Bundesfinanzhof, Urteil vom 11.09.2013, Az. I R 77/11

1. Senat | REWIS RS 2013, 2908

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Gegenstand

Einlagekonto bei Regiebetrieb - Ermittlung des Gewinns für Zwecke des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG 2002 - Maßgeblichkeit des handelsrechtlichen Jahresergebnisses - Zweck des steuerlichen Einlagekontos


Leitsatz

Bei einem als Regiebetrieb geführten Betrieb gewerblicher Art führt ein nach handelsrechtlichen Grundsätzen ermittelter Jahresverlust auch dann unmittelbar zu einem entsprechenden Zugang im Einlagekonto, wenn der Betrieb seinen Gewinn durch Vermögensvergleich ermittelt und soweit der Verlust auf sog. Buchverlusten (z.B. Abschreibungen) beruht (Bestätigung und Fortführung des Senatsurteils vom 23. Januar 2008 I R 18/07, BFHE 220, 357, BStBl II 2008, 573) .

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten im Revisionsverfahren um den festzustellenden Bestand des steuerlichen [X.]s eines von der Klägerin und [X.] (Klägerin) --einer Stadt-- als Regiebetrieb geführten Betriebs gewerblicher Art (BgA) zum 31. Dezember der Jahre 2002 bis 2004 und --daraus [X.] darum, in welchem Umfang für eine im Jahr 2005 vorgenommene verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) des BgA Kapitalertragsteuer angefallen ist, für welche die Klägerin als [X.]aftungsschuldnerin in Anspruch genommen wird.

2

Die Klägerin unterhält einen Bäderbetrieb als BgA. Dieser ermittelt seinen Gewinn durch [X.]. Bis einschließlich des Jahres 2003 führte die Klägerin den BgA als rechtlich und wirtschaftlich unselbständigen Regiebetrieb. Seit 2004 wird er als finanzwirtschaftliches Sondervermögen (Eigenbetrieb) betrieben.

3

Zum Betriebsvermögen des BgA gehörte eine Beteiligung der Klägerin an der [X.] [X.] schüttete ihre nach Verlustverrechnung verbleibenden Gewinne in den Jahren 2003 (901.882 €) und 2004 (2.058.550 €) an den BgA, im Jahr 2005 (4.303.572 €) unmittelbar an die Stadtkasse der Klägerin aus; Kapitalertragsteuer führte sie zunächst ab, machte die entsprechenden Anmeldungen jedoch im Einverständnis mit dem Beklagten und Revisionskläger ([X.]inanzamt --[X.]--) rückgängig, weil es sich um Kapitalrückzahlungen handele.

4

Das [X.] nahm beim BgA in [X.]öhe der Ausschüttungen jeweils Abschreibungen auf den Wert der Beteiligung an der V-Gmb[X.] vor. Die damit verbundenen [X.] behandelte es als vGA, die zu entsprechenden Minderungen des steuerlichen [X.]s führten.

5

Im Übrigen stellte das [X.] den Bestand des steuerlichen [X.]s des BgA zum 31. Dezember 2002 und zum 31. Dezember 2003 jeweils in der Weise fest, dass es die sich zu diesen Zeitpunkten bei der steuerlichen Gewinnermittlung jeweils ergebenden Verluste (1.292.445 € und 1.176.535 €) dem [X.] nicht hinzurechnete, obschon der BgA in dieser Zeit noch als Regiebetrieb geführt wurde. Auf Grundlage dieser Berechnungsweise ergab sich letztmalig zum 31. Dezember 2004 ein positiver Endbestand des steuerlichen [X.]s des BgA von 624.151 € und führte die im [X.]olgejahr angesetzte vGA von 4.303.572 € zu einem kapitalertragsteuerpflichtigen Gewinntransfer an die Klägerin als [X.] nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. [X.]. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7c des Einkommensteuergesetzes (EStG 2002) in [X.]öhe von 3.679.421 €. Dementsprechend nahm das [X.] die Klägerin mit [X.]aftungsbescheid für nicht abgeführte Kapitalertragsteuer 2005 in [X.]öhe von 367.942,10 € [X.] Solidaritätszuschlag 2005 in [X.]öhe von [X.] in Anspruch.

6

Die u.a. gegen den [X.]aftungsbescheid und gegen die gesonderten [X.]eststellungen des Bestands des steuerlichen [X.]s des BgA zum 31. Dezember der Jahre 2001 bis 2006 gerichtete Klage hatte teilweise Erfolg. Das [X.]inanzgericht ([X.]) [X.] hat die Bestände des [X.]s zum 31. Dezember 2001 auf 1.311.823 €, zum 31. Dezember 2002 auf 2.604.268 €, zum 31. Dezember 2003 auf 5.130.317 € und zum 31. Dezember 2004 auf 3.696.688 € festgestellt; die [X.]aftungsschuld über Kapitalertragsteuer 2005 hat das [X.] auf 60.688 € [X.] Solidaritätszuschlag herabgesetzt; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Sein Urteil vom 18. Oktober 2011  6 K 4267/09 K,[X.],[X.] ist in Entscheidungen der [X.]inanzgerichte (E[X.]) 2012, 1692 abgedruckt.

7

Gegen das [X.]-Urteil richtet sich die Revision des [X.], mit der die Verletzung materiellen Rechts geltend gemacht wird.

8

Das [X.] beantragt, das [X.]-Urteil teilweise aufzuheben, die Klage insoweit abzuweisen und das steuerliche [X.] gemäß § 27 Abs. 2 des [X.] ([X.] 2002) zum 31. Dezember 2002 auf 1.311.823 €, zum 31. Dezember 2003 auf 2.661.337 € und zum 31. Dezember 2004 auf 1.227.708 € gesondert festzustellen sowie auf den Kapitalertrag von 3.075.864 € im [X.]aftungswege eine Kapitalertragsteuer 2005 von 307.586 € [X.] Solidaritätszuschlag festzusetzen.

9

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist begründet und führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) zur Zurückverweisung der Sache an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung. Das [X.] hat zwar zu Recht angenommen, dass das steuerliche [X.] des BgA gemäß § 27 Abs. 2 [X.] 2002 zum 31. Dezember der Jahre 2002 und 2003 um die Verluste zu erhöhen war, die der BgA in diesen Wirtschaftsjahren erwirtschaftet hatte. Maßgeblich für die Höhe der Zuführungen zum steuerlichen [X.] ist indes nicht das steuerbilanzielle, sondern das nach handelsrechtlichen Grundsätzen ermittelte Jahresergebnis, dessen Höhe sich aus den tatrichterlichen Feststellungen nicht ergibt. Es bedarf deswegen weiterer Sachaufklärung. Hiernach bestimmt sich dann auch, in welchem Umfang die Klägerin für nicht abgeführte [X.]teuer betreffend die vom [X.] im Folgejahr 2005 angesetzte vGA als Haftende in Anspruch genommen werden kann.

1. Unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften haben die nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen am Schluss jedes [X.] auf einem besonderen Konto (steuerliches [X.]) auszuweisen. Das steuerliche [X.] ist ausgehend von dem Bestand des vorangegangenen [X.] um die jeweiligen Zu- und Abgänge des [X.] fortzuschreiben und zum Schluss eines jeden [X.] gesondert festzustellen (§ 27 Abs. 1 Sätze 1 und 2, Abs. 2 Satz 1 [X.] 2002). Dieser Bescheid ist Grundlagenbescheid für den Bescheid über die gesonderte Feststellung zum folgenden Feststellungszeitpunkt (§ 27 Abs. 2 Satz 2 [X.] 2002).

2. Die Regelungen in § 27 Abs. 1 bis 6 [X.] 2002 gelten gemäß § 27 Abs. 7 [X.] 2002 sinngemäß für andere Körperschaften und Personenvereinigungen, die Leistungen i.S. des § 20 Abs. 1 Nrn. 1, 9 und 10 EStG 2002 gewähren können. Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin. Nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG 2002 gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen der nicht den Rücklagen zugeführte Gewinn und vGA eines nicht von der Körperschaftsteuer befreiten BgA i.S. des § 4 [X.] 2002 ohne eigene Rechtspersönlichkeit, der den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt oder Umsätze erzielt, die bestimmte [X.] überschreiten. Die Klägerin unterhielt mit dem [X.] einen BgA ohne eigene Rechtspersönlichkeit und ermittelte den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich.

3. Den Bestand des [X.] des BgA zum 31. Dezember 2001 hat das [X.] in dem angefochtenen Urteil gesondert auf 1.311.823 € festgestellt. Insoweit ist das [X.]-Urteil nicht angefochten worden und ist der festgestellte Betrag mithin für das Revisionsverfahren verbindlich als Anfangsbestand des steuerlichen [X.] zum 1. Januar 2002 anzusetzen.

4. Das steuerliche [X.] ist u.a. um die in den Wirtschaftsjahren 2002 und 2003 vom BgA erzielten Verluste zu erhöhen.

a) In den Jahren 2002 und 2003 führte die Klägerin den BgA noch als Regiebetrieb. [X.] sind rechtlich unselbständige Einheiten der [X.], die finanzwirtschaftlich nicht Sondervermögen der Gemeinde darstellen. Demgemäß fließen Einnahmen der [X.] --anders als bei [X.] unmittelbar in den Haushalt und Ausgaben werden unmittelbar aus dem Haushalt der [X.] bestritten. Der erkennende [X.] hat mit Urteil vom 23. Januar 2008 I R 18/07 ([X.], 357, [X.], 573) entschieden, dass aufgrund dieser spezifischen Umstände beim Regiebetrieb ein bilanzieller Verlustvortrag nicht möglich ist, sondern der Verlust im Entstehungsjahr als durch Einlagen der Gemeinde ausgeglichen gilt und deshalb zu einem entsprechenden Zugang im [X.] führt (dem folgend Verfügungen der [X.] [X.] vom 28. Januar 2009 S 2706 a-3-St 217, juris, und [X.] vom 23. August 2010 S 2836-17-St 241, juris; [X.] in [X.]/[X.]/ Möhlenbrock, Kommentar zum [X.] und EStG, § 4 [X.] Rz 319, 358, § 27 [X.] Rz 101a; [X.] in [X.], [X.], § 4 Rz 450; [X.] in [X.]/[X.], [X.]/[X.]/[X.], § 27 [X.] Rz 109g; [X.] in [X.]/[X.], [X.], § 27 Rz 161; Blümich/[X.], § 27 [X.] Rz 78).

b) Dieser Grundsatz ist auf den Streitfall anwendbar. Er gilt entgegen der Annahme des [X.] nicht nur für [X.], die --wie jener im Falle des [X.] in [X.], 357, [X.], 573-- ihren Gewinn durch [X.] gemäß § 4 Abs. 3 EStG 2002 ermitteln. Denn die das [X.]surteil tragenden Erwägungen bezüglich der haushaltsrechtlichen Besonderheiten bei [X.]n sind unabhängig von der im Einzelfall gewählten Methode der Gewinnermittlung. Die Frage, ob der in einem Wirtschaftsjahr entstandene Verlust eines BgA für Zwecke der Ermittlung des steuerlichen [X.] mit Gewinnen des [X.] verrechnet werden kann oder ob er wegen der einheitlichen Vermögenssphäre im Jahr der Entstehung unmittelbar als von der [X.] ausgeglichen zu gelten hat, stellt sich ebenso bei bilanzierenden BgA und ist für diese in gleicher Weise zu beantworten.

c) Die Zuschreibung der Verluste zum steuerlichen [X.] des [X.] verstößt entgegen der Sichtweise der Revision nicht gegen § 27 Abs. 1 Satz 4 [X.] 2002 (inzwischen § 27 Abs. 1 Satz 5 [X.] 2002 i.d.[X.] über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der [X.] und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften vom 7. Dezember 2006, [X.], 2782, [X.], 4), wonach als ausschüttbarer Gewinn das in der Steuerbilanz ausgewiesene (um das gezeichnete Kapital geminderte) Eigenkapital abzgl. des Bestands des steuerlichen [X.] gilt. Aus dieser --auf Kapitalgesellschaften zugeschnittenen-- Regelung kann kein Verbot abgeleitet werden, im Rahmen der "sinngemäßen" Anwendung der Bestimmung auf in Form von [X.]n geführte BgA gemäß § 27 Abs. 7 [X.] 2002 einen erwirtschafteten Verlust als unmittelbar durch die [X.] ausgeglichen anzusehen.

d) Die unterschiedliche Behandlung der Verluste von einerseits [X.]n und andererseits Eigenbetrieben führt weder zu unbilligen noch zu systemwidrigen Ergebnissen. Zwar sind die Verluste der als Eigenbetriebe geführten BgA, die über ein finanzwirtschaftliches Sondervermögen verfügen --wie auch die Verluste von [X.] nicht deren steuerlichem [X.] zuzuschreiben. Jedoch dient die Führung des [X.] keinem Selbstzweck, sondern ist Hilfsmittel für die Bemessung der Steuern auf Kapitalerträge; sie soll verhindern, dass Rückzahlungen von Einlagen durch Körperschaften als Einkünfte aus Kapitalvermögen besteuert werden (vgl. Begründung des Fraktionsentwurfs eines Gesetzes zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung, BTDrucks 14/2683, S. 125). Dementsprechend bestimmt § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 5 i.V.m. Nr. 1 Satz 3 EStG 2002, dass die Leistungen eines § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG 2002 unterfallenden BgA nicht zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen gehören, soweit sie aus Ausschüttungen stammen, für die Beträge aus dem steuerlichen [X.] als verwendet gelten.

Verluste wirken sich indes auch bei Kapitalgesellschaften und bei Eigenbetrieben -wenn auch auf andere [X.] schmälernd auf die künftigen Einkünfte der [X.] aus Kapitalvermögen aus: Die Anteilseigner einer GmbH können die Ausschüttung des Jahresgewinns nicht verlangen, wenn handelsrechtlich ein Verlustvortrag besteht; denn nach § 29 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung haben die Gesellschafter einer GmbH Anspruch auf den Jahresüberschuss [X.] eines Gewinnvortrags abzgl. eines Verlustvortrags. Auf ähnliche Weise können Eigenbetriebe nach den Eigenbetriebsverordnungen der Länder einen Jahresverlust, wenn er nicht von der [X.] ausgeglichen wird, grundsätzlich auf neue Rechnung vortragen (z.B. § 10 Abs. 6 der [X.] vom 16. November 2004, Gesetz- und Verordnungsblatt 2004, 644). Da die künftigen Gewinne in diesen Fällen zunächst zur [X.] zu verwenden sind und den Anteilseignern bzw. der [X.] nicht für Zwecke außerhalb der Gesellschaft bzw. des BgA zur Verfügung stehen, führen sie, soweit sie zum Ausgleich eines handelsrechtlichen Verlustvortrags erforderlich sind, nicht zu Einkünften i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG 2002 (vgl. abermals das [X.]surteil in [X.], 357, [X.], 573, m.w.N.). Im Ergebnis werden somit BgA in Form von Eigenbetrieben und [X.]n grundsätzlich gleichbehandelt (so auch [X.] in [X.]/[X.]/Möhlenbrock, a.a.[X.], § 4 [X.] Rz 358).

Allerdings besteht der Unterschied, dass die Zuschreibung des Verlusts zum steuerlichen [X.] beim Regiebetrieb unmittelbar wirkt, während der Verlustvortrag beim Eigenbetrieb sich erst dann auf die Bemessungsgrundlage der Steuer auf Kapitalerträge auswirkt, wenn der BgA wieder Gewinne erwirtschaftet. Diese unterschiedliche Wirkung ist indes hinzunehmen. Sie ist dem Umstand geschuldet, dass der Regiebetrieb kassenmäßig Teil der [X.] ist und keine separate Vermögensmasse des BgA existiert. Dies wirkt sich nicht nur auf die Behandlung von Verlusten, sondern spiegelbildlich auch auf der Gewinnebene aus: Gewinne eines [X.] sind bei der [X.] unmittelbar und zeitgleich als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern ([X.]surteile vom 11. Juli 2007 I R 105/05, [X.], 327, [X.], 841, und vom 16. November 2011 I R 108/09, [X.], 48, [X.], 328), während beim Eigenbetrieb Gewinne erst dann zu Einkünften i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG 2002 führen, wenn deren Überführung in den allgemeinen Haushalt beschlossen worden ist oder wenn sie ohne einen entsprechenden Beschluss tatsächlich an die [X.] zur allgemeinen Verwendung geleistet worden sind ([X.]surteil in [X.], 48, [X.], 328). Vor diesem Hintergrund ist es konsequent, die unterschiedliche haushaltsrechtliche Lage auch auf der [X.] zu berücksichtigen.

5. All dies hat auch das [X.] richtig erkannt. Als unzutreffend erweist sich das angefochtene Urteil jedoch, soweit die Vorinstanz dem [X.] den nach steuerlichen Grundsätzen ermittelten Verlustbetrag zugeführt hat. Maßgeblich für die Ermittlung des Gewinns für Zwecke des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG 2002 --und dementsprechend in Verlustfällen für die Höhe der Zuführung zum [X.]-- ist bei [X.]n aber nicht das steuerliche, sondern das handelsrechtliche Jahresergebnis i.S. des § 275 des Handelsgesetzbuchs (vgl. Schreiben des [X.] vom 11. September 2002, [X.], 935, Rz 22; [X.] in [X.], a.a.[X.], § 4 Rz 449, 450.1; [X.] in [X.]/[X.]/ Möhlenbrock, a.a.[X.], § 4 [X.] Rz 297 ff.; [X.], Die Besteuerung der öffentlichen Hand, 2002, S. 160; [X.], Betriebs-Berater 2003, 398, 401, und GmbH-Steuerberater 2006, 325, 326). Diese Sichtweise liegt erkennbar auch der bisherigen [X.]srechtsprechung zugrunde (vgl. insbesondere das [X.]surteil in [X.], 357, [X.], 573 [unter [X.]) [X.]]; ferner die [X.]surteile in [X.], 48, [X.], 328; in [X.], 327, [X.], 841; vom 21. August 2007 I R 78/06, [X.], 515, [X.], 317, und vom 9. Juni 2010 I R 43/09, [X.], 2117). Denn es geht bei der Besteuerung des [X.] aus BgA ohne eigene Rechtspersönlichkeit um die Erfassung von Vorgängen, die bei anderen Körperschaften als (tatsächliche) Gewinnausschüttungen anzusehen wären (vgl. z.B. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. a EStG 2002 betreffend die Besteuerung von "Leistungen" von BgA mit eigener Rechtspersönlichkeit). Und die Höhe des zur Gewinnabführung tatsächlich zur Verfügung stehenden Betrags richtet sich nach dem handelsrechtlichen Jahresüberschuss.

Für die von der Revision ins Spiel gebrachte Ermittlung auf der Grundlage einer Liquiditätsbetrachtung ("cash-flow") sieht der [X.] demgegenüber keine gesetzliche Grundlage, keine allgemein anerkannten Kriterien und keine hinreichenden Erkenntnismöglichkeiten für die Finanzverwaltung.

6. Das [X.] ist insoweit von einer anderen rechtlichen Beurteilung ausgegangen. Sein Urteil ist deshalb aufzuheben, soweit es der Klage stattgegeben hat. Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Denn das [X.] hat --von seinem rechtlichen Standpunkt aus konsequent-- in dem angefochtenen Urteil keine Feststellungen zur Höhe des handelsrechtlichen Jahresergebnisses des BgA getroffen. Dies ist im zweiten Rechtsgang nachzuholen. Sollte sich dabei das Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] als zutreffend erweisen, demzufolge die vom [X.] steuerbilanziell vorgenommenen (verlustverursachenden) Teilwertabschreibungen auf die Beteiligung des BgA an der V-GmbH auch nach handelsbilanziellen Grundsätzen hätten vorgenommen werden müssen (§ 253 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 HGB), jedoch im festgestellten Jahresabschluss des BgA tatsächlich nicht vorgenommen worden sind, gilt das Folgende:

a) Maßgeblich wäre in diesem Fall nicht der festgestellte Jahresabschluss, sondern das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zutreffende Jahresergebnis. Fehlerhafte Bilanzansätze sind insoweit im [X.] und nicht erst im Zeitpunkt der Anpassung der Handelsbilanz an die Steuerbilanz zu korrigieren (zutreffend [X.] in [X.]/[X.]/Möhlenbrock, a.a.[X.], § 4 [X.] Rz 299).

b) Die vom Regiebetrieb erwirtschafteten Verluste wären auch insoweit dem steuerlichen [X.] gutzubringen, als sie auf jenen abschreibungsbedingten "[X.]" beruhten. Es besteht kein sachlicher Grund dafür, in diesem Zusammenhang --wie von der Revision gefordert-- nur solche Verluste zu berücksichtigen, die aus direkten Abflüssen aus dem Haushalt der [X.] herrühren. Bei Eigenbetrieben wirken sich abschreibungsbedingte Verluste auf die Höhe des Verlustvortrags aus und schmälern deshalb später ggf. ebenfalls die Einkünfte der [X.] aus Kapitalvermögen.

Dies gilt im Übrigen unabhängig davon, ob das Wirtschaftsgut, auf das die Abschreibung entfällt, zuvor von der [X.] eingelegt und dessen Wert deshalb seinerzeit dem [X.] gutgeschrieben worden ist oder nicht. Soweit die Revision eine Unbilligkeit jedenfalls in diesem Fall für gegeben hält, weil im Ergebnis die Einlage das steuerliche [X.] zweifach erhöhen würde, ist ihr nicht zu folgen. Davon abgesehen besteht nach den tatrichterlichen Feststellungen des [X.] kein Anhalt dafür, dass im Streitfall eine derartige Konstellation gegeben ist.

c) Neben den abschreibungsbedingten Verlusten wären dem steuerlichen [X.] auch die von der [X.] geleisteten, nicht näher beschriebenen "tatsächlichen" Einlagen im Betrag von insgesamt 2.251.396 € gutzubringen. Entgegen der Auffassung der Revision können dem [X.] eines [X.] nicht alternativ entweder nur die tatsächlichen Einlagen der [X.] oder nur der aus der Einheit der Vermögenssphäre zu folgernde fiktive Verlustausgleich zugeschrieben werden. Vielmehr sind tatsächliche Einlagen der [X.] --d.h. die auf dem Trägerverhältnis beruhende Überlassung von Wirtschaftsgütern zu Zwecken des [X.] dem [X.] des [X.] (wie auch dem des Eigenbetriebs) stets zuzuschreiben. Die Berücksichtigung tatsächlicher Einlagen im steuerlichen [X.] kann nicht davon abhängig sein, ob der BgA im betreffenden Jahr einen Gewinn oder einen Verlust erwirtschaftet hat. Auch insoweit beruht die gegenteilige Auffassung der Revision auf der Fehlvorstellung, der Regiebetrieb bzw. dessen [X.] erlange mit der unmittelbaren Zuschreibung des erwirtschafteten Verlusts zum steuerlichen [X.] im Vergleich zum Eigenbetrieb einen ungerechtfertigten Sondervorteil, der in irgend einer Form kompensiert werden müsste.

7. Abhängig davon, in welcher Höhe nach den vorstehenden Maßgaben der Bestand des steuerlichen [X.] des BgA zum 31. Dezember 2004 festzustellen ist, bestimmt sich dann auch die Höhe der Haftungssumme für nicht abgeführte [X.]teuer betreffend die im Folgejahr 2005 angesetzte vGA, für die die Klägerin in Anspruch zu nehmen ist (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7c, § 44 Abs. 6 Satz 5 EStG 2002, § 191 Abs. 1 der Abgabenordnung).

Meta

I R 77/11

11.09.2013

Bundesfinanzhof 1. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 18. Oktober 2011, Az: 6 K 4267/09 K,F,H, Urteil

§ 4 KStG 2002, § 27 Abs 1 KStG 2002, § 27 Abs 2 S 1 KStG 2002, § 7 KStG 2002, § 4 Abs 1 EStG 2002, § 20 Abs 1 Nr 10 Buchst b EStG 2002, § 43 Abs 1 S 1 Nr 7c EStG 2002, § 44 Abs 6 S 5 EStG 2002, § 253 Abs 2 S 3 HGB, § 275 HGB, § 29 Abs 1 S 1 GmbHG, § 191 Abs 1 AO, KStG VZ 2005, EStG VZ 2005, § 27 Abs 1 S 5 KStG 2002 vom 07.12.2006, § 27 Abs 7 KStG 2002

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 11.09.2013, Az. I R 77/11 (REWIS RS 2013, 2908)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2908

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6 S 1043/19

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