Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.10.2010, Az. 1 StR 359/10

1. Strafsenat | REWIS RS 2010, 2537

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 359/10 vom 11. Oktober 2010 in der Strafsache gegen wegen Untreue - 2 - Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 11. Oktober 2010 beschlos-sen: Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 12. Januar 2010 wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tra-gen. Gründe: Der Angeklagte hat seiner Arbeitgeberin, einer Versicherung, durch 54 Fälle gewerbsmäßiger Untreue (§§ 266 Abs. 1, 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB) einen später teilweise wieder ausgeglichenen Gesamtschaden von über 530.000 • zugefügt. Nach Verständigung (§ 257c [X.]) wurde er auf überein-stimmenden Antrag der Beteiligten zu drei Jahren Gesamtfreiheitsstrafe verur-teilt. 1 Seine Revision ist auf überwiegend mit der Verständigung zusammen-hängende Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützt. Zum Strafausspruch ist näher ausgeführt, die [X.] habe zu Unrecht § 46a StGB nicht geprüft und entgegen § 244 Abs. 2 [X.] eine gebotene Beweiserhebung unterlassen. 2 Die Revision bleibt erfolglos (§ 349 Abs. 2 [X.]). 3 - 3 - [X.] Zur Verständigung: 4 1. Gestützt auf das [X.] weist die Revision dar-auf hin, dass nur eine Gesamtstrafe —von nicht mehr als drei Jahrenfi zugesi-chert, aber keine Mindeststrafe genannt ist. 5 Der Senat neigt zu der Auffassung, dass bei Mitteilung eines möglichen Verfahrensergebnisses (§ 257c Abs. 3 Satz 2 [X.]) stets ein Strafrahmen, also [X.] und [X.], anzugeben ist (vgl. näher [X.], [X.] vom 8. Oktober 2010 - 1 StR 347/10 [X.]). Letztlich kann diese unter-schiedlich beurteilte Frage (vgl. [X.] aaO [X.]) aber offen bleiben; es ist nicht ersichtlich, wie sich ein (etwaiger) Verfahrensfehler hier zum Nachteil des [X.] ausgewirkt haben könnte (vgl. [X.] aaO [X.]). Insbesondere teilt der Senat nicht die Besorgnis, wegen der nicht genannten [X.] könne sich die [X.] auf eine nicht zulässige —Punktstrafefi (vgl. [X.], Beschluss vom 27. Juli 2010 - 1 StR 345/10 [X.], [X.], 650) festgelegt haben. 6 2. Mit dem Hinweis, das [X.] ergebe entgegen § 257c Abs. 3 Satz 4 [X.] nicht, ob eine Verständigung zustande gekommen sei, ist nicht prozessordnungswidriges Geschehen behauptet, sondern nur, dass das Protokoll nicht den Anforderungen des § 273 Abs. 1a [X.] genüge (vgl. Schlothauer/Weider [X.], 600, 604; [X.], [X.] 53. Aufl. § 273 Rn. 12a f.). Eine —[X.] ist unbehelflich, ein Urteil kann nicht auf dem Protokoll beruhen (vgl. [X.] in [X.], [X.] § 344 Rn. 46, [X.], aaO Rn. 36 jew. [X.]). 7 - 4 - 3. Im Urteil heißt es, eine Verständigung sei vorausgegangen, dem [X.] sei eine Gesamtstrafe von nicht mehr als drei Jahren zugesichert worden. Der Hinweis der Revision, dass dem Urteil —unmittelbar nicht (zu) ent-nehmenfi sei, —ob die Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme [X.] – und – zugestimmt haben (§ 257c Abs. 3 Satz 3 und Satz 4 [X.])fi, belegt keinen Rechtsfehler. Im Urteil ist nur eine gegebenenfalls vorausgegan-gene Verständigung festzustellen (§ 267 Abs. 3 Satz 5 [X.]), die Angabe ihres Inhalts ist nicht geboten ([X.], Beschluss vom 13. Januar 2010 - 3 [X.], [X.], 151), ebenso wenig Ausführungen zu sonstigem Prozessge-schehen (vgl. [X.], Beschluss vom 27. Mai 2009 - 1 StR 99/09, Rn. 10, NJW 2009, 2612, 2613). 8 I[X.] Zum übrigen Revisionsvorbringen: 9 1. [X.] ist rechtsfehlerfrei. 10 2. Gleiches gilt für den Strafausspruch: 11 a) Der Angeklagte führte die im [X.] identischen Taten - ihm floss Geld aus von ihm veranlassten grundlosen Zahlungsanweisungen zu - auf unter-schiedliche Weise durch. Zunächst wurden nur über ein bestimmtes Konto ab-gewickelte Zahlungen entdeckt. Das Arbeitsverhältnis wurde sofort beendet, der Angeklagte gab ein der Höhe nach an dem bis dahin aufgedeckten Schaden orientiertes notarielles Schuldanerkenntnis ab. Als weiterer Schaden von etwa 150.000 • ermittelt war, hat er ein weiteres Schuldanerkenntnis —verweigertfi, in der Hauptverhandlung dann aber angekündigt. 12 - 5 - Ein nicht am tatsächlichen Schaden, sondern am Ermittlungsstand orien-tiertes und auch sonst zumindest sehr zögerliches Verhalten legt schon im An-satz eine - fakultative - Strafrahmenmilderung gemäß § 46a StGB nicht ohne weiteres nahe (vgl. zum Fall mehrerer, be-züglich einer Wiedergutmachung unterschiedlich behandelter Opfer [X.] in [X.]. § 46a Rn. 48). Dies kann aber dahinstehen, da allein ein Schuldan-erkenntnis oder gar dessen bloße Ankündigung keine Grundlage eines Täter-Opfer-Ausgleichs in der hier allein in Betracht kommenden Alternative des § 46a Nr. 2 StGB sein kann ([X.] aaO Rn. 43). 13 b) Vergeblich beruft sich die Revision für ihre gegenteilige Auffassung auf die Entscheidungen des Senats vom 7. Oktober 2003 (1 [X.], [X.], 169 ff.) und 17. Dezember 2008 (1 [X.], [X.], 133 f.). In beiden Fällen hatten die Angeklagten nicht nur ein Schuldanerkennt-nis abgegeben, oder gar nur angekündigt (1 [X.]) oder nur einen Ver-gleich abgeschlossen (1 [X.]), sondern es waren auch Zahlungen ge-flossen (1 [X.]: —Schadensersatz in Höhe von 250.000 • geleistetfi , NJW aaO 170; 1 [X.]: —freiwilliger Einsatz von Vermögenfi , NStZ-RR aaO 134). 14 c) Allerdings sind auch hier der Geschädigten etwa 111.000 • zugeflos-sen. Etwa 71.000 • stammen aus der Verwertung gepfändeter Gegenstände, insbesondere von vier (vom Angeklagten mit der Beute bezahlten) Kraftfahr-zeugen. Etwa 40.000 • stammen aus einer Lebensversicherung und einer pri-vaten Rentenversicherung des Angeklagten. In einem im Rahmen der [X.] mitgeteilten Schreiben der —[X.]-AGfi an die geschädigte —[X.] ist in diesem Zusammenhang von —Ihrer [X.] und —Ihrer Pfändungfi und beachtetem gesetzlichen —[X.] die Rede. Der - letztlich entscheidende - Geldzufluss bei der [X.] - 6 - schädigten wurde also mit Mitteln (z.B. Pfändungen) erreicht, die das Gesetz einem Gläubiger zur Durchsetzung seiner freiwillig vom Schuldner nicht erfüllten Ansprüche zur Verfügung stellt. Darauf beruhende Erfolge des Gläubigers [X.] aber auch dann keine Grundlage für eine Strafrahmenmilderung gemäß § 46a StGB für den Schuldner sein, wenn der zu Grunde liegende Titel ein Schuldanerkenntnis ist. d) All dies gilt zumindest entsprechend auch für die Feststellungen zu dem Wohnhaus, das der Angeklagte zusammen mit seiner Ehefrau im Jahr 2005 für ca. 400.000 • erworben hat; von den zur Finanzierung aufgenomme-nen [X.] sind noch ca. 225.000 • abzutragen, die monatlichen Raten [X.] nicht zuletzt aus der Beute bezahlt. Den Anteil des Angeklagten an dem Haus hat die Geschädigte gepfändet, aber offenbar noch nicht verwertet. Zu einem freiwilligen Verkauf ist der Angeklagte erst bereit, wenn zwei seiner drei zwischen zehn und 17 Jahre alten Kinder —finanziell selbständigfi sind, also frü-hestens nach einer Reihe von Jahren. Vage Versprechungen für eine ferne Zu-kunft oder eine mögliche zwangsweise Realisierung von [X.] sind jedoch keine tragfähige Grundlage einer Strafrahmenmilderung gemäß § 46a StGB. 16 e) Eine ausdrückliche Erörterung dieser Möglichkeit war nach alledem nicht geboten. 17 f) Auch wenn die Voraussetzungen von § 46a StGB fehlen, kann doch eine auf Zwangsvollstreckung beruhende Schadensbeseitigung oder (hier) -verringerung im Blick auf den letztlichen Erfolgsunwert der Tat für die Strafzu-messung Bedeutung gewinnen (Schäfer/[X.]/[X.], Praxis der Strafzumessung 4. Aufl. Rn. 320). Auch ein Schuldanerkenntnis, oder - soweit als glaubhaft bewertet - die Ankündigung künftigen Verhaltens kann bei der 18 - 7 - Strafzumessung berücksichtigt werden. Die Erwägungen der [X.] wer-den alledem gerecht, Rechtsfehler sind nicht ersichtlich. Die von der Revision vermissten Feststellungen zum Wert des gepfändeten Hausanteils ergeben sich der maßgeblichen Größenordnung nach mit genügender Klarheit aus den Fest-stellungen zum Kaufpreis des Hauses und den insoweit noch nicht abgetrage-nen Belastungen. Der Vortrag der Revision zu der in diesem Zusammenhang geltend gemachten Verletzung von § 244 Abs. 2 [X.] (Aufklärungsrüge) ge-nügt den Anforderungen von § 344 Abs. 2 Satz 2 [X.] nicht. Das von der [X.] Beweiserhebung über den Wert des gepfändeten Hausanteils zu er-wartende Beweisergebnis ist nicht einmal ansatzweise mitgeteilt. [X.] Wahl Elf [X.] [X.]

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1 StR 359/10

11.10.2010

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.10.2010, Az. 1 StR 359/10 (REWIS RS 2010, 2537)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 2537

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1 StR 359/10

1 StR 347/10

1 StR 345/10

3 StR 528/09

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