Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.02.2010, Az. AnwZ (B) 81/07

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2010, 8964

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[X.][X.] ([X.]) 81/07 vom 25. Februar 2010 in dem Verfahren wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft - 2 - Der [X.]undesgerichtshof, [X.], hat durch den Präsidenten des [X.]undesgerichtshofs Prof. Dr. [X.], [X.] Schmidt-Räntsch, die Richterin [X.], die Rechtsanwältin [X.] und den Rechtsan-walt Dr. [X.] mit Zustimmung der Parteien im schriftlichen Verfahren am 25. Februar 2010 beschlossen: Die sofortige [X.]eschwerde des Antragstellers gegen den [X.]eschluss des 5. Senats des [X.]ayerischen [X.]s vom 29. März 2007 wird zurückgewiesen. Der Antragsteller hat die Kosten des [X.]eschwerdeverfahrens zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im [X.]eschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstat-ten. Der Geschäftswert für das [X.]eschwerdeverfahren wird auf 50.000 • festgesetzt. Gründe: [X.] Der Antragsteller ist seit dem 29. Juli 1999 im [X.]ezirk der Antragsgegne-rin als Rechtsanwalt zugelassen. Mit [X.]escheid vom 25. April 2006 widerrief die Antragsgegnerin seine Zulassung wegen [X.]. Seinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen diesen [X.]escheid hat der [X.] 1 - 3 - zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit der sofortigen [X.]e-schwerde. I[X.] Das nach § 215 Abs. 3 [X.]RAO [X.]. § 42 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 [X.]RAO a.F. zulässige Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg. 2 1. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.]RAO ist die Zulassung zur Rechtsanwalt-schaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Ein Vermögensverfall ist gegeben, wenn der Rechtsanwalt in [X.], schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer [X.] nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen; [X.]eweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn (st. Rspr.; vgl. Senat, [X.]eschl. v. 25. März 1991, [X.] ([X.]) 73/90, [X.]RAK-Mitt. 1991, 102; [X.]eschl. v. 21. November 1994, [X.] ([X.]) 40/94, [X.]RAK-Mitt. 1995, 126; [X.]eschl. v. 26. November 2002, [X.] ([X.]) 18/01, [X.], 577). Wird der Rechtsanwalt in das von dem [X.] nach § 915 ZPO geführte Verzeichnis eingetragen, wird der Vermögensverfall gesetzlich vermutet. 3 2. Diese Voraussetzungen lagen bei Erlass des [X.] vor. 4 a) Zu diesem [X.]punkt wurde gegen den Antragsteller durch mindestens 15 Gläubiger vollstreckt. Die Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung zweier Eigentumswohnungen, die ihm und seiner Ehefrau gehörten, war [X.] worden, weil die finanzierende [X.]ank die Kredite gekündigt hatte und er außerstande war, die Forderung der [X.]ank von seinerzeit ca. 230.000 • zu erfül-len. Auf [X.]etreiben mehrerer Gläubiger waren gegen den Antragsteller sechs 5 - 4 - Haftbefehle zur Erwirkung der eidesstattlichen Versicherung erlassen worden, mit denen er im Schuldnerverzeichnis des Vollstreckungsgerichts eingetragen wurde. Damit lag bei Erlass des [X.] bei dem Antragsteller Vermögensverfall vor. b) Anhaltspunkte dafür, dass ungeachtet des [X.] die In-teressen der Rechtsuchenden nicht gefährdet waren, lagen bei Erlass der Wi-derrufsverfügung nicht vor. Der Vermögensverfall führt regelmäßig zu einer derartigen Gefährdung, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechts-anwalts mit Mandantengeldern und den darauf möglichen Zugriff seiner Gläubi-ger (Senat, [X.]eschl. v. 18. Oktober 2004, [X.] ([X.]) 43/03, [X.], 511 unter [X.]). Die Vorfälle, die die Generalstaatsanwaltschaft M. zum Gegenstand ihrer Anschuldigungsschrift vom 27. Mai 2008 gemacht hat, sprechen dafür, dass sich diese Gefährdung bereits realisiert hatte. 6 3. Die Voraussetzungen für den Widerruf der Zulassung des [X.]s sind auch nicht im Verlaufe des gerichtlichen Verfahrens entfallen. 7 a) Der Antragsteller befindet sich nach wie vor in Vermögensverfall. 8 aa) Durch [X.]eschluss des Amtsgerichts - Insolvenzgericht - M. vom 21. Mai 2008 ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen des [X.] wegen Zahlungsunfähigkeit eröffnet worden. Der Vermögensverfall wird nunmehr auch aus diesem Grund vermutet (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.]RAO). 9 Die Grundlage dieser Vermutung entfällt regelmäßig erst mit der Aufhe-bung des Insolvenzverfahrens, weil der Schuldner erst dann das Recht zurück-erhält, über die vormalige Insolvenzmasse zu verfügen (Senat, [X.]eschl. v. 13. März 2000, [X.] ([X.]) 28/99, [X.], 1228; [X.]eschl. v. 7. März 2005, [X.] ([X.]) 7/04, [X.], 1944; [X.]eschl. v. 31. März 2008, [X.] ([X.]) 33/07, 10 - 5 - juris [X.]. 8, [X.]eschl. v. 16. März 2009, [X.] ([X.]) 61/07, juris [X.]. 11). Eine Konso-lidierung tritt mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens zudem nur ein, wenn dem Schuldner durch [X.]eschluss des Insolvenzgerichts die Restschuldbefreiung angekündigt wurde (§ 291 [X.]) oder ein vom Insolvenzgericht bestätigter In-solvenzplan (§ 248 [X.]) oder angenommener Schuldenbereinigungsplan (§ 308 [X.]) vorliegt, bei dessen Erfüllung der Schuldner von seinen übrigen Forderungen gegenüber den Gläubigern befreit wird (Senat, [X.]eschl. v. 6. November 2000, [X.] ([X.]) 1/00, juris [X.]. 9; [X.]eschl. v. 7. Dezember 2004, [X.] ([X.]) 40/04, [X.], 1271). Nur dann besteht die hinreichend konkrete Erwartung, dass nach Abschluss des Insolvenzverfahrens nicht auf unabsehba-re [X.] Forderungen offen bleiben. Solange die Gläubiger einem Insolvenzplan noch nicht zugestimmt haben (§ 244 [X.]) und das Insolvenzgericht diesen noch nicht bestätigt hat, besteht regelmäßig keine Grundlage für die Annahme, dass das Insolvenzverfahren zu einer Konsolidierung der [X.] führen wird (Senat, [X.]eschl. v. 6. November 2000, [X.] ([X.]) 1/00, juris [X.]. 9). Insoweit gilt nichts anderes als für den bloßen Antrag auf Restschuldbefreiung (Senat, [X.]eschl. v. 7. März 2005, [X.] ([X.]) 7/04, [X.], 1944). [X.]) Danach hat der Antragsteller die für den fortdauernden Vermögens-verfall streitende Vermutung nicht widerlegt. 11 Er hat zwar während des Insolvenzverfahrens offene [X.] in namhafter Höhe beigetrieben; auf dem [X.] sind etwa 73.000 • eingegangen. Mit Schreiben vom 18. Januar 2010 hat der [X.] auch den Entwurf eines Insolvenzplans zu den Akten gereicht. Dafür, dass dieser Plan, wie der Antragsteller hofft, bis Ende Februar 2010 oder jedenfalls in absehbarer [X.] die Zustimmung der Gläubiger finden wird, spricht aber nichts. Im Gegenteil: 12 - 6 - Den nunmehr vorgelegten Entwurf hat der Antragsteller, nachdem er be-reits im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 3. November 2008 und [X.] wiederholt angekündigt hatte, die Vorlage eines vom Insolvenzverwalter gefertigten Insolvenzplans stehe unmittelbar bevor, selbst erstellt. Zudem trägt er nicht einmal vor, dass er den Plan dem Insolvenzgericht überhaupt vorgelegt hat. Er teilt auch nicht mit, worauf sich seine Erwartung gründet, die Insolvenz-gläubiger würden dem Plan zustimmen. Nach einer Mitteilung des [X.] vom 22. Januar 2010 ist der Plan nicht mit diesem abgestimmt. Dass er seinen Planentwurf mit den [X.] abgestimmt und was eine solche Abstimmung ergeben hat, trägt der Antragsteller ebenfalls nicht vor. Vor allem aber lässt der von ihm jetzt vorgelegte Planentwurf die Frage offen, in welchem Umfang die in dem Planentwurf ausgewiesenen offenen, teils titulier-ten, teils noch gerichtlich verfolgten Forderungen des Antragstellers durchsetz-bar sein werden. Dies ist aber für das Gelingen einer Schuldenbereinigung ent-scheidend, weil sich die verteilungsfähige Insolvenzmasse bei erfolgreicher Durchsetzung aller in dem Plan genannten offenen Forderungen nahezu ver-doppeln könnte. Das war in dem Insolvenzverfahren auch von Anfang an klar, weshalb sich der Antragsteller auch um eine [X.]eitreibung der Forderungen [X.] hat, zu deren Stand und weiteren Aussichten er jetzt schweigt. Hinzu kommt, dass das Insolvenzverfahren auch bislang nicht zielgerichtet und zügig betrieben worden ist, wobei dahinstehen mag, inwieweit dies dem Antragsteller anzulasten ist. Jedenfalls drängt sich bei Würdigung des gesamten Prozess-verhaltens des Antragstellers der Eindruck auf, dass er mit dem Schriftsatz vom 18. Januar 2010 und der Übersendung des Entwurfs eines Insolvenzplans, des-sen entscheidende Grundlage ungeklärt bleibt, lediglich einen weiteren Versuch unternimmt, einen für ihn ungünstigen Abschluss des Verfahrens hinauszuzö-gern. 13 - 7 - Im Ergebnis ist unter den gegebenen Umständen nicht absehbar, wann das Insolvenzverfahren zu einem Abschluss kommt und ob es mit einer [X.]e-stätigung des gegebenenfalls modifizierten Insolvenzplans des Antragstellers endet, der zu einer [X.]efreiung von den restlichen Verbindlichkeiten führt. Für den Nachweis einer Konsolidierung seiner Vermögensverhältnisse hatte der Antragsteller - seit dem Termin vom 3. November 2008 - hinreichend [X.]. [X.] hat er nicht genutzt. Dies geht zu seinen Lasten. 14 b) [X.]ei dieser Sachlage bestehen auch keine ausreichenden Anhalts-punkte dafür, dass die Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögens-verfall nicht (mehr) gefährdet sind. 15 aa) Die Gefährdung der Rechtsuchenden entfällt nach der Rechtspre-chung des Senats im Grundsatz nicht schon durch die Insolvenzeröffnung und die damit verbundene Verfügungsbeschränkung des Insolvenzschuldners ([X.], [X.]eschl. v. 25. Juni 2007, [X.] ([X.]) 101/05, NJW 2007, 2924, 2925, [X.]. 12; [X.]eschl. v. 31. März 2008, [X.] ([X.]) 33/07, juris). Auch der Antrag auf Rest-schuldbefreiung im Insolvenzverfahren ändert an dem Fortbestand einer Ge-fährdung der Rechtsuchenden nichts (Senat, [X.]eschl. v. 13. März 2000, [X.] ([X.]) 28/99, [X.], 1228, 1229; [X.]eschl. v. 7. März 2005, [X.] ([X.]) 7/04, [X.], 1944; [X.]eschl. v. 31. März 2008, [X.] ([X.]) 33/07, juris). Gleiches gilt für die Freigabe der Kanzlei nach § 35 Abs. 2 [X.] (Senat, [X.]eschl. v. 16. April 2007, [X.] ([X.]) 6/06, [X.] 2007, 619, 620 f. [X.]. 11). Vielmehr kann in aller [X.] erst dann, wenn das Insolvenzverfahren zu einem Abschluss führt, bei dem mit einer Konsolidierung der Vermögensverhältnisse des Antragstellers gerech-net werden kann, davon ausgegangen werden, dass nicht nur der Vermögens-verfall, sondern auch eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden nach dem Abschluss des Insolvenzverfahrens nicht mehr fortbesteht (Senat, [X.]eschl. v. 7. Dezember 2004, [X.] ([X.]) 40/04, [X.], 1271; [X.]eschl. v. 16 - 8 - 7. März 2005, [X.] ([X.]) 7/04, [X.], 1944, 1945; [X.]eschl. v. 16. April 2007, [X.] ([X.]) 6/06, [X.] 2007, 619, 620 f.). [X.]) Diese Voraussetzungen sind beim Antragsteller - wie dargelegt - nicht erfüllt. Er führt seine [X.] nach Freigabe durch den Insolvenz-verwalter unverändert fort und kann dabei nach wie vor mit Mandantengeldern in [X.]erührung kommen. Sicherheitsvorkehrungen, die die Einzahlung von [X.]n auf dem Insolvenzverwalteranderkonto gewährleisten, bestehen nach Auskunft des Verwalters vom 9. März 2009 nicht. Zudem hat der [X.] mitgeteilt, dass er [X.] künftig wieder auf einem eigenen [X.] zu verbuchen gedenkt. Für die Rechtsuchenden hat sich somit durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nichts geändert. Diese stehen auf unabsehbare [X.] weiterhin einem in Vermögensverfall geratenen Rechtsanwalt gegenüber, von dem auch weiterhin eine Gefährdung ihrer Inter-essen ausgeht. 17 4. Der Senat entscheidet in der nach § 106 Abs. 2 [X.]RAO n.F. maßgebli-chen verkleinerten [X.]esetzung ([X.]GH, [X.]eschl. v. 4. November 2009, [X.] ([X.]) 16/09, Anw[X.]l. 2010, 64, 65). Er kann weiterhin auch ohne mündliche Verhand-lung entscheiden. Die Parteien haben auf mündliche Verhandlung verzichtet. Die Wirkung dieses Verzichts ist in verwaltungsrechtlichen Anwaltssachen alten Rechts nicht beschränkt, weil diese Verfahren wegen der in § 215 Abs. 3 [X.]RAO [X.]. §§ 40 Abs. 4, 42 Abs. 6 [X.]RAO a.F. vorgesehenen Verweisung auf das Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit bei einem Verzicht nicht dem Münd- 18 - 9 - [X.] unterliegen und eine entsprechende Anwendung von § 128 Abs. 2 Satz 3 ZPO nicht in [X.]etracht kommt. [X.] [X.][X.] [X.] [X.] Vorinstanz: [X.], Entscheidung vom 21.03.2007 - [X.]ayAGH I-19/06 -

Meta

AnwZ (B) 81/07

25.02.2010

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.02.2010, Az. AnwZ (B) 81/07 (REWIS RS 2010, 8964)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 8964

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