Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.08.2008, Az. 1 StR 162/08

1. Strafsenat | REWIS RS 2008, 2423

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[X.]/08 vom 13. August 2008 in der Strafsache gegen wegen Vergewaltigung u.a. - 2 - Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 13. August 2008 beschlos-sen: Der Antrag des Verurteilten, das Verfahren wegen Verletzung [X.] Anspruchs auf rechtliches Gehör in die Lage vor Erlass der Senatsentscheidung vom 17. Juni 2008 zurückzuversetzen, wird als unzulässig, sein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Wo[X.]frist des § 356a Satz 2 [X.] wird als unbegründet, jeweils auf seine Kosten, zurückge-wiesen. Gründe: [X.] Zum Verfahrensgang: 1 Mit [X.]uss vom 17. Juni 2008 verwarf der Senat die Revision des [X.] gegen das Urteil des Landgerichts Mün[X.] II vom 23. Juli 2007 ge-mäß § 349 Abs. 2 [X.] als unbegründet. Diese Entscheidung ging den Vertei-digern des Angeklagten, den Rechtsanwälten [X.]- Fachanwalt für Strafrecht - und Mag. [X.], am 23. Juni 2008 zu. Wann der Verurteilte vom Verwerfungsbeschluss des Senats Kenntnis erlangt hat, wird nicht mitgeteilt. Dies war jedenfalls vor dem 23. Juli 2008. Denn an diesem Tag legten die Verteidiger namens des Verurteilten beim [X.] Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Landgerichts Mün[X.] II und 2 - 3 - den Senatsbeschluss vom 17. Juni 2008 ein. Beanstandet wurde —die Verlet-zung der Grundrechte des Beschwerdeführers aus Art. 3 Abs. 1, 19 Abs. 4, 20 Abs. 3, 103 Abs. 1 [X.] Mit Schreiben an Rechtsanwalt [X.]vom 31. August 2008, das den Verteidigern am 4. August 2008 zuging, teilte der [X.] des [X.]s folgendes mit: —Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt, im Hinblick auf die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde wird Ihnen bezüglich der Frage einer vorherigen Erhebung einer Anhö-rungsrüge (§ 356a [X.]) beim letztinstanzli[X.] Fachgericht Gele-genheit zur Stellungsnahme gegeben. Auf den Nichtannahmebe-schluss des [X.]s vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 - (NJW 2005, S. 3059 - veröffentlicht auch unter www.bundesverfassungsgericht.de) wird hingewiesen. Daher ist von einer förmli[X.] Behandlung der Verfassungsbe-schwerde abgesehen worden. Es wird gebeten, die Rechtslage zu überprüfen und gegebenenfalls mitzuteilen, ob die Verfassungsbeschwerde gleichwohl [X.] wird. Sollte Ihrerseits binnen zwei Monaten keine anderslautende Mittei-lung erfolgen, wird hier davon ausgegangen, dass dieses Verfas-sungsbeschwerdeverfahren nicht fortgesetzt werden soll. Mit freundli[X.] Grüßenfi Mit Schriftsatz vom 11. August 2008, der am selben Tag beim Bundesge-richtshof einging, beantragten die Verteidiger hinsichtlich des [X.]usses des Senats vom 17. Juni 2008, das Verfahren gemäß § 356a [X.] durch [X.]uss in die Lage vor der Revisionsentscheidung zurückzuversetzen, da das Gericht den Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt habe. 3 - 4 - Zur Frage der Einhaltung der Wo[X.]frist des § 356a S. 2 [X.] wird auf das oben zitierte Schreiben des [X.]s des [X.]s verwiesen und dazu dann ausgeführt: 4 —Der [X.] des [X.]s hält die Frage der Verletzung rechtli[X.] Gehörs durch das letztinstanzliche Fachge-richt im Rahmen des [X.] gemäß § 356a [X.] überprüfenswert. Es ist die Verletzung rechtli[X.] Gehörs möglich. Mit Eingang des Schreibens des [X.]s - [X.] - am 04. August 2008 hat der Unterfertigende hiervon Kenntnis erlangt. Zur Glaubhaftmachung wird auf den Eingangs-stempel verwiesen, nämlich 04. Aug. 2008. Der Antrag ist somit fristgerecht binnen Wo[X.]frist gestellt (§ 356a Satz 2 [X.]).fi Hilfsweise beantragten die Verteidiger in ihrem Schriftsatz vom [X.] 2008 —Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß §§ 44, 45 [X.], d.h. in die Antragsfrist des § 356a Satz 2 [X.]fi. Zur Begründung wird vorgetragen: 5 —Sollte das Gericht den Beginn der Wo[X.]frist nach § 356a Satz 2 [X.] entgegen der Rechtsmeinung der anwaltschaftli[X.] Vertreter des Beschwerdeführers zu einem früheren Zeitpunkt als der Mittei-lung des Schreibens des [X.]es des Bundesverfassungsge-richts ansetzen, wird vorsorglich anwaltschaftlich versichert, daß weder Rechtsanwalt [X.]

noch Rechtsanwalt Mag. rer. publ. [X.]über ein derartiges Wissen resp. Verständnis [X.], was dem Beschwerdeführer nicht als Verschulden ange-rechnet werden kann.fi - 5 - I[X.] Der Antrag auf Zurückversetzung des Verfahrens in die Lage vor der [X.] vom 17. Juni 2008 gemäß § 356a Satz 1 [X.] ist unzulässig, da verspätet. 6 Der Antrag ist binnen einer Woche nach Kenntniserlangung von der Ver-letzung des rechtli[X.] Gehörs zu stellen. Dabei geht es nur um die Kenntnis der tatsächli[X.] Umstände, aus denen sich der Verstoß ergibt ([X.], [X.]. vom 9. März 2005 - 2 [X.]; 7. März 2006 - 5 StR 362/05 - [X.]. 3; 16. Mai 2006 - 4 [X.]. 3). Dies ist hier der Senatsbeschluss vom 17. Juni 2008, der den Verteidigern am 23. Juni 2008 zuging und von dem auch der Verurteilte jedenfalls vor dem 23. Juli 2008 Kenntnis erlangte. 7 Auf das Wissen um die Bedeutung der Einlegung der [X.] gemäß § 356a [X.] als Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Verfassungsbeschwerde im Hinblick auf das Erfordernis der Erschöpfung des Rechtswegs (§ 90 Abs. 2 Satz 1 [X.]G) kommt es nicht an. Das Schreiben des [X.]s des Bun-desverfassungsgerichts vom 31. Juli 2008 ist deshalb insoweit ohne Belang. 8 Da die [X.] nicht innerhalb der Wo[X.]frist des § 356a Satz 2 [X.] erhoben wurde, sondern erst am 11. August 2008, ist sie unzulässig. 9 - 6 - II[X.] Der - hilfsweise gestellte - Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Antragsfrist des § 356a Satz 2 [X.] ist un-begründet. 10 Bei der [X.] handelt es sich um einen außerordentli[X.] Rechts-behelf nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens. Im Interesse der Rechtssicherheit muss eine die Rechtskraft durchbre[X.]de Entscheidung ge-mäß § 356a Satz 1 [X.] möglichst bald erfolgen. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Antragsfrist des § 356a Satz 2 [X.] ist zwar im Grundsatz nicht ausgeschlossen. An die Voraussetzungen fehlen-den Verschuldens (§ 44 Satz 1 [X.]) an der verspäteten Einlegung des Rechtsbehelfs sind aber hohe Anforderungen zu stellen (zu den strengen An-forderungen bei einer Verfassungsbeschwerde vgl. [X.], [X.]. vom 30. Mai 2007 - 1 BvR 756/07). 11 Im vorliegenden Fall ist die Versäumung der Frist des § 356a [X.] Satz 2 nicht unverschuldet. 12 Die Verteidiger tragen nicht vor, dass ihnen oder dem Verurteilten der Rechtsbehelf des mit dem Anhörungsrügengesetz vom 9. Dezember 2004 ([X.] ff.) mit Wirkung vom 1. Januar 2005 in die [X.] eingefügten § 356a [X.] unbekannt gewesen wäre (anders als in dem dem [X.]uss des [X.] vom 10. August 2005 - 2 [X.] - zugrunde liegenden Fall). Bei erfah-renen [X.] ist dies nunmehr (dreieinhalb Jahre nach Inkrafttreten der Vorschrift) auch kaum noch vorstellbar, wie auch nicht, dass sie die Mög-lichkeit, diesen Rechtsbehelf einzulegen, nicht mit ihrem Mandanten [X.] - 7 - [X.] haben. Dies wird auch nicht behauptet. Die Verteidiger versichern lediglich im Hinblick auf den Hinweis im Schreiben des [X.]s des [X.] vom 31. Juli 2008 zur Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde, sie verfügten nicht über ein —derartiges Wissen resp. [X.] [X.] und seine Verteidiger haben also bewusst auf die - recht-zeitige - Einlegung der [X.] verzichtet. Dass dies in Unkenntnis der Rechtsprechung des [X.]s zu den Zulässigkeitsvoraus-setzungen (Erschöpfung des Rechtswegs) für eine auf die Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG gestützte Verfassungsbeschwerde ([X.], [X.]. vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05; entspre[X.]d früher schon zu § 33a [X.] vgl. [X.] in [X.]/[X.]/Dollinger [X.]G 2. Aufl. § 90 [X.]. 115 m.w.[X.]) geschah, stellt keine Verhinderung im Sinne des § 44 Satz 1 [X.] dar (zur ent-spre[X.]den Situation bei einer Rechtsprechungsänderung vgl. [X.], [X.]. vom 19. April 2005 - 5 [X.]; [X.] in Löwe/[X.], [X.] 26. Aufl. § 44 [X.]. 53 m.w.[X.]). 14 Ergänzend bemerkt der Senat: 15 Zwar sind im Strafverfahren schwerwiegende Verteidigerfehler, wie etwa die Unkenntnis von der Möglichkeit der Einlegung eines Rechtsmittels, die zur Fristversäumung führen, dem Beschuldigten in aller Regel nicht zuzurechnen, denn er ist meist nicht in der Lage, die Rechtskenntnisse des Verteidigers ein-zuschätzen (vgl. [X.], [X.]. vom 13. Januar 1997 - 4 [X.] - [= [X.]St 42, 365]; vom 26. Juli 1994 - 1 StR 338/94; vom 31. Oktober 1995 - 3 [X.] - [= [X.]R [X.] § 45 Abs. 2 Tatsa[X.]vortrag 9]). Dies gilt jedoch nach Auffassung des Senats bei der Frage, ob die Versäumung der Wo[X.]frist des 16 - 8 - § 356a Satz 2 [X.] unverschuldet war, entspre[X.]d § 93 Abs. 2 Satz 6 [X.]G nicht. § 93 Abs. 2 Satz 6 [X.]G bestimmt hinsichtlich der Versäumung der Monatsfrist gemäß § 93 Abs. 1 Satz 1 [X.]G zur Einlegung und Begründung einer Verfassungsbeschwerde: —Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden eines Beschwerdeführers gleichfi. —Das bedeutet, worauf in BTDrucks. 12/3628 S. 13 ausdrücklich hingewiesen wird, dass eine Verschul-denszurechnung im Verfassungsbeschwerdeverfahren auch für Beschwerde-führer erfolgt, die sich gegen einen strafrechtli[X.] Schuldvorwurf im Aus-gangsverfahren wenden, in welchem nach der Rechtsprechung der [X.] das [X.] nicht zugerechnet wirdfi (Schmidt-Bleibtreu in Maunz/Schmidt-Bleibtreu/[X.]/[X.], [X.]G § 93 [X.]. 41a). 17 Bei der [X.] handelt es sich um einen außerordentli[X.] Rechts-behelf nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens. Sie ist zwar noch Teil des fachgerichtli[X.] Verfahrens, da sie zur Entlastung des [X.] den Revisionsgerichten trotz Rechtskraft Gelegenheit geben soll, bei zutreffend vorgetragenen Verstößen gegen das Gebot der Gewährung rechtli[X.] Gehörs selbst Abhilfe zu schaffen (vgl. [X.], [X.]. vom 8. Februar 2007 - 2 BvR 2578/06). Weitergehende Überprüfungsmöglichkeiten eröffnet die [X.] nicht. Befangenheitsanträge sind unstatthaft (vgl. [X.], [X.]. vom 22. November 2006 - 1 [X.]/06 - [= [X.]R [X.] § 25 Abs. 2 Nach dem letzten Wort 1]; vom 7. August 2007 - 4 [X.]). Die ablehnende Entscheidung des Fachgerichts über eine [X.] kann mangels eigen-ständiger Beschwer nicht mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden ([X.] aaO; sowie [X.]. vom 20. Juni 2007 - 2 BvR 746/07). Die [X.] stellt sich letztlich als Vorstufe der Verfassungsbeschwerde gegen die [X.] - 9 - sionsentscheidung auf [X.] dar. Hinsichtlich der Zurechnung eines Verschuldens des Verteidigers kann dann aber nichts anderes gelten als bei der Verfassungsbeschwerde selbst. [X.] Im Übrigen wäre die [X.] auch unbegründet. 19 Der Senat hat weder Tatsa[X.] noch sonstige Umstände verwertet, zu denen der Verurteilte nicht gehört worden wäre, noch hat er zu [X.] Vorbringen übergangen. Der Senat hat das Revisionsvorbringen des Angeklagten in vollem Umfang gewürdigt, jedoch nicht für durchgreifend erach-tet. Der Beschwerdeführer wurde gehört, aber nicht erhört. Dass dies in dem [X.]uss, mit dem er die Revision des Angeklagten verworfen hat, nicht näher begründet wurde, liegt in der Natur des Verfahrens nach § 349 Abs. 2 und 3 [X.] und gibt daher keinen Hinweis auf die Nichtbeachtung des Sachvortrags des [X.] ([X.], [X.]. vom 17. Juli 2007 - 2 BvR 496/07). Eine Begründungspflicht für letztinstanzliche, mit ordentli[X.] Rechtsmitteln nicht mehr angreifbare Entscheidungen besteht nicht (vgl. [X.], [X.]. vom 20 - 10 - 17. Juli 2007 - 2 BvR 496/07 - m.w.[X.]), auch nicht deswegen, weil der [X.] auf den Antrag des [X.] erwidert hatte ([X.], [X.]. vom 22. August 2007 - 1 [X.]). [X.] Hebenstreit Elf [X.]

Meta

1 StR 162/08

13.08.2008

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.08.2008, Az. 1 StR 162/08 (REWIS RS 2008, 2423)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 2423

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