Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.01.2016, Az. VI ZR 491/14

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 17907

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:120116UVIZR491.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
VI [X.]

Verkündet am:

12. Januar 2016

Holmes

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Ges[X.]häftsstelle
in dem Re[X.]htsstreit

Na[X.]hs[X.]hlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

OEG § 5; [X.] §§ 30 ff.; BGB § 252; ZPO § 287
a)
Die Grundrente na[X.]h §
31 [X.] hat keine Lohnersatzfunktion und dient ihrer Zwe[X.]kbestimmung na[X.]h anders als die Ausglei[X.]hsrente und der Berufss[X.]ha-densausglei[X.]h ni[X.]ht der Bestreitung des Lebensunterhalts.
b)
Zu der für die Bemessung des [X.] erforderli[X.]hen Prognose der hypothetis[X.]hen Einkommensentwi[X.]klung bei einem bereits langjährig im Erwerbsleben stehenden Ges[X.]hädigten.
[X.], Urteil vom 12. Januar 2016 -
VI [X.] -
OLG Celle

LG [X.]

-
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-

Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündli[X.]he Verhandlung vom 12. Januar 2016 dur[X.]h den Vorsitzenden [X.] Galke
und die [X.]in-nen von [X.], [X.], Dr. Roloff
und Müller
für Re[X.]ht erkannt:
Auf die Revision des
Beklagten wird das Urteil des 5.
Zivilsenats des
[X.]s Celle
vom 30.
Oktober 2014 aufgehoben.
Die Sa[X.]he wird zur neuen Verhandlung und Ents[X.]heidung, au[X.]h über die Kosten des Revisionsre[X.]htszuges, an das
Be-rufungsgeri[X.]ht zurü[X.]kverwiesen.
Von Re[X.]hts wegen

Tatbestand:
Das klagende Land nimmt den Beklagten aus übergegangenem Re[X.]ht auf Ersatz von Leistungen in Anspru[X.]h, die es na[X.]h dem [X.] und dem [X.] an den Ges[X.]hädigten
H.
S. er-bra[X.]ht hat. Der Beklagte ist der Na[X.]hlassverwalter des verstorbenen [X.].
Der am 7.
Februar 1957 geborene Ges[X.]hädigte war na[X.]h zunä[X.]hst an-gestellter Tätigkeit seit dem [X.] selbständig als Tis[X.]hlermeister tätig. Am 1.
Juli 2004 wurde über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet. Seine selbständige Tätigkeit stellte er ein. Ab März 2006 war er erneut selbständig tätig und bezog Leistungen aufgrund einer Förderungsmaßnahme zur Wieder-1
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eingliederung Arbeitsloser. Am 12.
Juli 2007 versu[X.]hte der S[X.]hädiger, den [X.] zu töten. Der Ges[X.]hädigte erlitt lebensgefährli[X.]he Verletzungen und erhebli[X.]he bleibende S[X.]häden.

Der Kläger verlangt von dem Beklagten aus übergegangenem Re[X.]ht Er-stattung erbra[X.]hter
Rentenleistungen für den [X.]raum vom 1.
Juli 2007 bis 30.

monatli[X.]h 1.494

ab dem 1.
Juli 2007, 1.504

Juli 2008, 1.535

Juli 2009 und 1.548

Juli 2011) sowie die Feststellung, dass der Beklagte verpfli[X.]htet sei, dem Kläger diejenigen weiteren Aufwendungen zu ersetzen, die ihm na[X.]h dem Opferents[X.]hädigungsgesetz und dem [X.] gegenüber dem Ges[X.]hädigten wegen der am 12.
Juli 2007 von dem S[X.]hädiger begangenen Körperverletzung obliegen, soweit gesetzli[X.]he S[X.]hadensersatzan-sprü[X.]he auf den Kläger übergegangen sind. Der Beklagte meint, der [X.] Verdienstausfall sei übersetzt.
Das [X.] hat der Klage in Höhe von 64.440

we-gen der von dem Kläger im [X.]raum vom 1.
Januar 2009 bis 30.
Juni 2012 ge-zahlten Rentenleistungen sowie hinsi[X.]htli[X.]h des Feststellungsanspru[X.]hs statt-gegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Das [X.] hat die Beru-fung
des Beklagten zurü[X.]kgewiesen und ihn auf die Berufung des [X.] ver-urteilt, weitere 26.952

wegen der von dem Kläger an den Ges[X.]hädigten im [X.]raum vom 1.
Juli 2007 bis 31.
Dezember 2008 gezahlten Rentenleistungen nebst Zinsen zu zahlen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Abweisungsantrag weiter.

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Ents[X.]heidungsgründe:
A.
Das Berufungsgeri[X.]ht hat ausgeführt, der Kläger habe gegen den [X.] aus übergegangenem Re[X.]ht einen Anspru[X.]h auf Erstattung der von ihm an den Ges[X.]hädigten geleisteten Rentenleistungen (Grundrente und Berufs-s[X.]hadensausglei[X.]h) in der [X.] vom 1.
Juli 2007 bis 30.
Juni 2012. Der Kläger sei ni[X.]ht in der Lage, den Verdienstausfall des Ges[X.]hädigten aus selbständiger Tätigkeit darzulegen. Im [X.]punkt der Tat habe si[X.]h der Ges[X.]hädigte no[X.]h im Wiederaufbau der
selbständigen Tätigkeit befunden. Die voraussi[X.]htli[X.]he beruf-li[X.]he Entwi[X.]klung sei daher s[X.]hwer zu beurteilen. Na[X.]h der Re[X.]htspre[X.]hung des [X.] gebiete §
252 BGB
eine Prognose entspre[X.]hend dem gewöhnli[X.]hen
Lauf der Dinge, insbesondere auf der Grundlage dessen, was zur Ausbildung und bisherigen berufli[X.]hen Situation des Betroffenen festgestellt werden könne. Dabei müsse der Ges[X.]hädigte
zwar so weit wie mögli[X.]h [X.] Anhaltspunkte für diese Prognose dartun. Es dürften aber au[X.]h keine
zu ho-hen Anforderungen gestellt werden. Das gelte insbesondere dort, wo der Ge-s[X.]hädigte, etwa weil er
no[X.]h am Anfang einer berufli[X.]hen Entwi[X.]klung gestan-den habe, nur wenige konkrete Anhaltspunkte dazu liefern könne, wie si[X.]h sein Erwerbsleben voraussi[X.]htli[X.]h gestaltet hätte.
Da die vom Kläger vorgelegten Unterlagen ni[X.]ht ausrei[X.]hten, eine für die S[X.]hadensermittlung au[X.]h nur halbwegs si[X.]here Prognose über die zukünftige Entwi[X.]klung der selbständigen Tätigkeit des Ges[X.]hädigten zu geben, liege es nahe, bei den [X.] darauf abzustellen, was na[X.]h dem gewöhn-li[X.]hen Lauf der Dinge von einem voraussi[X.]htli[X.]h dur[X.]hs[X.]hnittli[X.]hen Erfolg des Ges[X.]hädigten in seiner Tätigkeit zu erwarten gewesen wäre. Als Grundlage sei dafür heranzuziehen, was ein angestellter Tis[X.]hlermeister im Alter des Ges[X.]hä-5
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digten na[X.]h dem für den Raum [X.] gültigen Tarifvertrag dur[X.]hs[X.]hnittli[X.]h verdient hätte. Das sei der Mindestverdienst, den der Ges[X.]hädigte [X.] könne.

B.
Die Revision hat Erfolg.

I.
Die Revision ist insgesamt zulässig. Sie ist entgegen der Ansi[X.]ht des [X.] au[X.]h hinsi[X.]htli[X.]h der Feststellungsverurteilung ausrei[X.]hend begründet, §
551 ZPO. Denn die Revision wendet si[X.]h mit der Rüge, die Annahme eines
Forderungsübergangs
na[X.]h §
5 OEG in Verbindung mit §
81a [X.] werde dur[X.]h die Feststellungen des Berufungsgeri[X.]hts ni[X.]ht getragen, (au[X.]h) gegen die Feststellungsverurteilung.

II.
Die Revision ist begründet.
1. Die bisherigen Feststellungen des Berufungsgeri[X.]hts
tragen
seine Be-urteilung
ni[X.]ht, dem klagenden Land stehe ein Anspru[X.]h auf Erstattung der von ihm im [X.]raum vom 1.
Juli 2007 bis 30.
Juni 2012 an den Ges[X.]hädigten ge-leisteten Rentenleistungen (Grundrente und [X.]) zu, §
823 Abs.
1, §
843 Abs.
1 BGB, §
5 OEG in Verbindung mit §
81a [X.].

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a)
Zwar geht das Berufungsgeri[X.]ht entgegen der Ansi[X.]ht der Revision zutreffend davon aus, dass ein dem Ges[X.]hädigten gegen den S[X.]hädiger zu-stehender S[X.]hadensersatzanspru[X.]h aus unerlaubter Handlung, der dem [X.] na[X.]h zwis[X.]hen den Parteien ni[X.]ht im Streit ist, gemäß §
5 OEG in Verbin-dung mit
§
81a [X.] auf das klagende Land als dem na[X.]h §
4 OEG im Rahmen der Opferents[X.]hädigung leistungspfli[X.]htigen Versorgungsträger übergegangen ist. Dieser Forderungsübergang setzte ni[X.]ht, wie das Berufungsgeri[X.]ht [X.] haben könnte, eine Leistungserbringung na[X.]h dem [X.] voraus. Vielmehr vollzog er si[X.]h, da angesi[X.]hts der Verletzungen des Ges[X.]hädigten von Anfang an die Mögli[X.]hkeit von
Versorgungsleistungen na[X.]h diesem Gesetz bestanden hatte, bereits im [X.]punkt der dem S[X.]hädiger zur Last gelegten Verletzungshandlung. Er erfasste na[X.]h §
81a [X.] den S[X.]ha-densersatzanspru[X.]h des Ges[X.]hädigten im Umfang der Pfli[X.]ht zur Gewährung kongruenter Leistungen, die vom klagenden Land auf der Grundlage des §
1 OEG in Verbindung mit den Vors[X.]hriften des [X.]es bei Antragstellung des Verletzten zu erbringen waren (vgl. Senat, Urteil vom 28.
März 1995 -
VI [X.], NJW 1995, 2413 unter [X.]).
b)
Zu Unre[X.]ht nimmt das
Berufungsgeri[X.]ht
aber an, dass die von dem klagenden Land an den Ges[X.]hädigten geleistete Grundrente mit dem im vorlie-genden Verfahren geltend gema[X.]hten Verdienstausfalls[X.]haden
kongruent sei. Die Grundrente na[X.]h §
31 [X.] ist in erster Linie darauf geri[X.]htet, den [X.] des Ges[X.]hädigten aufzufangen. Sie hat keine Lohnersatzfunktion und dient ihrer Zwe[X.]kbestimmung na[X.]h -
anders als die Ausglei[X.]hsrente gemäß §
32 [X.] und der [X.] gemäß §
30 Abs.
3 ff.
[X.]
-
ni[X.]ht der Bestreitung des Lebensunterhalts (Senat, Urteil vom 4.
Juni 1985 -
VI
ZR 17/84, NJW-RR 1986, 370 unter II 3 [X.]; BVerwGE 137, 85 Rn.
26; Kni[X.]krehm/[X.], Gesamtes Soziales Ents[X.]hädigungsre[X.]ht, §
81 [X.] Rn.
18; [X.]/
[X.], OEG, 6.
Aufl., Teil B
I 3 Rn.
25, 27, 43). Dass die Grundrente na[X.]h ei-11
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ner
Minderung der Erwerbsfähigkeit des Ges[X.]hädigten bere[X.]hnet wird, bedeu-tet ni[X.]ht, dass sie dem Ausglei[X.]h einer konkreten Erwerbseinbuße dient (Senat, Urteil vom 4.
Juni 1985 -
VI
ZR 17/84, NJW-RR
1986, 370 unter II 3 a [X.]).
[X.])
Die Revision rügt ferner zu Re[X.]ht, dass das Berufungsgeri[X.]ht bei der von ihm vorgenommenen
S[X.]hadenss[X.]hätzung Re[X.]htsgrundsätze der S[X.]ha-densbemessung verkannt und weder den Vortrag des Beklagten no[X.]h die Fest-stellungen des [X.]s zu den berufli[X.]hen Aussi[X.]hten des Ges[X.]hädigten in der gebotenen Weise berü[X.]ksi[X.]htigt hat, §
287 Abs.
1 ZPO.
Eine vom Tatri[X.]hter gemäß §
287 Abs.
1 ZPO na[X.]h freiem Ermessen vorzunehmende S[X.]hadenss[X.]hätzung unterliegt der bes[X.]hränkten Na[X.]hprüfung dur[X.]h das Revisionsgeri[X.]ht dahin, ob der [X.] Re[X.]htsgrundsätze der S[X.]ha-densbemessung verkannt, wesentli[X.]he Bemessungsfaktoren außer Betra[X.]ht gelassen oder seiner S[X.]hätzung unri[X.]htige Maßstäbe zugrunde gelegt hat
([X.], Urteil vom 9.
November 2010 -
VI [X.], [X.], 229 Rn.
6 [X.]).
Sol[X.]he Fehler hat die Revision hier aufgezeigt.

aa) Die Revision rügt zu Re[X.]ht, dass das Berufungsgeri[X.]ht dem Kläger S[X.]hadensersatz bereits ab dem 1.
Juli 2007 zugespro[X.]hen hat, obwohl das s[X.]hädigende Ereignis erst am 12.
Juli 2007 eingetreten ist. Gemäß §
843 Abs.
2 BGB in Verbindung mit §
760 Abs.
2 BGB ist eine Geldrente für drei Mo-nate im Voraus
zu
zahlen. Der vom S[X.]huldner einzuhaltende Zahlungsrhythmus beginnt im Grundsatz mit dem anspru[X.]hsbegründenden Ereignis. [X.] dazu, dass die Parteien etwa zur Verwaltungsvereinfa[X.]hung eine Umstel-lung auf Kalendermonate vereinbart hätten (vgl. Mün[X.]hKommBGB/Habersa[X.]k, 6.
Aufl., §
760 Rn.
4), hat das Berufungsgeri[X.]ht ni[X.]ht getroffen.
[X.]) Die Revision ma[X.]ht ferner zu Re[X.]ht geltend, dass das Berufungsge-ri[X.]ht die Grenzen seines Ermessens übers[X.]hritten hat, indem es die von dem 13
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[X.] festgestellten und von den Parteien vorgetragenen konkreten [X.], wie si[X.]h das Erwerbsleben des Ges[X.]hädigten voraussi[X.]htli[X.]h ent-wi[X.]kelt hätte, außer A[X.]ht gelassen hat, §
252 Satz
2 BGB in Verbindung mit §
287 Satz
1 ZPO.
Die erlei[X.]hterte S[X.]hadensbere[X.]hnung na[X.]h §
252 Satz
2 BGB in Verbin-dung mit §
287 Abs.
1 ZPO lässt eine völlig abstrakte Bere[X.]hnung des Er-werbss[X.]hadens ni[X.]ht zu. Sie
verlangt vielmehr die Darlegung konkreter [X.] für die S[X.]hadensermittlung. Der zu ersetzende S[X.]haden liegt ni[X.]ht im Wegfall oder der Minderung der Arbeitskraft als sol[X.]her, sondern setzt vo-raus, dass si[X.]h dieser Ausfall oder die Beeinträ[X.]htigung der Arbeitsfähigkeit si[X.]htbar im [X.] konkret ausgewirkt hat
(Senat, Urteil vom 5.
Mai 1970 -
VI [X.], [X.]Z 54, 45, 52 f.). Daher geht es ni[X.]ht an, einem [X.], dessen Arbeitskraft im arbeitsfähigen Alter beeinträ[X.]htigt worden ist, ohne hinrei[X.]hende Anhaltspunkte dafür, wie si[X.]h seine Erwerbstätigkeit ohne das s[X.]hädigende Ereignis voraussi[X.]htli[X.]h entwi[X.]kelt hätte, glei[X.]hsam paus[X.]hal einen (abstrakt ges[X.]hätzten) "Mindests[X.]haden"
zuzuspre[X.]hen (Senat, Urteil vom 17.
Januar 1995 -
VI [X.], NJW 1995, 1023 unter [X.] a).
Es dürfen an die erforderli[X.]hen Darlegungen des Ges[X.]hädigten jedo[X.]h au[X.]h keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Dies
gilt insbesondere dort, wo der Ges[X.]hädigte, etwa weil er im [X.]punkt des S[X.]hadensereignisses no[X.]h in der Ausbildung oder am Anfang einer berufli[X.]hen Entwi[X.]klung stand, nur wenige konkrete Anhaltspunkte dazu liefern kann, wie si[X.]h sein Erwerbsle-ben voraussi[X.]htli[X.]h gestaltet hätte. Es darf dabei ni[X.]ht außer A[X.]ht gelassen werden, dass es in der Verantwortli[X.]hkeit des S[X.]hädigers liegt, dass der Ge-s[X.]hädigte in einem so frühen [X.]punkt seiner berufli[X.]hen Entwi[X.]klung aus der Bahn geworfen wurde, woraus si[X.]h erst die besondere S[X.]hwierigkeit ergibt, nun eine Prognose über deren Verlauf anzustellen. In derartigen Fällen
darf si[X.]h der 17
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Tatri[X.]hter
seiner Aufgabe, auf der Grundlage der §§
252 BGB und 287 ZPO eine S[X.]hadensermittlung vorzunehmen, ni[X.]ht vors[X.]hnell unter Hinweis auf die Unsi[X.]herheit mögli[X.]her Prognosen entziehen (Senat, Urteile
vom 17.
Februar 1998 -
VI [X.], [X.], 1633 unter [X.]; vom 3.
März 1998 -
VI
ZR 385/96, [X.], 1634 unter [X.] [X.]; vom 20.
April 1999 -
VI ZR
65/98, NJW-RR 1999, 1039 unter [X.]; vom 9.
November 2010 -
VI [X.], NJW 2011, 1146 Rn. 17).
Soweit si[X.]h keine Anhaltspunkte ergeben, die überwiegend für einen [X.] oder einen Misserfolg spre[X.]hen, liegt es nahe, na[X.]h dem gewöhnli[X.]hen Lauf der Dinge von einem voraussi[X.]htli[X.]h dur[X.]hs[X.]hnittli[X.]hen Erfolg des [X.] in seiner Tätigkeit auszugehen und auf dieser Grundlage die weitere Prognose der entgangenen Einnahmen anzustellen und den S[X.]haden gemäß §
287 ZPO zu s[X.]hätzen; verbleibenden Risiken kann dur[X.]h gewisse Abs[X.]hläge Re[X.]hnung getragen werden. Insoweit sind dem weiten Ermessen des Tatri[X.]h-ters zur S[X.]hadenss[X.]hätzung allerdings au[X.]h Grenzen gesetzt. Insbesondere darf er si[X.]h ni[X.]ht über Vorbringen des S[X.]hädigers, das für die S[X.]hadenss[X.]hät-zung von Bedeutung ist, ohne weiteres hinwegsetzen oder dies ohne den [X.] eigener Sa[X.]hkunde und die Hinzuziehung sa[X.]hverständiger Hilfe als uner-hebli[X.]h oder widerlegt ansehen (Senat, Urteil vom 9.
November 2010 -
VI [X.], NJW 2011, 1146 Rn. 18
f. [X.]).
Diesen Grundsätzen wird die Ents[X.]heidung des Berufungsgeri[X.]hts ni[X.]ht gere[X.]ht. Das Berufungsgeri[X.]ht
hat die von dem [X.] festgestellten und von den Parteien vorgetragenen konkreten Anhaltspunkte, wie si[X.]h das Er-werbsleben des Ges[X.]hädigten voraussi[X.]htli[X.]h entwi[X.]kelt hätte, außer A[X.]ht ge-lassen. Es hat si[X.]h seiner Aufgabe, auf der Grundlage von §
252 BGB und §
287 ZPO eine S[X.]hadensermittlung mögli[X.]hst anhand konkreter Anhaltspunkte vorzunehmen, vors[X.]hnell entzogen, und dem Ges[X.]hädigten entgegen den für 19
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die S[X.]hadensbere[X.]hnung geltenden Grundsätzen glei[X.]hsam paus[X.]hal einen abstrakt ges[X.]hätzten S[X.]haden für den Wegfall seiner Arbeitskraft zugespro-[X.]hen.
(1) Die im [X.] aufgenommene selbständige Tätigkeit des Ges[X.]hä-digten hat im Jahr 2004 unstreitig in einem Misserfolg -
dem am 1.
Juli 2004 eröffneten Insolvenzverfahren
-
geendet. Dana[X.]h hat er knapp zwei Jahre -
bis zum März 2006
-
ni[X.]ht gearbeitet. Der Beklagte hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass der Kläger zu dem Einkommen des Ges[X.]hädigten in den Jahren 2000 bis 2006 ni[X.]hts vorgetragen hat,
und geltend gema[X.]ht, der Ges[X.]hädigte habe in seiner berufli[X.]hen Laufbahn niemals einen regelmäßigen und dauerhaften Reingewinn in einer Höhe erzielt, der den nunmehr geltend gema[X.]hten Rentenleistungen entspre[X.]he. Das Berufungsgeri[X.]ht hat indes we-der die unstreitige berufli[X.]he Entwi[X.]klung des Ges[X.]hädigten, die jedenfalls für einen gewissen [X.]raum seines Berufslebens auf einen Misserfolg s[X.]hließen lässt, no[X.]h das Vorbringen des Beklagten erkennbar in Betra[X.]ht gezogen.
Soweit es
unter Hinweis auf die Re[X.]htspre[X.]hung des Senats (Urteil vom 17. Februar 1998 -
VI [X.], aaO) darauf abstellt, es dürften insbesondere dann ni[X.]ht zu hohe Anforderungen an die Darlegung eines konkreten Erwerbs-s[X.]hadens gestellt werden, wenn der Ges[X.]hädigte, etwa weil er no[X.]h am Anfang einer berufli[X.]hen Entwi[X.]klung gestanden habe, nur wenige konkrete Anhalts-punkte dazu liefern könne, wie si[X.]h sein Erwerbsleben voraussi[X.]htli[X.]h gestaltet hätte, übersieht es, dass der Ges[X.]hädigte seine bereits zuvor ausgeübte [X.] na[X.]h der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen (ledigli[X.]h) wieder aufgenommen
hatte.
(2) Für die Jahre 2007 und 2008 hat der Kläger na[X.]h den von dem Beru-fungsgeri[X.]ht in Bezug genommenen Feststellungen des [X.]s
konkrete 21
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Anhaltspunkte für einen Erwerbss[X.]haden des Ges[X.]hädigten ni[X.]ht dargelegt. Das [X.] hat dazu ausgeführt, es sei ni[X.]ht ersi[X.]htli[X.]h,
dass der Betrieb des Ges[X.]hädigten Gewinn abgeworfen habe. Obwohl das Berufungsgeri[X.]ht anderweitige Feststellungen ni[X.]ht getroffen hat, hat es angenommen, dem [X.] sei in dem [X.]raum vom 1.
Juli 2007 bis 31.
Dezember 2008 ein dem dur[X.]hs[X.]hnittli[X.]hen Gehalt eines angestellten Tis[X.]hlermeisters entspre-[X.]hender Erwerbss[X.]haden entstanden. Zu Re[X.]ht rügt die Revision, dass es dem Kläger damit glei[X.]hsam paus[X.]hal einen S[X.]haden für den Wegfall seiner Ar-beitskraft zugespro[X.]hen hat.
(3) Der Beklagte hat s[X.]hließli[X.]h den Vortrag des [X.], der Ges[X.]hädig-te hätte
bei au[X.]h weiterhin s[X.]hle[X.]hter Einkommenslage eine abhängige Be-s[X.]häftigung vorgezogen, wenn ihm sein Betrieb ni[X.]ht dauerhaft ein besseres Einkommen gewährleistet hätte, bestritten und darauf hingewiesen, angesi[X.]hts des Umstandes, dass der Ges[X.]hädigte na[X.]h Eröffnung des Insolvenzverfahrens knapp zwei Jahre ni[X.]ht gearbeitet und sodann erneut eine selbständige [X.] aufgenommen habe, spre[X.]he viel dafür, dass er eine abhängige Tätigkeit entweder ni[X.]ht gefunden oder ni[X.]ht gesu[X.]ht habe. Er hat ferner vorgetragen, der Umstand, dass eine Vermittlung des Ges[X.]hädigten in eine abhängige Be-s[X.]häftigung ges[X.]heitert sei, sei im Jahr 2006 alleiniger Grund für die Wieder-aufnahme der selbständigen Tätigkeit gewesen. Au[X.]h insoweit rügt die Revision zu Re[X.]ht, dass das Berufungsgeri[X.]ht dieses für die S[X.]hadenss[X.]hätzung we-sentli[X.]he Vorbringen des Beklagten bei seiner Ents[X.]heidung ni[X.]ht erkennbar berü[X.]ksi[X.]htigt hat.
2. Hinsi[X.]htli[X.]h der Feststellungsverurteilung hat die Revision Erfolg, weil der Inhalt des Urteilsausspru[X.]hs unbestimmt ist, §
313 Abs.
1 Nr.
4 ZPO. Das ist im Rahmen der dur[X.]h die Revision des Beklagten veranlassten Re[X.]htsprü-fung von Amts wegen zu berü[X.]ksi[X.]htigen (vgl. [X.], Urteil vom 20.
Februar 24
25
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12
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1997 -
I
ZR 13/95, [X.]Z 135, 1, 6 ff.). Ob die Feststellungsverurteilung si[X.]h auf den Ersatz (aller) weiteren dem Kläger na[X.]h dem Opferents[X.]hädigungsgesetz obliegenden Aufwendungen bezieht
oder sie si[X.]h -
wie das [X.] und das Berufungsgeri[X.]ht wegen der
ledigli[X.]h auf den Erwerbss[X.]haden bes[X.]hränkten Gründe und der
nur diesen berü[X.]ksi[X.]htigenden Streitwertfestsetzung [X.] haben
könnten -

auf diejenigen Aufwendungen
bes[X.]hränkt, die mit dem Erwerbss[X.]haden kongruent sind, lässt si[X.]h dem Berufungsurteil ni[X.]ht mit der erforderli[X.]hen Klarheit entnehmen.

III.
Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben, sondern ist auf-zuheben und mangels Ents[X.]heidungsreife zur neuen Verhandlung und
Ent-s[X.]heidung an das Berufungsgeri[X.]ht zurü[X.]kzuverweisen (§
562 Abs. 1, §
563 Abs.
1 Satz 1 ZPO).
Bei der neuen
Verhandlung und Ents[X.]heidung wird das Berufungsgeri[X.]ht Gelegenheit haben, si[X.]h mit dem weiteren Vortrag der Parteien in der Revisi-onsinstanz auseinanderzusetzen
und die Rei[X.]hweite der Feststellungsverurtei-lung klarzustellen.
Es wird insbesondere zu berü[X.]ksi[X.]htigen haben, dass der Kläger, der dies mit seiner Berufung ausdrü[X.]kli[X.]h gerügt hat, ni[X.]ht -
wie von dem [X.] und dem Berufungsgeri[X.]ht angenommen
-
Ersatz der in den fragli[X.]hen [X.]räumen geleisteten Grundrente, sondern Ersatz der geleisteten Ausglei[X.]hsrente begehrt.

Der Kläger dürfte
-
worauf der Beklagte bereits hingewiesen hat
-
weitere Mögli[X.]hkeiten haben, zu den von dem Ges[X.]hädigten im [X.]raum von März 2006 bis zum 1. Juli 2007 erzielten Gewinnen vorzutragen. Denn entweder war 26
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-

das Insolvenzverfahren im März 2006 bereits aufgehoben und es lief no[X.]h die Abtretungsfrist (§
287 Abs. 2, §
295 Abs. 2 [X.]), oder eine Aufhebung des [X.] war no[X.]h ni[X.]ht erfolgt und das Ges[X.]häft freigegeben (§
35 Abs.
2, §
295 Abs.
2 [X.]). In beiden Fällen oblag es dem gegenüber dem In-solvenzverwalter und Treuhänder umfassend auskunftspfli[X.]htigen Ges[X.]hädig-ten, Gewinne aus der selbständigen Tätigkeit, die über einen etwaigen pfändba-ren Betrag bei abhängiger Tätigkeit hinausgehen, jedenfalls jährli[X.]h an die Masse abzuführen (vgl. [X.], Urteil vom 13.
März
2014 -
IX ZR 43/12, NJW-RR 2014, 617
Rn.
17 f.). Es ist
weder ersi[X.]htli[X.]h
no[X.]h dargetan, weshalb es dem Kläger ni[X.]ht mögli[X.]h sein sollte, die im Insolvenzverfahren erstatteten Beri[X.]hte

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14
-

vorzulegen. Glei[X.]hes gilt im Übrigen hinsi[X.]htli[X.]h der Ursa[X.]hen für die Insolvenz sowie der Gewinne beziehungsweise Verluste
aus der selbständigen Tätigkeit des Ges[X.]hädigten in den Jahren vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Galke
von [X.]
Oehler

Roloff
Müller

Vorinstanzen:
LG [X.], Ents[X.]heidung vom 19.11.2013 -
9 O 363/12 -

OLG Celle, Ents[X.]heidung vom 30.10.2014 -
5 [X.] -

Meta

VI ZR 491/14

12.01.2016

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.01.2016, Az. VI ZR 491/14 (REWIS RS 2016, 17907)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 17907

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VI ZR 491/14

VI ZR 300/08

IX ZR 43/12

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