Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.11.2006, Az. IX ZB 302/05

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 794

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[X.]BESCHLUSS [X.] 302/05 vom 16. November 2006 in dem Insolvenzeröffnungsverfahren Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 11 a) Zu dem Vermögen des Schuldners, dessen Wert für die Vergütung des [X.] maßgeblich ist, gehören auch solche Forderungen, die vor Antragstellung entstanden und bis zur Beendigung des Eröffnungsverfahrens noch offen waren. b) So wie bei einer ungewöhnlich langen Dauer des Eröffnungsverfahrens ein [X.] gewährt werden kann, kann umgekehrt die deutliche Unterschreitung der normalen Dauer einen Abschlag gebieten. c) Beteiligt sich der vorläufige Verwalter an einer Fortführung des Betriebes durch den Schuldner nur in geringem Umfang, rechtfertigt dies keinen Abschlag von der [X.]. [X.], [X.]uss vom 16. November 2006 - [X.] 302/05 - [X.] [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.] und [X.] Ganter, [X.], [X.] und Dr. [X.] am 16. November 2006 beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners wird der [X.]uss der 6. Zivilkammer des [X.]s [X.] vom 23. November 2005 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des [X.] - an das Beschwerdegericht zu-rückverwiesen. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 32.471,28 •. Gründe: [X.] Der Beschwerdegegner war seit 25. Oktober 2001 vorläufiger, mit einem [X.] gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 [X.] ausgestatteter In-solvenzverwalter in dem Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen des Beschwerdeführers. In diesem Zeitraum wurde der Betrieb des [X.]. Dem Beschwerdegegner war das Zustellwesen übertragen. 1 - 3 - Das Amtsgericht hat seine Nettovergütung zunächst - antragsgemäß - auf 36.989,97 •, später jedoch - unter teilweiser Abhilfe einer sofortigen Beschwer-de des Schuldners - auf [X.] • festgesetzt. Das [X.] hat die sofor-tige Beschwerde des Schuldners - soweit dieser noch beschwert war - durch [X.]uss vom 23. November 2005 zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Schuldner mit seiner Rechtsbeschwerde. I[X.] Das Rechtsmittel ist statthaft (§§ 6, 7, 64 Abs. 3 Satz 1 [X.], § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und zulässig (§ 574 Abs. 2 und Abs. 4 Satz 1 ZPO). Es führt zur Aufhebung und Zurückverweisung. 2 1. Das Beschwerdegericht ist dem Amtsgericht insoweit gefolgt, als die-ses die festgesetzte Vergütung auf einer Berechnungsgrundlage in Höhe von 924.373,17 • errechnet hat. Darin enthalten ist der mit 725.244,04 • in Ansatz gebrachte Wert des mit Grundpfandrechten wertausschöpfend belasteten Im-mobilienvermögens des Schuldners. Das Beschwerdegericht hat dessen Be-rücksichtigung - im [X.] an die frühere Rechtsprechung des Bundesge-richtshofs ([X.] 146, 165 ff) - damit gerechtfertigt, mit Aus- oder Absonde-rungsrechten belastete Massegegenstände seien schon dann mit ihrem vollen Wert in die Berechnungsgrundlage für die Vergütung einzustellen, wenn der vorläufige Insolvenzverwalter insoweit eine nennenswerte Tätigkeit entfaltet [X.]. Dies sei im vorliegenden Fall geschehen, weil der Beschwerdegegner mit der Grundpfandgläubigerin mehrfach telefonisch Nutzungs- und Verwertungs-möglichkeiten erörtert und sich mit der Mietverwaltung befasst habe. In die Be-rechnungsgrundlage seien auch das Anlagevermögen des Schuldners im Wert 3 - 4 - von 131.745,06 • und seine Forderungen von 67.384,07 • einzubeziehen; dass manche Forderungen erst nach Insolvenzeröffnung realisiert worden seien, sei unschädlich. Auf die im Grundfall mit 25 v.H. des einfachen Staffelsatzes anzu-setzende Vergütung sei ein Zuschlag von 35 v.H. zu bewilligen. Davon entfielen 10 v.H. auf die Anordnung des [X.], 20 v.H. auf die Be-triebsfortführung und 5 v.H. auf die Übertragung des Zustellwesens. 2. Dies hält rechtlicher Überprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand. 4 a) Mit [X.]uss vom 14. Dezember 2005 ([X.] 165, 266 ff; vgl. ferner [X.]. v. 12. Januar 2006 - [X.] 127/04, Z[X.] 2006, 257 ff; v. 13. Juli 2006 - [X.] 104/05, Z[X.] 2006, 811 ff, z.[X.]. in [X.]; v. 28. September 2006 - [X.] 212/03, z.[X.].) hat der Senat seine Rechtsprechung zur Vergütung von vorläufigen Insolvenzverwaltern, deren Tätigkeit sich auf Gegenstände mit [X.] und wertausschöpfenden [X.] bezogen hat, geändert. Solche Gegenstände werden bei der Vergütung nur noch - durch einen Zuschlag - berücksichtigt, wenn der vorläufige Insolvenzverwalter sich in erheblichem Umfang damit befasst hat. Ein nur "nennenswerter" Umfang ge-nügt danach nicht mehr. Damit stehen die angefochtenen [X.]üsse nicht im Einklang. Da die Berechnungsgrundlage um 725.244,04 • geringer ist, als die Vordergerichte angenommen haben, können deren Entscheidungen nicht be-stehen bleiben. 5 Das Erfordernis, dass sich der vorläufige Insolvenzverwalter in erhebli-chem - und nicht bloß nennenswertem - Umfang mit Aus- oder Absonderungs-rechten befasst haben muss, damit ein entsprechender Wert in die Berech-nungsgrundlage seiner Vergütung eingestellt werden kann, soll auch dann bei-behalten werden, wenn es zu der vom [X.] - 5 - ten - rückwirkenden - Änderung des § 11 Abs. 1 [X.] kommen sollte (vgl. [X.], 2102 ff). Selbst unter Zugrundelegung der früheren Rechtsprechung wären die angefochtenen [X.]üsse rechtsfehlerhaft gewesen. Danach war, wenn die Bearbeitung von Aus- und [X.] nicht einen erheblichen Teil der Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters ausgemacht hat, regelmäßig ein Abschlag im Sinne von § 3 Abs. 2 [X.] geboten ([X.] 146, 165, 177; [X.], [X.]. v. 23. September 2004 - [X.] 215/03, [X.], 665). Einen solchen Abschlag haben Amts- und [X.] nicht in Betracht gezogen. 7 b) Das Anlagevermögen des Schuldners hat das Beschwerdegericht - antragsgemäß - mit 131.745,06 • angesetzt. Dies beanstandet die Rechtsbe-schwerde mit Recht. Der Beschwerdegegner hat das Anlagevermögen in sei-nem - vor seiner Bestellung als vorläufiger Insolvenzverwalter erstatteten - [X.] mit 51.129,19 • bewertet. In seinen Vergütungsantrag hat er jedoch den Betrag aufgenommen, den er als endgültiger Insolvenzverwalter bei der [X.] erlösen konnte. Grundsätzlich darf bei der Bemessung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters nicht auf Umstände abgestellt werden, die sich nach Beendigung des Eröffnungsverfahrens ergeben haben; denn die Tä-tigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters ist aus sich selbst heraus zu [X.] ([X.], [X.]. v. 14. Dezember 2005 - [X.] ZB 256/04, aaO S. 534; vgl. fer-ner [X.]. v. 28. September 2006 - [X.] 212/03, z.[X.].). Entscheidend ist deshalb der objektive Wert des Vermögens des Schuldners im Zeitpunkt der Beendigung der Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters ([X.] 146, 165, 175). Der Betrag, den der (endgültige) Insolvenzverwalter bei der späteren [X.] von Vermögenswerten erzielen kann, ist hierfür allerdings ein gewich-tiges Indiz. Ein anderes Indiz ist demgegenüber die eigene Bewertung in dem 8 - 6 - Gutachten. Deshalb muss der vorläufige Insolvenzverwalter, der den höheren Wert in Ansatz bringen will, in für das Insolvenzgericht nachvollziehbarer Weise glaubhaft darlegen, dass der später erzielte Mehrerlös nicht einer erst nach Be-endigung des Eröffnungsverfahrens eingetretenen Entwicklung zu verdanken ist, sondern den Wert realisiert hat, den der fragliche Gegenstand objektiv schon zuvor hatte. Bisher fehlt es an einer solchen Darlegung. c) Soweit das Beschwerdegericht dem Beschwerdegegner darin gefolgt ist, dass Forderungen von 67.384,07 • in die Berechnungsgrundlage einzustel-len seien, ist dies rechtens. Die Rechtsbeschwerde macht geltend, nach dem eigenen Vortrag des Beschwerdegegners beträfen lediglich Forderungen von 43.235,00 • Lieferungen und Leistungen in dem Zeitraum zwischen Antragstel-lung und Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Dies ist zwar zutreffend, jedoch unerheblich. Die Rechtsbeschwerde stellt nicht in Abrede, dass alle geltend gemachten Forderungen vor Insolvenzeröffnung entstanden sind. Zu dem Ver-mögen des Schuldners, dessen Wert für die Vergütung des vorläufigen Insol-venzverwalters maßgeblich ist, gehören jedoch auch solche Forderungen, die vor Antragstellung entstanden und danach - bis zur Beendigung des Eröff-nungsverfahrens - noch offen waren. 9 d) Das Beschwerdegericht hat einen Zuschlag von 10 v.H. gewährt, weil es sich bei dem Beschwerdegegner um einen mit einem [X.] ausgestatteten vorläufigen Insolvenzverwalter gehandelt habe. Dies steht im Widerspruch zu der Rechtsprechung des [X.], wonach ein [X.] nicht schon deshalb anfällt, weil ein [X.] angeordnet wurde ([X.], [X.]. v. 17. Juli 2003 - [X.] 10/03, [X.], 549). Begehrt der vorläufige Insolvenzverwalter deswegen einen Zuschlag auf den Ausgangs-satz von 25 v.H. der Vergütung des endgültigen Insolvenzverwalters, hat er 10 - 7 - konkret darzulegen, dass die mit dem [X.] ihm übertragene Aufgabe ihn in erheblichem, also überdurchschnittlichem Umfang belastet hat ([X.], [X.]. v. 14. Dezember 2005 - [X.] 268/04, [X.], 534, 536). Daran hat es der Beschwerdegegner bisher fehlen lassen. Demgemäß hat das Beschwerdegericht hierzu auch nichts festgestellt. e) Auch dem vorläufigen Insolvenzverwalter mit [X.] kann ein Zuschlag auf die Vergütung gewährt werden, wenn in der [X.] der Betrieb des Schuldners fortgeführt worden ist und sich dadurch für die Tätigkeit des vorläufigen Verwalters erhebliche Erschwernisse ergeben [X.]n ([X.], [X.]. v. 13. April 2006 - [X.] 158/05, [X.], 1008, 1009). Im vorliegenden Fall bestreitet der Beschwerdeführer solche Erschwernisse. Nach seinem Vortrag hat (nur) er den Betrieb fortgeführt und der Beschwerdegegner sich dabei in keiner Weise beteiligt, den Beschwerdeführer auch nicht über-wacht. Das Beschwerdegericht hat demgegenüber keine Feststellungen getrof-fen, die einen Zuschlag rechtfertigen. Die Zurückverweisung gibt dem Be-schwerdegericht Gelegenheit, die - gegebenenfalls zu ergänzende - Darstellung des vorläufigen Insolvenzverwalters daraufhin zu überprüfen, ob sie den [X.] vom 13. April 2006 gerecht wird. 11 f) Berechtigt ist auch die Rüge, das Beschwerdegericht habe sich nicht mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers befasst, die kurze Dauer des Insol-venzeröffnungsverfahrens vom 25. Oktober bis zum 19. November 2001 (rund dreieinhalb Wochen) rechtfertige einen Abschlag. So wie bei einer ungewöhn-lich langen Dauer des Eröffnungsverfahrens ein Zuschlag gewährt werden kann (vgl. [X.], [X.]. v. 13. April 2006 aaO), kann umgekehrt die deutliche Unter-schreitung der normalen Dauer einen Abschlag gebieten ([X.] in [X.] - 8 - ler/Prütting, [X.] § 11 [X.] Rn. 59; [X.]/Wutzke/Förster, [X.] Vergütung 3. Aufl. § 11 [X.] Rn. 79). g) Erfolglos beanstandet die Rechtsbeschwerde hingegen das Unterblei-ben eines Abschlags wegen der angeblich unzureichenden Beteiligung des [X.]. Das Ausmaß dieser Beteiligung und die Erschwernisse, die sich für den Beschwerdegegner daraus ergeben haben, sind im Zusammenhang mit der Frage zu prüfen und zu gewichten, ob und in welcher Höhe dem Beschwerdegegner dafür ein Zuschlag zu gewähren ist (oben e). Selbst wenn sich dabei ergeben sollte, dass für einen Zuschlag kein Raum ist, gibt dies noch nicht zur Vornahme eines Abschlags Veranlas-sung. Da der Umstand, dass das Unternehmen des Schuldners nicht fortgeführt worden ist, keinen Abschlag begründet (vgl. [X.], [X.]. v. 11. Mai 2006 13 - 9 - - [X.] 249/04, [X.], 1204, 1205), ist ein solcher auch nicht gerechtfertigt, wenn sich der vorläufige Verwalter an einer Fortführung durch den Schuldner nur in geringem Umfang beteiligt. Dr. [X.] [X.] [X.] [X.] Dr. [X.] Vorinstanzen: AG [X.], Entscheidung vom 27.04.2005 - 98 IN 124/01 - LG [X.], Entscheidung vom 23.11.2005 - 6 [X.]/05 -

Meta

IX ZB 302/05

16.11.2006

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.11.2006, Az. IX ZB 302/05 (REWIS RS 2006, 794)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 794

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