Bundespatentgericht, Beschluss vom 11.03.2013, Az. 24 W (pat) 89/10

24. Senat | REWIS RS 2013, 7534

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren "Girls´Secret (Wort-Bildmarke)/women´secret (Wort-Bildmarke)"  – keine Verwechslungsgefahr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 305 77 027

hat der 24. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 23. Oktober 2012 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] sowie der Richterin [X.] und des Richters Heimen

beschlossen:

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Gegen die am 27. Dezember 2005 angemeldete, am 14. Juli 2006 veröffentlichte Wort-/Bildmarke 305 77 027

Abbildung

2

ist am 24. August 2006 Widerspruch erhoben worden. Die angegriffene Marke genießt Schutz für die Waren

3

„Klasse 3: Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, insbesondere Kosmetika und Schminke; Parfüm

4

Klasse 14: Schmuckwaren; Juwelierwaren; Modeschmuck; Uhren; Etuis für Schmuck- und Juwelierwaren; andere Waren aus Edelmet[X.] und/oder damit plattiert, soweit in Klasse 14 enthalten

5

Klasse 16: Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien (soweit in Klasse 16 enthalten); Tagebücher, Notizbücher und Kalender in Buchform, auch mit Aufbewahrungsfach für Waren; kleine Behälter und Kästchen aus Pappe oder Papier; Bastelartikel (soweit in Klasse 16 enthalten); Behälter und Kästchen für Papier- und Schreibwaren; Büroartikel (ausgenommen Möbel); [X.] und deren Teile; Papiertaschentücher; Abschminktücher aus Papier; Verpackungsbeutel, -hüllen und -taschen aus Papier und Kunststoff; Zeitungen, Zeitschriften, Broschüren, Bücher, Postkarten, Plakate, Poster, Kalender und andere Druckereierzeugnisse; Visitenkarten; Lehr- und Unterrichtsmaterial (ausgenommen Apparate); Künstlerbedarfsartikel

6

Klasse 18: Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus (soweit in Klasse 18 enthalten); Taschen aller Art (soweit in Klasse 18 enthalten); Brieftaschen, Geldbörsen und Geldbeutel; Koffer aller Art (soweit in Klasse 18 enthalten); Regenschirme, Sonnenschirme und [X.]; [X.] und deren Teile (soweit in Klasse 18 enthalten)

7

Klasse 20: Möbel, Spiegel und Rahmen; Figuren, Tierfiguren, Statuen, Statuetten und andere Waren aus Holz, Wachs, Gips, Bernstein, Meerschaum, Kork, Rohr, Binsen und Kunststoff (soweit in Klasse 20 enthalten); Behälter, Boxen; Kästchen, Fässer und Körbe, nicht aus Metall

8

Klasse 24: Web- und Textilwaren (soweit in Klasse 24 enthalten), insbesondere Hand- und Taschentücher; Bettwäsche; Tischwäsche; Duschvorhänge aus textilen Materialien; Schlafsäcke (zu Hüllen genähte Leintücher), Abschminktücher aus Stoff

9

[X.]: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen

Klasse 26: Anstecker (Buttons), Broschen als Kleidungszubehör, Buttons (Anstecker), Knöpfe, Haken, Schließen und Schn[X.] für Bekleidungsstücke; Haarbänder und anderer Haarschmuck; Nadelkissen; künstliche Blumen“.

Die prioritätsältere Widerspruchsmarke, die [X.] 331

genießt Schutz für die Waren

„Klasse 3: Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Seifen; Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel

„Klasse 14: Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine; Uhren und Zeitmessinstrumente

[X.]: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Bekleidungsstücke für [X.], Herren und Kinder“.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat mit [X.] vom 1. April 2009 die Einrede der Nichtbenutzung erhoben. Die Widersprechende hat im Laufe des Widerspruchs- und Beschwerdeverfahrens mehrfach Unterlagen zur Akte gereicht, die zur Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung ihres Zeichens dienen sollen.

Mit Beschluss vom 26. April 2010 hat die Markenstelle für Klasse 3 des [X.] den Widerspruch aus der Marke [X.] durch eine Beamtin des höheren Dienstes zurückgewiesen. In ihrer Begründung hat die Markenstelle sowohl eine unmittelbare Verwechslungsgefahr, als auch eine Verwechslungsgefahr durch gedankliches In-Verbindung-Bringen zwischen beiden Zeichen verneint. Diese beanspruchten in den Klassen 3 und 25 Schutz für identische Waren, und die Widerspruchsmarke verfüge über durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Den angesichts dessen erforderlichen Abstands halte die angegriffene Marke jedoch sicher ein, denn keines der beiden Zeichen werde von einem einzelnen Wortbestandteil geprägt. Beide enthielten jeweils eine Gesamtaussage im Sinne von „[X.]“ und „[X.]“. Klanglich, schriftbildlich und begrifflich seien keine Verwechslungen im markenrechtlichen Sinne zu befürchten, so dass eine unmittelbare Verwechslungsgefahr ausscheide. Eine Verwechslungsgefahr durch gedankliches In-Verbindung-Bringen sei ebenfalls nicht gegeben: Der Wortbestandteil „secret“ eigne sich nicht als Stammbestandteil eines Serienzeichens. Die Wortbestandteile „Girl’s“ und „women“ hätten keine synonyme Bedeutung, und die angesprochenen Verkehrskreise gingen nicht davon aus, dass es sich bei der jüngeren Marke um ein weiteres Zeichen der Widersprechenden handeln könnte.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Widersprechende mit ihrer Beschwerde. Ihrer Ansicht nach wird die ältere Marke rechtserhaltend benutzt. Soweit die sich gegenüberstehenden [X.] nicht Schutz für identische Waren genössen, beanspruche die jüngere Marke in den Klassen 18, 24 und 26 Schutz für „Accessoires“, die der Ware „Bekleidung“, für die die Widerspruchsmarke Schutz genieße, hochgradig ähnlich seien. [X.] verfüge die Widerspruchsmarke über durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Als zumindest in [X.] bekannte Gemeinschaftsmarke könne sich die Widerspruchsmarke darüber hinaus auch in der [X.] auf einen erweiterten Schutzbereich berufen. In der [X.] habe die Widersprechende mit ihrer Marke in den Jahren 2005 - 2009 Umsätze von [X.] erwirtschaftet. Die [X.] seien einander phonetisch ähnlich, da sie aus zwei Worten bestünden, von denen das erste zwei Silben aufweise und das zweite jeweils identisch sei. Durch die Apostrophierung sowie den zweiten Wortbestandteil „secret“ bestehe auch in schriftbildlicher Hinsicht eine strukturelle Ähnlichkeit. In begrifflicher Hinsicht seien sich beide [X.] hochgradig ähnlich, da sie beide mit dem Wort „secret“ endeten und ihre jeweils ersten Wortbestandteile „women“ und „girl“ Gattungsbezeichnungen für weibliche Personen darstellten, die im Sprachgebrauch regelmäßig vermischt würden und als Synonyme verwendet werden könnten. Die Begriffe „girls“ und „women“ würden zwar altersabhängig, jedoch mit fließenden Grenzen benutzt. Dies führe zu einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr in begrifflicher Hinsicht, jedenfalls jedoch zu einer Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des gedanklichen [X.]. „Girl’s“ und „women“ stellten beschreibende Zielgruppenhinweise dar, die zugleich dafür sprächen, dass es sich bei „secret“ um den Stammbestandteil eines Markenzeichens handele. Der Verkehr sei daran gewöhnt, dass derselbe Hersteller für unterschiedliche Zielgruppen in den hier betroffenen Produktkategorien „Bekleidung“ und „Körperpflegeprodukte“ unterschiedliche Produktserien herausbringe. Angesichts dessen sei es besonders naheliegend, dass er bei Wahrnehmung der [X.] annehme, er habe es mit Produktgruppen desselben Herstellers für unterschiedliche Altersstufen zu tun. Den Begriffsgehalt eines „Mysteriums weiblicher Schönheit und Eleganz“ der Widerspruchsmarke greife auch die angegriffene Marke auf.

Die Widersprechende regt die Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Begriff der begrifflichen Verwechslungsgefahr an sowie zu der Frage, wie weit das Sprachverständnis des [X.] Verkehrs in Bezug auf die von der Widersprechenden angenommene Stellung der Worte „women“ und „girls“ als Synonyme gehe.

Die Widersprechende beantragt,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 3 des [X.] vom 26. April 2010 aufzuheben und auf den Widerspruch die Marke Nr. 305 77 027 zu löschen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie schließt sich den Feststellungen der Markenstelle an. Die Inhaberin der angegriffenen Marke bestreitet die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke und setzt sich mit den Benutzungsnachweisen der Gegenseite kritisch auseinander. Sie ist der Auffassung, die von ihr in den Klassen 16 und 20 beanspruchten Waren seien denjenigen, für welche die Widersprechende Schutz beanspruche, [X.]falls entfernt ähnlich. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei originär geschwächt und nicht durch intensive Benutzung gesteigert. Angesichts dessen reichten die zwischen den [X.] bestehenden Unterschiede aus, um eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr sicher auszuschließen. Dass die Worte „women“ und „girls“ im [X.] oder im [X.] Sprachverständnis Synonyme darstellten, werde bestritten.

Ergänzend wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23. Oktober 2012 und auf die Verfahrensakten Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 66 Abs. 1 [X.] zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg und war daher zurückzuweisen. Anknüpfungstatsachen, die zur Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung geeignet sein könnten, hat die Widersprechende nur für „Bekleidungsartikel“ vorgetragen. Da die Widerspruchsmarke für „Bekleidungsartikel“ der [X.] eine beschreibende Angabe darstellt, ist ihre - im Ergebnis nicht durch Benutzung gesteigerte - Kennzeichnungskraft insoweit von Haus aus deutlich geschwächt. Soweit die Widerspruchsmarke eine beschreibende Angabe darstellt, lässt sich aus ihr auch dann keine markenrechtlich relevante, insbesondere keine begriffliche Verwechslungsgefahr ableiten, wenn sich die [X.] auf identischen Waren begegnen.

Ausgangspunkt zur Beurteilung der Verwechslungsgefahr [X.] § 9 Abs. 1 Nr. 2, 1. und [X.] [X.] ist der allgemeine kennzeichenrechtliche Grundsatz einer Wechselwirkung zwischen [X.] in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der zu beurteilenden Marken, der Warennähe und der Kennzeichnungskraft der älteren Marke in der Weise, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. [X.] GRUR 1998, 387 - Sabèl/[X.]; [X.], 413 ff., Rn. 18 - [X.]/[X.]; [X.], 903, Rn. 10 - [X.]). Hiervon ausgehend hat die Markenstelle im Ergebnis zutreffend sowohl eine unmittelbare Verwechslungsgefahr, als auch eine Verwechslungsgefahr durch gedankliches In-Verbindung-Bringen zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen verneint:

1. Zwischen den Vergleichsmarken besteht keine unmittelbare Verwechslungsgefahr.

1.1 Zugunsten der Widersprechenden hat der Senat unterstellt, dass die Widersprechende die rechtserhaltende Benutzung ihrer Gemeinschaftsmarke auf die in zulässiger Weise erhobene Einrede der Nichtbenutzung hin durch die vorgelegten Benutzungsunterlagen gem. § 125 b Nr. 4 [X.], § 42 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 125 b Nr. 1 [X.], § 43 Abs. 1 [X.], Art. 15 der Verordnung über die Gemeinschaftsmarke ([X.]) im behaupteten Umfang, nämlich für „Bekleidungsartikel“ der [X.], hinreichend glaubhaft gemacht hat. In den von der Widersprechenden zur Akte gereichten eidesstattlichen Versicherungen ihrer Vertreterin [X.] vom 23. September 2009 und vom 1. Februar 2010 ist stets ausschließlich von der Benutzung ihrer Marke für „Bekleidungsartikel“ die Rede. Dabei wird nicht zwischen verschiedenen Produkten oder Produktlinien und nicht nach deren Bestimmung für [X.], Herren oder Kinder differenziert.

Benutzungsunterlagen, die zur Glaubhaftmachung einer ernsthaften Benutzung ihres Zeichens [X.] Art. 15 [X.] für darüber hinausgehende Waren, wie beispielsweise solche der Klasse 3, oder näher spezifizierte Waren, wie beispielsweise „Bekleidungsstücke für Kinder“ der [X.], geeignet sein könnten, hat die Widersprechende nicht zur Akte gereicht. Soweit die eidesstattliche Versicherung [X.] … vom 23. September 2009 auf Abbildungen in einem für den [X.] Markt konzipierten Katalog aus dem Jahre 2005 verweist, fehlen spezifizierte Angaben zum Umfang der Benutzung der Kennzeichnung „[X.]“ speziell für diese Waren auf einem bestimmbaren Markt wie beispielsweise dem Staatsgebiet des [X.] [X.].

1.2 Die [X.] können sich auf identischen Waren begegnen. In [X.] beansprucht die jüngere Marke u. a. Schutz für die Waren „Bekleidungsstücke“, also für Waren, bei denen es sich um „Bekleidungsartikel“ [X.] vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen handeln kann.

1.3 Für „Bekleidungsartikel“ kommt der Widerspruchsmarke von Haus nur eine geringe, ihren Schutzumfang deutlich reduzierende Kennzeichnungskraft zu:

1.3.1 Eine Marke verfügt über Kennzeichnungskraft, wenn sie geeignet ist, die Waren, für die sie eingetragen worden ist, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und damit diese Waren von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. [X.] [X.] 1999, 189, 194, Rn. 49 - [X.]; [X.] 1999, 236, 239, Rn. 22 - [X.]/Loint‘s). Für die Bestimmung des Grades der Kennzeichnungskraft ist dabei maßgeblich, inwieweit sich die Marke dem Publikum aufgrund ihrer Eigenart und ihres ggf. durch Benutzung erlangten Bekanntheitsgrades als Produkt- und Leistungskennzeichnung einzuprägen vermag, so dass sie in Erinnerung behalten und wiedererkannt wird (vgl. [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., Rn. 497 zu § 14). Diese Eignung fehlt oder ist zumindest erheblich eingeschränkt, wenn die Widerspruchsmarke einen die geschützten Waren beschreibenden Sinngehalt aufweist oder sich an eine für die fraglichen Waren beschreibende Angabe anlehnt ([X.], 905, 907, Nr. 16 - [X.]; [X.], 1002, 1004, Nr. 26 - Schuhpark).

1.3.2 Die graphische Ausgestaltung der als Bildmarke eingetragenen Widerspruchsmarke weist keine charakteristische Gestaltung auf, denn sie beschränkt sich auf eine [X.] des in Kleinbuchstaben wiedergegebenen Schriftzugs „women‘secret“ und bewegt sich damit im Rahmen des Werbeüblichen.

1.3.3 Ihr aus Begriffen des [X.] Grundwortschatzes zusammengesetzter Wortbestandteil lässt sich in seiner Bedeutung mit „Geheimnis von Frauen“ wiedergeben. Für die hier in Rede stehenden Waren der [X.] enthält er damit eine gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] beschreibende Sachangabe. Denn „Bekleidungsartikel“ tragen zum äußeren Erscheinungsbild eines Menschen bei. Sie können für Frauen bestimmt sein und ein Geheimnis haben oder ein solches bergen. So kann es sich beispielsweise um verdeckt getragene Wäsche handeln, die erst zum Vorschein kommt, wenn andere Kleidungsstücke abgelegt werden. Zugleich kann „[X.]“ für „Bekleidungsartikel“ im Verkehr als Werbeschlagwort verstanden werden, welches auf eine Besonderheit, ein Geheimnis oder eine sonst wie hervorzuhebende Eigenschaft von oder für Frauen hinweist. Als Hinweis auf den Hersteller so gekennzeichneter „Bekleidungsartikel“ werden „[X.]“ demgegenüber weder der Handel, noch der normal informierte und angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher im Inland auffassen:

1.3.4 Diesen Interessenten am Markt für „Bekleidungsartikel“ sind der zum [X.] Grundwortschatz gehörende, durch Begriffe wie „[X.]“ i. S. v. „Geschäftsfrau“ oder „[X.]“ i. S. v. „Frauenheld“ (vgl. [X.], [X.]. [X.], a. a. [X.], [X.]027) auch im Inland allgemein bekannten Begriff „woman“ und dessen Pluralform „women“ geläufig, sie werden deren Bedeutung „Frauen“ ohne Schwierigkeiten erfassen.

1.3.5 Der ebenfalls zum [X.] Grundwortschatz gehörende Begriff „secret“ ist allgemeinen inländischen Verkehrskreisen in seiner Bedeutung „geheim, Geheimnis“ als Bestandteil der im Inland lexikalisch nachweisbaren Bezeichnung für den [X.] Geheimdienst „[X.]“ (vgl. [X.], [X.], 4. Aufl. 2007, S. 1222; [X.], [X.]. [X.], S. 1579, 1759), als Bestandteil des umgangssprachlich im Inland benutzten Ausdrucks „das ist [X.] „das ist streng geheim“ (vgl. [X.] www.spionage.de: „[X.] - die geheime Welt der Spionage in [X.] - Erlebnisausstellung für die ganze Familie“; [X.], Deutsches [X.], S. 1759) und nicht zuletzt als geläufiges Werbeschlagwort bekannt, welches auf eine Besonderheit, ein Geheimnis oder eine sonst wie hervorzuhebende Eigenschaft einer Person oder Sache hinweist. Beispiele für eine Verwendung von „secret“ als Werbeschlagwort im Inland bilden die folgenden Slogans: „[X.] mystery - the secret of a woman“ (Journal für die Frau, 2003 Heft 10, [X.]); „nature‘s little secrets“ ([X.], [X.], [X.]); „[X.], the secret garden ([X.] 2003 Heft 1, [X.]), „[X.]“ (Optician, 2007 Heft 11, [X.]) und „[X.]“ ([X.], 2007 Heft 1, [X.]5); „[X.] haben viele. Stil nur eines. [X.] Series“ ([X.], 2008 Heft 8, S. 31).

1.3.6 Das zwischen den Wortbestandteilen „women“ und „secret“ stehende Apostroph führt nicht zur Schutzfähigkeit des [X.]. Es kann - grammatikalisch hier ohne zusätzliches „s“ unrichtig gesetzt - zur Anzeige des Genitivs von „women“ dienen. Der Durchschnittsverbraucher, der erfahrungsgemäß Kennzeichen ohne analytische Betrachtungsweise so aufnimmt, wie sie ihm entgegentreten, nimmt jedoch auch grammatikalisch fehlerhafte, ihm gleichwohl verständliche Sachaussagen durchaus als solche und damit nicht als betrieblichen Herkunftshinweis auf (st. Rspr., vgl. u. a. [X.] GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch). Angesichts dessen werden die angesprochenen inländischen Verkehrskreise „[X.]“ unschwer in seiner für die Ware „Bekleidungsartikel“ beschreibenden Bedeutung „Geheimnis von Frauen“ verstehen.

1.4 Der aus diesem Grunde originär in ihrer Kennzeichnungskraft erheblich geschwächten Widerspruchsmarke kommt für „Bekleidungsartikel“ keine durch Benutzung nachträglich gesteigerte Kennzeichnungskraft zu.

1.4.1 Zur Steigerung der Kennzeichnungskraft einer Marke, hier einer Gemeinschaftsmarke, ist eine durch intensive und nicht nur kurzfristige Benutzung entstandene gesteigerte Verkehrsbekanntheit erforderlich. Zu deren Feststellung sind alle relevanten Umstände im Einzelfall zu berücksichtigen, wie der Marktanteil der Marke, ihre Benutzungsdauer und -intensität, ihre geographische Verbreitung, die für die Marke getätigten [X.] sowie der Anteil der Verkehrskreise, die die mit der Marke gekennzeichneten Waren als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennen (vgl. [X.], [X.]/[X.], 10. Aufl. 2011, § 9 Rn. 138 [X.]). Diesen Anforderungen genügen der Sachvortrag der Widersprechenden und die von ihr vorgelegten Unterlagen nicht:

Konkrete Angaben zum Bekanntheitsgrad der Widerspruchsmarke in der [X.] für „Bekleidungsartikel“, zur Zusammensetzung des entsprechenden Marktes und zur Stellung der Widersprechenden in diesem Markt hat die Widersprechende nicht gemacht. Die Umsätze, die sie für „Bekleidungsartikel“ in der [X.] für die Jahre 2004 - 2009 eidesstattlich versichert hat, bewegen sich zwischen [X.] (für 147.851 Artikel) und [X.] (für  141.840 Artikel). Für sich genommen erlauben diese Zahlen schon deswegen keine Rückschlüsse auf den Bekanntheitsgrad der Widerspruchsmarke, weil die Widersprechende keine Zahlen über die Gesamtumsätze des einschlägigen Marktes mitgeteilt hat und die [X.] gilt, dass umsatzstarke Marken wenig bekannt sein und bleiben können und umgekehrt umsatzschwache Marken - [X.] wegen ihrer Exklusivität - sehr bekannt (vgl. [X.], [X.] 2007, 126 - [X.] und [X.]; [X.], Entsch. v. 23. April 2008, 26 W (pat) 23/06 - Grüne Bierflasche).

Eine gesteigerte Bekanntheit für das Königreich [X.] oder für das Gebiet der [X.] insgesamt lässt sich ebenfalls nicht feststellen. Für [X.] fehlen hierzu jegliche Anhaltspunkte. Im Übrigen hat die Widersprechende zum einen Umsatzzahlen für den [X.] vorgelegt, die nicht erkennen lassen, ob sie sich gerade auf die [X.] beziehen. Zum anderen hat sie in der mündlichen Verhandlung vom 23. Oktober 2012 Umsatzzahlen von [X.] für das Gebiet der [X.] und die Jahre 2005 - 2009 vorgetragen, die sie nicht glaubhaft gemacht hat. Der Nachweis einer starken Kennzeichnungskraft aufgrund einer gesteigerten Verkehrsbekanntheit ist ohnehin nicht nur für den Prioritätszeitpunkt der jüngeren Marke, sondern auch für den Zeitpunkt der abschließenden gerichtlichen Entscheidung über den Widerspruch zu führen (vgl. [X.]/[X.], [X.], 10. Auflage, Rn. 187 zu § 9 [X.]). Auch die zuletzt genannten Umsatzzahlen erlauben insgesamt keine Rückschlüsse auf eine gesteigerte Verkehrsbekanntheit der Widerspruchsmarke für das Territorium der [X.].

Weder für dieses Territorium, noch für ein erhebliches Teilgebiet desselben ist eine gesteigerte Bekanntheit der Widerspruchsmarke schließlich gerichtsbekannt.

Damit bleibt es dabei, dass die Widerspruchsmarke mit ihrer nur werbeüblichen graphischen Gestaltung für die Waren der [X.] „Bekleidungsartikel“ eine deutliche Kennzeichnungsschwäche aufweist. Deswegen ist ihr Schutzumfang als unter dem Durchschnitt liegend zu bemessen.

1.5 Den angesichts dessen zu fordernden Abstand halten die [X.] auch dann sicher ein, wenn sie einander auf identischen Waren begegnen:

1.5.1 In ihrer Gesamtheit stehen sich mit „[X.]“ und „[X.]“ zwei Zeichen gegenüber, die in ihrem zweiten Wortbestandteil übereinstimmen, sich in ihrem ersten jedoch sowohl klanglich als auch schriftbildlich offenkundig voneinander unterscheiden.

1.5.2 Mögliche begriffliche Annäherungen von „[X.]“ an „[X.]“ vermögen eine markenrechtlich relevante Verwechslungsgefahr nicht zu begründen:

Entgegen der von der Widersprechenden vertretenen Rechtsauffassung sind die [X.] begrifflich nicht deshalb verwechselbar ähnlich, weil „[X.]“ und „[X.]“ ihrem Sinn nach Synonyme darstellen könnten (vgl. hierzu u. a. [X.] Mitt. 1968, 196, 197 - Jägerfürst/Jägermeister; [X.] NJW-R 1991, 1066 - [X.][X.]; OLG Düsseldorf GRUR 1983, 772, 773 - Lange Kerls; [X.] GRUR 1998, 1025, 1026 - [X.]). Die von der Widersprechenden aufgeworfene Frage, ob die Begriffe „girls“ i. S. v. „Mädchen“ und „women‘„ im Zusammenhang mit der Ware „Bekleidungsartikel“ innerhalb der sich gegenüberstehenden Wortkombinationen als Synonyme verwendet werden oder verwendet werden können, ist nicht entscheidungserheblich. Denn für die begriffliche markenrechtliche Ähnlichkeit zweier Zeichen reichen Übereinstimmungen in beschreibenden Begriffen nicht aus, weil dann der Verkehr [X.]falls beiden sich gegenüberstehenden Marken dieselbe werblich anpreisende oder beschreibende Aussage entnimmt, die Marken jedoch nicht demselben Unternehmen zuordnet (vgl. [X.], [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl. 2011, Rn. 258 zu § 9 unter Verweis auf [X.] GRUR 2002, 68, 70 - [X.]; [X.] 24 W (pat) 113/04, Entsch. v. 4. April 2006, - [X.]/[X.]; [X.] 25 W (pat) 142/09, Entsch. v. 18. August 2010 - [X.]/[X.], [X.] GRUR 2010, 285, 287 - Pneus-Online). Ist also „[X.]“, wie festgestellt, in seiner Gesamtheit beschreibend für „Bekleidungsartikel“, besteht für ein Zeichen, dass sich von diesem, wie „[X.]“, im ersten Wortbestandteil unterscheidet, auch dann keine unmittelbare begriffliche Verwechslungsgefahr, wenn sich die Zeichen auf identischen Waren der [X.] begegnen.

1.5.3 Der übereinstimmende Wortbestandteil, „secret“, prägt nicht den jeweiligen Gesamteindruck beider [X.]. Die Prägung des Gesamteindrucks einer Marke durch einen einzelnen Bestandteil kann nach der Rechtsprechung des [X.] nur angenommen werden, wenn davon auszugehen ist, dass die übrigen Markenbestandteile für die angesprochenen Verkehrskreise in einer Weise zurücktreten, dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können (st. Rspr., [X.] GRUR 1996, 775, 777 - [X.], [X.], [X.]/[X.], [X.], a. a. [X.], Rn. 332 [X.]). Anlass, sich nur an einem Markenbestandteil zu orientieren, hat der Verkehr hingegen nicht, wenn die Wortbestandteile eines Zeichens, wie hier, durch die Genitivform eines Bestandteils (vgl. [X.] Mitt. 1981, 60 - [X.]; [X.], a. a. [X.], Rn. 370 zu § 9) zu einem einheitlichen Gesamtbegriff verbunden werden. „Girl’s“ stellt den im [X.] wie im [X.] gebildeten und für die angesprochenen Durchschnittsverbraucher daher ohne weiteres erkennbaren Genitiv des Wortes „girl“ dar, der sich auf den nachfolgenden, dem Verkehr in seiner Bedeutung bekannten Begriff „secret“ bezieht. Innerhalb der Widerspruchsmarke besteht, wie ausgeführt, die nahe liegende Möglichkeit, deren Wortbestandteil „[X.]“ als leicht verkürzte Form des korrekten Genitivs „womens‘ secret“ aufzufassen.

Damit scheidet eine unmittelbare Verwechslungsgefahr beider Zeichen aus.

2. Zusätzlich besteht nicht die Gefahr, dass der Verkehr beide Marken [X.] § 9 Abs. 1 Nr. 2, [X.] gedanklich miteinander in Verbindung bringen könnte.

2.1 Die Voraussetzungen einer mittelbaren Verwechslungsgefahr sind nicht gegeben. Der Verkehr, der die Unterschiede zwischen den [X.] erkennt und deshalb keiner unmittelbaren Verwechslungsgefahr unterliegt, wird den in beiden Marken enthaltenen Wortbestandteil „secret“ nicht als Stammzeichen der Inhaberin der älteren Marke werten. Die Widersprechende hat nicht vorgetragen, im Verkehr mit „secret“ als Bestandteil aufgetreten zu sein, der zugleich Bestandteil mehrerer eigener, entsprechend gebildeter, benutzter Serienmarken wäre ([X.], a. a. [X.], 9. Aufl., § 9 Rn. 378 [X.]). Für die Annahme einer mittelbaren Verwechslungsgefahr ist zudem erforderlich, dass dem übereinstimmenden Element Hinweischarakter auf den Inhaber der älteren Marke zukommt. Auch diese Voraussetzung ist hier nicht gegeben, da der beiden Marken gemeinsame Bestandteil „secret“, wie ausgeführt, für Waren der [X.] selbst eine kennzeichnungsschwache Angabe darstellt.

2.2. Auch eine mittelbare begriffliche Verwechslungsgefahr liegt schließlich nicht vor. Eine solche setzt voraus, dass der Verkehr die Unterschiede zwischen beiden Marken erkennt, jedoch gleichwohl wegen der Ähnlichkeit des [X.] und einer einander entsprechenden Markenbildung auf die Zusammengehörigkeit im Sinne von Serienmarken schließt. Dies gilt insbesondere bei Marken, die - etwa wegen eines branchenüblichen Hinweises auf eine Produktserie für unterschiedliche Zielgruppen, zum Beispiel für Männer und für Frauen - den Gedanken an dieselbe betriebliche Herkunft nahelegen ([X.]E 40, 26, 31 ff. - [X.]’S/KIMLADY; [X.] [X.], 350, 351 - [X.]/[X.]). Auch insoweit sind allerdings Übereinstimmungen in beschreibenden oder sonst kennzeichnungsschwachen Aussagen nicht geeignet, eine herkunftshinweisende Assoziationen auszulösen ([X.]. 1969, 191 - UNICLIP/mono-clip; [X.]E 22, 231, 232 [X.]/UNOX Heiße Tasse, [X.] 25 W (pat) 34/07, Entsch. v. 26. Februar 2009 - Sucren/[X.]). An die oben dargelegten Ausführungen zur begrifflichen unmittelbaren Verwechslungsgefahr und zum Bedeutungsgehalt von „[X.]“ für „Bekleidungsartikel“ anknüpfend, scheidet somit auch eine Verwechslungsgefahr durch gedankliches In-Verbindung-Bringen aus.

Dementsprechend ist der Schutzumfang der Widerspruchsmarke entgegen der von der Widersprechenden vertretenen Rechtsansicht von der jüngeren Marke nicht tangiert (vgl. ebenso: Entsch. des [X.] vom 19. März 2009 ([X.]/2001-2, [X.]. 102 ff.). Die Markenstelle hat den Widerspruch im Ergebnis zutreffend zurückgewiesen.

3. Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung [X.] § 83 Abs. 2 Nr. 1 [X.] liegt nicht vor. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des [X.], § 83 Abs. 2 Nr. 2 [X.]. Obenstehende Ausführungen werfen im Zusammenhang mit dem von der Widersprechenden angesprochenen „Begriff der begrifflichen Verwechslungsgefahr“ keine neuen Rechtsfragen auf. Das - im Übrigen allein einer Tatsachenfeststellung zugängliche - Sprachverständnis des [X.] Verkehrs in Bezug auf  eine von der Widersprechenden angenommene Stellung der Worte „women“ und „girls“ als Synonyme“ ist für die Entscheidung der Rechtssache, wie ausgeführt, ohne Bedeutung.

4. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Reglung des § 71 Abs. 1 [X.]. [X.], da [X.] für die Auferlegung von Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen wurden, noch ersichtlich sind.

Meta

24 W (pat) 89/10

11.03.2013

Bundespatentgericht 24. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 11.03.2013, Az. 24 W (pat) 89/10 (REWIS RS 2013, 7534)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7534

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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