Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.02.2020, Az. AnwZ (Brfg) 71/18

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2020, 11894

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[X.]:[X.]:[X.]:2020:030220UANWZ.BRFG.71.18.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL

AnwZ ([X.]) 71/18

Verkündet am:

3. Februar 2020

Boppel

Justizamtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in
der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache

wegen Zulassung
als Syndikusrechtsanwalt-
2
-
Der Bundesgerichtshof, [X.], hat auf die mündliche [X.] vom 3. Februar 2020
durch [X.] Dr.
Kayser, die Richterin [X.], [X.] [X.] , den Rechtsanwalt
Dr.
Wolf
und die Rechtsanwältin Merk

für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des 4. Senats des Bayerischen [X.]es vom 16. Juli 2018 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden dem Kläger auferlegt.

Tatbestand:

Der Kläger ist im Bezirk der Beklagten als Rechtsanwalt zugelassen. Mit Arbeitsvertrag vom 9. August 2006 wurde er bei der V.

GmbH
als "D&O-
Schadenspezialist"
eingestellt.
Geschäftsgegenstand der V.

GmbH (fortan auch: Arbeitgeberin) ist die V[X.]tlung und die Betreuung von Erst-
und Rück-versicherungsverträgen zur Abdeckung von Vermögensschaden
Haftpflichtrisi-ken im Auftrag von Versicherern, die sich zu einer Mitversicherungsgemein-schaft (fortan: V.

-Versicherungsgemeinschaft)
zusammengeschlossen haben.
Die Arbeitgeberin
des [X.] erbringt Dienstleistungen für die
Mitglie-der der
V.

-Versicherungsgemeinschaft. Sie erarbeitet [X.], 1
-
3
-
verwaltet
Verträge, treibt Prämien ein, bearbeitet Schadensfälle, zahlt Scha-denssummen aus und führt Prozesse.
Die Mitglieder der Versicherungsgemein-schaft sind
zugleich
Gesellschafter
der Arbeitgeberin des [X.].

Der Kläger
leitet
die Abteilung "Schadensmanagement"
seiner Arbeitge-berin. Am 25. Februar 2016 schloss er
mit seiner Arbeitgeberin einen [X.] zum Arbeitsvertrag, nach welchem er "anwaltlich für den [X.] tätig"
ist
und nach Zulassung durch die zuständige Kammer als "Rechts-anwalt (Syndikusrechtsanwalt)"
beschäftigt wird. Unter dem 17. März 2016 [X.] der Kläger die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt. Mit Bescheid vom 27.
Juli 2016 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Die Klage des [X.] führte zur Aufhebung des ablehnenden Bescheides und zur Verurteilung der Beklag-ten, dem Kläger die beantragte Zulassung als Syndikusrechtsanwalt zu erteilen. Der [X.] hat die Berufung der Beklagten gegen dieses Urteil zugelas-sen.

Die Beklagte meint weiterhin, eine Zulassung komme nicht
in Betracht, weil der Kläger nicht in Rechtsangelegenheiten seiner Arbeitgeberin tätig sei, sondern in Rechtsangelegenheiten Dritter, nämlich der in der V.

-Versiche-rungsgemeinschaft zusammengeschlossenen Versicherer. Zudem fehle es an der anwaltlichen
Prägung des Arbeitsverhältnisses. Die Tätigkeiten, die sich aus den vom Kläger vorgelegten "Timesheets"
ergäben, seien überwiegend nicht anwaltlicher Art.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des 4. Senats des Bayerischen [X.]es vom 16.
Juli 2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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4
-

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, auf das angefochtene Urteil und auf die vom [X.] beigezogenen Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist nach § 112e Satz 1 [X.] statthaft und auch im Übrigen zulässig (§
112e Satz 2 [X.], § 124a Abs. 5, 6
VwGO). Sie führt zur Aufhe-bung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage. Der [X.] ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rech-ten (§
112c
Abs. 1
Satz 1 [X.], § 113 VwGO).
Der Kläger kann nicht als Syn-dikusrechtsanwalt zugelassen
werden, weil er entgegen § 46 Abs. 2 Satz 1, Abs.
5 [X.] nicht in Rechtsangelegenheiten
seiner Arbeitgeberin tätig ist.

I.

Die Zulassung
zur Rechtsanwaltschaft als Syndikusrechtsanwalt ist ge-mäß § 46a Abs. 1 Satz 1 [X.] auf Antrag zu erteilen, wenn
die allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen zum Beruf des Rechtsanwalts gemäß § 4 [X.] erfüllt sind, kein Zulassungsversagungsgrund nach § 7 [X.] vorliegt und die 6
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Tätigkeit den Anforderungen des § 46 Abs. 2 bis 5 [X.] entspricht. § 46 Abs.
2 Satz 1 [X.] verlangt für Angestellte nichtanwaltlicher Arbeitgeber eine anwaltliche Tätigkeit gerade für
den Arbeitgeber. Gemäß
§ 46 Abs. 5 Satz
1 [X.] beschränkt sich die Befugnis des [X.] zur Beratung und Vertretung auf die Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers. Nach [X.] gefestigter Rechtsprechung des Senats für Anwaltssachen handelt es sich bei § 46 Abs. 5 [X.] um ein echtes Tatbestandsmerkmal, nicht nur um eine Beschränkung des zulässigen Tätigkeitsfeldes nach erteilter Zulassung (vgl. [X.],
Urteil vom 6. Mai 2019 -
AnwZ ([X.]) 38/17, NJW-RR 2019, 946 Rn.
12;
Beschluss vom 16. August 2019 -
AnwZ ([X.]) 58/18, NJW 2019, 3453 Rn. 24; Beschluss vom 30. September 2019 -
AnwZ ([X.]) 38/19, juris Rn. 5).

Die Abteilung "Schadensmanagement"
der Arbeitgeberin des [X.]
bearbeitet Rechtsangelegenheiten der in der V.

-Versicherungsgemeinschaft zusammengeschlossenen Versicherer.
Die
[X.]in ist nicht Partei der Versicherungsverträge. Sie ist aus ihnen weder [X.] noch verpflichtet.
Insbesondere trifft sie keine Einstandspflicht. Die Schadensfälle, welche der Arbeitgeberin gemeldet werden, sind solche der Versicherer, nicht solche der Arbeitgeberin. Nichts anderes gilt hinsichtlich der Versicherungsverträge, bei deren Abschluss und Verlängerung der Kläger die zuständige Abteilung seiner Arbeitgeberin berät, und für die Anpassung von Versicherungsbedingungen. Die betreffenden Verträge werden von den [X.] verwandt, nicht von der Arbeitgeberin des [X.].

Ob und in welcher
Form die Arbeitgeberin des [X.] den Versicherern gegenüber zu den genannten Dienstleistungen verpflichtet ist, ist für die Ent-scheidung des Rechtsstreits unerheblich. Nach mittlerweile gefestigter Recht-sprechung des Senats für Anwaltssachen wird eine Angelegenheit nicht 11
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6
-
dadurch zu einer Rechtsangelegenheit des Arbeitgebers, dass dieser sich schuldrechtlich zur Erbringung einer Dienstleistung verpflichtet hat (vgl. [X.], Beschluss vom 16.
August 2019 -
AnwZ ([X.]) 58/18, aaO Rn. 30 mwN).

Die Tätigkeit des [X.] fällt schließlich auch nicht unter eine der Aus-nahmen in § 46 Abs. 5 Satz 2 [X.]. Diese Ausnahmetatbestände sind eng auszulegen und nicht analogiefähig ([X.],
Urteil vom 6. Mai 2019 -
AnwZ ([X.]) 38/17, aaO Rn. 16;
Beschluss vom 16. August 2019 -
AnwZ ([X.]) 58/18, aaO Rn.
41; Beschluss vom 30. September 2019 -
AnwZ ([X.]) 38/19, aaO
Rn.
7). Es fehlt an einer planwidrigen Regelungslücke. Weder aus der Bundesrechts-anwaltsordnung noch aus den Gesetzesmaterialien zu den §§ 46 ff. [X.] (BT-Drucks.
18/5201, [X.] f. zu § 46 Abs. 5 [X.]-E) ergibt sich ein Regelungs-plan des Gesetzgebers, nach welchem eine Drittberatung auch in anderen als den in § 46 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 bis 3 [X.] genannten Fällen eine Rechtsange-legenheit des Arbeitgebers darstellen soll. Der Gesetzgeber wollte ausschließ-lich in den in § 46 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 bis 3 [X.] genannten besonderen Fäl-len der Drittberatung eine Tätigkeit in Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers sehen ([X.], Urteil vom 6. Mai 2019 -
AnwZ ([X.]) 38/17, aaO).

13
-
7
-
II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], §
154 Abs.
1,
§
162 Abs. 3 VwGO.

Kayser
[X.]
[X.]

Wolf
Merk

Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 16.07.2018 -
BayAGH [X.] -
4 -
10/17 -

14

Meta

AnwZ (Brfg) 71/18

03.02.2020

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.02.2020, Az. AnwZ (Brfg) 71/18 (REWIS RS 2020, 11894)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 11894

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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