Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.02.2012, Az. VI ZR 249/11

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 9485

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VI ZR 249/11
Verkündet am:

7. Februar 2012

Holmes

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 7. Februar 2012 durch den Vorsitzenden [X.], [X.], Pauge und [X.] und die Richterin von [X.]
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 14.
Zivilsenats des Oberlan-desgerichts [X.] vom 24.
August 2011 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der Kläger begehrt weiteren Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 11.
Mai 2008, bei dem sein Pkw beschädigt wurde. Als der Kläger einen Traktor mit Anhänger überholen wollte und der Pkw sich in Höhe des Traktors befand, stießen beide seitlich zusammen. Der Beklagte zu 1 war Fahrer des bei der [X.] zu 3 haftpflichtversicherten Traktors, der Beklagte zu 2 dessen Halter. Nach dem vom Kläger eingeholten Schadensgutachten übersteigen die voraussichtlichen Nettoreparaturkosten den Wiederbeschaffungswert des [X.]. Der Gutachter schätzte diesen auf 6.000

en Restwert auf 1.900

n-digenkosten, die Zahlung einer Kostenpauschale und die Erstattung [X.] Anwaltskosten begehrt. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das [X.] ihr in Höhe von 1.859,19

1
-
3
-
nebst Zinsen und hinsichtlich eines Teils der geltend gemachten Anwaltskosten stattgegeben. Es hat dem Kläger jeweils 40 % des [X.] von 4.100

en von 522,98

n-pauschale von 25

Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren hinsichtlich der restlichen Sachverständigenkosten weiter.

Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht billigt dem Kläger gemäß §
7 Abs.
1, §
17 Abs.
1 StVG i.V.m. §
115 Abs.
1 [X.] einen Anspruch auf Ersatz von 40 % des ihm entstandenen Schadens zu, weil der Unfallhergang letztlich ungeklärt bleibe und die Betriebsgefahr des überholenden Pkw etwas höher gewesen sei als die des [X.]. Die Haftungsquote von 40 % gelte nicht nur für den zu ersetzenden Wiederbeschaffungsaufwand und die Kostenpauschale, sondern auch für die geltend gemachten Sachverständigenkosten. Diese seien ein Teil des Sachschadens und deshalb ebenfalls entsprechend dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens der Parteien zu quoteln. Da die obergerichtliche Rechtsprechung hierzu uneinheitlich sei, werde insoweit die Revision zugelas-sen.

II.
Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
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4
-
Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das Berufungsge-richt dem Kläger im Hinblick auf seine Eigenhaftungsquote von 60
% einen [X.] auf Ersatz der Sachverständigenkosten ebenfalls nur in Höhe von 40
% zugebilligt hat. Der in der Rechtsprechung und im Schrifttum vereinzelt vertre-tenen Auffassung, der Schädiger habe auch im Falle einer nur quotenmäßigen Haftung dem Geschädigten dessen Sachverständigenkosten zu 100
% zu er-statten, vermag der erkennende Senat nicht zu folgen.
1.
Nach der vom [X.] (vgl. [X.], [X.], 263, 264
und NJW 2011, 1973
f.
mit [X.] [X.], SVR 2011, 337
f. und [X.] [X.], ju-risPR-VerkR 10/2011 [X.]
2) und dem [X.] a.
M. ([X.], [X.] 2011, 255) im [X.] an das [X.] (vgl. [X.], NJW 2010, 2289 mit [X.] [X.], [X.] 12/2010 [X.]
1; [X.], [X.], 75
ff.) und vereinzelten
Stimmen in der Literatur (vgl. [X.], [X.], 669
f.; [X.]., [X.] 12/2010 [X.]
1; [X.], [X.], 727, 729;
Janetz, SVR 2011, 213
f.) vertretenen Auffassung ist der Anspruch auf Ersatz der Sachverständigenkosten nicht entsprechend der [X.] zu kürzen. Diese Kosten seien vielmehr in vollem Umfang erstattungsfähig, weil sie nur entstünden, wenn der Geschädigte seinen erstattungsfähigen Anteil des Gesamtschadens gegenüber dem Schädiger beziffern und belegen müsse; sie fielen überhaupt nicht an, wenn der Geschädigte den Unfall allein verursacht habe,
und dienten ausschließlich dazu, den aufgrund der jeweiligen [X.] erstattungsfähigen Anteil von dem Schädiger ersetzt zu bekommen. Auch könne hier nicht -
an[X.] als bei den Rechtsanwaltskosten
-
ein Anteil entspre-chend den [X.] errechnet werden, weil der Sach-verständige seine Leistung insoweit nicht teilen könne.
2.
Diese Auffassung ist abzulehnen, denn sie findet im Gesetz keine Stütze und ist mit den Grundsätzen des Schadensersatzrechts nicht vereinbar 4
5
6
-
5
-
(vgl. [X.], [X.], 268
f.
mit [X.] [X.], SVR 2011, 335
ff. und [X.] [X.], [X.] 11/2011 [X.]
3; [X.], [X.] 23/2011 [X.]
3; vgl. auch [X.], [X.] 2011, 281; [X.], [X.] 2010, 404; [X.], NJW 2011, 3482, 3483
f.).
a) Wird ein Fahrzeug bei einem Verkehrsunfall
beschädigt, hat der Schädiger dem Geschädigten nach §
249 Abs.
2 Satz
1 BGB den zur Wieder-herstellung der beschädigten Sache erforderlichen Geldbetrag zu zahlen. So-weit zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs eine Begutachtung durch einen Sachverständigen erforderlich und zweckmäßig ist, gehören die Kosten eines vom Geschädigten eingeholten Schadensgutachtens zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß §
249 Abs.
1 BGB auszu-gleichenden Vermögensnachteilen (vgl. Senatsurteile vom 30.
November 2004 -
VI
ZR 365/03, [X.], 380 und vom 23.
Januar 2007 -
VI
ZR 67/06, [X.], 560 Rn.
11; [X.], Urteil vom 29.
November 1988 -
X
ZR 112/87,
NJW-RR 1989, 953, 956). Ebenso können diese Kosten zu dem nach §
249 Abs.
2 Satz
1 BGB erforderlichen
Herstellungsaufwand gehören, wenn eine vorherige Begutachtung zur tatsächlichen Durchführung der Wiederherstellung erforderlich und zweckmäßig ist (vgl. Senatsurteile vom 6.
November 1973 -
VI
ZR 27/73, [X.], 90, insoweit in [X.]Z 61, 346 nicht abgedruckt; vom 29.
Januar 1985 -
VI
ZR 59/84, [X.], 441, 442; vom 30.
November 2004 -
VI
ZR 365/03, aaO und vom 23.
Januar 2007 -
VI
ZR 67/06, [X.], 560
Rn.
11; [X.], [X.], 1204, 1210
f.). Unter beiden Gesichtspunkten sind diese Kosten grundsätzlich in vollem Umfang erstattungsfähig.
b) Ist der geschädigte Fahrzeughalter in erheblicher Weise für den Scha-den mitverantwortlich, so führt dies nach §
17 Abs.
1 und 2 StVG allerdings zu einer Beschränkung von Grund und Umfang des Schadensersatzanspruchs. Die Bestimmung statuiert -
ebenso wie §
254 Abs.
1 BGB, §
9 StVG und §
4 7
8
-
6
-
HaftPflG
-
eine Ausnahme von dem Grundsatz der Totalreparation (Alles-oder-Nichts-Prinzip des Schadensersatzrechts). Sie hat zur Folge, dass auch der Anspruch auf Ersatz der Kosten eines Sachverständigengutachtens nur unge-schmälert fortbestehen kann, wenn sich aus "den Umständen", insbesondere aus der Feststellung, "inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht worden ist" (§
17 Abs.
1 StVG) ein solches Ergebnis rechtfertigen lässt ([X.], aaO).
c)
Aus den "Umständen", insbesondere den Verursachungsbeiträgen, ergibt sich eine solche Rechtfertigung hier nicht. Auch die Kosten des Sachver-ständigengutachtens sind durch den Unfall verursacht, denn ohne die Unfallbe-teiligung des Geschädigten wäre es dazu nicht gekommen. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens dient nicht allein dem Nachweis des vom [X.] zu tragenden Schadensanteils, sondern liegt auch im eigenen Interesse des Geschädigten, weil das
Gutachten
ihm Gewissheit über das Ausmaß des Schadens und die von ihm zu tragenden Kosten verschafft. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Grundsätzen zur Erstattungsfähigkeit [X.] Anwaltskosten, denn bei dieser Schadensposition handelt es sich um ei-ne Nebenforderung, deren Höhe sich erst bestimmen lässt, wenn die [X.] konkretisiert ist. Das trifft auf Sachverständigenkosten nicht zu, denn diese sind, wie oben ausgeführt, dem
Sachschaden
zuzurechnen
und damit auch Bestandteil der Hauptforderung (vgl. Senatsurteil vom 23.
Januar 2007 -
VI
ZR 67/06, aaO Rn.
10
ff.; [X.], aaO). Zudem hängt ihre Höhe nicht in gesetzlich bestimmter Weise vom Umfang des übrigen Schadens ab. Während bei den Anwaltskosten eine Berücksichtigung der Mitverantwortung des Geschädigten nicht durch eine Quotierung der Kosten, sondern durch eine Quotierung des Streitwerts erfolgt, der nach dem [X.] die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren bestimmt, kennt das für
den Ersatz von Sachverständigenkosten maßgebende Schadensersatzrecht eine solche 9
-
7
-
Differenzierungsmöglichkeit nicht. Hier kann die Mitverantwortung des Geschä-digten für die Schadensentstehung nicht an[X.] als durch eine Quotierung die-ser Kosten Berücksichtigung finden ([X.], aaO). Einer solchen Quo-telung steht auch die sogenannte Differenzhypothese nicht entgegen, wonach die Frage, ob ein zu ersetzender Vermögensschaden vorliegt, grundsätzlich durch einen Vergleich der infolge des [X.] Vermögenslage mit derjenigen, die sich ohne dieses Ereignis erge-ben hätte, zu beurteilen ist (vgl. Senatsurteile vom 18.
Januar 2011 -
VI
ZR 325/09, [X.]Z 188, 78 Rn.
8 und vom 15.
November 2011 -
VI
ZR 4/11, [X.], jeweils mwN), denn diese Grundsätze betreffen allein die Frage der Schadens-höhe, nicht aber die Frage der Haftungsverteilung ([X.], aaO; a.A.: [X.], aaO; [X.] [X.], 669).
d)
Im Falle einer nur quotenmäßigen Haftung des Schädigers hat dieser dem Geschädigten dessen Sachverständigenkosten mithin im Umfang der [X.] zu erstatten
(vgl. auch [X.], [X.]
2012, 20; [X.], Urteil vom 27.
Mai 2010 -
10
U 3379/09, juris Rn.
24
f.; [X.], NJW-RR 2011, 464, 465).
10
-
8
-
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
97 Abs.
1 ZPO.

Galke
Zoll
Pauge

[X.]
von [X.]

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 02.02.2011 -
5 [X.]/09 -

OLG [X.], Entscheidung vom 24.08.2011 -
14 U 47/11
-

11

Meta

VI ZR 249/11

07.02.2012

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.02.2012, Az. VI ZR 249/11 (REWIS RS 2012, 9485)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 9485

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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