Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.12.2015, Az. I ZR 177/14

1. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 889

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Gegenstand

Namensrechtsverletzung: Namensgebrauch bei Verwendung des vollständigen Familiennamens unter Weglassen des Adelsprädikats "von"; Hinzufügung einer Vornamensinitiale; namensmäßige Zuordnungsverwirrung - Landgut A. Borsig


Leitsatz

Landgut A. Borsig

1. Enthält ein Familienname die Adelsbezeichnung „von“ als Namensbestandteil (hier „von Borsig“), kann ein Namensgebrauch im Sinne von § 12 BGB vorliegen, wenn allein der normal kennzeichnungskräftige und damit wesentliche Bestandteil des vollständigen Familiennamens (hier „Borsig“) gebraucht und das Adelsprädikat „von“ weggelassen wird (Fortführung von BGH, Urteil vom 15. Januar 1953, IV ZR 76/52, BGHZ 8, 318, 320).

2. Die Hinzufügung einer Vornamensinitiale genügt in der Regel nicht, eine Kennzeichnung von einer anderen unterscheidbar erscheinen zu lassen, wenn letztere den identischen, normal kennzeichnungskräftigen Bestandteil des Familiennamens enthält (Fortführung von BGH, Urteil vom 28. Februar 1991, I ZR 110/89, GRUR 1991, 475, 477 = WRP 1991, 477 - Caren Pfleger).

3. Eine namensmäßige Zuordnungsverwirrung im Sinne von § 12 BGB kann vorliegen, wenn im Verkehr der falsche Eindruck entstehen kann, der engste lebende Nachfahre einer Familie habe dem Benutzer ein Recht zur Verwendung des Familiennamens unter Hinzufügung des Vornamens eines verstorbenen Familienangehörigen erteilt (Fortführung von BGH, Urteil vom 15. Januar 1953, IV ZR 76/52, BGHZ 8, 318, 320 f.).

Tatbestand

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 5. Zivilsenats des [X.] vom 17. Juni 2014 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung des [X.] gegen die Abweisung des Antrags zu 1 und des Feststellungsantrags bezüglich der Verwendung des Begriffs „[X.]“ zurückgewiesen worden ist.

Auf die Berufung des [X.] wird das Urteil der Zivilkammer 52 des [X.] vom 5. September 2013 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die [X.]n werden unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, verurteilt es zu unterlassen, den Begriff „[X.]“ zu verwenden, um sich oder einen von ihnen geführten Geschäftsbetrieb oder eine Liegenschaft zu bezeichnen.

2. Es wird festgestellt, dass die [X.]n verpflichtet sind, dem Kläger für die Verwendung des Begriffs „[X.]“ gemäß Antrag 1 Wertersatz zu leisten.

3. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des [X.] tragen der Kläger zu 1/4, die [X.]n zu 3/4. Die außergerichtlichen Kosten des [X.]n zu 1 trägt der Kläger zu 1/4. Von den außergerichtlichen Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens der [X.]n zu 2 und 3 trägt der Kläger jeweils 1/16. Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Von Rechts wegen

1

Der Kläger führt den Namen „[X.]“. Er ist Nachfahre der [X.] geadelten) [X.] Industriellenfamilie [X.]. Albert [X.] erwarb 1866 [X.] in [X.] im [X.], etwa 40 km von [X.] entfernt. [X.] blieb bis zur Enteignung durch die [X.] Besatzungsmacht im Jahr 1947 im Eigentum der Familie. Im selben Jahr brannte das Gutshaus ab; erhalten blieben jedoch Wirtschaftsgebäude, die unter anderem von landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften genutzt wurden.

2

[X.] erwarb der [X.] zu 1 von der [X.] einen Teil des ehemaligen Gutes der Familie von [X.] in [X.]. Nach einer Teilsanierung machte er die Liegenschaft im Jahr 2004 der Öffentlichkeit zugänglich. Die [X.] zu 2, deren Geschäftsführer der [X.] zu 1 ist, betreibt dort ein Unternehmen, das sich auf die Durchführung kultureller und sonstiger Freizeitveranstaltungen sowie auf den Verkauf typischer Produkte der Region spezialisiert hat und bis zum Winter 2010 die Firma „Landgut [X.] Kontor GmbH“ benutzte. Der [X.] zu 1 ließ zudem bei der [X.] den Domainnamen „landgut-borsig.de“ registrieren.

3

Der Kläger sah darin eine Verletzung seines Namensrechts. Im [X.] an das Senatsurteil vom 28. September 2011 ([X.], [X.], 534 = [X.], 1271 - Landgut [X.]) hat das Berufungsgericht mit Urteil vom 15. Februar 2013 (5 [X.]) auf Antrag des [X.] den [X.]n zu 1 und 2 untersagt, den Begriff „Landgut [X.]“ zu verwenden, um die [X.] zu 2 oder einen von den [X.]n geführten Geschäftsbetrieb oder eine Liegenschaft zu bezeichnen, sowie den [X.]n zu 1 verurteilt, gegenüber der Registrierungsstelle [X.] den Verzicht auf den Domainnamen „landgut-borsig.de“ zu erklären.

4

Die [X.] zu 3 führt die Firma „[X.] Kontor GmbH & Co. Betriebs KG“, ihre Komplementärin, die [X.] zu 2, firmiert nunmehr unter „[X.] Kontor GmbH“. Für den [X.]n zu 1 ist bei der [X.] der Domainname „[X.]“ registriert.

5

Soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, hat der Kläger beantragt,

1. die [X.]n unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, den Begriff „[X.]“ zu verwenden, um sich oder einen von ihnen geführten Geschäftsbetrieb oder eine Liegenschaft zu bezeichnen;

2. den [X.]n zu 1 zu verurteilen, gegenüber der Registrierungsstelle [X.] den Verzicht auf den Domainnamen „[X.]“ zu erklären.

6

Außerdem hat der Kläger erstmals in zweiter Instanz die Feststellung beantragt, dass die [X.]n verpflichtet sind, dem Kläger für die Verwendung des Begriffs „[X.]“ und der Domain „[X.]“ gemäß den Anträgen 1 und 2 Wertersatz zu leisten.

7

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des [X.] ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter. Die [X.]n beantragen, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

A. Das Berufungsgericht hat Ansprüche des [X.] aufgrund einer unberechtigten [X.] durch die [X.] nach § 12 Satz 1 Fall 2 [X.] verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt:

9

Fraglich sei bereits, ob die [X.] den gleichen Namen gebrauchten wie der Kläger. Zwischen dem Namen des [X.] „[X.]“ und der Bezeichnung „A. [X.]“ bestehe keine Identität. Es gebe keinen Anlass, bei der Beurteilung der Namensgleichheit allein auf den Familiennamen des [X.] abzustellen. Der Verkehr werde das Element „A.“ in den Zeichen der [X.] nicht übersehen oder überhören. Der bürgerliche Name, der eine Person identifiziere, bestehe aus dem oder den Vornamen sowie dem Familiennamen. Sei eine Person - wie der Kläger - der Öffentlichkeit nicht allein unter seinem Familiennamen bekannt, trete kein Bestandteil des Namens gegenüber dem anderen zurück.

Gehe man gleichwohl davon aus, dass die [X.] den gleichen Namen gebrauchten wie der Kläger, fehle es jedenfalls an einer namensmäßigen Zuordnungsverwirrung. Der Verkehr werde eine Beziehung zwischen der Bezeichnung „[X.]“ und dem engsten lebenden Nachfahren des letzten Eigentümers des [X.] aus der [X.] nur herstellen, wenn dessen einziger Vorname oder Rufname mit dem Buchstaben „A“ beginne. Das treffe auf den Kläger nicht zu. Eine Verkehrsübung, die Bezeichnung „[X.]“ auf „[X.]“ zu verkürzen, könne nicht festgestellt werden.

Selbst wenn eine solche Verkürzung im Sprachgebrauch unterstellt werde, fehle es an einer Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen des [X.] als Namensträger. Das Interesse der [X.], die historische Bedeutung der Liegenschaft herauszustellen, habe [X.] gegenüber dem Interesse des [X.], nicht durch die Bezeichnung „[X.]“ mit dem Geschäftsbetrieb der [X.] in Verbindung gebracht zu werden.

Die auf die Feststellung der Verpflichtung zum Wertersatz gerichtete Klageerweiterung in der Berufungsinstanz sei zulässig, jedoch aus den genannten Gründen unbegründet.

B. Die Revision hat Erfolg, soweit sie sich dagegen wendet, dass das Berufungsgericht die Klage hinsichtlich der Ansprüche auf Unterlassung und Wertersatz wegen Verwendung der Bezeichnung „[X.]“ abgewiesen hat (dazu [X.]); sie führt insoweit zur antragsgemäßen Verurteilung der [X.] (dazu [X.]I). Die Revision hat im Ergebnis keinen Erfolg, soweit das Berufungsgericht die mit der Klage erhobenen Ansprüche auf Verzicht und Wertersatz wegen Registrierung des Domainnamens „[X.]“ verneint hat (dazu [X.]II).

I. Die Revision hat Erfolg, soweit das Berufungsgericht die Klage hinsichtlich der Ansprüche auf Unterlassung und Wertersatz wegen Verwendung der Bezeichnung „[X.]“ abgewiesen hat. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann eine Verletzung des Namensrechts des [X.] durch unberechtigte [X.] nach § 12 Satz 1 Fall 2 [X.] nicht verneint werden.

1. Eine unberechtigte [X.] nach § 12 Satz 1 Fall 2 [X.] liegt vor, wenn ein Dritter unbefugt den gleichen Namen gebraucht, dadurch eine Zuordnungsverwirrung eintritt und schutzwürdige Interessen des Namensträgers verletzt werden (vgl. [X.], Urteil vom 8. Februar 2008 - [X.], [X.]Z 171, 104 Rn. 11 - [X.]; [X.], [X.], 534 Rn. 8 - [X.]).

2. Die [X.] haben durch Verwendung der Bezeichnung „[X.]“ den wesentlichen Bestandteil „[X.]“ des vollständigen Familiennamens des [X.] „von [X.]“ gebraucht.

a) Das Berufungsgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, es gebe keinen Anlass, bei der Beurteilung der Namensgleichheit allein auf den Familiennamen des [X.] abzustellen. Nach der Rechtsprechung des [X.] kann ein Namensgebrauch nicht nur vorliegen, wenn der Name in vollständiger Form benutzt wird, sondern auch, wenn einzelne wesentliche Bestandteile des vollständigen Namens gebraucht werden, insbesondere der Familienname ([X.], Urteil vom 15. Januar 1953 - [X.], [X.]Z 8, 318, 320; zustimmend [X.]/[X.], [X.], 2013, § 12 Rn. 294; BeckOK [X.]/Bamberger, § 12 Rn. 69 [Stand 1. November 2015]). Enthält ein Familienname - wie im Streitfall - die Adelsbezeichnung „von“ als Namensbestandteil (vgl. Art. 123 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 109 Abs. 3 Satz 2 WRV), kann ein Namensgebrauch vorliegen, wenn allein der normal kennzeichnungskräftige und damit wesentliche Bestandteil des vollständigen Familiennamens gebraucht und das Adelsprädikat „von“ weggelassen wird. Der [X.] ist dementsprechend bereits in der Sache „[X.]“ davon ausgegangen, dass die [X.] zu 1 und 2 den wesentlichen Bestandteil „[X.]“ des vollständigen Familiennamens des [X.] „von [X.]“ verwenden, wenn sie den Begriff „[X.]“ zur Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs oder einer Liegenschaft benutzen ([X.], [X.], 34 Rn. 10 f. - [X.]).

b) Die [X.] haben den wesentlichen Bestandteil „[X.]“ des Familiennamens des [X.] dadurch gebraucht, dass sie die Bezeichnung „[X.]“ zur Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs oder einer Liegenschaft verwendet haben.

aa) Die Bezeichnung des Geschäftsbetriebs der [X.] zu 3 lautet „[X.]“. Diese Bezeichnung ist auch Bestandteil der Firmen der [X.] zu 2 („[X.] Kontor GmbH“) und der [X.] zu 3 („[X.] Kontor GmbH & Co. [X.]“). Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Voranstellung der Bezeichnung „Landgut“ sowie die Hinzufügung des Begriffs „Kontor“ und von Angaben, die auf die Rechtsform oder Funktion der Gesellschaften hinweisen („GmbH“ bzw. „[X.]“), dem Gebrauch des gleichen Namens nicht entgegenstehen, weil der Verkehr diese beschreibenden Zusätze nicht beachtet (vgl. [X.], [X.], 534 Rn. 11 - [X.]).

bb) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts scheidet eine Benutzung des wesentlichen Bestandteils „[X.]“ des Familiennamens des [X.] durch die [X.] nicht aus, weil sie in den von ihnen verwendeten Bezeichnungen den Buchstaben „A.“ vor den Namen „[X.]“ setzen.

(1) Die Hinzufügung eines Vornamens genügt in der Regel nicht, eine Kennzeichnung von einer anderen unterscheidbar erscheinen zu lassen, wenn letztere den identischen, normal kennzeichnungskräftigen Familiennamen ohne anderweit kennzeichnungskräftige Bestandteile enthält (vgl. [X.], Urteil vom 28. Februar 1991 - [X.], [X.], 475, 477 = [X.], 477 - Caren Pfleger).

(2) Danach genügt die Voranstellung des Buchstabens „A“ nicht, um die Kennzeichnung „A. [X.]“ von dem wesentlichen Bestandteil „[X.]“ des Familiennamens des [X.] zu unterscheiden. Der hinzugefügte Buchstabe „A“ ist, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, für den Verkehr unschwer als [X.] zu erkennen. In der Bezeichnung „A. [X.]“ tritt dieser - auf einen mit dem Buchstaben „A“ beginnenden Vornamen hinweisende - Bestandteil hinter dem normal kennzeichnungskräftigen und als Familiennamen erkennbaren Bestandteil „[X.]“ zurück.

3. Durch den Gebrauch des gleichen Namens ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts eine namensmäßige Zuordnungsverwirrung eingetreten.

aa) Nicht jede Verwendung eines fremden Namens kann als „Gebrauchen“ im Sinne von § 12 [X.] angesehen werden. Die Vorschrift bezweckt allein den Schutz des Namens in seiner Funktion als Identitätsbezeichnung der Person seines Trägers. Deshalb sind nur solche Verwendungen verboten, die geeignet sind, eine namensmäßige Zuordnungsverwirrung hervorzurufen (vgl. [X.], Urteil vom 28. März 2002 - [X.], [X.], 917, 919 = [X.], 1169 - [X.] Stadtwappen; [X.], [X.], 534 Rn. 12 - [X.]). Dafür kommt sowohl ein namens- oder kennzeichenmäßiger Gebrauch des Namens durch einen [X.] als auch eine Verwendung in Betracht, durch die der Namensträger zu bestimmten Einrichtungen, Gütern oder Erzeugnissen in Beziehung gesetzt wird, mit denen er nichts zu tun hat. Hierfür genügt es, dass im Verkehr der falsche Eindruck entstehen kann, der Namensträger habe dem Benutzer ein Recht zur entsprechenden Verwendung des Namens erteilt ([X.], [X.], 917, 919 - [X.] Stadtwappen; [X.], Urteil vom 2. Dezember 2004 - [X.], [X.]Z 161, 216, 221 - [X.]; [X.], [X.], 534 Rn. 12 - [X.]).

bb) Von diesen Grundsätzen ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Seiner Beurteilung, eine namensmäßige Zuordnungsverwirrung sei zu verneinen, kann jedoch nicht zugestimmt werden.

(1) Entsprechend den im Markenrecht anerkannten Grundsätzen zur Verwechslungsgefahr ist die Frage der namensrechtlichen Zuordnungsverwirrung zwar eine Rechtsfrage, die grundsätzlich auch das Revisionsgericht beantworten kann. Die Beurteilung der dafür maßgeblichen tatsächlichen Grundlagen liegt aber im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet. Im Revisionsverfahren kann sie nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob ihr ein unzutreffender Rechtsbegriff zugrunde liegt, sie gegen Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstößt oder wesentliche Umstände unberücksichtigt geblieben sind (vgl. zum Markenrecht [X.], Urteil vom 14. Mai 2009 - I ZR 231/06, [X.], 1055 Rn. 62 = [X.], 1533 - airdsl; Urteil vom 22. März 2012 - [X.], [X.], 635 Rn. 23, 35 = [X.], 712 - [X.]/[X.]; zum sondergesetzlichen Schutz nach dem Olympia-Schutzgesetz [X.], Urteil vom 15. Mai 2014 - I ZR 131/13, [X.], 1215 Rn. 38 = [X.], 1458 - Olympia-Rabatt).

(2) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Verkehr werde eine Beziehung zwischen der Bezeichnung des Geschäftsbetriebs und der Liegenschaft mit „[X.]“ und dem Kläger als dem engsten lebenden Nachfahren des letzten Eigentümers des [X.] aus der [X.] nur herstellen, wenn dessen einziger Vorname oder Rufname mit dem Buchstaben „A“ beginne. Diese Annahme beruht auf der unzutreffenden rechtlichen Erwägung, eine namensmäßige Zuordnungsverwirrung komme allein in Betracht, wenn im Verkehr der falsche Eindruck entstehen könne, der Namensträger habe dem Benutzer ein Recht zur Verwendung seines vollständigen Namens erteilt. Eine namensmäßige Zuordnungsverwirrung kann indessen auch vorliegen, wenn im Verkehr der falsche Eindruck entstehen kann, der Namensträger habe dem Benutzer ein Recht zur Verwendung seines Familiennamens unter Hinzufügung des Vornamens eines verstorbenen Familienmitglieds erteilt.

Wird der Vor- und Familienname eines Familienmitglieds zur schlagwortartigen Kennzeichnung eines Gegenstands, eines Sachverhalts oder bestimmter Bestrebungen benutzt, so kann darin mittelbar auch ein Hinweis auf die Familie als solche, mindestens auf deren engeren Kreis erblickt werden, weil der Hörer oder Leser eines solchen Namens, wenn er Angehörige dieses Namensträgers kennt oder um ihre Existenz weiß, in seinen Gedanken oder in seiner Erinnerung auch auf diese Personen hingelenkt wird und sie möglicherweise sogar mit dem so bezeichneten Sachverhalt in Verbindung bringt, mag er sie auch mit dem individuell genannten Namensträger selbst nicht verwechseln. Deshalb kann nach der Rechtsprechung des [X.] die Ehefrau als engste Familienangehörige ihres Ehemanns dem unbefugten Gebrauch des Familiennamens entgegentreten, wenn dieser von einem [X.] unter Hinzufügung des Vornamens ihres verstorbenen Ehemanns gebraucht wird ([X.]Z 8, 318, 320 f.). Dementsprechend kann eine namensmäßige Zuordnungsverwirrung vorliegen, wenn im Verkehr der falsche Eindruck entstehen kann, der engste lebende Nachfahre einer Familie habe dem Benutzer ein Recht zur Verwendung des Familiennamens unter Hinzufügung des Vornamens eines verstorbenen Familienangehörigen erteilt. Danach ist im Streitfall eine Zuordnungsverwirrung zu bejahen.

Der [X.] hat in dem vorangegangenen Verfahren die tatsächliche Beurteilung des Berufungsgerichts gebilligt, die Bezeichnung „[X.]“ erwecke beim Publikum den Eindruck, der Kläger habe als unmittelbarer Nachfahre des letzten Eigentümers des [X.] dem Gebrauch seines Namens zugestimmt. Der Kläger stehe in enger Beziehung zu der Liegenschaft. Nach der [X.] hätten vielerorts die alten Eigentümerfamilien den Besitz an ihren früheren Gütern wiedererlangt; zudem genieße der Name [X.] Bekanntheit in [X.] und [X.]. Aufgrund dieser Umstände könne angenommen werden, dass jedenfalls ein Teil des angesprochenen Verkehrs eine Beziehung zwischen der als „[X.]“ bezeichneten Liegenschaft und den dort betriebenen Unternehmen gerade zu dem Namensträger herstelle, der engster lebender Nachfahre des letzten Eigentümers aus der [X.] sei ([X.], [X.], 534 Rn. 13 f. - [X.]). Das Berufungsgericht hat die von ihm in dem vorangegangenen Verfahren festgestellten tatsächlichen Umstände, die diese vom [X.] gebilligte Beurteilung tragen, ohne Rechtsfehler im vorliegenden Verfahren zugrunde gelegt.

Auf der Grundlage dieser Feststellungen ist bei zutreffender rechtlicher Beurteilung auch im vorliegenden Rechtsstreit eine namensmäßige Zuordnungsverwirrung zu bejahen. Für die Annahme einer namensrechtlichen Zuordnungsverwirrung genügt es, dass die angegriffene Bezeichnung beim Publikum den Eindruck erweckt, der Kläger habe als unmittelbarer Nachfahre des letzten Eigentümers des [X.] dem Gebrauch des wesentlichen Bestandteils „[X.]“ seines Familiennamens zugestimmt. Es kommt nicht darauf an, ob der Verkehr annimmt, das vorangestellte [X.]“ bezeichne nicht den Kläger, sondern einen verstorbenen Familienangehörigen des [X.], der in früherer Zeit, vor der Enteignung 1947, auf [X.] gelebt hat. Auch in diesem Fall stellt der Verkehr zwischen diesem Familienangehörigen und dem Kläger eine Beziehung her, weil er annimmt, der Kläger habe als engster lebender Verwandter des letzten Eigentümers aus der [X.] der Verwendung seines Familiennamens unter Hinzufügung dieses Vornamenskürzels zugestimmt.

4. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts verletzt die Verwendung der Bezeichnung „[X.]“ durch die [X.] schutzwürdige Interessen des [X.].

aa) Der Begriff des Interesses im Sinne von § 12 [X.] ist weit gefasst und umfasst außerhalb des Geschäftsverkehrs nicht nur ein vermögensrechtliches oder geschäftliches, sondern jedes Interesse des Namensträgers, auch ein rein persönliches oder ideelles und sogar ein bloßes Affektionsinteresse (vgl. [X.]Z 8, 318, 322 f.; [X.], Urteil vom 15. November 1984 - [X.], [X.], 95; [X.], [X.], 534 Rn. 43 - [X.]). Im Bereich des bürgerlichen Namens reicht bereits das Interesse des Namensträgers, nicht mit anderen Personen verwechselt oder in Beziehung gebracht zu werden. Der Kläger hat ein dahingehendes Interesse, da der Namensgebrauch durch die [X.] den Eindruck erwecken kann, es bestehe eine Beziehung zwischen dem Geschäftsbetrieb der [X.] und dem Kläger bzw. seiner Familie ([X.], [X.], 534 Rn. 43 - [X.]).

bb) Demgegenüber kann der Nichtberechtigte in der Regel nicht auf schützenswerte Belange verweisen, die zu seinen Gunsten zu berücksichtigen wären, so dass bereits der unbefugte Namensgebrauch die Interessenverletzung indiziert (vgl. [X.], Urteil vom 24. April 2008 - [X.], [X.], 1099 Rn. 27 = [X.], 1520 - afilias.de; [X.], [X.], 534 Rn. 45 - [X.]). Zwar muss eine Ausnahme von dieser Regel unter anderem dann gemacht werden, wenn dem Nichtberechtigten seinerseits ein namensrechtlich geschütztes Interesse an der Verwendung der in Rede stehenden Bezeichnung zur Seite steht. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann dem Interesse der [X.], die historische Bedeutung der Liegenschaft herauszustellen, jedoch kein [X.] gegenüber dem Interesse des [X.] zugebilligt werden, nicht durch die Bezeichnung „[X.]“ mit dem Geschäftsbetrieb der [X.] in Verbindung gebracht zu werden. Das käme nur in Betracht, wenn die Benennung „[X.]“ zum Zeitpunkt der Benutzungsaufnahme für die Liegenschaft im allgemeinen Sprachgebrauch üblich gewesen wäre (vgl. [X.], [X.], 534 Rn. 45 f. - [X.]). Diese Voraussetzung ist nach dem Ergebnis des vor dem Berufungsgericht geführten Verfahrens 5 [X.] nicht erfüllt. Es ist nichts dazu festgestellt oder sonst ersichtlich, dass sich die Sachlage im Streitfall anders darstellen könnte.

II. Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben, soweit das Berufungsgericht die Ansprüche des [X.] auf Unterlassung und Wertersatz wegen der Nutzung der Bezeichnung „[X.]“ abgewiesen hat. Der [X.] kann darüber selbst abschließend entscheiden, weil der hierzu erforderliche Sachverhalt feststeht und dazu weiterer Sachvortrag der Parteien nicht zu erwarten ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Danach ist der Klage insoweit stattzugeben.

1. Der Unterlassungsanspruch ist in entsprechender Anwendung des § 1004 Abs. 1 Satz 2 [X.] begründet. Die [X.] haben das Namensrecht des [X.] durch unberechtigte [X.] nach § 12 Satz 1 Fall 2 [X.] verletzt. Sie haben den wesentlichen Bestandteil „[X.]“ des Familiennamens des [X.] gebraucht; dadurch ist eine Zuordnungsverwirrung eingetreten und sind schutzwürdige Interessen des [X.] als Namensträger verletzt worden (vgl. Rn. 16 bis 33). Die [X.] haben den Namen „[X.]“ auch unbefugt benutzt.

a) [X.] ist der Gebrauch eines Namens, wenn dem Verwender kein eigenes [X.] zusteht ([X.], Urteil vom 8. Februar 1996 - [X.], [X.], 422, 423 = [X.], 541 - [X.]; [X.], [X.], 1099 Rn. 20 - afilias.de; [X.], Urteil vom 6. November 2013 - [X.], [X.], 506 Rn. 19 = [X.], 584 - sr.de).

b) Im Streitfall steht den [X.] weder ein eigenes prioritätsälteres Namens- oder sonstiges Kennzeichenrecht an der Bezeichnung „A. [X.]“ zu noch ist ihnen die Benutzung von einem Inhaber eines solchen Rechts gestattet worden. Nachdem das Berufungsgericht in dem Verfahren 5 [X.] nach umfangreicher Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gekommen ist, dass vor Benutzungsaufnahme durch die [X.] keine Verwendung der Bezeichnung „[X.]“ für die Liegenschaft im allgemeinen lokalen Sprachgebrauch festgestellt werden konnte, haben sich die [X.] im Streitfall auch nicht unter diesem Aspekt auf ein Recht zur Verwendung der Bezeichnung „[X.]“ berufen. Dafür ist auch nichts ersichtlich.

2. Der Antrag auf Feststellung der Verpflichtung der [X.], dem Kläger Wertersatz zu leisten, ist hinsichtlich der Verwendung des Begriffs „[X.]“ gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2, § 818 Abs. 2 [X.] begründet.

a) Die unbefugte Nutzung der vermögenswerten Bestandteile des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sowie der besonderen Persönlichkeitsrechte wie des Namens begründet einen Bereicherungsanspruch des Rechtsträgers aus Eingriffskondiktion (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 [X.]). Da das Erlangte nicht herausgegeben werden kann, ist Wertersatz zu leisten (§ 818 Abs. 2 [X.]), der nach den bei der Verletzung von Immaterialgüterrechten geltenden Grundsätzen bestimmt und daher auch nach der üblichen Lizenzgebühr berechnet werden kann ([X.], Urteil vom 5. Juni 2008 - [X.], [X.], 1124 Rn. 11 = [X.], 1524 - Zerknitterte Zigarettenschachtel).

b) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts haben die [X.] den Namen des [X.] zur Bezeichnung ihres Geschäftsbetriebs sowie der von ihnen kommerziell genutzten Liegenschaft benutzt. Dafür steht dem Kläger dem Grunde nach Wertersatz zu, ohne dass es auf eine Prominenz des [X.] oder deren Grad ankommt. Diese Faktoren sind allenfalls bei der Bestimmung der Höhe einer Lizenzgebühr zu berücksichtigen.

III. Die Revision hat keinen Erfolg, soweit das Berufungsgericht die mit der Klage erhobenen Ansprüche auf Verzicht und Wertersatz wegen der Registrierung des Domainnamens „[X.]“ als unbegründet erachtet hat. Das Berufungsurteil stellt sich insoweit aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).

1. Durch bloße Registrierung eines Domainnamens können Ansprüche wegen [X.] nur begründet werden, wenn bereits mit der Registrierung eine erhebliche Beeinträchtigung der namensrechtlichen Befugnisse verbunden ist ([X.], Urteil vom 13. März 2008 - [X.], [X.], 912 Rn. 36 = [X.], 1353 - [X.]; Urteil vom 22. Januar 2014 - I ZR 164/12, [X.], 393 Rn. 21 = [X.], 424 - wetteronline.de).

2. Im Streitfall ist schon zweifelhaft, ob in der Registrierung des Domainnamens „[X.]“ eine Verwendung des Familiennamens des [X.] gesehen werden kann. Der Anfangsbuchstabe „a“ hinter dem Bindestrich erweckt aufgrund der Kleinschreibung und des fehlenden [X.] zu „borsig“ nicht den Eindruck einer [X.]. Die Bezeichnung „aborsig“ ist nicht mit „[X.]“ identisch.

3. Jedenfalls fehlt es an einer Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen des [X.].

a) Nach der Rechtsprechung des [X.]s liegt die Beeinträchtigung des Namensrechts durch Registrierung eines Domainnamens in der dadurch eintretenden Sperrwirkung, die es ausschließt, dass der Berechtigte unter seinem Namen als Teil der Internetadresse aufgefunden wird (vgl. [X.], Urteil vom 22. November 2001 - I ZR 138/99, [X.]Z 149, 191, 198 - shell.de). An einer vergleichbaren Interessenbeeinträchtigung fehlt es in Bezug auf die Registrierung eines Domainnamens, der aus der fehlerhaften Schreibweise eines Namens gebildet ist. Eine solche Registrierung hindert den Namensinhaber nicht daran, seinen Namen in der richtigen Schreibweise als Internetadresse zu benutzen (vgl. [X.], [X.], 393 Rn. 22 - wetteronline.de). Ebenso liegt es im Streitfall, wo die Bezeichnung „aborsig“ aus der nahtlosen Zusammenfügung des Familiennamens „[X.]“ mit der im Domainnamen nicht mehr ohne weiteres als solche erkennbaren [X.] „A“ gebildet worden ist.

b) Es ist auch nichts dafür festgestellt oder sonst ersichtlich, dass der Kläger zum Schutz seines Namensrechts auf den angegriffenen Domainnamen angewiesen ist, oder dass er ein Interesse daran hat, den angegriffenen Domainnamen selbst zu nutzen (vgl. [X.], [X.], 393 Rn. 22 - wetteronline.de, mwN).

IV. [X.] beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 1 ZPO.

Koch                     Schaffert                         [X.]

             [X.]

Meta

I ZR 177/14

10.12.2015

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend KG Berlin, 17. Juni 2014, Az: 5 U 135/13

§ 12 S 1 Alt 2 BGB, § 1004 Abs 1 S 2 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.12.2015, Az. I ZR 177/14 (REWIS RS 2015, 889)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 889

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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