Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.06.2016, Az. V ZR 134/15

V. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 9718

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:170616UVZR134.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

VERSÄUMNISURTEIL
V [X.]

Verkündet am:

17. Juni 2016

Weschenfelder

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 199 Abs.
1 Satz 2
Bei einem Schadensersatzanspruch wegen einer fehlerhaften Beratung über die Höhe der monatlichen Zuzahlung im Fall des Erwerbs einer Eigentumswohnung als Kapitalanlage liegt die erforderliche Kenntnis anspruchsbegründender Umstände erst vor, wenn
der Käufer nachvollziehen kann, worauf die höhere Zuzahlung zurückzuführen ist. Dies ist ihm regelmäßig erst nach Erhalt der Jahresabrechnung der [X.] bzw. des [X.] für den betroffenen Zeitraum möglich.
BGB § 280 Abs. 1
a)
Wird als Kaufanreiz für eine Immobilie auf deren wirtschaftliche Rentabilität hingewiesen, muss der Verkäufer auch über die hierfür bedeutsamen tatsächlichen Umstände richtig und vollständig [X.]. Er verletzt daher seine Beratungspflichten, wenn er ein in tatsächlicher Hinsicht [X.] Bild der [X.] oder des Wertsteigerungspotentials gibt und den Interessenten dadurch zum Vertragsschluss veranlasst (Bestätigung von Senat, Urteil vom 15. Oktober 2004 -
V [X.], [X.], 983).
b)
Wird eine langfristige Finanzierung eine Immobilienkaufs mit damit einhergehenden Steuervorteilen und zugleich ein Annuitätendarlehen vorgeschlagen, ist über eintretende negative Auswirkungen des sich Jahr für Jahr verringernden Zinsanteils der Darlehensraten auf den Steuervorteil aufzuklären.

[X.], Versäumnisurteil vom 17. Juni 2016 -
V [X.] -
O[X.]

[X.]

-
2
-

Der V. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. Juni 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr.
[X.], die Richterin Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und [X.]
Czub, [X.] und Dr. Göbel

für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des Hanseatischen [X.]s -
7. Zivilsenat
-
vom 26. Mai 2015 aufgeho-ben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Mit notarieller Urkunde vom 12.
Februar 2008 gaben der Kläger und sei-ne Ehefrau ein Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrages über eine Eigen-tumswohnung zu einem Kaufpreis von 117.519

a-rieller Urkunde vom 21.
Februar 2008 annahm.
Die Beklagte hatte mit der
die Wohnanlage aufteilenden Eigentümerin
eine Vereinbarung über die Veräußerung der Wohnungen getroffen und eine GmbH mit dem Vertrieb beauftragt. Der Kläger und seine Ehefrau hatten einen 1
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Finanzberater der GmbH kennengelernt, der ihnen die Wohnung als Anlageob-jekt vorstellte. Zur Finanzierung des Kaufpreises vermittelte die GmbH dem Kläger und seiner Ehefrau ein Annuitätendarlehen über einen Nominalbetrag von 118.710

Gestützt auf die Behauptung, unzutreffend und unvollständig beraten worden zu sein, hat der Kläger von der Beklagten aus eigenem und abgetrete-nem Recht seiner Ehefrau zunächst Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückübertragung der Wohnung sowie die Feststellung des [X.] der Beklagten mit der Vorleistung begehrt. Ferner verlangt er die Feststellung, dass die Beklagte den weiteren, auf den Erwerb der Wohnung beruhenden Schaden
zu ersetzen hat. Das [X.] hat der Klage stattge-geben. Nach dem Verkauf der Wohnung für 52.000

noch die Zahlung von 65.519

e-klagten für weitere Vermögensschäden. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision, verfolgt der Kläger die in der Berufungsinstanz gestellten Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht unterstellt, dass zwischen den [X.] ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist. Nach dem Vortrag des [X.] sei auch von einem Beratungsfehler auszugehen, weil die Differenz zwi-schen den [X.] und den Mieteinnahmen höher sei als im Beratungsgespräch dargestellt. Jedoch sei der Schadensersatzanspruch ver-jährt, da der Kläger und seine Ehefrau von der höheren Zuzahlung bereits 2008 3
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4
-

Kenntnis erhalten hätten. Die Verjährungsfrist sei daher Ende 2011 abgelaufen, während die Klage erst im November 2012 erhoben worden sei. Weitere Bera-tungsfehler ergäben sich aus dem Vortrag des [X.] nicht. Soweit eine Wie-derverkaufsmöglichkeit der Wohnung nach zehn Jahren mit einem Gewinn von n-verbindliche Anpreisung gehandelt. Dass der Kläger und seine Ehefrau nicht auf den bei einem Annuitätendarlehen permanent abnehmenden und bei Eintritt in das Rentenalter voraussichtlich gänzlich entfallenden Steuerspareffekt hin-gewiesen worden seien, stelle keinen Beratungsfehler dar. Mit der Beklagten sei kein Anlageberatervertrag geschlossen worden und daher auch keine anle-gergerechte Beratung geschuldet gewesen.
II.
Über die Revision des [X.] ist durch Versäumnisurteil zu [X.]. Inhaltlich beruht das Urteil jedoch nicht auf der Säumnis der Beklagten, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. Senat, Urteil vom 4.
April 1962
-
V
ZR 110/60, [X.]Z 37, 79, 82).
Das angefochtene Urteil hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der gegebenen Begründung kann ein Schadensersatzanspruch des [X.] nach §
280 Abs. 1 BGB wegen einer fehlerhaften Beratung nicht
verneint werden.
1. Rechtsfehlerhaft nimmt das Berufungsgericht die Verjährung des Schadensersatzanspruchs an, soweit der Kläger einen Beratungsfehler über die Höhe der monatlichen Zuzahlung geltend macht.
a) Richtig ist allerdings, dass die Verjährung mehrerer eigenständiger und hinreichend deutlich voneinander abgrenzbarer Pflichtverletzungsvorwürfe in Anlageberatungsfällen materiell-rechtlich selbständig zu beurteilen ist. Die 5
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5
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kenntnisabhängige regelmäßige Verjährungsfrist nach §§
195, 199 Abs.
1 BGB berechnet sich für jeden dieser Beratungsfehler gesondert, so dass die Vor-aussetzungen des §
199 Abs.
1 Nr.
2 BGB für jede Pflichtverletzung getrennt zu prüfen sind (vgl. nur Senat, Urteil vom 9.
November 2007 -
V
ZR 25/07, [X.], 89 Rn. 17; [X.], Urteil vom 18.
Juni 2015 -
III
ZR 198/14, [X.]Z 206, 41 Rn. 14 [X.]).
b) Nach §
199 Abs.
1 Nr.
2 BGB beginnt die Frist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.
[X.]) Nach der Rechtsprechung des [X.] liegt die nach §
199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erforderliche Kenntnis von den anspruchsbegründen-den Umständen im Allgemeinen vor, wenn dem Geschädigten die Erhebung einer Schadensersatzklage, sei es auch nur in Form der Feststellungsklage, Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos, möglich ist (vgl. nur [X.], Urteil vom 15.
März 2016 -
XI
ZR 122/14, [X.], 780 Rn. 28 [X.]). Sie ist aber nicht schon dann gegeben, wenn der Geschädigte lediglich Kenntnis von An-knüpfungstatsachen hatte (vgl. Senat, Urteil vom 27.
Februar 2015
-
V
ZR 133/14, NJW 2015, 2029 Rn. 33 zu §
439 BGB a.F.). Für eine Kenntnis der den Anspruch begründenden Umstände muss vielmehr hinzukommen, dass der Geschädigte aus den Anknüpfungstatsachen den Schluss auf eine Pflicht-verletzung durch eine bestimmte Person zieht oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gezogen hat.
bb) Die Feststellung, ob und wann der Gläubiger Kenntnis von bestimm-ten Umständen hatte oder ob seine Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruh-te, unterliegt als Ergebnis tatrichterlicher Würdigung zwar nur einer einge-9
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schränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht darauf, ob der Streitstoff umfassend, widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denk-
und Erfahrungs-sätze gewürdigt worden ist und ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahr-lässigkeit verkannt oder bei der Beurteilung des Grades der Fahrlässigkeit we-sentliche Umstände außer Betracht gelassen hat. Die Frage, wann eine für den Beginn der Verjährung hinreichende Kenntnis vorhanden ist, ist jedoch nicht ausschließlich Tatfrage, sondern wird maßgeblich durch den der Beurteilung des [X.] unterliegenden Begriff der Zumutbarkeit der Klageerhe-bung geprägt ([X.], Urteil vom 15.
Juni 2010 -
XI
ZR 309/09, [X.], 1399 Rn. 13 [X.]).
cc) Die Darlegungs-
und Beweislast für Beginn und Ablauf der Verjäh-rung und damit für die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Gläubi-gers
gemäß §
199 Abs.
1 Nr. 2 BGB trägt
der Schuldner. Soweit es um Um-stände aus der Sphäre des Gläubigers geht, hat er an der Sachaufklärung mit-zuwirken und erforderlichenfalls darzulegen, was er zur Ermittlung der Voraus-setzungen seiner Ansprüche und der Person des Schuldners getan hat (vgl. [X.], Urteil vom 3.
Juni 2008 -
XI
ZR 319/06, [X.], 2576 Rn. 25 [X.]).
c) Nach diesen Maßstäben hält die Würdigung des Berufungsgerichts, der Kläger und seine Ehefrau hätten schon im Jahr 2008 Kenntnis von der [X.] monatlichen Belastung gehabt, rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Entgegen der Ansicht der Revision verkennt das Berufungsgericht zwar nicht die Darlegungslast. Es geht vielmehr von dem seiner Ansicht nach nicht hinreichend bestrittenen Vortrag der Beklagten aus, wonach die Abwicklung
der Kauf-
und Finanzierungsverträge im ersten Quartal 2008 erfolgt sei. Daraus ergibt sich aber nur, dass dem Kläger und seiner Ehefrau schon 2008 bekannt war, dass die Differenz zwischen den [X.] und den Miet-12
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ausschüttungen nicht -
wie im
Rahmen der Beratung errechnet
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sondern 255,38

noch nicht die Kenntnis von einer fehlerhaften Beratung in diesem Punkt. [X.] handelt es sich insoweit lediglich um Anknüpfungstatsachen, die [X.] zwingend den Rückschluss auf eine Pflichtverletzung der [X.]. Die Ursachen für die höheren monatlichen Zuzahlungen können vielfäl-tiger Natur und brauchen nicht notwendigerweise auf Beratungsfehler zurückzu-führen sein. Sie können etwa auf einem plötzlich eingetretenen Zahlungsverzug des Mieters oder einer Mietminderung wegen eines neu aufgetretenen Mangels beruhen. Hinzu kommt, dass der Kläger ausweislich des Protokolls der mündli-chen Verhandlung vom 17.
Mai 2013 vor dem [X.] auf eine Teilnahme an einem Mietpool hingewiesen
hat. In diesem Fall kann das Auseinanderfallen von versprochener und erzielter Miete auch auf einer unvorhergesehenen schlechten Entwicklung des [X.] infolge unerwartet hoher Leerstände nach Vertragsschluss beruhen (vgl. [X.], Urteil vom 3.
Juni 2008
-
XI
ZR 319/06, NJW
2008, 2576 Rn.
31). Ferner besteht die Möglichkeit, dass die Eigentümerversammlung nach der Beratung der Käufer unerwartet [X.] über umzulegende Kosten gefasst haben, die die Ursache einer mo-natlichen Mehrbelastung und geringeren Ausschüttungen darstellen. Daher kann bei einem Schadensersatzanspruch wegen einer fehlerhaften Beratung über die Höhe der monatlichen Zuzahlung im Fall des Erwerbs einer Eigen-tumswohnung als Kapitalanlage
von einer Kenntnis anspruchsbegründender Umstände durch den Anleger erst dann ausgegangen werden, wenn der Käufer nachvollziehen kann, worauf die höhere Zuzahlung zurückzuführen ist. Dies ist ihm regelmäßig erst nach Erhalt der Jahresabrechnung der [X.] bzw. des [X.] für den betroffenen Zeitraum möglich. Feststellungen über den Zugang derartiger Unterlagen hat das [X.] nicht getroffen.
-
8
-

d) Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich in diesem Punkt
auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§
563 Abs.
3 ZPO). Auch eine grob fahrlässige Unkenntnis des [X.] und seiner Ehefrau von der geltend ge-machten Beratungspflichtverletzung der Beklagten im Sinne des §
199 Abs.
1 Nr. 2 BGB liegt nicht vor. Von
einer solchen ist nur auszugehen, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt und das nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Ihm muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung, eine schwere Form von "Verschulden gegen sich selbst", vorgeworfen werden können, weil sich ihm die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben (vgl. nur [X.], Urteil vom 17.
März 2016 -
III
ZR 47/15, [X.], 732 Rn. 11 [X.]). Hiervon kann auf der Grundlage der von dem Berufungsgericht getroffe-nen Feststellungen nicht ausgegangen werden. Auch wenn der Geschädigte geringere Ausschüttungen erhält, als nach dem Beratungsgespräch zu erwarten sind, kann er grundsätzlich den Zugang aussagekräftiger Abrechnungen abwar-ten, ohne dass ihm ein schwerer Obliegenheitsverstoß zur Last fällt.
2. Rechtsfehlerhaft verneint das Berufungsgericht auch einen [X.] nach
§
280 Abs.
1 BGB soweit der Kläger vorträgt, ihm sei eine Wiederverkaufsmöglichkeit der Wohnung nach zehn Jahren mit einem Gewinn von 23.000

a) Der -
von dem Berufungsgericht unterstellte
-
Beratungsvertrag ver-pflichtet den Verkäufer zu richtiger und vollständiger Information über die tat-sächlichen Umstände, die für den Kaufentschluss des Interessenten von [X.] Bedeutung sind oder sein können (vgl. nur Senat, Urteil vom 20.
November 1987 -
V
ZR 66/86, [X.], 95, 96; [X.], Urteil vom 6.
Juli
1993 -
XI
ZR 12/93, [X.]Z 123, 126, 129). Wird als Kaufanreiz die wirt-15
16
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-
9
-

schaftliche Rentabilität des Erwerbs herausgestellt, muss der Verkäufer auch über die hierfür bedeutsamen tatsächlichen Umstände richtig und vollständig informieren. Er verletzt daher seine Beratungspflichten, wenn er ein in tatsächli-cher Hinsicht [X.], zu positives Bild der [X.] der Immo-bilie oder ihres Wertsteigerungspotentials gibt und den Interessenten
dadurch zum Vertragsschluss veranlasst (vgl. Senat, Versäumnisurteil vom 15.
Oktober
2004 -
V
[X.], [X.], 983; Urteil vom 20.
Juli
2007 -
V
ZR 227/06, NJW-RR 2007, 1660 Rn.
9). [X.] sind dabei nicht sich nachträglich als unrichtig erweisende Prognosen zur Entwicklung des Immobilienmarktes, sondern unrichtige bzw. unterlassene Angaben zu spezifi-schen, aus den individuellen Gegebenheiten der Immobilie folgenden Risiken, welche die in Aussicht gestellte Rentabilität des Erwerbs erheblich zu mindern oder gar auszuschließen vermögen (vgl. Senat, Versäumnisurteil vom 15.
Oktober 2004 -
V
[X.], [X.]O, 983
[X.]). Dies ist etwa
der Fall, wenn ein gewinnbringender Verkauf der Wohnung nach dem in dem Beratungsge-spräch angegebenen Zeitraum wegen eines überhöhten [X.] von vornherein, d.h. unabhängig von dem in der Erklärung enthaltenen spekulativen Element, ausgeschlossen oder zumindest gänzlich unwahrscheinlich ist. [X.] die bei optimistischer Prognose realistischerweise zu erwartenden [X.] von Eigentumswohnungen noch nicht einmal aus, um nach dem
angegebenen Zeitraum einen Verkaufserlös zu erzielen, der alle Kosten des Erwerbers deckt, hat der Verkäufer falsche Vorstellungen über die Werthaltig-keit der Immobilie geweckt und damit seine Verpflichtung verletzt, über alle Umstände aufzuklären, die für eine von ihm als Kaufanreiz herausgestellte [X.] des Erwerbs von Bedeutung sind oder sein können (Senat, Versäum-nisurteil vom 15.
Oktober 2004 -
V
[X.], [X.]O, 984 f. [X.]).
Diese Anfor-derungen an die
Beratung lässt das Berufungsgericht außer Acht.

-
10
-

b) Es geht bei der Beurteilung des klägerischen Vortrags aufgrund [X.] Erwägungen zu der Unsicherheit einer verlässlichen Prognose über die Wertentwicklung einer Immobilie von einer bloß werbenden
Anpreisung aus. Damit blendet es den Zusammenhang aus, in dem die -
revisionsrechtlich zu-gunsten des [X.] zu unterstellenden
-
Äußerungen des Vermittlers zur [X.] des Erwerbs der Wohnung erfolgt sind. Der Kläger verweist auf die Feststellung des [X.]s, wonach dessen als Zeugin vernommene Ehe-frau glaubhaft bekundet habe, dass der Vermittler erklärt habe, die Wohnung könne nach zehn Jahren mit einem Gewinn von mindestens 23.000

werden. Eine solche Äußerung kann nicht lediglich als spekulative und damit erkennbar unverbindliche Prognose zu Wertsteigerungen angesehen werden, die Immobilien bei günstiger Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse er-fahren können. Vielmehr erweckt sie mit der Nennung eines konkreten Min-destwertes einer Wertsteigerung den Eindruck, der Erwerb sei praktisch risiko-frei, weil den Aufwendungen des Käufers mit der Immobilie ein entsprechender, nach
Ablauf von zehn Jahren zu realisierender Sachwert gegenüberstehe, der sich bei günstiger wirtschaftlicher Entwicklung noch erhöhen könne. Dies wird vorliegend noch dadurch verstärkt, dass der Erwerb der Eigentumswohnung nach dem Vortrag des [X.] der Altersvorsorge dienen sollte und zur [X.] ein Darlehensvertrag mit einer Laufzeit von 28 Jahren abgeschlossen wurde. Ausweislich der im Berufungsurteil in Bezug genommenen Kaufver-tragsurkunde ist der Kläger im Jahr 1950 und seine Ehefrau im Jahr 1953
gebo-ren, so dass sich der Kläger bei Ablauf der Finanzierung im
85. Lebensjahr und seine Ehefrau im 82. Lebensjahr befinden würden. Vor diesem Hintergrund [X.] die Angabe einer konkreten Mindestwertsteigerung besonders auf die Option hinweisen, das Objekt nach dem Eintritt in das Rentenalter gewinnbringend ab-stoßen und sich von den damit verbundenen Finanzierungsbelastungen befrei-en zu können.
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-
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-

c) Ist der dargestellte gewinnbringende Verkauf der Wohnung nach zehn Jahren wegen eines überhöhten [X.] jedoch von vornherein ausge-schlossen oder zumindest gänzlich unwahrscheinlich, hat der Verkäufer falsche Vorstellungen über die Werthaltigkeit der Immobilie geweckt und damit seine Verpflichtung verletzt, über alle Umstände aufzuklären, die für eine von ihm als Kaufanreiz herausgestellte Rentabilität des Erwerbs von Bedeutung sind oder sein können (vgl. Senat, Versäumnisurteil vom 15.
Oktober 2004 -
V
[X.], [X.], 983). Zur Unrichtigkeit der versprochenen Wertsteigerung hat der Kläger auch hinreichend vorgetragen, indem er darauf verwiesen hat, dass der Kaufpreis für die Eigentumswohnung zum Zeitpunkt des Erwerbs bereits deut-lich über deren mit allenfalls 70.000

habe.
3. Rechtsfehlerhaft verneint das Berufungsgericht schließlich auch eine Beratungspflicht über den bei Annuitätendarlehen permanent abnehmenden Steuerspareffekt.
a) Gegenstand der Beratungspflichten des Verkäufers einer Immobilie, die -
wie hier -
zu Anlagezwecken erworben wird, sind vor allem die laufenden Aufwendungen, die der Interessent erbringen muss.
Die Ermittlung des [X.] bildet das Kernstück der Beratung; sie soll den Käufer von der Mög-lichkeit überzeugen, mit seinen finanziellen Mitteln das Objekt erwerben und halten zu können. Wird bei der Beratung auf Steuervorteile hingewiesen, müs-sen die Voraussetzungen für deren Eintritt wie auch deren Höhe zutreffend dar-gestellt werden. Entfallen die steuerlichen Vergünstigungen nach einem be-stimmten Zeitraum, so dass sich die Belastungen des Käufers erhöhen, ist auch darüber aufzuklären (vgl. Senat, Urteil vom 25.
Oktober 2013 -
V
ZR 9/13, Grundeigentum 2014, 118
Rn. 15 [X.]).
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-

b) Wird eine langfristige Finanzierung eines Immobilienkaufs mit damit einhergehenden Steuervorteilen und zugleich ein Annuitätendarlehen vorge-schlagen, ist über eintretende negative Auswirkungen des sich Jahr für Jahr verringernden Zinsanteils der Darlehensraten auf den Steuervorteil aufzuklä-ren. Vorliegend behauptet der Kläger eine derartige negative Folge, in dem er darauf verweist, dass bei der vorgeschlagenen Finanzierung die Steuervorteile mit dem Eintritt in das Rentenalter vollständig entfallen werden.
4. Ohne Erfolg macht der Kläger hingegen geltend, der Erwerb der [X.] eigne sich schon wegen der langen Laufzeit der Finanzierung nicht für die empfohlene Altersvorsorge, so dass die Beratung auch unter diesem Ge-sichtspunkt fehlerhaft gewesen sei.
Zwar ist im Ausgangspunkt zutreffend, dass unter bestimmten Voraus-setzungen auch über die Laufzeit der vorgeschlagenen Finanzierung aufzuklä-ren ist. Ein solcher Fall liegt etwa dann vor, wenn bei einer Finanzierung durch ein Vorausdarlehen mit Tilgung durch zwei hintereinander geschaltete [X.] (sogenanntes [X.] Modell) über den tatsächlichen Zeit-raum der Finanzierung Unklarheit herrscht. Hat die vorgeschlagene Finanzie-rung die Folge, dass sie erst mehrere Jahre nach Eintritt des [X.] voll-ständig abgeschlossen ist, kann sie den Zweck der Alterssicherung nicht erfül-len. Denn sie führt dann nicht zu der in Aussicht gestellten zusätzlichen [X.], sondern im Gegenteil zu einer Belastung, die gerade vermieden werden soll (vgl. Senat, Versäumnisurteil vom 17.
Januar
2014 -
V
ZR 108/13, Wohnungseigentümer 2014, 113, 114 [X.]). Um einen solchen Fall handelt es sich vorliegend aber nicht. Dem Kläger und seiner Ehefrau war die Laufzeit des Darlehensvertrages von 28 Jahren ohne weiteres aus der Vertragsurkunde er-sichtlich.
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-
13
-

III.
Das Berufungsgericht kann nach den vorangegangenen Ausführungen keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§
562 Abs.
1 ZPO). Die Sache ist
an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§
563 Abs.
1 Satz 1, Abs.
3 ZPO). Das Berufungsgericht wird zu klären ha-ben, ob nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 19.
Dezember 2014 -
V
ZR 194/13, NJW 2015, 1510 Rn.
6 ff. [X.]) zwischen den Parteien ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist. Sofern es dies [X.], wird es weiter zu prüfen haben, ob die behaupteten Beratungsfehler [X.]. Insoweit wird das Berufungsgericht sich mit der Frage zu befassen ha-ben, ob konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Entscheidungs-erheblichkeit der Feststellungen des [X.]s insbesondere hinsichtlich der Frage des Inhalts der Beratungsgespräche begründen, die eine erneute Fest-stellung gebieten (§
529 Abs.
1 Nr. 1 ZPO). Sofern es entscheidungserheblich auf die Äußerungen des Vermittlers zu der konkreten Wertsteigerung der Eigen-tumswohnung nach zehn Jahren ankommt, wird das Berufungsgericht auch zu klären haben, ob diese unrichtig sind.
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14
-

Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen das hiermit zugestellte Versäumnisurteil des [X.] kann die säumige Partei binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab Zustellung beim [X.]
E i n s p r u c h einlegen. Der Einspruch muss von einem beim [X.] zugelasse-nen Rechtsanwalt durch Einreichung einer Einspruchsschrift eingelegt werden.
Die Einspruchsschrift muss enthalten:
1. die Bezeichnung des Urteils, gegen das der Einspruch gerichtet wird;
2. die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Einspruch eingelegt werde.
Soll das Urteil nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfechtung zu bezeichnen.
-
15
-

In der Einspruchsschrift sind die Angriffs-
und Verteidigungsmittel sowie [X.], die die Zulässigkeit der Klage betreffen, vorzubringen. Auf Antrag kann der Vorsitzende des erkennen-den Senats die Frist für die Begründung verlängern. Bei Versäumung der Frist für die [X.] ist damit zu rechnen, dass das nachträgliche Vorbringen nicht mehr zugelassen wird. Im Einzelnen wird
auf die Verfahrensvorschriften in § 78, § 296 Abs. 1, 3, 4, § 338, § 339 und §
340 ZPO verwiesen.

[X.]
Schmidt-Räntsch
Ri[X.] Dr. Czub ist infolge

Krankheit an der Unterschrift

gehindert.

[X.], den 21. September
2016

Die Vorsitzende

[X.]

Kazele
Ri[X.] Dr. Göbel ist infolge

Urlaubs an der Unterschrift

gehindert.

[X.], den 21. September 2016

Die Vorsitzende

[X.]
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 21.02.2014 -
316 [X.]/12 -

O[X.], Entscheidung vom 26.05.2015 -
7 U 54/14 -

Meta

V ZR 134/15

17.06.2016

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.06.2016, Az. V ZR 134/15 (REWIS RS 2016, 9718)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 9718

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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