Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.08.2016, Az. 1 StR 52/16

1. Strafsenat | REWIS RS 2016, 6958

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Gegenstand

Anhörungsrüge im Strafverfahren: Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Antragsfrist; fehlende Rechtsbehelfsbelehrung


Tenor

Die Anhörungsrüge des Verurteilten vom 13. Juli 2016 gegen den Beschluss des Senats vom 31. Mai 2016 und sein Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Anhörungsrüge werden auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Der Senat hat die Revision des Verurteilten gegen das Urteil des [X.] mit Beschluss vom 31. Mai 2016als unbegründet verworfen. Mit Schreiben vom 8. Juli 2016, beim Senat am 13. Juli 2016 eingegangen, erhebt der Verurteilte die Anhörungsrüge. Er macht geltend, es sei schon deswegen nicht glaubhaft, dass der Senat sich in dem erforderlichen Umfang mit der Revision befasst habe, da dieser sonst hätte erkennen müssen, dass das im Urteil geschilderte Geschehen sehr unwahrscheinlich und daher unbewiesen, das Urteil mithin willkürlich sei. Er habe deswegen noch am 13. Juni 2016 Verfassungsbeschwerde erhoben. Durch Schreiben des [X.], das ihn am 7. Juli 2016 erreicht habe, sei er erst über den "zutreffenden Rechtsbehelf" des § 356a [X.] belehrt worden. Wegen der gegen ihn vollstreckten Freiheitsentziehung sei es ihm "nicht gelungen, kurzfristig die zutreffenden Formalia ausfindig zu machen". Deswegen beantrage er wegen einer möglichen Fristversäumung die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

II.

2

1. Die Anhörungsrüge erweist sich bereits als verspätet und daher unzulässig. Die Anhörungsrüge nach § 356a [X.] ist binnen einer Woche nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu stellen. Dabei geht es nur um die Kenntnis der tatsächlichen Umstände, aus denen sich der Verstoß ergibt ([X.], Beschlüsse vom 9. März 2005 – 2 [X.], [X.], 462; vom 7. März 2006 – 5 [X.], Rn. 3; vom 16. Mai 2006 – 4 [X.], Rn. 3, [X.], 236 und vom 13. August 2008 – 1 [X.], Rn. 7, [X.], 33). Dies ist hier der Senatsbeschluss vom 31. Mai 2016, der dem Verurteilten am 13. Juni 2016 zugegangen ist.

3

Auf das Wissen um die Bedeutung der Einlegung der [X.] gemäß § 356a [X.] als Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Verfassungsbeschwerde im Hinblick auf das Erfordernis der Erschöpfung des Rechtswegs (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG) kommt es nicht an. Das vom Verurteilten behauptete Schreiben des [X.], welches ihm am 7. Juli 2016 zugegangen sein soll, ist deshalb insoweit ohne Belang.

4

2. Auch das Wiedereinsetzungsgesuch bleibt erfolglos.

5

a) Der Verurteilte hat schon nicht dargelegt, dass er ohne Verschulden gehindert war, von dem befristeten Rechtsbehelf des § 356a [X.] Gebrauch zu machen. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Antragsfrist des § 356a [X.] ist zwar im Grundsatz nicht ausgeschlossen, jedoch sind an die Voraussetzungen fehlenden Verschuldens an der verspäteten Einlegung des Rechtsbehelfs hohe Anforderungen zu stellen ([X.], Beschlüsse vom 13. August 2008 – 1 [X.], [X.], 33 und vom 6. Februar 2009 – 1 [X.], [X.], 470).

6

aa) Soweit der Verurteilte seine Fristversäumnis daran festmacht, dass ihm mit dem Senatsbeschluss keine Rechtsbehelfsbelehrung erteilt worden ist, so führt dies nicht zur Wiedereinsetzung. Denn eine solche Belehrung über den außerordentlichen Rechtsbehelf des § 356a [X.] ist vom Gesetz (vgl. § 35a [X.]) nicht vorgesehen, damit ist auch der Anwendungsbereich des § 44 Satz 2 [X.] nicht eröffnet.

7

bb) Auch im Übrigen schließt der Vortrag des Verurteilten eigenes Verschulden an der Fristversäumnis nicht aus. So teilt er schon nicht mit, wann ihm die Möglichkeit eröffnet gewesen wäre, sich über die Rechtsbehelfsmöglichkeiten zu erkundigen. Seine nicht näher konkretisierte Angabe, es sei ihm nicht kurzfristig möglich gewesen, hierzu zu recherchieren, lässt schon den Hinderungsgrund nicht konkret erkennen. Jedenfalls aber trägt er nicht vor, wann er erstmals die Möglichkeit gehabt hätte, Zugang zu [X.] zu erlangen bzw. sich darum zu bemühen. Sollte er sich bis zum behaupteten Erhalt des Schreibens des [X.] nicht mehr darum gekümmert haben, würde dies eigenes Verschulden an der Versäumung der Frist des § 356a [X.] nicht ausschließen. Eine andere Handhabung liefe darauf hinaus, dass dem Verurteilten bei Erfolglosigkeit eines anderweitigen Rechtsbehelfs im Wege der Wiedereinsetzung ohne weiteres zur Fehlerkorrektur hinsichtlich des gewählten Rechtsbehelfs die Anhörungsrüge eröffnet würde, was dem Zweck des § 356a [X.] zuwider liefe ([X.], Beschluss vom 5. August 2008 – 5 [X.], BeckRS 2008, 22384 Rn. 9).

8

b) Jedenfalls aber hat der Antrag auf Wiedereinsetzung deswegen keinen Erfolg, weil der Verurteilte den Zeitpunkt des Erhalts des Schreibens des [X.] entgegen § 45 Abs. 2 [X.] nicht glaubhaft macht. Dies wäre ihm durch Beifügung des Schreibens mit den von ihm behaupteten [X.] ohne weiteres möglich gewesen.

9

3. Die Anhörungsrüge hätte aber auch in der Sache keinen Erfolg. Der Senat hat bei seiner Entscheidung weder Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet, zu denen der Verurteilte nicht gehört worden ist, noch hat er bei der Entscheidung zu berücksichtigendes Vorbringen des Verurteilten übergangen oder dessen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs in sonstiger Weise verletzt.

4. [X.] folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 465 Abs. 1 [X.] ([X.], Senatsbeschluss vom 22. Mai 2015 – 1 [X.]; vgl. auch [X.]/[X.], [X.], 59. Aufl., § 473 Rn. 38).

Graf                       Jäger                       Cirener

          Mosbacher                   Fischer

Meta

1 StR 52/16

09.08.2016

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend BGH, 31. Mai 2016, Az: 1 StR 52/16

§ 44 S 2 StPO, §§ 44ff StPO, § 356a StPO, Art 103 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.08.2016, Az. 1 StR 52/16 (REWIS RS 2016, 6958)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 6958


Verfahrensgang

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Az. 1 StR 52/16

Bundesgerichtshof, 1 StR 52/16, 09.08.2016.


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Wird zitiert von

1 StR 52/16

AnwSt (B) 4/21

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