Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.03.2018, Az. AnwZ (Brfg) 21/17

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2018, 12528

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[X.]:[X.]:BGH:2018:120318BANWZ.BRFG.21.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
AnwZ
([X.]) 21/17
vom

12. März 2018

in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache

wegen Zulassung als Syndikusrechtsanwältin
-

2

-

Der [X.], [X.], hat durch die
Präsidentin des [X.]s [X.], die Richter
Seiters und [X.], den Rechtsanwalt Dr. Lauer
sowie die Rechtsanwältin Merk
am
12. März 2018

beschlossen:

Der Antrag der
Klägerin
auf Zulassung der Berufung gegen das am 20.
Januar
2017
verkündete Urteil des 1. Senats des [X.] wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die
Kosten des
Zulassungsverfahrens.
Etwaige außergerichtliche Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.

Der Wert
des Zulassungsverfahrens
wird auf 25.000

t.

Gründe:

I.

Die
Beigeladene
-
seit 2000 von der Versicherungspflicht in der [X.] durch die Klägerin befreit und Mitglied des
Versor-gungswerks der Rechtsanwälte B.

-
ist seit 2011 im Bezirk der Beklagten als Rechtsanwältin zugelassen. Zur [X.] ist die Beigeladene aufgrund des [X.] vom 18./27. Oktober 2015 bei der [X.]

Gesellschaft

als "Administrative Direktorin"
beschäftigt. Auf Antrag der Bei-1
-

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-

geladenen hat die
Beklagte diese mit Bescheid vom 30.
März 2016 als Syndi-kusrechtsanwältin zugelassen.
Die hiergegen gerichtete Klage hat der [X.] abgewiesen. Die
Klägerin
beantragt nunmehr die Zulassung der Berufung.

II.

Der Antrag der Klägerin
ist nach
§
112e Satz
2 [X.], §
124a Abs.
4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er bleibt jedoch ohne Erfolg.
Die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe (§
112e Satz
2 [X.], §
124 Abs.
2 Nr.
1, 3
und 5
VwGO) liegen nicht vor.

1. Die Klägerin macht in erster Linie geltend, dass ernstliche
Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestünden

112e Satz
2 [X.], §
124 Abs.
2 Nr.
1 VwGO), und wirft dem [X.] in diesem Zu-sammenhang auch Verfahrensfehler durch Verletzung der Aufklärungspflicht vor (§
112e Satz
2 [X.], §
124 Abs.
2 Nr.
5 VwGO).

Ernstliche Zweifel sind dann gegeben, wenn
ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argu-menten in Frage gestellt wird (vgl. nur Senat, Beschlüsse
vom 17. März 2016
-
AnwZ ([X.]) 6/16, juris Rn. 3 und vom 1.
August 2017 -
AnwZ ([X.]) 14/17, NJW 2017, 2835 Rn.
6; jeweils mwN).
Entsprechende Zweifel vermag die Klä-gerin, die in Frage stellt,
dass das Arbeitsverhältnis der Beigeladenen durch anwaltliche Tätigkeiten
im Sinne des § 46 Abs. 3 [X.] "geprägt"
sei, nicht darzulegen.

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4

-

Eine anwaltliche Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt liegt nach § 46 Abs.
3 [X.] vor, wenn das Arbeitsverhältnis durch fachlich unabhängige und eigenverantwortliche Tätigkeiten im Sinne des § 46 Abs. 3 Nr. 1-4 [X.] ge-prägt ist. Nach der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucks. 18/5201
[X.] 19, 29) ist insoweit
entscheidend, dass die anwaltliche Tätigkeit [X.] Schwerpunkt der Tätigkeit darstellt, mithin die im Rahmen des Anstellungs-verhältnisses qualitativ und quantitativ eindeutig prägende Leistung des [X.] ist und damit das Anstellungsverhältnis durch die anwaltliche Tätigkeit beherrscht wird.

Die Klägerin rügt im Wesentlichen, dass die Annahme des Anwaltsge-richtshofs, die Tätigkeit der Beigeladenen sei anwaltlich geprägt, angesichts der Geschäftsorganisation
der [X.]

Gesellschaft, wie sie sich bezüglich der Beigeladenen vor allem aus dem Organigramm
zum Geschäftsbereich der Administrativen Direktorin
ergebe, nicht überzeugen könne. Denn die Beigela-dene sei danach auch für eine ganze Reihe nicht anwaltlicher Aufgaben zu-ständig. Der [X.] hätte deshalb weitere Aufklärung betreiben
und gegebenenfalls den Generaldirektor der Arbeitgeberin beziehungsweise dessen Stellvertreter vernehmen müssen.

Dieser Einwand ist unbegründet. Nach § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], §
108 Abs. 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Ge-samtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung.
Der [X.] ist, wie im Einzelnen ausführlich unter Ziffer 1a ([X.] 5-7) des angefochtenen Urteils dargelegt, aufgrund der Anhörung der Beigeladenen und unter Berück-sichtigung der Tätigkeitsbeschreibung in der Anlage zum Anstellungsvertrag sowie der Schilderung der Tätigkeit im Schriftsatz der Beigeladenen vom [X.] 2016 -
dem Inhalt dieses Schriftsatzes ist die Klägerin im Übrigen nicht
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-

entgegengetreten -
zu der Überzeugung gelangt, dass die Beigeladene im Schwerpunkt anwaltlich tätig ist und die administrativen Aufgaben nur einen geringen Teil ihrer durchschnittlichen Arbeitszeit ausmachen. Die diesbezügli-che Bewertung ist aus Sicht des Senats nicht zu beanstanden.
Allein der [X.], dass zum Geschäftsbereich der Beigeladenen verschiedene Abteilungen -
und nicht nur die Abteilung "[X.]/Datenschutz"
-
gehören, lässt nicht den Schluss zu, die Beigeladene sei im Schwerpunkt nicht anwaltlich tätig. Auch in den anderen Bereichen -
etwa bei "Personal und Soziales"
-
kann anwaltliche Tätigkeit nötig sein. So hat die Beigeladene unter anderem bei ihrer Anhörung angeführt, dass die Gesellschaft etwa 800 Mitarbeiter habe, für deren arbeitsrechtliche Fragen sie alleine zuständig sei. Die Klägerin ist, wie der [X.] in seinem Urteil ([X.] 7) festgehalten hat, den Angaben der [X.] in der mündlichen Verhandlung nicht entgegengetreten. In der [X.] heißt es insoweit übereinstimmend damit auch, dass die Klägerin "gar nicht in Zweifel zieht, dass die Beigeladene auch die in der münd-lichen Verhandlung anschaulich geschilderten anwaltlichen Tätigkeiten verrich-tet". Dass zum umfangreichen Mitarbeiterstab der Beigeladenen auch einzelne mit juristischer Qualifikation gehören -
so der Leiter der Abteilung "Justiziariat/
Compliance/Datenschutz"
-
besagt ebenfalls nichts dafür, dass die Beigeladene selbst im Wesentlichen nur Verwaltungs-
beziehungsweise Managementaufga-ben erledige.
Dem Organigramm kann insoweit nicht die Bedeutung [X.] werden, die die Klägerin diesem Schriftstück zubilligt. Die schematische Übersicht zeigt zwar den Verwaltungsaufbau des Geschäftsbereichs der Beige-ladenen, enthält aber ersichtlich keine abschließende Auflistung ihrer einzelnen Tätigkeiten, wie bereits die Beschreibung der Tätigkeit der Beigeladenen in der Anlage zum Anstellungsvertrag zeigt.

-

6

-

Zu einer weiteren Aufklärung war der [X.] nicht verpflich-tet. Die Klägerin hat insoweit ihrerseits keinen
Beweisantrag
gestellt. Ein [X.] verletzt seine Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung aber grundsätzlich nicht, wenn es von einer sich nicht aufdrängenden Beweiserhebung absieht, die ein Beteiligter
nicht ausdrücklich beantragt
hat (vgl. nur [X.], Beschluss vom 13. Mai 2004 -
4 [X.]/04, juris Rn. 6; siehe auch [X.], NJW 1997, 3328; NJW-RR 1998, 784, 785).
Vor diesem Hintergrund muss mit der [X.] -
in Auseinandersetzung mit dem Prozessgeschehen und der gerichtlichen Begründung -
schlüssig aufgezeigt werden, dass sich dem Gericht auch ohne Beweisantrag eine weitere Sachverhaltsermittlung hätte aufdrängen müssen
([X.] aaO). Hieran fehlt es. Dafür, dass der Inhalt der o.a. Schriftstücke
-
die Tätigkeitsbeschreibung in der Anlage zum Anstellungsvertrag ist im Übri-gen vom Generaldirektor selbst unterzeichnet -
falsch ist und die Beigeladene gegenüber dem [X.] unzutreffende Angaben gemacht hat, liegen keine Anhaltspunkte
vor.

Zu Unrecht zieht die Klägerin in diesem Zusammenhang die Gewichtung der anwaltlichen Tätigkeit
in Zweifel, die die Beigeladene mit 4/5 zu 1/5 (nicht anwaltliche Tätigkeit) geschätzt hat. Der [X.] hat diese Zahl nicht ungeprüft übernommen, sondern im Einzelnen begründet, weshalb er davon ausgeht, dass der Schwerpunkt der Tätigkeit der Beigeladenen im anwaltlichen Bereich liegt. Geht man von der Tätigkeitsbeschreibung in den o.a. Schriftstü-cken und der Anhörung aus, mit deren Inhalten
sich die Klägerin im Einzelnen überhaupt nicht näher auseinandersetzt, ergibt sich ein so großes Feld anwaltli-cher Betätigung, dass diese Bewertung auch aus Sicht des Senats nicht zu [X.] ist. Die Klägerin setzt im Ergebnis letztlich nur ihre eigene Würdi-gung an die Stelle der -
verfahrensfehlerfrei gewonnenen -
Wertung des [X.]s.
Der [X.] war -
entgegen der Auffassung der 8
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-

Klägerin -
nicht verpflichtet, zur Frage der Gewichtung den Generaldirektor [X.] dessen Stellvertreter von Amts wegen zu vernehmen. [X.] davon
haben
diese beiden
in ihrer schriftlichen Erklärung vom
21. März 2016 unter anderem bestätigt, dass die anwaltlichen Tätigkeiten der Beigelade-nen "den ganz eindeutigen Schwerpunkt"
ihrer Beschäftigung ausmache
und die administrativen Aufgaben "deutlich weniger"
an Arbeitszeit in Anspruch nehmen.
Wieso sich dem
[X.] -
wie es die Klägerin weiter gel-tend macht -
hätte aufdrängen müssen, den Aufgabenbereich des etwaigen Amtsvorgängers/der Amtsvorgängerin der Beigeladenen aufzuklären, erschließt sich dem Senat nicht.

2. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung (§
112e Satz
2 [X.], §
124 Abs.
2 Nr.
3 VwGO) stellen sich nicht.

Dieser Zulassungsgrund ist gegeben, wenn der Rechtsstreit eine ent-scheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage [X.], die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und des-halb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwick-lung und Handhabung des Rechts berührt. Zur schlüssigen Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung gehören Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage sowie ihrer Bedeutung für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen oder ihrer Auswirkung auf die [X.]; begründet werden muss auch, warum ein korrigierendes Eingreifen des [X.]s erforderlich ist (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 17.
März 2016 aaO Rn.
10 und vom 1.
August 2017 aaO Rn.
16).

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-

Die Klägerin hält folgende Fragen für grundsätzlich:

"Ist die Gewichtung zwischen anwaltlicher und sonstiger Tätigkeit im Ar-beitsverhältnis des fraglichen Beigeladenen nach zeitlichen Kriterien (gleichsam "zählend") oder nach inhaltlichen Kriterien (gleichsam "wer-tend") durchzuführen?"

"Welche Beweismittel sind für den Beleg der Prägung maßgeblich? Geht es nur um die reinen Fakten oder sind auch rechtliche Regelungen zu berücksichtigen, insbesondere wenn diese nicht abdingbar sind?"

Insoweit scheitert eine Zulassung bereits an der fehlenden Darlegung der Entscheidungserheblichkeit. Die Erklärung der Klägerin

"Da die Klägerin angesichts der ihres Erachtens nicht ausreichenden Ermittlungen durch den [X.] H.

keinen überzeugenden Überblick über die zeitlichen Anteile der anwaltlichen Tätigkeit der Beigeladenen besitzt und außerdem eine Bewertung der anwaltlichen Tätigkeit einer-seits und bestimmter Managementaufgaben andererseits von der [X.] Judikatur noch nicht vorgenommen worden ist, müssen letzt-lich Darlegungen zur Entscheidungserheblichkeit der aufgeworfenen Rechtsfragen unterbleiben."

überzeugt den Senat nicht. Der [X.] hat seine Aufklärungspflicht nicht verletzt (s.o.). Die aufgeworfenen Fragen stehen ohne Bezug zum konkre-ten Fall. Ohne Darlegung der -
auch nicht offenkundigen -
Entscheidungserheb-lichkeit handelt es sich nur um abstrakte Rechtsfragen, zu deren Beantwortung das Berufungsverfahren aber nicht vorgesehen ist.

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III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §
112c Abs.
1 Satz
1 [X.], §
154 Abs.
2, §
162 Abs.
3 VwGO; die Streitwertfestsetzung folgt aus §
194 Abs.
2 [X.].

[X.]

Seiters
[X.]

Lauer

Merk
Vorinstanz:
[X.] Hamm, Entscheidung vom 20.01.2017 -
1 [X.] 21/16 -

14

Meta

AnwZ (Brfg) 21/17

12.03.2018

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.03.2018, Az. AnwZ (Brfg) 21/17 (REWIS RS 2018, 12528)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 12528

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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