Bundesfinanzhof, Beschluss vom 13.05.2014, Az. III B 152/13

3. Senat | REWIS RS 2014, 5671

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Gegenstand

Zugehörigkeit von Kraftfahrzeugen zum notwendigen Betriebsvermögen


Leitsatz

1. NV: Die sog. 1%-Regelung gilt nur für die private Nutzung eines Fahrzeugs, das zum Betriebsvermögen gehört.

2. NV: Abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter --z.B. ein PKW-- sind entweder voll dem Betriebsvermögen oder voll dem Privatvermögen zuzurechnen. Werden sie nicht nur vorübergehend überwiegend eigenbetrieblich genutzt, dann gehören sie zum notwendigen Betriebsvermögen, ohne dass es darauf ankommt, ob sie in der Bilanz aktiviert oder in ein Anlagenverzeichnis aufgenommen wurden.

3. NV: Gehörte ein Wirtschaftsgut vor seiner Zugehörigkeit zum notwendigen Betriebsvermögen zum Privatvermögen, dann wird es dem Betriebsvermögen infolge der nicht nur vorübergehenden Nutzungsänderung durch Einlage zugeführt.

4. NV Eine ungewollte Überleitung von Privatvermögen in Betriebsvermögen infolge einer längerfristigen überwiegend betrieblichen Nutzung verstößt weder gegen das Willkürverbot noch gegen Art. 3 GG.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erzielt als Rechtsanwalt Einkünfte aus selbständiger Arbeit, die er durch Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelte. In den Streitjahren nutzte er für betriebliche Fahrten einen [X.] und einen [X.]. Die [X.] ermittelte er aufgrund einer Kilometerpauschale von 0,30 €. Die daraus resultierenden Betriebsausgaben lagen in den Streitjahren zwischen etwa 5.800 € und 6.600 €.

2

Nach einer Außenprüfung gelangte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) zu der Auffassung, dass die beiden zu mehr als 50 % betrieblich genutzten Fahrzeuge zum notwendigen Betriebsvermögen gehörten. Die private Nutzung wurde nach der sog. [X.] angesetzt (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG). Da die so ermittelten [X.] die geschätzten [X.] überschritten, wurden sie auf den Betrag der Gesamtkosten des jeweiligen Kfz begrenzt (sog. Kostendeckelung nach dem Schreiben des [X.] vom 21. Januar 2002, [X.], 148, [X.]. 14). Dies führte dazu, dass sich der Gewinn um die vom Kläger nach der Kilometerpauschale ermittelten Betriebsausgaben erhöhte. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

3

Zur Begründung seiner gegen die Nichtzulassung der Revision gerichteten Beschwerde trägt der Kläger vor, die Frage, ob privates Vermögen, welches dauernd oder von [X.] zu [X.] wechselnd zu über 50 % betrieblich genutzt werde, allein dadurch zu notwendigem Betriebsvermögen werde, oder ob dies weitere Erklärungen oder Buchungen erfordere, sei grundsätzlich bedeutsam. Eine ungewollte Überleitung von Privatvermögen in Betriebsvermögen allein wegen überwiegender betrieblicher Nutzung führe zu willkürlichen und mit Art. 3 des Grundgesetzes (GG) nicht zu vereinbarenden Ergebnissen.

Entscheidungsgründe

4

II. [X.] ist unbegründet und zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O), denn die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, weil sie offenkundig so zu beantworten ist, wie es das Finanzgericht ([X.]) getan hat.

5

1. Die vom [X.] zutreffend angewandte Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG gilt für die Bewertung der Privatnutzung eines zu mehr als 50 % betrieblich genutzten Kfz des Betriebsvermögens; sie betrifft nicht die private Nutzung eines Fahrzeugs, das nicht zum Betriebsvermögen gehört (Urteil des [X.] --BFH-- vom 20. November 2012 VIII R 31/09, [X.], 527, mit Hinweisen zu gemieteten und geleasten Fahrzeugen).

6

a) Während ein Grundstück steuerrechtlich in mehrere Wirtschaftsgüter zerfallen kann, scheidet eine derartige Aufteilung bei beweglichen Wirtschaftsgütern aus ([X.]/[X.], EStG, 33. Aufl., § 4 Rz 206; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 4 EStG Rz 119). [X.] bewegliche Wirtschaftsgüter --wie z.B. ein sowohl betrieblich als auch privat genutzter PKW-- sind daher entweder voll dem Betriebsvermögen oder voll dem Privatvermögen zuzurechnen. Werden sie --wie im [X.] nicht nur vorübergehend überwiegend eigenbetrieblich genutzt, d.h. zu mehr als 50 %, dann gehören sie zum notwendigen Betriebsvermögen (BFH-Urteile vom 13. März 1964 IV 158/61 S, [X.], 605, [X.]I 1964, 455; vom 23. Mai 1991 IV R 58/90, [X.], 537, [X.] 1991, 798; vom 2. Oktober 2003 IV R 13/03, [X.], 373, [X.] 2004, 985).

7

b) Die Zugehörigkeit eines --nicht nur vorübergehend-- überwiegend betrieblich genutzten Wirtschaftsgutes zum notwendigen Betriebsvermögen hängt nicht davon ab, ob es in der Bilanz aktiviert worden ist (BFH-Urteil vom 24. Oktober 2001 [X.], [X.], 105, [X.] 2002, 75; vom 14. Januar 2010 IV R 86/06, [X.], 1096). Werden die Einkünfte --wie hier vom [X.] nicht durch [X.], sondern durch Einnahmen-Überschussrechnung ermittelt, hängt die Zugehörigkeit zum notwendigen Betriebsvermögen dementsprechend nicht davon ab, ob sie in ein Anlagenverzeichnis (§ 4 Abs. 3 Satz 5 EStG) aufgenommen wurden (vgl. demgegenüber BFH-Urteil vom 21. August 2012 VIII R 11/11, [X.], 195, [X.] 2013, 117, zu gewillkürtem Betriebsvermögen).

8

c) Wenn ein Wirtschaftsgut vor seiner Zugehörigkeit zum notwendigen Betriebsvermögen Privatvermögen war, wird es dem Betriebsvermögen infolge der nicht nur vorübergehenden Nutzungsänderung durch Einlage (§ 4 Abs. 1 Satz 5 EStG a.F., jetzt § 4 Abs. 1 Satz 8 EStG) zugeführt. Die Einlagehandlung stellt einen tatsächlichen Vorgang dar; sie erfordert kein Rechtsfolgebewusstsein und kann darin bestehen, dass der Steuerpflichtige dem Wirtschaftsgut durch eine Nutzungsänderung eine betriebliche Funktion zuweist (BFH-Urteil vom 6. März 1991 [X.], [X.], 246, [X.] 1991, 829; [X.]/[X.], § 4 EStG Rz 506).

9

d) Unter welchen Voraussetzungen ein zum notwendigen Betriebsvermögen gehörendes Wirtschaftsgut aus diesem infolge einer Verringerung des betrieblichen Nutzungsanteils ausscheidet und ob die Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen "von Zeit zu Zeit" wechseln kann, könnte in einem Revisionsverfahren nicht geklärt werden, denn der betriebliche Nutzungsanteil der Fahrzeuge hat nach den bindenden Feststellungen des [X.] (§ 118 Abs. 2 [X.]O) durchweg über 50 % gelegen (vgl. dazu BFH-Urteil in [X.], 195, [X.] 2013, 117, betreffend gewillkürtes Betriebsvermögen).

e) Für den Senat ist nicht erkennbar, warum eine ungewollte Überleitung von Privatvermögen in Betriebsvermögen allein wegen einer längerfristigen überwiegend betrieblichen Nutzung zu willkürlichen und mit Art. 3 GG nicht zu vereinbarenden Ergebnissen führen soll.

2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 [X.]O).

3. [X.] beruht auf § 143 Abs. 1 i.V.m. § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

III B 152/13

13.05.2014

Bundesfinanzhof 3. Senat

Beschluss

vorgehend Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, 23. Oktober 2013, Az: 3 K 306/11, Urteil

§ 4 Abs 1 EStG 2002, § 4 Abs 3 S 5 EStG 2002, § 6 Abs 1 Nr 4 S 2 EStG 2002, Art 3 GG

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 13.05.2014, Az. III B 152/13 (REWIS RS 2014, 5671)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5671

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