Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.05.2010, Az. AnwZ (B) 36/09

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2010, 6259

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[X.][X.]ESCHLUSS [X.] ([X.]) 36/09 vom 31. Mai 2010 in dem Verfahren wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft - 2 - Der [X.]undesgerichtshof, [X.], hat durch [X.] Ganter, [X.] Ernemann und [X.] sowie den Rechtsanwalt Dr. [X.] und die Rechtsanwältin [X.] nach mündlicher Verhandlung am 31. Mai 2010 beschlossen: Die sofortige [X.]eschwerde des Antragstellers gegen den [X.]eschluss des 5. Senats des [X.]ayerischen Anwaltsgerichtshofs vom 27. No-vember 2008 wird zurückgewiesen. Der Antragsteller hat die Kosten des [X.]eschwerdeverfahrens zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im [X.]eschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstat-ten. Der Geschäftswert für das [X.]eschwerdeverfahren wird auf 50.000 • festgesetzt. Gründe: [X.] Der Antragsteller ist seit Februar 1977 als Rechtsanwalt zugelassen, seit November 1995 im [X.]ezirk der Antragsgegnerin. Mit [X.]eschluss des [X.] - 3 - richts - Insolvenzgerichts - [X.]vom 21. Mai 2007 wurde über sein [X.] das Insolvenzverfahren eröffnet. Mit [X.]escheid vom 9. November 2007 widerrief die Antragsgegnerin seine Zulassung wegen Vermögensverfalls. Sei-nen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen diesen [X.]escheid hat der [X.] zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit der sofortigen [X.]eschwerde. I[X.] Das nach § 215 Abs. 3 [X.]RAO [X.]. § 42 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 [X.]RAO a.F. zulässige Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg. 2 1. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.]RAO ist die Zulassung zur Rechtsanwalt-schaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Ein Vermögensverfall ist gegeben, wenn der Rechtsanwalt in [X.], schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen; [X.]eweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn ([X.]VerfGK 6, 156, 162; Senat, [X.]eschl. v. 25. März 1991, [X.] ([X.]) 73/90, [X.]RAK-Mitt. 1991, 102; [X.]eschl. v. 21. Novem-ber 1994, [X.] ([X.]) 40/94, [X.]RAK-Mitt. 1995, 126; [X.]eschl. v. 13. März 2000, [X.] ([X.]) 28/99, [X.], 1228, 1229; [X.]eschl. v. 26. November 2002, [X.] ([X.]) 18/01, [X.], 577). Wird der Rechtsanwalt in das von dem [X.] nach § 915 ZPO geführte Verzeichnis eingetragen, wird der Vermögensverfall gesetzlich vermutet. Diese Regelung ist entgegen der Ansicht des Antragstellers verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ([X.]VerfGK 6, 156, 159 f. für den inhaltsgleichen § 50 Abs. 1 Nr. 6 [X.]NotO; Senat, [X.]eschl. v. 3 - 4 - 7. März 2005, [X.] ([X.]) 7/04, [X.], 1944, 1945 für den strengeren § 7 Nr. 9 [X.]RAO). 2. Die Voraussetzungen für den Widerruf der Zulassung des [X.] zur Rechtsanwaltschaft lagen bei Erlass des [X.] am 9. November 2007 vor. 4 a) Zu diesem Zeitpunkt war der Antragsteller nicht mehr imstande, seine Verbindlichkeiten ordnungsgemäß zu erfüllen. Deshalb hatte das Finanzamt [X.]bei dem Amtsgericht - Insolvenzgericht - [X.]beantragt, das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Antragstellers zu eröffnen. Diesem Antrag hatte das Insolvenzgericht mit [X.]eschluss vom 21. Mai 2007 entspro-chen. Der Versuch des Antragstellers, mit einer Zahlung von 15.000 • von drit-ter Seite an das Finanzamt eine Aufhebung des Insolvenzverfahrens zu errei-chen, war fehlgeschlagen. Das [X.]hatte die sofortige [X.]e-schwerde des Antragstellers mit [X.]eschluss vom 29. Juni 2007 zurückgewiesen, weil er dem Finanzamt trotz dieser Zahlung weiterhin etwa 38.000 • schuldete und der Eröffnungsgrund nicht entfallen war. Damit wurde der Vermögensverfall bei dem Antragsteller gesetzlich vermutet. Diese Vermutung hatte der [X.] nicht widerlegt. Sein Schriftverkehr mit der Antragsgegnerin belegt im Gegenteil, dass er seine Vermögensverhältnisse nicht mehr beherrschte und nicht mehr in der Lage war, seinen Verpflichtungen nachzukommen, weil ihm die Mittel dazu fehlten. 5 b) Anhaltspunkte dafür, dass ungeachtet des Vermögensverfalls die In-teressen der Rechtsuchenden nicht gefährdet waren, lagen bei Erlass des Wi-derrufsbescheids nicht vor. Der Vermögensverfall führt regelmäßig zu einer derartigen Gefährdung, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des [X.] - 5 - anwalts mit Mandantengeldern und den darauf möglichen Zugriff seiner Gläubi-ger (Senat, [X.]eschl. v. 18. Oktober 2004, [X.] ([X.]) 43/03, [X.], 511; [X.]eschl. v. 25. Februar 2010, [X.] ([X.]) 81/07, juris). Die Gefährdung der Recht-suchenden entfällt nach der Rechtsprechung des Senats auch nicht mit der Er-öffnung des Insolvenzverfahrens und der damit verbundene Verfügungsbe-schränkung des Insolvenzschuldners (Senat, [X.]eschl. v. 25. Juni 2007, [X.] ([X.]) 101/05, NJW 2007, 2924, 2925, [X.]. 12; [X.]eschl. v. 31. März 2008, [X.] ([X.]) 33/07, juris [X.]. 8) Daran ändert es nichts, dass der Insolvenzverwal-ter vor Erlass des [X.] durch Vertrag mit dem Antragsteller vom 13./14. Juni 2007 mit Wirkung vom 21. Mai 2007 (Insolvenzeröffnung) die [X.] des Antragstellers aus der Insolvenzmasse freigegeben hat. Maßnahmen zum Schutz der Rechtsuchenden enthält diese Vereinbarung nicht. 3. Die Voraussetzungen für den Widerruf der Zulassung des [X.] sind auch nicht, was zu berücksichtigen wäre (Senat, [X.]GHZ 75, 356, 357; 84, 149, 150), im Verlaufe des gerichtlichen Verfahrens entfallen. 7 a) Das Insolvenzverfahren dauert noch an. Damit wird auch der [X.] bei dem Antragsteller weiterhin vermutet. Das ändert sich [X.] erst mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens, weil der Schuldner erst dann das Recht zurückerhält, über die vormalige Insolvenzmasse zu verfügen (Senat, [X.]eschl. v. 13. März 2000, [X.] ([X.]) 28/99, [X.], 1228, 1229; [X.]eschl. v. 7. März 2005, [X.] ([X.]) 7/04, [X.], 1944; [X.]eschl. v. 31. März 2008, [X.] ([X.]) 33/07, juris [X.]. 8, [X.]eschl. v. 16. März 2009, [X.] ([X.]) 61/07, juris [X.]. 11). Eine Konsolidierung der Vermögensverhältnisse tritt mit der [X.] des Insolvenzverfahrens zudem nur ein, wenn dem Schuldner durch [X.]eschluss des Insolvenzgerichts die Restschuldbefreiung angekündigt wurde (§ 291 [X.]) oder ein vom Insolvenzgericht bestätigter Insolvenzplan (§ 248 8 - 6 - [X.]) oder angenommener Schuldenbereinigungsplan (§ 308 [X.]) vorliegt, bei dessen Erfüllung der Schuldner von seinen übrigen Forderungen gegenüber den Gläubigern befreit wird (Senat, [X.]eschl. v. 6. November 2000, [X.] ([X.]) 1/00, juris [X.]. 9; [X.]eschl. v. 7. Dezember 2004, [X.] ([X.]) 40/04, [X.], 1271). Das ist hier nicht geschehen. Nach einer Aufstellung des [X.] vom 7. Mai 2009 sind in dem Insolvenzverfahren bis zu diesem Zeit-punkt Forderungen von 1,3 Mio. • angemeldet und davon Forderungen in Höhe von 123.079,69 • endgültig festgestellt worden. Welchen Fortgang das Insol-venzverfahren nimmt und ob es mit einer Restschuldbefreiung oder einem In-solvenz- oder Schuldenbereinigungsplan abgeschlossen werden soll und wird, ist nicht abzusehen. Zweifelhaft ist zudem, ob ein Abschluss des Insolvenzver-fahrens auf dem einen oder dem anderen Weg dem Antragsteller zu geordne-ten Vermögensverhältnissen verhelfen könnte. Der Antragsteller hat nämlich die [X.]ewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem zweiten [X.]uch Sozialgesetzbuch (SG[X.] II) beantragt, weil seine Mittel hierfür nicht reichen. Diese sind ihm durch die [X.] M. seit dem 1. April 2009 bis derzeit 30. September 2010 in Höhe von derzeit 618,64 • monatlich bewilligt worden. Die für den fortdauernden [X.] streitende Vermutung hat der Antragsteller damit jedenfalls nicht widerlegt. b) Auch eine Gefährdung der Rechtsuchenden ist nicht entfallen. 9 aa) Die Gefährdung der Rechtsuchenden entfällt nach der Rechtspre-chung des Senats im Grundsatz nicht schon durch die Insolvenzeröffnung und die damit verbundene Verfügungsbeschränkung des Insolvenzschuldners ([X.], [X.]eschl. v. 25. Juni 2007, [X.] ([X.]) 101/05, NJW 2007, 2924, 2925, [X.]. 12; [X.]eschl. v. 31. März 2008, [X.] ([X.]) 33/07, juris [X.]. 8). Auch der Antrag auf 10 - 7 - Restschuldbefreiung im Insolvenzverfahren ändert an dem Fortbestand einer Gefährdung der Rechtsuchenden nichts (Senat, [X.]eschl. v. 13. März 2000, [X.] ([X.]) 28/99, [X.], 1228, 1229; [X.]eschl. v. 7. März 2005, [X.] ([X.]) 7/04, [X.], 1944; [X.]eschl. v. 31. März 2008, [X.] ([X.]) 33/07, juris). [X.] gilt für die Freigabe der Kanzlei nach § 35 Abs. 2 [X.] (Senat, [X.]eschl. v. 16. April 2007, [X.] ([X.]) 6/06, [X.] 2007, 619, 620 f., [X.]. 11). Vielmehr kann in aller Regel erst dann, wenn das Insolvenzverfahren zu einem Abschluss führt, bei dem mit einer Konsolidierung der Vermögensverhältnisse des Antragstellers gerechnet werden kann, davon ausgegangen werden, dass nicht nur der [X.]sverfall, sondern auch eine Gefährdung der Interessen der [X.] nach dem Abschluss des Insolvenzverfahrens nicht mehr fortbesteht (Senat, [X.]eschl. v. 7. Dezember 2004, [X.] ([X.]) 40/04, [X.], 1271; [X.]eschl. v. 7. März 2005, [X.] ([X.]) 7/04, [X.], 1944; [X.]eschl. v. 16. April 2007, [X.] ([X.]) 6/06, [X.] 2007, 619, 620 f.; [X.]eschl. v. 25. Februar 2010, [X.] ([X.]) 81/07, juris). [X.]) Diese Voraussetzungen sind beim Antragsteller, wie dargelegt, nicht erfüllt. Er führt seine [X.] nach Freigabe durch den Insolvenzverwalter unverändert fort und kann dabei nach wie vor mit Mandantengeldern in [X.]erüh-rung kommen. 11 4. Der Senat konnte in Abwesenheit des Antragstellers entscheiden, weil dieser sein Fernbleiben nicht ausreichend entschuldigt hat. Die amtsärztliche Untersuchung hat keine objektivierbaren akuten [X.]eschwerden ergeben, die den Antragsteller, der erst kürzlich eine anstrengende Tätigkeit im politischen [X.]e- 12 - 8 - reich übernommen hat, gehindert hätten, den Verhandlungstermin vor dem [X.] wahrzunehmen. [X.] Schmidt-Räntsch

[X.] Hauger

Vorinstanz: [X.], Entscheidung vom 27.11.2008 - [X.]ayAGH I - 45/07 -

Meta

AnwZ (B) 36/09

31.05.2010

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.05.2010, Az. AnwZ (B) 36/09 (REWIS RS 2010, 6259)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 6259

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