Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.01.2012, Az. 9 AZR 131/11

9. Senat | REWIS RS 2012, 9870

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Gegenstand

Ablehnung eines Altersteilzeitantrags nach Anl 17 § 2 DCVArbVtrRL - Ermessensprüfung - Gleichbehandlungsgrundsatz


Tenor

1. Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 15. Dezember 2010 - 7 [X.] 1288/10 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Anspruch des [X.] auf Abschluss eines [X.]s (Altersteilzeitarbeitsvertrag).

2

Der am 30. Dezember 1952 geborene Kläger ist seit dem 1. April 1975 bei der [X.] beschäftigt, zuletzt als pflegerischer Leiter des [X.] der inneren Abteilung der Betriebsstätte J. Die Parteien wenden auf ihr Dienstverhältnis die „Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des [X.]“ ([X.]) in ihrer jeweils geltenden Fassung an. Hierzu gehört auch die Anlage 17 Altersteilzeitregelung (im Folgenden: Anlage 17 [X.]). Dort heißt es, soweit maßgeblich, wie folgt:

        

„§ 2   

Voraussetzungen der Altersteilzeitarbeit

        
        

(1) Der Dienstgeber kann mit Mitarbeitern, die

        
                 

a) das 55. Lebensjahr vollendet haben,

                 

b) eine Beschäftigungszeit (§ 11 [X.] [X.]) von fünf Jahren vollendet haben und

                 

c) innerhalb der letzten fünf Jahre vor Beginn der Altersteilzeit mindestens 1.080 Kalendertage in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem [X.] gestanden haben,

        

die Änderung des Dienstverhältnisses in ein Altersteilzeitdienstverhältnis auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes vereinbaren; das Altersteilzeitdienstverhältnis muss ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne des [X.] sein.

        
        

(2) Mit Mitarbeitern, die das 60. Lebensjahr vollendet haben und die die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllen, soll auf deren Antrag ein Altersteilzeitdienstverhältnis vereinbart werden. Der Antrag ist drei [X.]nate vor dem geplanten Beginn des Altersteilzeitdienstverhältnisses zu stellen; von dieser Frist kann einvernehmlich abgewichen werden.

        
        

(3) Der Dienstgeber kann die Vereinbarung eines Altersteilzeitdienstverhältnisses ablehnen, soweit dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe entgegenstehen; diese liegen insbesondere vor, wenn durch das Altersteilzeitdienstverhältnis finanzielle Mittel Dritter (kirchliche und öffentliche Zuwendungen, Leistungen der Sozialleistungsträger) gemindert werden oder die Grenze des § 3 Abs. 1 Nr. 3 [X.]G überschritten wird.

        
        

(4) Das Altersteilzeitdienstverhältnis soll mindestens für die Dauer von zwei Jahren vereinbart werden. Es muss vor dem 1. Januar 2010 beginnen.

        
        

…       

        
                 
        

§ 5     

Aufstockungsleistungen

        
        

…       

                 
        

(6) Die Regelungen der Absätze 1 bis 5 gelten auch in den Fällen, in denen eine aufgrund dieser Anlage geschlossene Vereinbarung eine Verteilung der Arbeitsleistung (§ 3 Abs. 2) vorsieht, die sich auf einen [X.]raum von mehr als sechs Jahren erstreckt.

        
        

…“    

                 

3

Mit Schreiben vom 26. Februar 2009 bot der Kläger der [X.] an, mit ihm ab dem 1. Dezember 2009 ein Altersteilzeitdienstverhältnis einzugehen. Die Altersteilzeit sollte im Blockmodell erfolgen mit einer Arbeitsphase ab dem 1. Dezember 2009 und einer sich anschließenden Freistellungsphase bis zur Beendigung des [X.] am 31. Dezember 2015. In der Anlage 1 zu dem Angebotsschreiben des [X.] heißt es ua.:

        

„Damit [X.] noch die Gelegenheit von Altersteilzeit gegeben ist, bitte ich um Gewährung von Altersteilzeit für einen [X.]raum von 6 Jahren und 1 [X.]nat.

        

Die Ihnen hieraus entstehenden Mehrkosten für einen [X.]nat würde ich selbstverständlich erstatten.“

4

Die Beklagte lehnte es am 9. September 2009 schriftlich ab, mit dem Kläger einen [X.] zu schließen. Im Mai 2008 hatte sie einen [X.] mit dem am 18. Mai 1951 geborenen und ordentlich unkündbaren Oberarzt Dr. S geschlossen und im April 2009 mit dem am 3. Februar 1950 geborenen Chefarzt Dr. M Altersteilzeit vereinbart. Beide [X.] hatten eine Laufzeit von nicht mehr als sechs Jahren. Im Oktober 2003 hatten die Beklagte und ihr Mitarbeiter [X.] einen [X.] über eine Laufzeit von acht Jahren geschlossen.

5

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei gemäß § 2 Abs. 1 Anlage 17 [X.] verpflichtet, mit ihm einen [X.] zu schließen. Danach habe der Dienstgeber über den Abschluss eines [X.]s nach billigem Ermessen zu entscheiden. Die Beklagte habe ihr Ermessen nicht fehlerfrei ausgeübt. Der Kläger bestreitet die von der [X.] behaupteten finanziellen Belastungen durch die Altersteilzeit. Weiterhin meint er, der Anspruch ergebe sich aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, da die Beklagte mit den Mitarbeitern Dr. M, Dr. S und [X.] ebenfalls [X.] geschlossen habe. Zudem verstoße die Differenzierung in § 2 Anlage 17 [X.] gegen das [X.]. Denn Mitarbeitern, die das 55. Lebensjahr, aber noch nicht das 60. Lebensjahr vollendet hätten, würde nur ein Anspruch auf Ermessensausübung zustehen. Demgegenüber hätten Mitarbeiter, die das 60. Lebensjahr vollendet hätten, grundsätzlich Anspruch auf Altersteilzeit, es sei denn, dringende betriebliche Gründe stünden dem entgegen. Dies sei eine Altersdiskriminierung iSd. [X.].

6

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, mit ihm einen Altersteilzeitarbeitsvertrag nach Maßgabe der Bestimmungen der Anlage 17 zu den Arbeitsvertragsrichtlinien des [X.] ([X.]) in Form eines Blockmodells nach § 3 Abs. 2 Buchst. a iVm. § 2 der Anlage 17 zu den Arbeitsvertragsrichtlinien des [X.] abzuschließen mit der Maßgabe, dass das Altersteilzeitarbeitsverhältnis mit einer Laufzeit von sechs Jahren am 1. Dezember 2009 beginnt und bis zum 30. November 2015 einschließlich andauert,

        

hilfsweise

        

die Beklagte wie vorstehend formuliert zu verurteilen mit der Maßgabe, dass das Altersteilzeitarbeitsverhältnis am 1. Dezember 2009 beginnt und bis zum 31. Dezember 2015 andauert, wobei die Parteien darüber einig sind, dass der Anspruch des Klägers auf Leistungen in der [X.] vom 1. Dezember 2009 bis zum 31. Dezember 2009 gemäß § 5 Abs. 3 [X.] ruht und etwa bereits gewährte Leistungen zurückzuerstatten sind.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat behauptet, aufgrund der erheblichen Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage in der Betriebsstätte [X.] habe sie im August 2009 entschieden, dort keine Altersteilzeitdienstverhältnisse mehr zu begründen. Der vom Kläger begehrte, sechs Jahre überschreitende [X.]raum begründe eine besondere Kostenlast, die schon allein als Ablehnungsgrund ausreiche. Der Gleichbehandlungsgrundsatz sei nicht verletzt. Eine Vergleichbarkeit mit den beiden Ärzten scheide aus, weil bei diesen die Förderungshöchstdauer nicht überschritten würde. Bei dem Mitarbeiter [X.] sei die Altersteilzeitvereinbarung über fünf Jahre vor dem Antrag des [X.] abgeschlossen worden. Ihre wirtschaftliche Situation sei damals besser gewesen.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die dagegen gerichtete Berufung des [X.] zurückgewiesen. Der Kläger beantragt in der Revision,

        

die Beklagte zu verurteilen, mit ihm einen Altersteilzeitarbeitsvertrag nach Maßgabe der Bestimmungen der Anlage 17 zu den Arbeitsvertragsrichtlinien des [X.] ([X.]) in Form eines Blockmodells nach § 3 Abs. 2 Buchst. a iVm. § 2 der Anlage 17 zu den Arbeitsvertragsrichtlinien des [X.] abzuschließen mit der Maßgabe, dass das Altersteilzeitarbeitsverhältnis am 1. Dezember 2009 beginnt und bis zum 31. Dezember 2015 andauert, wobei sich die Parteien darüber einig sind, dass der Anspruch des Klägers auf Leistungen in der [X.] vom 1. Dezember 2009 bis zum 31. Dezember 2009 gemäß § 5 Abs. 3 [X.] ruht und etwa bereits gewährte Leistungen zurückzuerstatten sind,

        

hilfsweise

        

die Beklagte zu verurteilen, mit dem Kläger einen Altersteilzeitarbeitsvertrag nach Maßgabe der Bestimmungen der Anlage 17 zu den Arbeitsvertragsrichtlinien des [X.] ([X.]) in Form eines Blockmodells nach § 3 Abs. 2 iVm. § 2 der Anlage 17 zu den Arbeitsvertragsrichtlinien des [X.] abzuschließen mit der Maßgabe, dass das Altersteilzeitarbeitsverhältnis am 1. Dezember 2009 beginnt und bis zum 31. Dezember 2015 andauert.

9

Der Kläger trägt erstmals in der Revision vor, dass durch Bescheid der [X.] vom 4. Juli 2011 ein GdB von 30 festgestellt worden sei. Die auf Seite 2 des Bescheids aufgeführten gesundheitlichen Beeinträchtigungen, wie Bauchwandbruch, mehrfache Bauchoperationen mit Dünndarmteilentfernung, Funktionsstörungen der Wirbelsäule, insbesondere Bandscheibenvorfall, Wirbelkanalenge, [X.] links und „Tennisellenbogen“ links, hätten schon seit dem Jahr 2001 vorgelegen, sich aber in den letzten Jahren erheblich verschlechtert.

Entscheidungsgründe

A. Die zulässige Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Die [X.] ist nicht verpflichtet, mit dem Kläger einen [X.] abzuschließen.

I. Die Klage ist zulässig. Der Kläger durfte in der Revision das Eventualverhältnis zwischen seinem Haupt- und Hilfsantrag umkehren. Er hat vor dem [X.] den Abschluss eines [X.]s für die [X.] vom 1. Dezember 2009 bis zum 30. November 2015 als Hauptantrag und hilfsweise für die [X.] vom 1. Dezember 2009 bis zum 31. Dezember 2015 verlangt und stellt im Revisionsverfahren den Hilfsantrag als Haupt- und den Hauptantrag als Hilfsantrag, erweitert bis zum 31. Dezember 2015. Eine solche Umstellung von Haupt- und Hilfsantrag ist auch im Revisionsverfahren noch möglich. Zwar ist in diesem eine Antragsänderung grundsätzlich ausgeschlossen ( § 559 Abs. 1 ZPO ). [X.] können im Revisionsverfahren jedoch aus prozessökonomischen Gründen zugelassen werden, wenn es sich dabei um Fälle des § 264 Nr. 2 ZPO handelt und der neue Sachantrag sich auf den in der Berufungsinstanz festgestellten Sachverhalt und auf den unstreitigen Parteivortrag stützt. Dies trifft auf die Umstellung von Haupt- und Hilfsantrag regelmäßig zu (vgl. [X.] 19. September 2006 - 1 [X.] - Rn. 11, [X.] BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 29 = EzA BetrVG 2001 § 77 Nr. 16; 11. Februar 1992 - 1 [X.]  - zu [X.] der Gründe, [X.]E 69, 302 ). Soweit der Kläger seinen bisherigen Hilfsantrag zum Hauptantrag erhoben hat, handelte es sich nur um eine formelle Klageerweiterung, nachdem das [X.] über beide Anträge entschieden hat. Die Umstellung der Anträge bewirkt damit keine Erweiterung des Prüfprogramms, sodass die Voraussetzungen einer zulässigen Antragsänderung in der Revision aus prozessökonomischen Gründen erfüllt sind.

II. Die Klage ist unbegründet, soweit der Kläger mit seinem Hauptantrag den Abschluss eines [X.]s für die [X.] vom 1. Dezember 2009 bis zum 31. Dezember 2015 verlangt.

1. Der Anspruch folgt nicht aus § 2 Abs. 1 Anlage 17 [X.].

a) Nach § 2 Abs. 1 Anlage 17 [X.] kann der Dienstgeber mit Mitarbeitern, die die in dieser Bestimmung genannten persönlichen Voraussetzungen erfüllen, die Änderung des Dienstverhältnisses in ein Altersteilzeitdienstverhältnis auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes vereinbaren. Der Kläger erfüllte zwar am 1. Dezember 2009 diese persönlichen Voraussetzungen. Er hatte das 55. Lebensjahr und eine Beschäftigungszeit von fünf Jahren vollendet und stand innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem vorgesehenen Beginn des [X.] 1.080 Kalendertage in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem SG[X.]II. Die Regelung in § 2 Abs. 3 Anlage 17 [X.] schließt einen Anspruch des [X.] auf Abschluss des beanspruchten [X.]s jedoch aus.

b) Nach § 2 Abs. 3 Halbs. 1 Anlage 17 [X.] kann der Dienstgeber die Vereinbarung eines [X.] ablehnen, soweit dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe entgegenstehen. Diese liegen gemäß § 2 Abs. 3 Halbs. 2 Anlage 17 [X.] insbesondere vor, wenn durch das Altersteilzeitdienstverhältnis finanzielle Mittel Dritter (kirchliche und öffentliche Zuwendungen, Leistungen der Sozialleistungsträger) gemindert werden oder die Grenze des § 3 Abs. 1 Nr. 3 [X.] überschritten wird. Die Regelung in § 2 Abs. 3 Anlage 17 [X.] räumt dem Dienstgeber das Recht, die Vereinbarung eines [X.] abzulehnen, unabhängig davon ein, ob sich die vom Mitarbeiter beanspruchte Änderung des Dienstverhältnisses in ein Altersteilzeitdienstverhältnis nach § 2 Abs. 1 oder § 2 Abs. 2 Anlage 17 [X.] richtet. Schon deshalb trägt das Argument des [X.] nicht, Mitarbeiter vor Vollendung des 60. Lebensjahres würden gegenüber Mitarbeitern nach Vollendung des 60. Lebensjahres bezüglich ihres Anspruchs auf Abschluss eines [X.]s wegen ihres Alters benachteiligt.

aa) Bereits aus der Formulierung in § 2 Abs. 3 Anlage 17 [X.] („Der Dienstgeber kann die Vereinbarung eines [X.] ablehnen …“) folgt, dass es für das Ablehnungsrecht des Dienstgebers nicht darauf ankommt, ob dieser gemäß § 315 Abs. 1 BGB nach billigem Ermessen zu entscheiden hat, ob er das Angebot eines Mitarbeiters, der zwar das 55. Lebensjahr, aber noch nicht das 60. Lebensjahr vollendet hat, annimmt, ein Altersteilzeitdienstverhältnis einzugehen (§ 2 Abs. 1 Anlage 17 [X.]), oder ob sich der Anspruch des Mitarbeiters nach § 2 Abs. 2 Anlage 17 [X.] richtet, weil er das 60. Lebensjahr vollendet hat und der Dienstgeber deshalb ein Altersteilzeitdienstverhältnis vereinbaren soll. Denn § 2 Abs. 3 Anlage 17 [X.] differenziert nicht zwischen den verschiedenen Ansprüchen auf Altersteilzeit. Der systematische Zusammenhang bestätigt das Auslegungsergebnis. Die Ablehnungsbefugnis des Dienstgebers ist in einem eigenständigen Absatz geregelt und damit nicht untergeordneter Teil der Regelung in § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 Anlage 17 [X.].

bb) Die Regelung in § 2 Abs. 3 Anlage 17 [X.] verpflichtet den Dienstarbeitgeber nicht, bei Vorliegen dringender dienstlicher bzw. betrieblicher Gründe nach pflichtgemäßen Ermessen gemäß § 315 Abs. 1 BGB darüber zu entscheiden, ob er die Vereinbarung eines [X.] ablehnt.

(1) Der Wortlaut „kann ablehnen“ zwingt im Gesamtzusammenhang nicht zu dem Schluss, der Dienstgeber müsse seine Entscheidung nach billigem Ermessen treffen. Das folgt schon aus dem in der Bestimmung genannten, auf die Grenze des § 3 Abs. 1 Nr. 3 [X.] bezogenen Regelbeispiel. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 [X.] muss für Erstattungsleistungen der Arbeitsverwaltung die freie Entscheidung des Arbeitgebers sichergestellt sein, ob er mit [X.] der Arbeitnehmer seines Betriebs Altersteilzeit vereinbart. Schließt eine den Arbeitgeber verpflichtende Regelung diese freie Entscheidung aus, etwa durch die Bindung an billiges Ermessen gemäß § 315 BGB, besteht kein Anspruch auf Refinanzierung durch Erstattungsleistungen der öffentlichen Hand nach § 3 und § 4 [X.]. Der Hinweis in § 2 Abs. 3 Halbs. 2 Anlage 17 [X.] auf § 3 Abs. 1 Nr. 3 [X.] soll sicherstellen, dass die Förderungsvoraussetzungen des [X.] erfüllt werden. Der Senat hat deshalb aus denselben Erwägungen zum Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit vom 5. Mai 1998 in der Fassung des [X.] Nr. 2 vom 30. Juni 2000 ([X.]) entschieden, der Arbeitnehmer habe nach § 2 Abs. 1 [X.] gegen seinen Arbeitgeber keinen Anspruch darauf, dass dieser nach billigem Ermessen darüber entscheidet, ob er mit dem Arbeitnehmer einen Altersteilzeitarbeitsvertrag schließt, wenn die Überlastquote des § 3 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 [X.] überschritten würde ([X.] 15. November 2011 - 9 [X.] - Rn. 21, [X.] 2012, 218).

(2) Die Regelung in § 2 Abs. 1 Anlage 17 [X.], wonach die Änderung des Dienstverhältnisses in ein Altersteilzeitdienstverhältnis „auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes“ vereinbart werden kann, bestätigt das Auslegungsergebnis. Daraus wird deutlich, dass der Abschluss eines [X.] auch an die Voraussetzungen für eine Refinanzierbarkeit mithilfe von Leistungen der [X.] gekoppelt werden sollte (vgl. zu § 2 Abs. 1 [X.], an den sich die Anlage 17 [X.] erkennbar anlehnt: [X.] 15. November 2011 - 9 [X.] - [X.] 2012, 218).

cc) Das in § 2 Abs. 3 Anlage 17 [X.] genannte Regelbeispiel der Minderung finanzieller Mittel ist erfüllt, weil der Kläger den Abschluss eines die Förderungshöchstdauer von sechs Jahren überschreitenden [X.] verlangt. § 4 Abs. 1 [X.] beschränkt die Förderungshöchstdauer auf sechs Jahre. Dies bewirkt, dass der Dienstgeber bei einer längeren Dauer des [X.] nach dem Ende der Förderung die gesamte Aufstockung zu tragen hat, ohne dass ihm eine Refinanzierung möglich ist (vgl. [X.] 4. Oktober 2008 - 9 [X.] - Rn. 21 ff., [X.] TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 41 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 29 ). Allerdings tritt dadurch im engeren Sinne noch keine Minderung von Leistungen eines Sozialleistungsträgers ein. Vielmehr werden nach dem Ende der Förderungshöchstdauer Leistungen überhaupt nicht mehr erbracht. Nach dem eindeutigen Sinn und Zweck des [X.] soll der Anspruch auf Abschluss eines [X.] jedoch ausgeschlossen werden, wenn dem Dienstgeber durch den [X.] zusätzliche Kosten entstehen, weil finanzielle Mittel, die ihm im Regelfall zustehen, nicht gewährt werden. Dabei macht es keinen Unterschied, ob Leistungen gemindert oder überhaupt nicht erbracht werden.

dd) Aus der Regelung in § 5 Abs. 6 Anlage 17 [X.], wonach ein Altersteilzeitdienstverhältnis länger als sechs Jahre dauern kann, folgt nichts anderes. Die Vorschrift stellt lediglich klar, dass ein Mitarbeiter auch dann Anspruch auf [X.] hat, wenn das Altersteilzeitdienstverhältnis länger als sechs Jahre dauert, obgleich die Erstattungsleistungen auf den Sechsjahreszeitraum begrenzt sind (vgl. [X.]/Papenheim Arbeitsrecht der [X.] Stand März 2011 Anlage 17 - § 5 [X.] Rn. 76). Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass der Dienstgeber sein Ablehnungsrecht gemäß § 2 Abs. 3 Anlage 17 [X.] nicht ausüben muss und freiwillig sowie ohne Rücksicht auf die Refinanzierbarkeit auch Altersteilzeitdienstverhältnisse abschließen kann.

2. Der Umstand, dass der Kläger beantragt hat, dass sein Anspruch auf Leistungen für den [X.]nat Dezember 2009 ruht bzw. dass er etwa bereits für diesen [X.]nat gewährte Leistungen zurückerstattet, hindert den Anspruchsausschluss nach § 2 Abs. 3 Anlage 17 [X.] nicht. Das folgt aus § 2 Abs. 1 Anlage 17 [X.], wonach der Dienstgeber die Änderung eines [X.] nur auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes vereinbaren darf. Mit dieser Anbindung an das Altersteilzeitgesetz wird das öffentlich-rechtliche System der an bestimmte Erfordernisse gebundenen Refinanzierung durch Erstattungsleistungen der öffentlichen Hand nach § 3 und § 4 [X.] in die privatrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen mit einbezogen (vgl. zum gleichlautenden [X.]: [X.] 18. Oktober 2011 - 9 [X.] - Rn. 26). Einen Erlass von Altersteilzeitvergütungsansprüchen oder deren Ruhen sieht das [X.] nicht vor. Der Kläger beruft sich insoweit ohne Erfolg auf die Regelung in § 5 Abs. 3 [X.]. Danach ruht der Anspruch des Arbeitgebers auf Förderung, wenn das Arbeitseinkommen aus Mehrarbeit, einer Tätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber oder aus einer selbstständigen Tätigkeit die Geringfügigkeitsgrenze des § 8 SG[X.]V von monatlich 400,00 Euro überschreitet ([X.]/[X.]/[X.] Altersteilzeit 7. Aufl. S. 437; Grimmke/[X.]/[X.] § 5 Rn. 16 ff.). Diese Vorschrift ordnet damit kein Ruhen von Ansprüchen des Arbeitnehmers an, sondern ein Ruhen der Förderung zulasten des Arbeitgebers.

3. Der Anspruch des [X.] folgt auch nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

a) Dieser gebietet dem Arbeitgeber, Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gegebenen Regelung gleichzubehandeln. Der Gleichbehandlungsgrundsatz wird inhaltlich durch den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bestimmt. Bei freiwilligen Leistungen muss der Arbeitgeber die Leistungsvoraussetzungen so abgrenzen, dass Arbeitnehmer nicht aus sachfremden oder willkürlichen Gründen ausgeschlossen werden. Verstößt der Arbeitgeber bei der Gewährung freiwilliger Leistungen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, hat der benachteiligte Arbeitnehmer Anspruch auf die vorenthaltene Leistung ([X.]Rspr., vgl. [X.] 4. Mai 2010 - 9 [X.] - Rn. 23, [X.]E 134, 223; 15. April 2008 - 9 [X.]/07 - Rn. 45, [X.]E 126, 264 ).

b) Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Hinsichtlich der Mitarbeiter Dr. S und Dr. M fehlt es bereits an der Vergleichbarkeit, da ihre Altersteilzeitdienstverhältnisse die Förderungshöchstdauer von sechs Jahren nicht überschreiten. Bezüglich des Mitarbeiters [X.] beruft sich der Kläger auf einen Einzelfall und genügt damit nicht seiner Darlegungslast (vgl. zur Darlegungslast: [X.] 15. Juli 2008 - 3 [X.]  - Rn. 33, [X.] BetrAVG § 1 Auslegung Nr. 6). Die Begünstigung eines einzelnen Arbeitnehmers erlaubt es grundsätzlich noch nicht, auf eine für den Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz erforderliche Gruppenbildung zu schließen. Eine Gruppenbildung liegt vielmehr erst dann vor, wenn die Besserstellung nach bestimmten Kriterien vorgenommen wird, die bei allen Begünstigten vorliegen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist dementsprechend nicht anwendbar, wenn es sich um eine Einzelfallregelung handelt. In einem solchen Fall fehlt der notwendige kollektive Bezug (vgl. [X.] 21. Oktober 2009 - 10 [X.] 664/08  - Rn. 24, [X.] BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 210 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 21). Allein der Umstand, dass die [X.] mit ihrem Mitarbeiter [X.] im Oktober 2003 ein Altersteilzeitdienstverhältnis mit einer Laufzeit von acht Jahren für den [X.]raum vom 1. Januar 2004 bis zum 31. Dezember 2011 vereinbarte, genügt zur Darlegung einer Gruppenbildung nicht. Zudem vereinbarte die [X.] das Altersteilzeitdienstverhältnis mit dem Mitarbeiter [X.] über fünf Jahre vor dem Antrag des [X.].

III. Der Hilfsantrag ist ebenfalls unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vereinbarung eines [X.] für die [X.] vom 1. Dezember 2009 bis zum 31. Dezember 2015. Die [X.] konnte nach § 2 Abs. 3 Anlage 17 [X.] die Vereinbarung eines [X.] auch für diesen [X.]raum ablehnen.

B. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Brühler    

        

    Klose    

        

    Krasshöfer    

        

        

        

    W. Schmid    

        

    [X.]    

                 

Meta

9 AZR 131/11

24.01.2012

Bundesarbeitsgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Krefeld, 12. Mai 2010, Az: 3 Ca 2834/09, Urteil

Anl 17 § 2 Abs 1 DCVArbVtrRL, Anl 17 § 2 Abs 2 DCVArbVtrRL, Anl 17 § 2 Abs 3 DCVArbVtrRL, Anl 17 § 5 Abs 6 DCVArbVtrRL, § 315 Abs 1 BGB, Art 3 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.01.2012, Az. 9 AZR 131/11 (REWIS RS 2012, 9870)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 9870


Verfahrensgang

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Az. 9 AZR 131/11

Bundesarbeitsgericht, 9 AZR 131/11, 24.01.2012.


Az. 3 Ca 2834/09

Arbeitsgericht Krefeld, 3 Ca 2834/09, 12.05.2010.


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7 Sa 1288/10 (Landesarbeitsgericht Düsseldorf)


13 Sa 1543/08 (Landesarbeitsgericht Köln)


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12 Sa 741/14

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