Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11.12.2012, Az. EnVR 8/12

Kartellsenat | REWIS RS 2012, 556

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Netzanschlusspflicht: Prüfungspflicht des Netzbetreibers bezüglich des Vorliegens von kapazitätserweiternden Maßnahmen bei Rückspeisung von Biogas in vorgelagerte Netze über eine Verbindungsleitung - Netzanschluss Biogasaufbereitungsanlage


Leitsatz

Netzanschluss Biogasaufbereitungsanlage

Beim Anschluss einer Biogasaufbereitungsanlage ist der Netzbetreiber verpflichtet, in seine Prüfung nach § 33 Abs. 1 Satz 1 GasNZV auch die Rückspeisung von Biogas in vorgelagerte Netze über eine Abzweigung hinter der Netzanschlussanlage ("Y-Lösung") einzubeziehen. Dabei ist die Verbindungsleitung zwischen der Netzanschlussanlage und dem vorgelagerten Netz ("Bypass") jedenfalls wie eine kapazitätserweiternde Maßnahme gemäß § 33 Abs. 10 i.V.m. § 34 Abs. 2 Satz 3 GasNZV anzusehen.

Tenor

Die Kosten des [X.] werden gegeneinander aufgehoben. Die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin und der Bundesnetzagentur im Rechtsbeschwerdeverfahren tragen diese selbst.

Im Übrigen verbleibt es bei der Kostenentscheidung des [X.].

Der Wert des [X.] wird auf 3,2 Mio. € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin baut und betreibt Biogasanlagen einschließlich [X.] und ist als Biogaseinspeiser tätig. Die Antragsgegnerin betreibt unter anderem ein Gasverteilernetz in [X.] ([X.]), an das auch ein Grundstück angeschlossen ist, für das die Antragstellerin seit dem 2. Quartal 2008 die Errichtung einer Biogasaufbereitungsanlage plante. Diese soll Biomethan zunächst mit einer Biogasaufbereitungskapazität von 350 Normkubikmeter ([X.]) pro Stunde, höchstens aber 500 [X.] aufbereiten, das sodann ab Ende April 2010 in das Mitteldruckverteilernetz der Antragsgegnerin eingespeist werden sollte. Die Anlage ist mittlerweile errichtet, der Ausgangsdruck der Biogasanlage beträgt 6 bar. Das [X.] der Antragsgegnerin ist etwa 175 km lang und wird mit einem Druck von 350 Millibar betrieben. [X.] liegt das mit 40 bar - vormals von [X.] - betriebene Hochdrucknetz der [X.]-Weser-Ems GmbH (im Folgenden: [X.]).

2

Im April 2009 richtete die Antragstellerin an die Antragsgegnerin ein Netzanschlussbegehren. Diese wandte ein, dass die Einspeisemenge der Gasanlage in den Sommermonaten deutlich höher als die benötigte Netzlast sei, so dass eine Rück- bzw. Hochspeisung von Gasmengen in das vorgelagerte Netz der [X.] erforderlich sei. Zum einen sei eine rechtliche Pflicht zur Realisierung einer solchen Rückspeisung zweifelhaft. Zum anderen sei eine Rückspeisung technisch unmöglich, weil zu befürchten sei, dass das An- und Abfahren der für die Druckerhöhung notwendigen Kompressoren zu Druckschwankungen in ihrem Netz führen werde, die im Rahmen der [X.] nicht kompensiert werden könnten; außerdem führe die zur Rückspeisung erforderliche Druckerhöhung zu dynamischen Belastungen, die die Sicherheit ihres Netzes unter Umständen erheblich gefährden könnten. Dies beruhe darauf, dass - wie sie behauptet - ihr Netz zu 50% aus [X.] statt der stabileren Polyethylenrohre ([X.]) bestehe und diese nur mit Hilfe von [X.] verbunden seien. In ihren Gesprächen erörterten die Beteiligten auch die Varianten einer Direkteinspeisung in das Netz der [X.] und einer sogenannten Bypass- oder [X.], bei der die Einspeisung hinter dem [X.]punkt der Biogasanlage, d.h. ab der [X.], über zwei getrennte Verbindungsleitungen wahlweise in das Netz der Antragsgegnerin oder das Netz der [X.] erfolgen würde (im Folgenden: [X.]). In der Folgezeit teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin indes mit, dass sie deren Netzanschlussbegehren weiterhin ablehne. Daraufhin stellte die Antragstellerin bei der Landesregulierungsbehörde im Juli 2010 den Antrag, das Verhalten der Antragsgegnerin in einem besonderen Missbrauchsverfahren zu überprüfen und insbesondere festzustellen, dass diese den [X.] der Biogasanlage in rechtswidriger Weise verzögere, sowie die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihr ohne weitere Verzögerung Netzanschluss und -zugang zu deren Gasverteilernetz zu angemessenen Bedingungen zu gewähren und ihr ein Angebot zum Abschluss eines angemessenen Netzanschlussvertrags zukommen zu lassen.

3

Mit Bescheid vom 21. Februar 2011 hat die Landesregulierungsbehörde der Antragsgegnerin aufgegeben, der Antragstellerin innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Bescheids eine [X.]zusage zu erteilen und ein Angebot auf Abschluss eines angemessenen Netzanschlussvertrags vorzulegen, beides unter dem Vorbehalt der technischen Realisierbarkeit des begehrten [X.]es, sowie ferner innerhalb eines Monats nach Abschluss des [X.] mit der Antragstellerin einen Realisierungsfahrplan im Sinne von § 33 Abs. 7 [X.] zu vereinbaren. Die weitergehenden Anträge der Antragstellerin hat die Landesregulierungsbehörde zurückgewiesen. Auf die dagegen gerichteten Beschwerden der Antragstellerin und der Antragsgegnerin hat das Beschwerdegericht die Missbrauchsverfügung aufgehoben und die Landesregulierungsbehörde - auf die Beschwerde der Antragstellerin - verpflichtet, deren [X.] unter Beachtung seiner Rechtsauffassung neu zu bescheiden; die weitergehende Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie die Verpflichtung der Landesregulierungsbehörde zum Erlass der begehrten Missbrauchsverfügung erstrebt hat, hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Mit der - zugelassenen - Rechtsbeschwerde hat die Antragstellerin ihren Hauptantrag weiterverfolgt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Biogasaufbereitungsanlage an deren Gasversorgungsnetz anzuschließen.

4

Nach Erlass der Beschwerdeentscheidung hat die Landesregulierungsbehörde das Missbrauchsverfahren wieder aufgenommen, indem sie die Antragsgegnerin entsprechend den Vorgaben des [X.] aufforderte, die Gründe für die Verweigerung des Netzanschlusses näher darzulegen und nachzuweisen. Dies nahm die Antragsgegnerin zum Anlass, der Antragstellerin ein Netzanschlussvertragsangebot vorzulegen, das auf der [X.] basiert. Da die Antragsgegnerin aber weiterhin die Ansicht vertrat, dass es sich dabei (nur) um eine freiwillige Maßnahme handele, zu der sie rechtlich nicht verpflichtet sei, lehnte die Antragstellerin das Angebot ab. Daraufhin erließ die Landesregulierungsbehörde am 18. Juni 2012 gegen die Antragsgegnerin eine weitere Missbrauchsverfügung, mit der sie ihr aufgab, der Antragstellerin binnen zwei Wochen eine Netzanschlusszusage auf der Grundlage der Gasnetzzugangsverordnung zu erteilen und ihr ein ihrerseits unterzeichnetes und ohne weitere Verhandlungen annahmefähiges Angebot auf Abschluss eines [X.] sowie binnen eines weiteren Monats den Entwurf eines Realisierungsfahrplans vorzulegen. Den dagegen gerichteten Antrag der Antragsgegnerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer zugleich eingelegten Beschwerde hat das Beschwerdegericht mit - rechtskräftigem - Beschluss vom 22. August 2012 zurückgewiesen. Über die Beschwerde hat es noch nicht entschieden. In der Folgezeit legte die Antragsgegnerin der Antragstellerin am 25. September 2012 das Angebot auf Abschluss eines [X.] und am 24. Oktober 2012 einen Realisierungsfahrplan zur Umsetzung des Netzanschlusses vor. Aufgrund dessen haben die Antragstellerin und die Landesregulierungsbehörde das Verfahren im Umfang des [X.] übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.

II.

5

Nachdem die Antragstellerin und die Landesregulierungsbehörde das mit der Rechtsbeschwerde verfolgte Begehren in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist nach § 90 Satz 1 [X.] nur noch über die Verfahrenskosten zu entscheiden. Dies führt zu der erkannten Kostenverteilung, weil die Rechtsbeschwerde nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand nur teilweise Erfolg gehabt hätte. Aufgrund der Erledigungserklärungen ist der angefochtene Beschluss insoweit wirkungslos geworden, als die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Bescheid der Landesregulierungsbehörde vom 21. Februar 2011 zurückgewiesen worden ist.

6

1. Das Beschwerdegericht hat zu Recht angenommen, dass die Antragstellerin nach § 17 Abs. 1 [X.] einen Anspruch auf [X.] an das Gasverteilernetz der Antragsgegnerin hat. Nach dieser Vorschrift haben Betreiber von [X.] unter anderem Erzeugungsanlagen zu technischen und wirtschaftlichen Bedingungen an ihr Netz anzuschließen, die angemessen, diskriminierungsfrei, transparent und nicht ungünstiger sind, als sie von dem Netzbetreiber in vergleichbaren Fällen angewendet werden. Diese - grundsätzlich bestehende - [X.]pflicht wird in § 33 Abs. 1 Satz 1 [X.] zu Gunsten der Betreiber von [X.] noch dahin verstärkt, dass ihnen gegenüber anderen potentiellen [X.]nehmern ein Vorrang eingeräumt wird. Die daraus resultierende Netzanschlusspflicht der Antragsgegnerin steht außer Streit.

7

2. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat das Beschwerdegericht im Ergebnis auch zu Recht das von der Antragstellerin verfolgte Begehren einer Verpflichtung zum Erlass einer Missbrauchsverfügung mangels Entscheidungsreife zurückgewiesen und die Landesregulierungsbehörde für verpflichtet gehalten, die Frage der Unzumutbarkeit des Netzanschlusses für die Antragsgegnerin nach § 17 Abs. 2 [X.] zu prüfen.

8

a) Nach dieser Vorschrift können Betreiber von [X.] einen Netzanschluss nach § 17 Abs. 1 [X.] verweigern, soweit sie nachweisen, dass ihnen die Gewährung des Netzanschlusses aus betriebsbedingten oder sonstigen wirtschaftlichen oder technischen Gründen unter Berücksichtigung der Ziele des § 1 [X.] nicht zumutbar ist.

9

Ob die Gewährung des Netzanschlusses für den Netzbetreiber unzumutbar ist, lässt sich nach der Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 23. Juni 2009 - [X.] 48/08, [X.], 336 Rn. 21 mwN - Netzanschluss) nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls beurteilen. Erforderlich ist eine Abwägung aller im Einzelfall relevanten Belange. In die Abwägung einzubeziehen sind unter Berücksichtigung der Ziele des § 1 [X.] und der Grundsätze der Elektrizitäts- und Erdgasbinnenmarkt-Richtlinien insbesondere die gegenläufigen Interessen des Netzbetreibers und des [X.]nehmers. Dabei sind auf Seiten des Netzbetreibers unter anderem die Kosten für die Herstellung des Netzanschlusses und etwaige Folgekosten für einen Netzausbau zu berücksichtigen. Auf Seiten des [X.]nehmers spielt insbesondere eine Rolle, in welchem Maße er auf den konkret gewünschten [X.] angewiesen ist, ob alternative [X.]möglichkeiten bestehen oder ob es ihm nur um eine Kostenreduzierung geht. Ein Verweigerungsrecht besteht nur dann, wenn den Interessen des Netzbetreibers Vorrang vor denen des [X.]nehmers zukommt. Die tatsächlichen Voraussetzungen hat der Netzbetreiber nachzuweisen.

b) Entgegen den Angriffen der Rechtsbeschwerde hat das Beschwerdegericht die im Rahmen dieser Prüfung der Regulierungsbehörde obliegenden Aufklärungspflichten nicht überspannt. Es hat insbesondere der Regulierungsbehörde keine Pflichten auferlegt, die nach dem Gesetz dem Netzbetreiber obliegen.

aa) Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] [X.]. § 33 Abs. 8 Satz 1 [X.] hat der Netzbetreiber die Gründe für die Unzumutbarkeit der Gewährung des Netzanschlusses einer Biogasaufbereitungsanlage nachzuweisen. Dazu muss er für jede vernünftigerweise in Betracht kommende, d.h. nicht technisch offensichtlich abwegige, [X.]variante Gründe darlegen und nachweisen, die den [X.] technisch unmöglich oder wirtschaftlich unzumutbar machen. Insoweit trifft den Netzbetreiber eine umfassende und abschließende Prüfungspflicht hinsichtlich der Realisierbarkeit des begehrten Netzanschlusses. Er hat sämtliche technischen und tatsächlichen Gegebenheiten zu untersuchen und innerhalb der gesetzlichen Frist ein Prüfergebnis vorzulegen. Wie sich aus § 33 Abs. 10 [X.]. § 34 Abs. 2 Satz 3 [X.] ergibt, muss er in diese Prüfung auch alle wirtschaftlich zumutbaren Maßnahmen zur Erhöhung der Kapazität im Netz einbeziehen, die eine ganzjährige Einspeisung gewährleisten und die Fähigkeit seines Netzes sicherstellen, die Nachfrage nach Transportkapazitäten für Biogas zu befriedigen. Eine Verweigerung des Netzanschlusses kommt nur dann in Betracht, wenn der [X.] unter Berücksichtigung jeder vernünftigerweise in Betracht kommenden [X.]variante dauerhaft nicht realisierbar ist. Sofern der Netzbetreiber seiner umfassenden Prüfungspflicht in Bezug auf nur eine denkbare [X.]variante nicht nachkommt, ist der Nachweis im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] [X.]. § 33 Abs. 8 Satz 1 [X.] nicht erbracht.

bb) Von dieser Prüf- und Nachweispflicht des Netzbetreibers ist die Frage zu trennen, in welcher Weise und in welchem Umfang die Regulierungsbehörde im Rahmen des besonderen Missbrauchsverfahrens den Nachweis für die Unzumutbarkeit des Netzanschlusses auf seine - vom Antragsteller in Abrede gestellte - Richtigkeit zu überprüfen hat. Insoweit gilt der Amtsermittlungsgrundsatz nach § 68 [X.], so dass die Regulierungsbehörde alle Ermittlungen führen und alle Beweise erheben kann, die erforderlich sind. Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Regulierungsbehörde ihrerseits weitere - von den Verfahrensbeteiligten nicht erörterte - Varianten für einen Netzanschluss entwickeln und deren Realisierbarkeit prüfen muss. Drängen sich solche Varianten im Rahmen des Missbrauchsverfahrens auf, obliegt es weiterhin dem Netzbetreiber, deren Unzumutbarkeit nachzuweisen; andernfalls ist er zum Netzanschluss zu verpflichten.

cc) Von diesen Grundsätzen ist das Beschwerdegericht ausgegangen. Soweit die Rechtsbeschwerde der angefochtenen Entscheidung einen anderen Inhalt im Sinne einer weitergehenden Aufklärungspflicht der Regulierungsbehörde beimessen will, beruht dies auf einem Missverständnis der Entscheidungsgründe.

c) Entgegen der Auffassung des [X.] hätte die Landesregulierungsbehörde auch die [X.] in die Unzumutbarkeitsprüfung nach § 17 Abs. 2 [X.] einbeziehen müssen. Dies hätte allerdings nicht dazu geführt, dass dem Hauptantrag der Antragstellerin in der [X.] stattgegeben worden wäre. Dafür fehlt es mangels entsprechender Feststellungen des [X.] an einer für das Rechtsbeschwerdeverfahren ausreichenden Tatsachengrundlage.

aa) Die Antragsgegnerin ist verpflichtet, auch die [X.] als eine Variante eines [X.]es der Biogasaufbereitungsanlage der Antragstellerin an ihr Gasverteilernetz in ihre Prüfung nach § 33 Abs. 1 Satz 1 [X.] einzubeziehen. Dem steht insbesondere nicht entgegen, dass hierbei auch ein weiterer Netzbetreiber, nämlich [X.] als Betreiberin des vorgelagerten Gasnetzes, mitwirken muss.

(1) Weder die allgemeine Vorschrift des § 17 Abs. 1 und 2 [X.] noch die speziellen Normen für den Netzanschluss von [X.] nach §§ 31 ff. [X.] enthalten eine ausdrückliche Regelung zu der Frage, wie der Netzanschluss im Einzelnen zu erfolgen hat und inwieweit dabei auch andere Netzbetreiber mitwirken müssen. Der Wortlaut dieser Vorschriften schließt die [X.] als vom Netzbetreiber zu realisierende Variante des Netzanschlusses aber auch nicht aus.

(2) Für eine Einbeziehung dieser Variante in die Prüfung eines technisch möglichen Netzanschlusses spricht der [X.] der vorgenannten Vorschriften. Danach ist die [X.] jedenfalls wie eine kapazitätserweiternde Maßnahme gemäß § 33 Abs. 10 [X.]. § 34 Abs. 2 Satz 3 [X.] anzusehen.

Nach § 33 Abs. 8 Satz 2, § 34 Abs. 2 Satz 2 [X.] kann der Netzanschluss bzw. die Einspeisung nicht ohne weiteres mit dem Hinweis auf Kapazitätsengpässe verweigert werden, so dass den betreffenden Netzbetreiber im Grundsatz eine Pflicht zum Netzausbau trifft. Dass im Rahmen des Netzanschlusses auch andere Netze in die Betrachtung einbezogen werden können und gegebenenfalls müssen, ergibt sich aus § 33 Abs. 8 Satz 2, § 34 Abs. 2 Satz 2 [X.], wonach Kapazitätsengpässe weder in den direkt noch in den indirekt verbundenen Netzen eine Rolle spielen dürfen, aus § 34 Abs. 2 Satz 4 [X.], wonach zu den kapazitätserweiternden Maßnahmen auch die Sicherstellung der ausreichenden Fähigkeit zur Rückspeisung von Biogas in vorgelagerte Netze gehört, und aus § 33 Abs. 5 Satz 2 [X.], wonach andere Netzbetreiber - soweit erforderlich - zur Mitwirkung bei der Prüfung des [X.]begehrens verpflichtet sind. Im Zusammenhang mit der Verpflichtung zum Netzanschluss kann es aber keinen Unterschied machen, ob die - aufgrund der Einspeisung von Biogas erforderliche - Rückspeisung durch Maßnahmen am bestehenden Gasverteilernetz, wie etwa - soweit dies wirtschaftlich zumutbar ist - einen Austausch der [X.] durch [X.] nebst Ersetzung der [X.], sichergestellt wird oder ob anstelle einer solchen Rückspeisung das Biogas über eine weitere Verbindungsleitung unmittelbar in das vorgelagerte Gasnetz eingespeist wird.

(3) Dieses Auslegungsergebnis wird durch die Verordnungsbegründung zu §§ 33, 34 [X.] bestätigt. Danach hat der Netzbetreiber die erforderlichen und wirtschaftlich zumutbaren Maßnahmen im Netz zu ergreifen, um den [X.] zu ermöglichen. Eine inhaltliche Beschränkung dieser Maßnahmen sieht die Gesetzesbegründung nicht vor, sondern erwähnt nur beispielhaft einzelne Möglichkeiten der Kapazitätserweiterung im bestehenden Netz (vgl. [X.]. 312/10, [X.] f.). Im Hinblick auf das mit den §§ 31 ff. [X.] verfolgte Ziel, im Interesse der klimapolitischen Ziele der Bundesregierung und zur Stärkung der Versorgungssicherheit die Einspeisung von Biogas aus inländisch erzeugter Biomasse in das Gasnetz zu erleichtern (vgl. [X.]. 312/10, [X.]), sind die dem Netzbetreiber obliegenden Maßnahmen zur Gewährleistung des Netzanschlusses weit zu fassen. Die Grenze wird durch § 33 Abs. 8 Satz 1 [X.] [X.]. § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] gezogen.

(4) Für diese Beurteilung sind dagegen die Eigentumsverhältnisse an der [X.] unmaßgeblich. Dies gilt auch dann, wenn die [X.] im Miteigentum der Betreiber des örtlichen Verteilernetzes und des vorgelagerten Netzes stehen würde. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin folgt aus § 33 Abs. 1 Satz 5 [X.], wonach der Netzanschluss im Eigentum des [X.] stehen müsse, nichts anderes. Denn diese Vorschrift regelt die Eigentumsfrage lediglich im Verhältnis zwischen [X.]nehmer und Netzbetreiber, schließt aber ein Miteigentum auf der Seite der Netzbetreiber nicht aus. Zugleich weist die Vorschrift die Verantwortung für die [X.] der Sphäre des Netzbetreibers zu. Insoweit ist allein maßgeblich, dass der in Anspruch genommene Netzbetreiber die [X.]stelle unterhält und die bestimmungsgemäße Nutzung organisiert (vgl. Senatsbeschluss vom 18. Oktober 2011 - [X.] 68/10, juris Rn. 23 zu einer ähnlichen Fragestellung im Rahmen des § 3 Nr. 4 [X.]). Dies ist hier der Antragsgegnerin - wie auch der von ihr vorgelegte Entwurf für einen Netzanschluss- und [X.]nutzungsvertrag Biogas zeigt - möglich.

(5) Aufgrund dessen ist die Verbindungsleitung zwischen der [X.] und dem vorgelagerten Netz ("Bypass") jedenfalls wie eine kapazitätserweiternde Maßnahme anzusehen, während die Verbindungsleitung zwischen der Biogasaufbereitungsanlage und der [X.] den Netzanschluss i.S.d. § 33 Abs. 1 [X.] darstellt.

bb) Dies führt indes nicht dazu, dass der Verpflichtungsbeschwerde der Antragstellerin stattzugeben gewesen wäre. Das Beschwerdegericht hat - auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung folgerichtig - keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Antragsgegnerin die Durchführung der [X.] nach § 33 Abs. 8 Satz 1 [X.] [X.]. § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] verweigern darf. Die Antragsgegnerin hatte aufgrund der Rechtsauffassung der Landesregulierungsbehörde und des [X.] für einen entsprechenden Vortrag auch keinen Anlass. Daher hätte ihr hierzu - auch zur Erfüllung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör - noch Gelegenheit gegeben werden müssen, so dass die Rechtsbeschwerde mit der Maßgabe hätte zurückgewiesen werden müssen, die Landesregulierungsbehörde zu verpflichten, den [X.] der Antragstellerin auch unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden.

[X.]                                  Raum                             [X.]

                        Grüneberg                            [X.]

Meta

EnVR 8/12

11.12.2012

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend OLG Düsseldorf, 14. Dezember 2011, Az: VI-3 Kart 25/11 (V)

§ 17 EnWG, § 33 Abs 1 S 1 GasNZV, § 33 Abs 10 GasNZV, § 34 Abs 2 S 3 GasNZV

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11.12.2012, Az. EnVR 8/12 (REWIS RS 2012, 556)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 556

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

EnVR 8/12 (Bundesgerichtshof)


VI-3 Kart 63/13 (V) (Oberlandesgericht Düsseldorf)


EnVZ 12/14 (Bundesgerichtshof)


VI-3 Kart 291/06 (V) (Oberlandesgericht Düsseldorf)


EnVR 7/19 (Bundesgerichtshof)

Energiewirtschaftsrechtliche Verwaltungssache: Einordnung einer Maßnahme eines Stromübertragungsnetzbetreibers als marktbezogen trotz Nichtvereinbarung eines finanziellen Ausgleichs; Umfang …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.