch die gewinnunabhängigen Ausschüttungen aus der Liquidität an die Gesellschafter würden keine Darle-hensverbindlichkeiten der Gesellschafter begründet, ist
auch unter Berücksich-tigung der neuerlichen Einwendungen
der Revision aus revisionsrechtlicher Sicht für den vorliegend zu beurteilenden Gesellschaftsvertrag nicht zu bean-standen.
1.
Es ist nicht erforderlich, dass die für den Streitfall relevanten Regelun-gen des Gesellschaftsvertrags
der Klägerin mehrere vertretbare Auslegungs-möglichkeiten
zulassen.
a)
Die Revision weist allerdings zu Recht darauf hin, dass
unklar gemäß §
305c Abs. 2 BGB (nur) Klauseln sind, bei denen nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel ver-bleibt und mindestens zwei unterschiedliche Auslegungen vertretbar sind (vgl. [X.], Urteil vom 14.
Juni 2017

IV ZR 161/16, NJW-RR 2017, 992 Rn.
12 mwN).
Außer Betracht bleiben dabei solche [X.], die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegend und nicht ernstlich in Erwägung zu ziehen sind (vgl. [X.], Urteil vom 20. Juli 2017

VII ZR 259/16, [X.], 2762 Rn.
19 mwN).

3
4
5
-
4
-

Es muss nicht geklärt werden, inwieweit diese Grundsätze bei der [X.] von [X.], bei denen der Senat sich unter anderem an dem Rechtsgedanken des
§ 305c Abs. 2 BGB orientiert (vgl. [X.], Urteil vom 16.
Februar 2016 -
II ZR 348/14, [X.], 518 Rn. 14; Urteil vom 12. März 2013 -
II ZR 73/11, [X.], 1222 Rn. 14), [X.] finden.
Die Revision verkennt, dass sich die Rückforderung von [X.] aus der
Liquidität, zu deren Rückzahlung der Kommanditist von Gesetzes wegen nicht verpflichtet ist
und die daher einer gesellschaftsvertragli-chen Grundlage bedarf
(vgl. [X.], Urteil vom 12. März 2013

II
ZR
73/11, ZIP
2013, 1222 Rn. 8 ff.),
an einem anderen Grundsatz der Rechtsprechung des Senats messen lassen muss, der unabhängig von
der [X.] des
§
305c Abs. 2 BGB Geltung beansprucht. Danach müssen sich
für den einer Publikumspersonengesellschaft beitretenden Gesellschafter die mit dem Beitritt verbundenen, nicht unmittelbar aus dem Gesetz folgenden Pflichten aus dem Gesellschaftsvertrag klar ergeben (vgl. [X.], Urteil vom 16.
Februar
2016

II
ZR 348/14, [X.], 518 Rn. 15;
Urteil vom 12. März 2013 -
II ZR 73/11, [X.], 1222 Rn.
14),
weil die erst
nach Abschluss des Gesellschaftsvertrags beitretenden Gesellschafter
in ihrem Vertrauen darauf geschützt werden müs-sen,
nur solche Leistungen erbringen zu müssen, die dem Vertragstext unmiss-verständlich zu entnehmen sind ([X.], Beschluss vom 27.
Juni
2016

II
ZR
63/15, juris Rn.
9; Urteil vom 16. Februar 2016

II ZR 348/14, [X.], 518 Rn. 15; vgl. bereits [X.], Urteil vom 30. April 1979

[X.], [X.], 672). Lässt sich ein von
der Gesellschaft behaupteter Anspruch dem [X.] durch Auslegung nicht positiv entnehmen, weil der [X.] insoweit missverständlich oder unklar ist, bedarf es zur An-spruchsverneinung nicht noch der Feststellung eines vertretbaren Auslegungs-ergebnisses
(vgl. [X.], Urteil vom 3. November 2016

18 U 80/16, juris Rn.
49).

6
-
5
-

b)
Dem
Gesellschaftsvertrag der [X.] (im Folgenden:
GV) lässt sich nicht klar und unmissverständlich entnehmen, dass die an die [X.] bewirkten gewinnunabhängigen Ausschüttungen aus der Liquidität diesen
als Darlehen der [X.] zur Verfügung gestellt worden sind.
Die
Gesamtregelung ist
unter anderem deshalb unklar, weil
nach §
12 Abs.
4 Satz
1 GV nicht jede Liquiditätsausschüttung ein Darlehen sein soll, sondern nur bzw. auch ein Darlehen sein kann,
und als einzige im [X.] geregelte Voraussetzung, wann Liquiditätsausschüttungen
Dar-lehen an die Gesellschafter sein
sollen, in
§
12 Nr.
4 Abs.
2 Satz 3 GV bestimmt
ist:
"solange [X.] bestehen". Das im Gesellschaftsvertrag dar-gestellte Kontensystem der Klägerin sieht
jedoch
keine mit [X.]
bezeichneten Gesellschafterkonten vor.
An diesem Befund ändert sich nichts
dadurch, dass auf dem nach dem im Gesellschaftsvertrag beschriebenen Kon-tensystem der [X.] auch [X.] gebucht werden sollen. Aus dieser Zweckbestimmung des [X.] kann
entgegen der Auffassung der Revision ein verständiger [X.] nicht ohne weiteres erkennen, dass, wie die Klä-gerin behauptet, mit dem in §
12 Nr.
4 Abs.
2 Satz 3 GV genannten [X.] das in §
15 Nr. 2 c) geregelte Ergebnissonderkonto gemeint sein soll. Zweifel hieran
werden neben der Benennung des Kontos dadurch begründet, dass nach der gesellschaftsvertraglichen Regelung Gewinne ebenfalls auf dem [X.] werden sollen.
2.
Es bleibt dabei, dass den Kommanditisten eine
gegen sie persönlich gerichtete Forderung aus den
Bilanzen der [X.]
nicht in dem Maße
erkennbar
war, dass von einem Anerkenntnis der Gesellschafter durch die Feststellung der Bilanz ausgegangen werden kann.
An dieser
bereits im Beschluss vom 11.
Juli 2017
verdeutlichten
Auffas-sung hält der Senat, auch unter Berücksichtigung der Angriffe der Revision,
7
8
9
10
-
6
-

fest.
Im exemplarisch vorgelegten Jahresabschluss 2006 wird
unter [X.] 3. le-diglich ohne nähere Differenzierung
aufgeführt:
"Forderungen gegen Gesell-schafter 6.052.539,78 [X.]". In der beispielhaft vorgelegten Aufgliederung zur Bilanz 2012
finden sich zwar nähere Ausführungen zu Darlehenskonten
der Kommanditisten. Der Beklagte wird dort jedoch weder namentlich genannt
noch wird eine gegen ihn gerichtete
Darlehensverbindlichkeit einzeln ausgewiesen. Woraus der Beklagte danach mit der für einen Anerkenntniswillen erforderlichen Deutlichkeit hätte schließen sollen, dass in den Bilanzen der Gesellschaft eine
gegen ihn gerichtete bezifferbare Darlehensforderung ausgewiesen sein soll, lässt
sich den Ausführungen der Revision nicht
entnehmen.
Der Einwand der
Revision, die Klägerin hätte darauf hingewiesen werden müssen, dass eine konkrete Darstellung zu der Frage erforderlich sei, ob der Beklagte den Jahresabschlüssen zugestimmt habe, bleibt ohne Erfolg. Die [X.] räumt selbst ein, die Klägerin habe zum Abstimmungsverhalten des [X.] bisher keine Unterlagen auffinden können.
Zudem ist dieser Umstand

11
-
7
-

nicht entscheidungserheblich, weil ein Anerkenntnis des Beklagten jedenfalls bereits deshalb nicht angenommen werden
kann, weil für ihn nicht erkennbar war, dass und in welcher Höhe die Bilanz der [X.] eine gegen ihn gerichtete Darlehensforderung ausweist.

Drescher
[X.]
[X.]

Bernau
Grüneberg

Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 07.10.2015 -
1 [X.]/15 -

OLG [X.], Entscheidung vom 22.04.2016 -
2 U 114/15 -

Meta

II ZR 127/16

07.11.2017

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.11.2017, Az. II ZR 127/16 (REWIS RS 2017, 2866)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 2866

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

II ZR 127/16 (Bundesgerichtshof)


II ZR 127/16 (Bundesgerichtshof)

Gesellschaftsvertrag einer Publikumspersonengesellschaft: Pflichten des beitretenden Gesellschafters


II ZR 127/16 (Bundesgerichtshof)

Gesellschaftsvertrag einer Publikumspersonengesellschaft: Pflichten des beitretenden Gesellschafters


II ZR 63/15 (Bundesgerichtshof)


II ZR 348/14 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

II ZR 127/16

IV ZR 161/16

VII ZR 259/16

II ZR 348/14

II ZR 73/11

18 U 80/16

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.