Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.09.2020, Az. 5 StR 630/19

5. Strafsenat | REWIS RS 2020, 11250

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[X.]:[X.]:[X.]:2020:020920U5STR630.19.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
5 StR 630/19
vom
2. September 2020
in der Strafsache
gegen

wegen besonders schweren Raubes u.a.

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Der 5.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom
2. September 2020, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende
[X.]in
am [X.] [X.],

[X.] am [X.] Dr. [X.],
[X.] am [X.] Prof. Dr. [X.],
[X.]in am [X.] Resch,
[X.] am [X.] von Häfen

als beisitzende [X.],

Staatsanwalt beim [X.]

als Vertreter des
[X.]s,

Rechtsanwalt

als Verteidiger,

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle,
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für Recht erkannt:

Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten ge-gen das Urteil des [X.] vom 15. Juli 2019 werden verworfen.
Die Staatskasse hat die Kosten des
Rechtsmittels der Staatsan-waltschaft und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen, der Angeklagte trägt die Kos-ten seines Rechtsmittels.

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Von Rechts wegen
-

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen besonders schweren [X.] in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Der auf die Rüge formellen und materi-ellen Rechts gestützten
und vom [X.] bezüglich der Sachrüge vertretenen Revision der Staatsanwaltschaft bleibt der Erfolg ebenso versagt wie der mit der Verletzung sachlichen Rechts begründeten Revision des Ange-klagten.

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I.
1. Das [X.] hat Folgendes festgestellt:
Der Angeklagte begab sich am 30. November 2018 gegen 10 Uhr mit zwei weiteren unbekannten Tatbeteiligten vor die Geschäftsräume der [X.] in B.

. Sie
hatten zuvor verabredet, unter Einsatz von Reizgas und Gewalt einem Bankkunden eine Tasche zu rauben, in der sich ca. 250.000 Euro befinden sollten, wovon der Angeklagte 50.000 Euro erhalten sollte. Sie
waren mit einem gemieteten PKW
unterwegs, an den zuvor gestoh-lene Kennzeichen angebracht worden waren. Als [X.]

K.

den Parkplatz der Bank mit einem Rollkoffer und einer kleineren Tasche verließ, um in der Bank in bar mitgeführte Einnahmen aus [X.] in Höhe von 233.170 Euro einzuzahlen, näherten sich ihm der An-geklagte und ein weiterer Täter. Beide waren vermummt. Der Angeklagte sprühte dem Geschädigten Reizgas
ins Gesicht, sein Mittäter versuchte, Koffer und Tasche zu entreißen. Dies gelang erst, nachdem der Geschädigte zu [X.] geschubst worden war. Der Mittäter stieg mit Koffer und Tasche in den PKW, der Angeklagte sprühte weiter Reizgas auf den Geschädigten. Als sich ihm der Zeuge [X.]

näherte, der in der Nähe als Bauarbeiter tätig war, den Angriff gesehen hatte und dem Geschädigten zu Hilfe kommen wollte, be-sprühte der Angeklagte
auch ihn mit Reizgas. Anschließend stieg er in das Fluchtfahrzeug und
alle Täter fuhren weg. Sie wurden von einem Zeugen ver-folgt. Nach einem Unfall verließen alle das Fahrzeug, die
Tasche mit 101.921,50 Euro Bargeld blieb
zurück und wurde dem Geschädigten zurückge-geben.

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Der Angeklagte hat dem Geschädigten K.

im ersten Hauptverhand-lungstermin für den durch die Tat entstandenen wirtschaftlichen Schaden einen Ausgleich in Höhe von 131.250 Euro sowie anschließend 10.000 Euro Sch[X.]-zensgeld gezahlt. Diesen Betrag hatte der Angeklagte zum Teil selbst aufge-bracht, teils hatte er sich Geld bei Familienmitgliedern geliehen. Der Angeklagte entschuldigte sich bei dem Geschädigten, dieser nahm die Entschuldigung an. Der Geschädigte [X.]

, der nur formlos über seine Wohnanschrift in der
[X.] geladen werden konnte, erschien zur Hauptverhandlung nicht.
2. Das [X.] hat die Tat zum Nachteil des Zeugen K.

als [X.] in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und die Tat zum Nachteil des Zeugen [X.]

als weitere tateinheitliche gefährliche Körperverletzung gewertet. Aufgrund der Schadenswiedergutmachung zu Gunsten des Geschädigten K.

hat es den Strafrahmen des § 250 Abs. 2 StGB (nach Ablehnung eines minder schweren Falls) gemäß § 46a Nr. 1 und 2, §
49
Abs. 1 StGB verschoben.
II.
Die Revision der Staatsanwaltschaft bleibt erfolglos.
1. Entgegen der Auffassung des [X.]s ist sie unbe-schränkt erhoben. Die Staatsanwaltschaft erstrebt mit ihrer Revision ausweis-lich ihres Antrags ausdrücklich die umfassende Aufhebung des Urteils. [X.] ihre Rüge nach § 338 Nr. 3 StPO lässt eine Beschränkung auf den Strafausspruch nicht erkennen. Dies gilt
gleichermaßen für die Beanstandung, es sei entgegen § 257c StPO zu einer

ständi-4
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gung gekommen. Denn dies stellt
nach dem Schutzkonzept der Verständi-gungsvorschriften (vgl. [X.] 133, 168 ff.) auch
den auf einem Geständnis des Angeklagten beruhenden
Schuldspruch in Frage.
2. Die Verfahrensrügen bleiben erfolglos.
a) Allerdings bestehen bereits Bedenken gegen ihre Zulässigkeit. Denn die Staatsanwaltschaft hat es trotz unterschiedlicher Verfahrensrügen unterlas-sen, die nach ihrer Auffassung konkret
zu dem jeweils gerügten Verfahrensver-stoß gehörigen Verfahrenstatsachen getrennt vorzutragen. Statt dessen hat sie

allerdings vielfach lediglich mit dem unzureichenden Hinweis, Entsprechen-des sei
protokolliert worden (vgl. dagegen [X.], Beschluss vom 12.
Dezember 2013

3 [X.], [X.]St 59, 130, 132 f. mwN)

vorab eine umfassende Schilderung des [X.] vorgenommen und dieses anschlie-ßend unter verschiedenen Gesichtspunkten gerügt. Es ist aber nicht Aufgabe des
Revisionsgerichts, sich aus
einem Konvolut von Unterlagen den jeweils passenden Verfahrensstoff zu den unterschiedlichen Verfahrensbeanstandun-gen herauszusuchen und dabei den Sachzusammenhang selbst herzustellen (st. Rspr., vgl. nur [X.], Beschlüsse vom 13. Mai 2020

4 StR 533/19; vom 27. September
2016

4 [X.], [X.], 383; vom 7. April 2005

5 StR
532/04, [X.], 463).
b) Die [X.] sind jedenfalls unbegründet.
aa) Dies gilt zunächst für die Rüge nach § 338 Abs. 3 StPO, ein [X.] gegen die Vorsitzende sei zu Unrecht verworfen worden.

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(1) Die Staatsanwaltschaft hat die Vorsitzende [X.]in am zweiten [X.] wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und dies im [X.] mit folgendem Geschehen begründet:
Im Vorfeld der Hauptverhandlung gab es von der Verteidigung initiierte Gespräche mit dem Ziel einer Verständigung. Einem daraufhin unterbreiteten [X.] der Vorsitzenden
(Strafrahmen zwischen drei Jahren und sechs Monaten sowie vier Jahren und sechs Monaten bei Geständnis und Schadenswiedergutmachung) trat die Staatsanwaltschaft entgegen. Dies teilte die Vorsitzende dem Verteidiger mit [X.] wahrscheinlich dennoch den angedachten [X.] in der Hauptverhandlunschließend, der Angeklagte werde dem [X.] zustimmen. Die Vorsitzende ver[X.]kte all dies in den Akten.
Zu Beginn der Hauptverhandlung (25. Juni 2019) teilte sie den Inhalt der Ver[X.]ke gemäß § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO mit. Anschließend erklärte sie ei-nen protokollierten [X.] der mit zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen besetzten Strafkam[X.], wonach dem Angeklagten im Falle eines umfassenden Geständnisses zu Beginn der Beweisaufnahme, einer vollen Schadenswiedergutmachung sowie der Zahlung eines Sch[X.]zensgeldes in Höhe von 5.000 Euro als Strafobergrenze eine Strafe in Höhe von vier Jahren und sechs Monaten und eine Strafuntergrenze von drei Jahren und sechs [X.], zudem Haftverschonung nach [X.] gegen Zahlung einer [X.] fünfstelligen Kaution zugesichert wurde. Der Angeklagte wurde nach § 257c Abs. 4 und 5 StPO belehrt. Die Staatsanwaltschaft erklärte, dass sie dem [X.] nicht zustimme, der Angeklagte erklärte seine Zu-stimmung. Die Kam[X.] stellte fest, dass keine Verständigung zustande ge-12
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kommen war. Nach rechtlichen Hinweisen und einer 20-minütigen Unterbre-chung ließ sich der Angeklagte über eine vorbereitete Verteidigererklärung
um-fassend geständig zur Sache ein. Sein Verteidiger erklärte, dass er auf einem Anderkonto 136.250 Euro verwalte mit der unwiderruflichen Anweisung, diesen Betrag auf ein Konto des Geschädigten zu überweisen. Er legte zunächst einen entsprechenden Einzahlungsbeleg und im weiteren Verlauf des [X.] zwei Zahlungsaufträge vor. Nach der Vernehmung einiger Zeugen und der Verle-sung von Urkunden verzichteten alle Verfahrensbeteiligten auf die Vernehmung aller weiteren Zeugen.
Mit Schreiben vom 27. Juni 2019 forderte die Staatsanwaltschaft die Vorsitzende angesichts des bisherigen [X.] auf, sich dienstlich dazu zu erklären, ob es weitere Gespräche mit den Verteidigern des Angeklag-ten gegeben oder das von ihr dokumentierte Gespräch
einen weitergehenden als den
bisher mitgeteilten Inhalt gehabt
habe. Dies verneinte die Vorsitzende in einem am zweiten [X.] (28. Juni 2019) verlesenen Ver[X.]k. Nach Stellungnahme der Verteidigung und mehrfacher Unterbrechung der Hauptverhandlung stellte die Staatsanwaltschaft den genannten Befangen-heitsantrag gegen die Vorsitzende und begründete dies insbesondere damit, dass sie ungeachtet fehlender Zustimmung durch die Staatsanwaltschaft am
Ziel der gescheiterten Verständigung festgehalten habe. Die Besorgnis der Be-fangenheit ergebe sich aus dem Geschehen seit den gescheiterten Verständi-gungsgesprächen in Verbindung mit ihrer dienstlichen Stellungnahme.
(2) Die Rüge ist jedenfalls unbegründet, denn es lag

was der Senat nach [X.] zu prüfen hat

kein Grund vor, der die Besorg-nis der Befangenheit gegen die Vorsitzende rechtfertigen könnte.

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(a) Der Senat kann deshalb offenlassen, ob

wofür gewichtige Gründe sprechen

die Ablehnung am zweiten [X.] bereits verspätet (§ 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StPO) und deshalb unzulässig (§ 26a Abs. 1 Nr. 1 StPO) war, weil die Staatsanwaltschaft sie im [X.] mit einem bereits am ersten [X.] zu Tage getretenen Verhalten der Vorsitzenden begrün-det hat. Dass die Vorsitzende anschließend (ohne ersichtliche Rechtsgrundla-ge, vgl. auch [X.], Beschluss vom 14. April 2020

5 StR 14/20, NStZ 2020,

aufgefordert worden ist und sie darin
die vermuteten Befangenheitsgründe zurückgewiesen hat, führt nicht etwa zu einer vom Gesetz nicht vorgesehenen Verlängerung der nach einem strengen Maß-stab (vgl. [X.], Beschluss vom 6. Mai 2014

5 [X.], [X.], 175;
[X.] NStZ-RR 2006, 379, 380, jeweils mwN) zu bemessenden Ablehnungs-frist. Denn der steht, kann nicht zu dem Zweck ausgedehnt werden, zunächst Stellungnahmen von Verfahrensbeteiligten
einzuholen, wenn der Ablehnende bereits Kenntnis vom Ablehnungsgrund hat; zur Glaubhaftmachung kann es genügen, auf zu-künftige Stellungnahmen der Beteiligten Bezug zu nehmen ([X.], Urteil vom 22. Oktober 1992

1 [X.], [X.], 141).
(b) Nach § 24 Abs. 2 StPO kann ein
[X.] wegen Besorgnis der Befan-genheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, [X.] gegen die Unparteilichkeit eines [X.]s zu rechtfertigen. Das ist der Fall, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten [X.] Grund zu der Annahme hat, der [X.] nehme ihm gegenüber
eine innere Haltung ein, die dessen Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann (st. Rspr., vgl. [X.], Beschluss vom 10. Januar 2019

5 [X.], [X.], 223, 224 mwN).
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(c) Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Es stellt entgegen der Auffassung der Revision regelmäßig keinen [X.] dar, wenn ein Gericht ungeachtet der Ablehnung eines [X.] an einem bereits im Vorfeld der Hauptverhandlung geäußer-ten [X.] festhält und ihn
deshalb noch einmal in der Hauptverhandlung unterbreitet.
Nach dem Konzept der [X.] im Lichte der Grund-satzentscheidung des [X.] zu deren [X.] darf eine Verständigung kein Vergleich im Gewande eines Urteils, kein gungsvorschlag des Gerichts bedeutet vor diesem Hintergrund in aller Regel lediglich eine transparente vorläufige Einschätzung, welchen Strafrahmen der Angeklagte im Falle eines Geständnisses

sei es mit oder ohne Verständigung

zu erwarten hat (vgl. [X.], [X.] 2013, 201, 203). Das Gericht hat für den [X.] eine antizipierte strafzumessungsrechtliche Be-wertung des Anklagevorwurfs für den Fall der Erfüllung des erwarteten Pro-zessverhaltens des Angeklagten vorzunehmen (vgl. [X.], Urteil vom 21. Juni 2012

4 [X.], [X.]St 57, 273, 277 f.; Beschluss vom 12. Dezember 2013

3 [X.], insoweit in [X.]St 59, 130 nicht abgedruckt). Eine solche offene und kommunikative Verhandlungsführung, die keinen verfassungsrecht-lichen Bedenken unterliegt, sondern der Verfahrensförderung dient ([X.],
aaO Rn. 106), kann die Besorgnis der Befangenheit grundsätzlich nicht [X.] (vgl. nur [X.], Urteil vom 14. April 2011

4 [X.], [X.],
590 mwN; vgl. auch BT-Drucks. 16/11736 S. 11). Dies gilt auch für den Fall, dass zunächst erfolglose [X.] vor der Hauptverhandlung nur mit den Berufsrichtern stattfinden und später das gesamte Gericht ein-19
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schließlich der Schöffen nach entsprechender Beratung zu Beginn der [X.] erneut einen entsprechenden [X.] macht ([X.], aaO).
Weil sich ein [X.] des Gerichts nach dem Konzept der [X.] in der Auslegung durch das Bundesverfas-sungsgericht in aller Regel lediglich als offene
Mitteilung der [X.] des Gerichts, welcher Strafrahmen bei einem Geständnis in Frage kommt, darstellt, kann es auch nicht die Besorgnis der Befangenheit begrün-den, wenn ein Gericht nach dem Scheitern einer Verständigung an seinem [X.] festhält und dies

unabhängig vom Zeitpunkt

zum Ausdruck bringt (vgl.
[X.],
aaO; aA [X.] 2018, 232, 234 f.). Denn stellt ein Gericht nach entsprechender Beratung eine bestimmte Rechtsfolge bei Geständnis in Aussicht, ist es nur konsequent, wenn es an dieser Einschätzung bei unverän-derter Sachlage auch bei Scheitern einer Verständigung, aber Ablegung eines Geständnisses festhält. Darin äußert sich gerade, dass eine Verständigung kein den strafzumessungsrechtlichen Wert des Geständnisses aus Sicht des [X.] offen zu legen und dem Angeklagten bei Zustimmung aller Verfahrensbe-teiligten die Sicherheit zu geben, dass sein Geständnis nur verwertet wird, wenn die Rechtsfolge im zugesagten Rahmen bleibt (vgl. [X.], aaO).
Dem Verhalten der Vorsitzenden ist vor diesem Hintergrund auch nicht zu entnehmen, dass sie sich etwa in unzulässiger Weise an ihren [X.] gebunden gefühlt hätte. Kommt es mangels Zustimmung der Staatsanwaltschaft nicht zu einer Verständigung im Sinne von
§ 257c StPO, besteht
keine Bindung des Gerichts an die vorgeschlagenen Strafober-
und -untergrenzen (vgl. [X.], Urteil vom 25. Juli 2017

5 [X.], [X.], 22
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232; Beschluss vom 6. Februar 2018

1 [X.], [X.], 419). Eine gescheiterte Verständigung kann
von vornherein weder eine Bindungswirkung noch
Vertrauensschutz begründen ([X.], Urteil vom 13. März 2019

1 [X.] Rn. 28; vgl. auch [X.], Beschluss vom 8. Mai 2019

4 StR 449/18 Rn. 3; vgl. aber auch zu einer möglichen Hinweispflicht beim Abweichen von einer vom Gericht geäußerten Einschätzung [X.], Urteil vom 30. Juni 2011

3 StR 39/11, NJW 2011, 3463; [X.], [X.] 2019, 158 [zu § 265 Abs. 2 Nr. 2 StPO]; BT-Drucks. 18/11277 S. 37 [zu § 265 Abs. 2 Nr. 2 StPO]).
bb) Die Rüge eines Verstoßes gegen

mellen [X.] keinen Erfolg.
Wie sich aus dem unter aa) Ausgeführten ergibt, ist es dem Gericht un-benommen, nach Erfüllung aller Mitteilungs-
und Transparenzpflichten über au-ßerhalb der Hauptverhandlung geführte Gespräche einen bis dahin gescheiter-ten [X.] nach Beratung mit den Schöffen in öffentlicher Hauptverhandlung zu erneuern. Lässt sich der Angeklagte darauf ein und ge-steht, obwohl es zuvor nicht zu einer Verständigung nach
§ 257c StPO gekom-men ist, stellt dies keine informelle oder illegale Verständigung dar. Der Ange-klagte genießt bei einem solchen Verhalten nicht den Schutz des § 257c Abs. 4 Satz 3 StPO, und muss vielmehr mit einer Verwertung seines Geständnisses auch bei
einer letztlich höheren Strafe rechnen. Bleibt das Gericht nach offener Mitteilung, welchen Wert es einem Geständnis einräumt, bei seiner [X.] angesichts unveränderter Sachlage, ist dies für sich gesehen nicht Aus-druck einer unzulässigen Selbstbindung, sondern einer fairen, konsequenten Verhandlungsführung und seiner strafzumessungsrechtlichen Kompetenz.

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Dass ein Urteil einem [X.] des Gerichts entspricht, dem die Staatsanwaltschaft nicht zugestimmt hat, begründet für sich gesehen keinen Rechtsfehler ([X.], Urteile vom 22. Januar 2014

2 StR 393/13,
[X.], 204; vom 10. November 2010

5 [X.]; vgl. auch [X.], Urteile vom 12. Dezember 2013

5 [X.], [X.], 169, und vom
14. April 2011

4 [X.], aaO).
Allein der Umstand, dass sich die vom Gericht verhängte Strafe im Rahmen eines gescheiterten [X.] hält, lässt auch nicht den Schluss zu, dass das Gericht nach [X.] der Hauptverhandlung keine schuldangemessenen Strafen verhängt,
son-dern lediglich eine vorher gemachte Zusage eingehalten hat ([X.], Urteil vom
22. Januar 2014

2 StR 393/13, aaO). Die von der Revision vorgetragenen weiteren Umstände des vorliegenden Falls geben
zu einer davon abweichen-den Bewertung keinen Anlass.
3. [X.] deckt ebenfalls keinen Rechtsfehler zum Vorteil des [X.] auf.
Dies gilt namentlich, soweit ihm das [X.] eine Strafrahmenver-schiebung nach §§ 46a, 49 Abs. 1 StGB i.V.m.
§ 250 Abs. 2 StGB gewährt hat. Die Voraussetzungen des § 46a StGB lagen zugunsten des nach dem [X.] hier allein Geschädigten K.

vor, wie die Strafkam[X.] zutreffend festgestellt hat. Dass sie nicht auch zugleich für den Geschädigten [X.]

vorlagen, ist im Ergebnis unschädlich.
Zwar muss hinsichtlich jedes Geschädigten zumindest eine Variante des § 46a StGB erfüllt sein, wenn durch eine Tat mehrere Opfer betroffen sind
(st. Rspr., vgl. [X.], Beschluss vom 6. Februar 2018

5 StR 592/17; Urteile vom 22. Juni 2017

4 StR 151/17, [X.], 306, und vom 12. Januar 2012
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4 StR 290/11, [X.], 439). Aber bei mehreren tateinheitlichen Delikten ist im Hinblick auf jede der konkurrierenden Gesetzesverletzungen gesondert zu prüfen, inwieweit die Voraussetzungen des § 46a StGB vorliegen, denn Be-zugspunkt für den Täter-Opfer-Ausgleich ist der
konkret verwirklichte [X.] ([X.], Urteil vom 4. Dezember 2014

4 [X.], [X.]St 60, 84, 88). Ist dies lediglich in Bezug auf eines der konkurrierenden Delikte der Fall, kommt dem Täter der Strafmilderungsgrund des § 46a StGB nur insoweit zugu-te ([X.], aaO).
Da mit dem Geschädigten [X.]

kein kommunikativer Prozess mög-lich war, kam im
Hinblick auf die zu seinen Lasten allein begangene gefährliche Körperverletzung keine Strafrahmenverschiebung nach §§ 46a, 49 Abs. 1 StGB in Betracht. Dies hinderte das [X.] aber nicht, den Strafrahmen des § 250 Abs.
2 StGB nach §§ 46a, 49 Abs. 1 StGB aufgrund des Täter-Opfer-Ausgleichs zu Gunsten des Verletzten der Raubtat K.

zu mildern.
Aus die-sem Strafrahmen war nach § 52 Abs. 2 StGB auch die Strafe zu bestimmen, denn er war im[X.] noch schwerer als der nicht gemilderte des § 224 Abs. 1 Halbsatz 1 StGB.
III.
Die Revision des Angeklagten bleibt erfolglos.
Sie deckt zwar einen Rechtsfehler zu seinem Nachteil auf. Denn das [X.] hat Vorstrafen zu Lasten des Angeklagten gewertet, die wegen ih-rer Tilgung aus dem Bundeszentralregister

mag diese auch fehlerhaft ge-schehen sein

nach § 51 Abs. 1 BZRG unverwertbar waren (vgl. [X.], [X.] vom 29. November 1990

1 [X.], [X.]R BZRG § 51 Verwer-tungsverbot 4).
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Der Senat schließt aber aus (§ 337 Abs. 1 StPO), dass die Strafkam[X.] bei [X.] Vorgehen eine noch niedrigere Strafe verhängt hätte. Denn den bereits lange zurückliegenden Vorstrafen hat das [X.] bei der Straf-

[X.]

[X.]

[X.]

Resch

von Häfen
Vorinstanz:
[X.], [X.], [X.] -
251 [X.] (537 KLs) (5/29) 161 Ss 164/19
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Meta

5 StR 630/19

02.09.2020

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.09.2020, Az. 5 StR 630/19 (REWIS RS 2020, 11250)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 11250

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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