Bundesfinanzhof, Urteil vom 26.06.2019, Az. VIII R 43/15

8. Senat | REWIS RS 2019, 6064

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Gegenstand

(Ermittlung des Gewinns gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG eines Betriebs gewerblicher Art bei Beteiligung der Trägerkörperschaft an einer Mitunternehmerschaft)


Leitsatz

Werden einzelne dauerdefizitäre Tätigkeitsfelder einer gewerblich tätigen Personengesellschaft, an der eine Trägerkörperschaft als Mitunternehmerin beteiligt ist, sowohl im Rahmen der Einkünfteermittlung der Mitunternehmerschaft als auch für Zwecke der Körperschaftsteuer als eigenständige Betriebe gewerblicher Art (Regiebetriebe) behandelt, kann zur Ermittlung des Gewinns i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG nicht ohne weiteres an den entnommenen Gewinnanteil angeknüpft werden, wenn dieser auf den Erträgen aus sämtlichen Tätigkeitsfeldern beruht. Die ertragsteuerliche Einkünfteermittlung bei der Mitunternehmerschaft und die Einkommensermittlung für die verschiedenen Betriebe gewerblicher Art ist für die Ermittlung der kapitalertragsteuerpflichtigen Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen .

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.], [X.], vom 21.07.2015 - 6 K 3113/11 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine kommunale Gebietskörperschaft und alleinige Kommanditistin der [X.] (im Folgenden: [X.]).

2

Die [X.] wurde am 17.12.1999 gegründet und umfasste nach Einbringung des bis dahin bestehenden Eigenbetriebs "X" die Sparten Strom- und Wasserversorgung, Fernwärme, [X.], Freibad, Hallenbad und [X.]. Sie erstellte für die [X.] 2003 bis 2005 handelsrechtliche Jahresabschlüsse mit Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung sowie Lageberichten, in die die Erträge und Aufwendungen aus den genannten Tätigkeiten eingingen.

3

Im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte der [X.] wandte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) wegen des dauerdefizitären Betriebs des [X.]s die Grundsätze der sog. Segmentierung an. Er ermittelte die Einkünfte auf [X.] der [X.] ohne die Erträge und Aufwendungen, die auf den Betrieb des [X.]s entfielen und stellte die Einkünfte entsprechend fest. Die gesonderten und einheitlichen Feststellungsbescheide für die Streitjahre wurden bestandskräftig.

4

Zudem wurde vom [X.] für Zwecke der Körperschaftsteuer ein Betrieb gewerblicher Art --BgA-- (im Folgenden: BgA Beteiligung) geführt. In den für diesen BgA für die Streitjahre ergangenen [X.]n ging das [X.] im Rahmen der Einkommensermittlung vom steuerlichen Gewinn der [X.] aus, wie er den gesonderten und einheitlichen Feststellungsbescheiden nach der Segmentierung der Einkünfte zugrunde lag. Die Erträge und Aufwendungen des [X.]s gingen damit nicht in die Einkommensermittlung dieses BgA ein. Die [X.] für den BgA Beteiligung für die Streitjahre wurden bestandskräftig.

5

Darüber hinaus wurde für [X.] ein BgA "[X.] der [X.]" (im Folgenden: BgA [X.]) geführt. Dieser erzielte in den Streitjahren Verluste, die in die Einkommensermittlung für diesen BgA eingingen und in [X.] gesondert festgestellt wurden. Sowohl die [X.] als auch die Feststellungsbescheide für den BgA [X.] wurden bestandskräftig.

6

Der Stadtrat der Klägerin beschloss am 23.10.2003 eine Entnahme aus dem Jahresgewinn der [X.] für 2002 in Höhe von 829.265 €, am [X.] eine Entnahme aus dem Jahresgewinn der [X.] für 2003 in Höhe von 783.169 € und am 26.10.2005 eine Entnahme aus dem Jahresgewinn der [X.] für 2004 in Höhe von 1.220.967 €. Nach § 8 Nr. 6 und § 11 Nr. 6 des Gesellschaftsvertrages der [X.] setzte eine Entnahmebefugnis eine vorherige Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung der [X.] voraus. Ausgangspunkt der Berechnung der entnahmefähigen Beträge war jeweils der in den handelsrechtlichen Jahresabschlüssen der [X.] ausgewiesene Gewinn aus sämtlichen Tätigkeiten der [X.] inklusive des Betriebs des [X.]s. Von diesen Gewinnen wurden aufgrund der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung in die Kapitalrücklagen der [X.] eingestellte "[X.]" in Höhe von 100.082,46 € für das [X.], 106.355,18 € für das [X.] und 107.869,43 € für das [X.] abgezogen und auf [X.] der [X.] thesauriert.

7

Die Klägerin meldete für die Zeiträume November 2003, November 2004 und November 2005 Kapitalertragsteuer für die Gewinne des BgA Beteiligung i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b des Einkommensteuergesetzes in der für die Streitjahre geltenden Fassung (EStG) in Höhe von 634.580 € (November 2003), 312.294 € (November 2004) und 754.899 € (November 2005) an. Diese Beträge ergaben sich aus den bei der [X.] beschlossenen entnahmefähigen Jahresgewinnen nach Abzug der [X.] und des Aufwands für Körperschaftsteuer und [X.] des BgA Beteiligung.

8

Das [X.] erhöhte jedoch für den BgA Beteiligung die Bemessungsgrundlage für die Kapitalertragsteuer der [X.] sowohl um die in die Kapitalrücklage der [X.] eingestellten [X.] als auch um die bei der Ermittlung der handelsrechtlichen Gewinne bei der [X.] abgezogenen Verluste des [X.]s. Es erließ gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung am 11.04.2006 für die Anmeldezeiträume November 2003 und November 2004 entsprechende Nachforderungsbescheide zur Kapitalertragsteuer und zum [X.]. Der das Jahr 2005 betreffende Nachforderungsbescheid erging für den [X.] August 2005.

9

Während des hiergegen geführten [X.] ergingen mehrere Änderungsbescheide (insbesondere im [X.] an eine Betriebsprüfung). In der Einspruchsentscheidung minderte das [X.] die kapitalertragsteuerpflichtigen Gewinne um die auf [X.] der [X.] thesaurierten [X.], die es als Rücklagen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG behandelte.

Das Finanzgericht ([X.]) wies die anschließend erhobene Klage mit Urteil vom 21.07.2015 - 6 K 3113/11 ab. Der gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG i.V.m. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7c EStG kapitalertragsteuerpflichtige Gewinn des BgA Beteiligung sei für die [X.] ohne die Verluste des [X.]s zu ermitteln. Eine Zusammenfassung des BgA Beteiligung und des BgA [X.] für Zwecke der Körperschaftsteuer und der Kapitalertragsteuer komme nicht Betracht, da nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zwischen beiden keine enge, wechselseitige, technisch-wirtschaftliche Verflechtung bestehe. Die Gründe sind in Entscheidungen der Finanzgerichte ([X.]) 2015, 1950 veröffentlicht.

Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, das Urteil des [X.] verletze materielles Bundesrecht.

Es habe den Gewinn i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG rechtsfehlerhaft ermittelt. Aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift, eine steuerliche Gleichbehandlung des BgA der öffentlichen Hand mit einer Kapitalgesellschaft eines privaten Anteilseigners zu erreichen, folge, dass höchstens derjenige Gewinn der Kapitalertragsteuer unterworfen werden dürfe, der dem BgA bzw. der [X.] nach handelsrechtlichen Grundsätzen tatsächlich zur Verfügung gestanden habe. Dies seien die tatsächlich entnahmefähigen Gewinne der [X.].

Die Klägerin beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Nachforderungsbescheide über Kapitalertragsteuer und [X.] für die Anmeldezeiträume November 2003, November 2004 und August 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06.10.2011 dahin zu ändern, dass für den Anmeldezeitraum November 2003 die Kapitalertragsteuer auf 63.458 € und der [X.] auf 3.490,19 €, für den Anmeldezeitraum November 2004 die Kapitalertragsteuer auf 31.229,48 € und der [X.] auf 1.717,62 € sowie für den Anmeldezeitraum August 2005 die Kapitalertragsteuer auf 75.489,96 € und der [X.] auf 4.151,95 € herabgesetzt werden.

Das [X.] beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Es verteidigt die Vorentscheidung. Im Streitfall sei das handelsrechtliche Ergebnis der [X.] für die Ermittlung des Gewinns gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG zu modifizieren. Es dürfe für die Ermittlung des Gewinns des BgA Beteiligung nicht auf die handelsrechtlich tatsächlich entnahmefähigen Gewinne abgestellt werden. Wegen der Aussonderung der Verluste des [X.]s aus dem steuerlichen Gewinn der [X.] und der auch für Zwecke der Körperschaftsteuer getrennten Behandlung des BgA Beteiligung und des BgA [X.] lägen besondere Umstände vor. Die auf [X.] der [X.] bei der Ermittlung des handelsrechtlichen Jahresüberschusses mit den Verlusten des [X.]s verrechneten Beträge seien wie entnommene Gewinnanteile zu behandeln.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

1. Das [X.] hat die Klage gegen die angefochtenen Nachforderungsbescheide für die Streitjahre zu Recht abgewiesen. Es ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das [X.] bei der Ermittlung des Gewinns gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG für den BgA Beteiligung nicht nur den tatsächlich entnommenen Gewinnanteil aus der [X.], sondern auch die auf [X.] der [X.] zur Deckung der Verluste des Eisstadions verwendeten Mittel berücksichtigt hat.

a) Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 1 EStG sind u.a. die nicht den Rücklagen zugeführten Gewinne eines BgA i.S. des § 4 des Körperschaftsteuergesetzes in der in den Streitjahren jeweils anzuwendenden Fassung ([X.]) ohne eigene Rechtspersönlichkeit unter bestimmten Voraussetzungen als steuerpflichtige Kapitalerträge zu behandeln. Für diese Kapitalerträge ist gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7c EStG i.V.m. § 43a Abs. 1 Nr. 6 EStG ein Betrag in Höhe von 10 % als Kapitalertragsteuer zu entrichten, der für die Klägerin als [X.] gemäß § 2 Nr. 2 [X.] i.V.m. § 31 Abs. 1 Nr. 2 [X.] abgeltende Wirkung hat. Die genannten Regelungen enthalten eine [X.], da wegen der fehlenden rechtlichen Selbständigkeit des BgA keine tatsächlichen Ausschüttungen möglich sind. Zur Vermeidung von Wiederholungen zum Sinn und Zweck der Regelungen nimmt der Senat auf die Senatsurteile vom 30.01.2018 - VIII R 42/15 ([X.], 462, BStBl II 2019, 96) und [X.] ([X.], 473, BStBl II 2019, 101) --jeweils m.w.[X.]-- Bezug.

b) In den Streitjahren bestand nach zutreffender und übereinstimmender Sichtweise des [X.] und der Beteiligten eine Steuerpflicht von Kapitalerträgen der Klägerin aus dem BgA Beteiligung, der als Regiebetrieb gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG einzuordnen war.

Beteiligt sich eine juristische Person des öffentlichen Rechts wie die Klägerin an einer gemäß § 15 Abs. 2 EStG gewerblich tätigen Personengesellschaft wie der [X.], werden hierdurch nach ständiger Rechtsprechung des [X.] --[X.]-- (vgl. Urteile vom 25.03.2015 - I R 52/13, [X.], 46, [X.], 172; vom 29.11.2017 - I R 83/15, [X.], 327, BStBl II 2018, 495, jeweils m.w.[X.]) regelmäßig ein oder mehrere BgA i.S. des § 4 Abs. 1 [X.] begründet. Letzteres ist hier der Fall. Der BgA Beteiligung der Klägerin ist --wie auch der BgA [X.] als Regiebetrieb ohne eigene Rechtspersönlichkeit i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG einzuordnen (ebenso Schreiben des [X.] --BMF-- vom [X.] 2-S 2706-a/15/10001, [X.], 97, Rz 30; [X.] in [X.]/[X.], Die Besteuerung der öffentlichen Hand, § 4 Rz 519).

c) Zwischen den Beteiligten ist die Ermittlung der kapitalertragsteuerpflichtigen Bemessungsgrundlage des BgA Beteiligung in Gestalt des "nicht den Rücklagen zugeführten Gewinns" i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG zu Recht nicht streitig, soweit die Klägerin zum Ende der Wirtschaftsjahre 2002, 2003 und 2004 als (verwendungs- und rücklagenfähigen) Jahresüberschuss und als Gewinn gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG die entnahmefähigen und tatsächlich entnommenen Gewinnanteile aus der [X.] angesehen hat.

aa) Besteht der BgA --wie hier-- aus der Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft, ist für die Ermittlung des Gewinns gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG zwischen der Ermittlung des Gewinns der [X.] und der Ermittlung des Gewinns für den BgA Beteiligung zu unterscheiden. Der Kapitalertragsteuer unterliegt auf [X.] des BgA Beteiligung als Gewinn grundsätzlich "sein" (verwendungs- und rücklagenfähiger) handelsrechtlicher Jahresüberschuss i.S. des § 275 des Handelsgesetzbuchs (vgl. Senatsurteile in [X.], 462, BStBl II 2019, 96; in [X.], 473, BStBl II 2019, 101, jeweils m.w.[X.]; ebenso BMF-Schreiben in [X.], 97, Rz 25). In diesen handelsrechtlich (verwendungs- und rücklagenfähigen) Jahresüberschuss und damit in den Gewinn des BgA Beteiligung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG ist der handelsrechtliche Gewinnanteil aus dem Gesamthandsbereich der [X.] einzubeziehen; zudem umfasst der kapitalertragsteuerpflichtige Gewinn des BgA des Mitunternehmers auch die Sondervergütungen ([X.]-Urteil in [X.], 46, [X.], 172, Rz 11; BMF-Schreiben in [X.], 97, Rz 30 f.).

bb) Der entnahmefähige handelsrechtliche Gewinn des BgA Beteiligung hing im Streitfall zwar von einem erst nach Ablauf des Wirtschaftsjahres der [X.] zu fassenden Beschluss der [X.]erversammlung über die Gewinnverwendung ab. Weder die Feststellung des Jahresabschlusses der [X.] noch der jeweils nach Ablauf der Wirtschaftsjahre 2002 bis 2004 getroffene Entnahmebeschluss ändern aber etwas an der --phasengleichen-- zeitlichen Zuordnung des entnahmefähigen Gewinnanteils aus der [X.] zum Jahresüberschuss des BgA Beteiligung und zum kapitalertragsteuerpflichtigen Gewinn des BgA Beteiligung zum Ablauf des Wirtschaftsjahres, für das der Jahresabschluss der [X.] (hier der Wirtschaftsjahre 2002 bis 2004) aufgestellt und die Entnahme beschlossen wird (vgl. zur phasengleichen Erzielung des Gewinns zum Ende des Wirtschaftsjahres ungeachtet der späteren Feststellung des Jahresabschlusses bei [X.] vom 11.07.2007 - I R 105/05, [X.], 327, [X.], 841, unter [X.]; BMF-Schreiben in [X.], 97, Rz 29; zur Zurechnung des entnahmefähigen Gewinnanteils aus der [X.] bei der Klägerin als deren Alleingesellschafterin vgl. Institut der Wirtschaftsprüfer in [X.] e.V. --IDW-- Stellungnahme zur Rechnungslegung [X.], [X.], 24, Rz 21; [X.]/[X.], [X.] Steuer-Zeitung [X.], 886, 900 f.).

cc) Der Höhe nach ergaben sich die entnahmefähigen Gewinnanteile aus sämtlichen Tätigkeiten der [X.] (inklusive der Verluste aus dem Betrieb des Eisstadions), nach Abzug der aufgrund der [X.] thesaurierten Mindestgewinne. Die auf [X.] der [X.] thesaurierten Mindestgewinne hat das [X.] zutreffend weder in den Jahresüberschuss des BgA Beteiligung noch in den Gewinn gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 1 EStG einbezogen. Wären die auf [X.] der [X.] thesaurierten Mindestgewinne von der Klägerin entnommen worden, hätte für diese nach den im Senatsurteil in [X.], 462, BStBl II 2019, 96 für [X.] (hier: des BgA Beteiligung) aufgestellten Voraussetzungen auch eine Rücklagenbildung erst auf [X.] des BgA Beteiligung erfolgen können (vgl. auch BMF-Schreiben in [X.], 97, Rz 37). Dies rechtfertigt es, auch den Teil des Gewinns der [X.], der aufgrund der Beschlüsse der [X.]erversammlung in die Kapitalrücklage der [X.] eingestellt und nicht entnahmefähig ist, nicht als Gewinn des BgA Beteiligung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 1 EStG zu qualifizieren.

d) Das [X.] hat bei der Ermittlung der kapitalertragsteuerlichen Bemessungsgrundlage für den BgA Beteiligung in Gestalt des "nicht den Rücklagen zugeführten Gewinns" i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG im Ergebnis zutreffend jedoch nicht nur den tatsächlich entnommenen Gewinnanteil aus der [X.] berücksichtigt, sondern auch diejenigen Beträge einbezogen, die auf [X.] der [X.] bei der Ermittlung des handelsrechtlichen Jahresüberschusses die Verluste aus dem Betrieb des Eisstadions gedeckt haben.

aa) Die Einnahmen und Ausgaben aus dem Betrieb des Eisstadions wurden aus der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte der [X.] segmentiert. Der Betrieb des Eisstadions bildete körperschaftsteuerrechtlich einen eigenständigen BgA (Regiebetrieb). Diese Behandlung liegt auch den ausnahmslos bestandskräftig gewordenen [X.] der Streitjahre zugrunde. Der BgA Beteiligung und der BgA Eisstadion konnten zudem nach körperschaftsteuerrechtlichen Regeln auf [X.] der [X.] nicht (wieder) zu einem einheitlichen BgA zusammengefasst werden. Für die Streitjahre galten ferner --vor Einfügung der Regelungen des § 4 Abs. 6 [X.] durch das Jahressteuergesetz 2009 vom 19.12.2008 ([X.], 2794)-- noch die vom [X.] für die Zusammenfassung von BgA entwickelten Grundsätze (vgl. hierzu [X.]-Urteil vom 04.09.2002 - I R 42/01, [X.]/NV 2003, 511). Die nach diesem Maßstab zwischen den genannten BgA erforderliche enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung bestand nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des [X.] (§ 118 Abs. 2 [X.]O) nicht. Dies kann bei der Ermittlung der kapitalertragsteuerlichen Bemessungsgrundlage nicht unberücksichtigt bleiben.

bb) In der Rechtsprechung des [X.] ist anerkannt, dass der grundsätzlich handelsrechtlich auszulegende Begriff des Gewinns eines BgA i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG bei der Beteiligung der [X.] an einer gewerblichen Personengesellschaft unter Umständen modifizierend verstanden werden muss, um die kapitalertragsteuerliche Bemessungsgrundlage zutreffend zu ermitteln ([X.]-Urteil in [X.], 46, [X.], 172). Eine solche modifizierende Auslegung des Gewinnbegriffs zur zutreffenden Ermittlung der kapitalertragsteuerpflichtigen Bemessungsgrundlage des BgA Beteiligung ist auch im Streitfall geboten.

aaa) Ziel des Gesetzgebers ist es, die gewerbliche Tätigkeit der öffentlichen Hand im Vergleich zu privaten Kapitalgesellschaften und deren Anteilseignern annähernd gleich zu belasten. Hierzu muss für einen konkret betrachteten BgA im ersten Belastungsschritt eine Körperschaftsteuerbelastung auf der [X.] der [X.] und im zweiten Belastungsschritt durch die Fiktion einer steuerpflichtigen Ausschüttung des von dem BgA erzielten Gewinns an die [X.] eine Nachbelastung auf der [X.] der [X.] erfolgen (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 46, [X.], 172, Rz 18; ebenso BMF-Schreiben in [X.], 97, Rz 31).

bbb) Da die [X.] auf den BgA Beteiligung in seiner konkreten Ausgestaltung anzuwenden ist, darf im Streitfall zur Ermittlung der zutreffenden kapitalertragsteuerpflichtigen Bemessungsgrundlage nicht allein auf den handelsrechtlich unter Einbeziehung sämtlicher Tätigkeiten der [X.] ermittelten Gewinnanteil aus der [X.] abgestellt werden, der nach den Beschlüssen der [X.]erversammlung der [X.] entnahmefähig war und tatsächlich entnommen wurde.

Es ist der ertragsteuerrechtlichen Abgrenzung der verschiedenen BgA, die aufgrund der Tätigkeiten der [X.] vorhanden sind, Rechnung zu tragen. Denn würde man in den verwendungs- und ausschüttungsfähigen Jahresüberschuss des [X.] Beteiligung nur den jeweils von der Klägerin tatsächlich entnommenen Gewinnanteil aus der [X.] einbeziehen, bliebe bei der Ermittlung der kapitalertragsteuerpflichtigen Bemessungsgrundlage unberücksichtigt, dass bei der Ermittlung des handelsrechtlichen Gewinns der [X.] die Gewinne aus den übrigen Tätigkeiten der [X.] die Verluste des ertragsteuerrechtlich eigenständigen BgA Eisstadion ausgeglichen haben. Es entstünde allein aufgrund der handelsrechtlichen Zusammenfassung dieser Tätigkeiten trotz deren ertragsteuerrechtlicher Abgrenzung ein ansonsten unzulässiger steuerlicher Querverbund.

Die Beträge, die auf [X.] der [X.] bei der Ermittlung des handelsrechtlichen Gewinns zur Deckung des Defizits des BgA Eisstadion verwendet wurden, sind zwar nicht in den Gewinnanteil eingegangen, den die Klägerin aus der [X.] entnommen hat, sie sind aber auch nicht in der [X.] verblieben. Wenn die Verrechnung der Ergebnisse aus den übrigen Sparten der [X.] mit dem Ergebnis aus dem Betrieb des Eisstadions auf [X.] der [X.] nicht stattgefunden hätte, wären die zur [X.] verwendeten Beträge zusätzlich entnahmefähig gewesen und in den kapitalertragsteuerpflichtigen Gewinn eingegangen. Sie sind daher in den Gewinn des BgA Beteiligung i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG einzubeziehen (vgl. auch [X.], [X.], 79, 92).

ccc) Auf die [X.] im BMF-Schreiben in [X.], 97, nach der bei fehlender eigener Handelsbilanz eines BgA, der --wie im Streitfall des BgA Beteiligung-- aus der Beteiligung an einer Personengesellschaft besteht, für die kapitalertragsteuerliche Bemessungsgrundlage auf die tatsächlichen Entnahmen aus der [X.] abgestellt werden darf (BMF-Schreiben in [X.], 97, Rz 31), kann sich die Klägerin --wie vom [X.] erkannt-- im gerichtlichen Klageverfahren nicht mit Erfolg berufen. Sie steht der im Streitfall gebotenen modifizierenden Ermittlung des Gewinns im BgA Beteiligung daher nicht entgegen.

Für die Auslegung einer solchen Verwaltungsvorschrift ist nicht maßgeblich, wie das Gericht eine solche Verwaltungsanweisung versteht, sondern wie die Verwaltung sie verstanden hat und verstanden wissen wollte; das Gericht darf daher solche Verwaltungsanweisungen nicht selbst auslegen, sondern nur darauf überprüfen, ob die Auslegung durch die Behörde möglich ist (vgl. Senatsurteil vom 01.07.2003 - VIII R 80/00, [X.]/NV 2004, 23, unter [X.]; [X.]-Urteile vom 13.01.2011 - V R 43/09, [X.]E 233, 58, [X.], 610, Rz 16; vom 25.04.2018 - XI R 21/16, [X.]E 261, 436, BStBl II 2018, 505, Rz 27 f.). Die Gerichte können die Finanzbehörden auch nicht zwingen, [X.]en, die durch allgemeine Verwaltungsanweisungen angeordnet werden, auf einen Fall anzuwenden, der nach deren Auffassung nicht von der Verwaltungsanweisung gedeckt ist (vgl. [X.]-Urteile vom 22.09.2011 - III R 82/08, [X.]E 235, 336, [X.], 734, Rz 21, m.w.[X.]; in [X.]E 261, 436, BStBl II 2018, 505, Rz 28). Die vom [X.] im Streitfall vertretene Auslegung, nach der die [X.] wegen der Besonderheiten des Streitfalls für die Ermittlung des Gewinns im BgA Beteiligung nicht anzuwenden ist und daher trotz fehlender Handelsbilanz des BgA Beteiligung nicht auf den tatsächlich aus der [X.] entnommenen Gewinnanteil abgestellt werden darf, ist nach diesen Vorgaben nicht zu beanstanden.

ddd) Von der Annahme eines erhöhten "fiktiven" Gewinnanteils des BgA Beteiligung aus der [X.] ist auch nicht in entsprechender Anwendung des [X.] aus § 8 Abs. 7 [X.] abzusehen. Nach dieser Regelung sind bei einem dauerdefizitären BgA oder einer Tochterkapitalgesellschaft die Rechtsfolgen einer verdeckten Gewinnausschüttung nicht zu ziehen. Der Vorschrift kann aufgrund der ertragsteuerrechtlichen Aufteilung der Tätigkeiten der [X.] auf die verschiedenen BgA im Streitfall allenfalls Bedeutung für die Besteuerung des BgA Eisstadion, aber keine Bedeutung für die Ermittlung des kapitalertragsteuerpflichtigen Gewinns im BgA Beteiligung zukommen. Für eine entsprechende Anwendung der Regelung des § 8 Abs. 7 [X.] auf [X.] des BgA Beteiligung bestehen keine Ansatzpunkte.

e) Der nach den vorstehenden Grundsätzen zu ermittelnde Gewinn des BgA Beteiligung ist um die bei ihm anfallenden Ertragsteuern zu mindern (ebenso BMF-Schreiben in [X.], 97, Rz 31). Dies ist vom [X.] berücksichtigt worden. Seine Höhe ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.

2. Auch die weiteren Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG für eine Steuerpflicht der Kapitalerträge der Streitjahre aus dem BgA Beteiligung liegen vor. Der BgA Beteiligung war nicht von der Körperschaftsteuer befreit. Die darüber hinaus grundsätzlich erforderliche Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich führte zwar nur die [X.] und nicht der BgA Beteiligung durch. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG findet im Streitfall aber dennoch Anwendung, da im BgA Beteiligung die Gewinnschwelle in Höhe von jeweils 30.000 € in den Streitjahren bereits durch die entnahmefähigen Gewinnanteile überschritten wurde (vgl. auch BMF-Schreiben in [X.], 97, Rz 30). Zudem bestehen auf Grundlage der den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des [X.] (§ 118 Abs. 2 [X.]O) keine Anhaltspunkte, dass für die an die Klägerin als ausgeschüttet geltenden Gewinne ganz oder teilweise das steuerliche Einlagekonto verwendet wurde und damit die Ausnahmevoraussetzungen des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 5 EStG i.V.m. Nr. 1 Satz 3 EStG erfüllt sein könnten.

3. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

VIII R 43/15

26.06.2019

Bundesfinanzhof 8. Senat

Urteil

vorgehend FG München, 21. Juli 2015, Az: 6 K 3113/11, Urteil

§ 20 Abs 1 Nr 10 Buchst b EStG 2002, § 43 Abs 1 S 1 Nr 7c EStG 2002, EStG VZ 2005

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 26.06.2019, Az. VIII R 43/15 (REWIS RS 2019, 6064)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 6064


Verfahrensgang

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Az. VIII R 43/15

Bundesfinanzhof, VIII R 43/15, 26.06.2019.


Az. 6 K 3113/11

FG München, 6 K 3113/11, 21.07.2015.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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