Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.03.2016, Az. 4 StR 586/15

4. Strafsenat | REWIS RS 2016, 15168

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:030316B4STR586.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR
586/15

vom
3. März
2016
in der Strafsache
gegen

wegen
unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer

Menge u.a.

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 3.
März 2016 gemäß §
349 Abs.
2 und Abs.
4 StPO beschlossen:

1.
Dem Angeklagten wird auf seinen Antrag und seine Kosten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 10.
Juli 2015 gewährt.
2.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 10.
Juli 2015 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
3.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.
4.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.].

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltrei-bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in drei Fällen zu einer Ge-samtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Hiergegen 1
-
3
-
richtet sich seine auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision. Ferner beantragt er Wiedereinsetzung in die Revisionsbegründungs-frist. Der Wiedereinsetzungsantrag hat in vollem Umfang, die Revision des [X.] hat dagegen lediglich hinsichtlich der [X.] der Unterbrin-gung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt Erfolg.
1.
Dem Wiedereinsetzungsantrag ist aus den vom [X.] in der Antragsschrift vom 2.
Februar 2016 dargelegten Gründen zu entspre-chen.
2.
Zur [X.] der Unterbringung des Angeklagten in einer Ent-ziehungsanstalt hat der [X.] Folgendes ausgeführt:

des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach §
64 StGB [hält] rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das [X.] hat festgestellt, dass bei dem drogenab-hängigen Angeklagten ein Hang zur Einnahme von berauschenden Mit-teln im Übermaß vorliegt. Es hat gleichwohl von der Unterbringung abge-sehen, weil sich ein symptomatischer Zusammenhang zwischen diesem Hang und den Taten nicht feststellen lasse. Der Angeklagte sei erst im Zusammenhang mit der ersten Tat wieder zum Konsum von Amphetamin und später auch Kokain gelangt. Der Drogenhandel habe in erster Linie zur Finanzierung seines gehobenen Lebensstandards gedient.
Damit hat das [X.] zu hohe Anforderungen an die Annahme einer [X.] gestellt. Für die Bejahung eines symptomatischen Zusam-menhangs zwischen Tat und Hang im Sinne des §
64 StGB ist es ausrei-chend, dass der Hang -
gegebenenfalls neben anderen Umständen
-
mit dazu beigetragen hat, dass der Täter die Tat begangen hat. Ein solcher Zusammenhang ist typischerweise gegeben, wenn die Straftat unmittel-bar oder -
wie hier
-
mittelbar auch der Beschaffung von Drogen für den Eigenkonsum dient (vgl. [X.] 3
StR
38/08 und 275/08). Der Angeklagte hat ab der zweiten Tat die zur Befriedigung seiner Sucht erforderlichen 2
3
-
4
-
Drogen auch mit dem Gewinn aus dem Drogenhandel finanziert (UA S.
13).
Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte nicht gefährlich im Sinne die-ser Vorschrift ist oder keine hinreichend konkrete Aussicht besteht, ihn durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt von seinem Hang zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren (§
64 Satz
2 StGB), sind nicht ersichtlich.
Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§
358 Abs.
2 Satz
2 StPO). Denn er hat die Nichtanwendung des §
64 StGB durch das Tatgericht nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. [X.]St 38, 362

Dem kann sich der [X.] nicht verschließen. Zwar muss der für eine An-ordnung nach §
64 StGB erforderliche symptomatische Zusammenhang zwi-schen dem Hang und der bzw. den [X.] sicher feststehen ([X.], [X.] vom 12.
März 2013

4
StR
572/13, juris Rn.
4) und es bedarf hierfür bei Taten, die nicht auf die Erlangung von [X.] selbst oder von Geld zu deren Beschaffung abzielten,
besonderer, diese Feststellung begründender Umstände ([X.] aaO, juris Rn.
6 mwN). Auch hält der [X.] daran fest, dass es an einem solchen Zusammenhang fehlt, wenn die Taten allein zur [X.] (vgl. [X.], Beschlüsse vom 28.
Oktober 2008

5
StR
472/08, [X.]R StGB §
64 [X.]
2) oder zur [X.] bestimmt waren (vgl. [X.], Beschluss vom 10.
November 2015

1
StR
482/15, juris Rn.
10, 18). Da der Angeklagte

abgesehen von einer Umschulung

seit mehreren Jahren arbeitslos ist und zuletzt Sozialleistungen bezog, kann der [X.] indes nicht völlig
ausschließen, dass die Taten

[X.] ab der Tat
II.
2
der Urteilsgründe

nicht mehr ausschließlich der [X.], sondern auch der seines Drogenkonsums dienten (vgl. [X.], Beschluss vom 27.
November 2012

5
StR
545/12, juris Rn.
2).

4
-
5
-
3.
Zu den weiteren Ausführungen des Revisionsführers

auch im [X.] vom 18.
Februar 2016

bemerkt der [X.] ergänzend zu den Darlegun-gen des [X.]s in der Antragsschrift vom 2.
Februar 2016:
Hinsichtlich der als Aufklärungsrüge erhobenen Verfahrensrüge war die Mitteilung der polizeilichen Aussagen der Zeugen zur Erfüllung der sich aus §
344 Abs.
2 Satz
2 StPO ergebenden Anforderungen schon deshalb unerläss-lich, weil sie für die Prüfung von Bedeutung ist, ob sich dem Tatrichter die [X.] trotz des Geständnisses des Angeklagten und der zur Schätzung des
Wirkstoffgehalts in den Fällen
II.
1
und 2 der [X.] (vgl. UA S.
10) aufgedrängt hat. Dies gilt umso mehr, als der Angeklagte in der tatrichterlichen Hauptverhandlung nicht nur die von sondern sich

wie sich nicht nur aus dem [X.], sondern zudem
aus dem Urteil ergibt (UA S.
9)

geäußert hat. Aufgrund dessen bestehen

unter Berücksichtigung der Ausfüh-rungen des [X.]s

ebenfalls keine rechtlichen Bedenken da-gegen, dass die [X.] in den Fällen
II.
4 bis 6 keine Bewertungseinheit angenommen hat.
Soweit die [X.] dem Angeklagten auch hinsichtlich der Tat
II.
3
der Urteilsgründe strafschärfend angelastet hat, dass er (auch) diese Tat

14), trifft dies zwar ersichtlich nicht zu (vgl. UA S.
5 unten). Jedoch schließt der [X.] im Hinblick darauf, dass die Bewährungsstrafe jedenfalls noch nicht erlassen war, aus, dass die schon an-gesichts der Menge (4
kg Amphetamin) maßvolle Einzelstrafe hierauf beruht. Ebenso schließt der [X.] hinsichtlich der für die weiteren Taten verhängten

milden

Einzelstrafen, die in den Fällen
II.
4 bis 6 der Urteilsgründe sogar 5
6
7
-
6
-
unterhalb der gesetzlichen Strafrahmenuntergrenze liegen, aus, dass diese
oder die Gesamtfreiheitsstrafe bei Anordnung der Unterbringung des Angeklag-ten in einer Entziehungsanstalt geringer ausgefallen wären.
4.
Ergänzend weist der [X.] darauf hin, dass infolge der Aufhebung nur der die (Nicht-)Anordnung der Maßregel des §
64 StGB betreffenden Feststel-lung unter anderem bindend feststeht, dass der Angeklagte in den Fällen
II.
1 bis 3 mit den jeweiligen Gesamtmengen Handel getrieben hat. Dies gilt auch im Fall
II.
1
der Urteilsgründe, in dem der Angeklagte 1
kg Amphetamin ankaufte, um es gewinnbringend weiterzuverkaufen. Denn damit war das unerlaubte Handeltreiben mit dieser nicht geringen Menge unabhängig davon bereits [X.], dass er sich später entschloss, einen Teil dieser Betäubungsmittel selbst zu konsumieren.
Sost-Scheible
Roggenbuck
Cierniak

Mutzbauer
Bender
8

Meta

4 StR 586/15

03.03.2016

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.03.2016, Az. 4 StR 586/15 (REWIS RS 2016, 15168)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 15168

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4 StR 17/16

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