Bundesfinanzhof, Urteil vom 28.04.2010, Az. III R 44/08

3. Senat | REWIS RS 2010, 7144

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Gegenstand

Anspruch des Jugendhilfeträgers auf Erstattung von Kindergeld wegen Jugendhilfeleistungen - Bei mehreren Kindern des Kindergeldberechtigten Aufteilung des Gesamtkindergeldes nach Köpfen - Besonderheiten beim Abkommenskindergeld


Leitsatz

1. Wird Kindergeld für mehrere Kinder gewährt, ist der Anspruch auf Erstattung des Kindergeldes wegen der für einzelne Kinder erbrachten Jugendhilfeleistungen entsprechend § 76 Satz 2 Nr. 1 EStG zu ermitteln. Maßgeblich ist der Betrag, der sich bei einer Aufteilung des gesamten Kindergeldes nach der Anzahl der Kinder ergibt, für die Kindergeld gezahlt wird .

2. Bei der Aufteilung des Kindergeldes ist zu trennen zwischen dem Kindergeld nach § 66 EStG und dem Kindergeld nach dem deutsch-türkischen Abkommen. Maßgeblich für die Ermittlung des einzelnen Erstattungsanspruchs ist jeweils nur dasjenige Kindergeld, das nach den gleichen Vorschriften gezahlt wird wie das Kindergeld für das Kind, auf das sich der Erstattungsanspruch bezieht .

Tatbestand

1

I. Die [X.]eklagte und Revisionsbeklagte ([X.]amilienkasse) setzte für fünf Kinder des [X.]eigeladenen, eines [X.] Staatsangehörigen, Kindergeld ab Juni 2006 in Höhe von insgesamt 387,25 € monatlich fest. [X.]ür die beiden in der [X.] lebenden Töchter [X.] und [X.] als erstes bzw. drittes Kind des [X.]eigeladenen belief sich das Kindergeld auf jeweils 154 € monatlich. [X.]ür die drei in der [X.] lebenden Kinder gewährte die [X.]amilienkasse nur das niedrigere sog. Abkommenskindergeld (monatlich 12,78 € bzw. 30,68 € bzw. 35,79 € je Kind) gemäß Art. 46 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Einkommensteuerreformgesetz ([X.]) i.V.m. Art. 33 Abs. 2 des Abkommens zwischen der [X.] und der Republik [X.] über Soziale Sicherheit --deutsch-türkisches Abkommen-- ([X.] 1965, 1169; [X.] 1972, 1; [X.] 1975, 373; [X.] 1986, 1038).

2

Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe (Kläger und Revisionskläger --Kläger--) leistete für [X.] und [X.] Hilfe zur Erziehung in einer betreuten Wohnform gemäß §§ 41, 34 des [X.] ([X.]) bzw. gemäß §§ 27, 34 [X.]. Hierfür zog er den [X.]eigeladenen mit [X.]escheiden vom 8. Mai 2006 zu Kostenbeiträgen in Höhe von jeweils 154 € monatlich heran. Der [X.]eigeladene zahlte diese Kostenbeiträge nicht. Mit Schreiben vom 24. Mai 2006 meldete der Kläger wegen der gewährten Hilfen einen Erstattungsanspruch bei der [X.]amilienkasse an und bat um Überweisung des laufenden Kindergeldes für [X.] und [X.]. Die [X.]amilienkasse erstattete dem Kläger für [X.] und [X.] jeweils nur einen [X.]etrag von 77,45 € monatlich.

3

Das [X.]inanzgericht ([X.]G) wies die Klage, mit welcher der Kläger die Erstattung von jeweils 154 € monatlich für [X.] und [X.] begehrte, durch Urteil vom 17. April 2008  10 K 10521/06 [X.] (Entscheidungen der [X.]inanzgerichte --E[X.]G-- 2008, 1399) ab. Es führte im Wesentlichen aus, die Klage sei als Leistungsklage gemäß § 40 Abs. 1 Alternative 3 der [X.]inanzgerichtsordnung ([X.]GO) zulässig, aber unbegründet. Der Kläger habe nach § 94 Abs. 3 Satz 2 [X.], § 74 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG), § 104 Abs. 1 Satz 4 des Zehnten [X.]uches Sozialgesetzbuch (SG[X.] X) wegen der [X.] für [X.] und [X.] dem Grunde nach einen Anspruch auf Erstattung gegen die [X.]amilienkasse. Jedoch könne der Kläger nicht den [X.]etrag verlangen, der gemäß § 66 Abs. 1 EStG als Kindergeld für [X.] und [X.] gezahlt werde. Entsprechend § 76 Satz 2 Nr. 1 EStG sei nur der [X.]etrag zu erstatten, der bei gleichmäßiger Verteilung des Kindergeldes auf jedes dieser Kinder entfalle. Der Kläger habe daher --unter [X.]erücksichtigung des für die drei weiteren Kinder des [X.]eigeladenen gezahlten Abkommenskindergeldes-- lediglich einen Anspruch auf Erstattung von jeweils 77,45 € (387,25 € : 5 = 77,45 €) für [X.] und [X.].

4

Mit seiner Revision trägt der Kläger im Wesentlichen vor, die entsprechende Anwendung von § 76 Satz 2 Nr. 1 EStG sei rechtswidrig. Der Gesetzgeber habe in § 74 Abs. 2 EStG bewusst nicht auf § 76 EStG verwiesen. § 94 Abs. 3 Satz 2 [X.] i.V.m. § 74 Abs. 2 EStG i.V.m. § 104 Abs. 3 SG[X.] X bildeten ein gegenüber den §§ 74 Abs. 1, 76 EStG selbständiges Regelungssystem. § 94 Abs. 3 Satz 2 [X.] greife auf den Wortlaut des § 1612b Abs. 1 des [X.]ürgerlichen Gesetzbuchs ([X.]G[X.]) zurück. Die [X.]ormulierung in § 1612b Abs. 1 [X.]G[X.] "das auf das Kind entfallende Kindergeld" sei nach der Rechtsprechung der [X.]amiliengerichte so zu verstehen, dass das Kindergeld gemäß dem sog. Einzelprinzip für jedes einzelne Kind in der durch §§ 66, 65 Abs. 2 EStG vorgegebenen Höhe angerechnet werde. Der Jugendhilfeträger solle durch den Erstattungsanspruch die Kosten für seine Unterhaltsleistungen wenigstens in Höhe des für dieses individuelle Kind gezahlten Kindergeldes erhalten, wenn der Unterhaltsverpflichtete keinen Kostenbeitrag leiste. In den [X.]ällen, in denen die Einzelbeträge des insgesamt gezahlten Kindergeldes stark differierten, weil für im Ausland lebende Kinder ein deutlich geringer bemessenes Kindergeld bezogen werde, führe die Erstattung des durchschnittlichen Kindergeldes an den Jugendhilfeträger zu unangemessenen Ergebnissen. Er bestreite den Kindesunterhalt regelmäßig im Inland, ohne dass ihm die geringeren Lebenshaltungskosten für die im Ausland lebenden Kinder zugute kämen.

5

Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des [X.]G aufzuheben und die [X.]amilienkasse zu verurteilen, ihm das auf die Töchter [X.] und [X.] entfallende Kindergeld ab Juni 2006 in Höhe von jeweils 154 € monatlich zu erstatten, abzüglich bereits geleisteter [X.]eträge von monatlich jeweils 77,45 €.

6

Die [X.]amilienkasse beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

7

Der [X.]eigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

8

I[X.] Die Revision führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]O).

9

Entgegen der Auffassung des [X.] hat der Kläger wegen der [X.] für [X.] und [X.] gegen die [X.]amilienkasse einen Anspruch auf Erstattung von jeweils 154 € monatlich.

1. Das [X.] ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für einen Erstattungsanspruch dem Grunde nach vorliegen.

a) Erbringt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe --wie im [X.] Leistungen über Tag und Nacht außerhalb des Elternhauses und bezieht einer der Elternteile Kindergeld für den jungen Menschen, hat dieser Elternteil gemäß § 94 Abs. 3 Satz 1 [X.] einen Kostenbeitrag mindestens in Höhe des Kindergeldes zu leisten. Zahlt der Elternteil den Kostenbeitrag nicht, ist der Jugendhilfeträger insoweit gemäß § 94 Abs. 3 Satz 2 [X.] berechtigt, das auf dieses Kind entfallende Kindergeld durch Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs nach § 74 Abs. 2 EStG in Anspruch zu nehmen.

Der Erstattungsanspruch nach § 74 Abs. 2 EStG i.V.m. § 104 Abs. 1 Sätze 1 und 4 [X.] setzt nach der Rechtsprechung voraus, dass der [X.] gegenüber dem [X.] durch einen Kostenbeitrags- oder Leistungsbescheid konkretisiert und betragsmäßig festgesetzt worden ist (Urteile des [X.] --[X.][X.]H-- vom 25. Mai 2004 VIII R 21/03, [X.][X.]H/NV 2005, 171, und vom 7. Dezember 2004 [X.], [X.][X.]H/NV 2005, 864, unter [X.]ezugnahme auf die Rechtsprechung des [X.] --[X.]SG--).

b) Diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt. Denn der Kläger hat für seine [X.] gemäß §§ 27, 34 [X.] bzw. §§ 41, 34 [X.] mit [X.]escheiden vom 8. Mai 2006 Kostenbeiträge gegenüber dem [X.]eigeladenen festgesetzt, die dieser nicht bezahlt hat.

2. Der Erstattungsanspruch des [X.] beschränkt sich aber nicht --wie das [X.] meint-- auf den von der [X.]amilienkasse bereits erstatteten [X.]etrag von monatlich 77,45 € je Tochter, sondern beträgt für jede der beiden Töchter monatlich 154 €.

a) Wird Kindergeld für mehr als ein Kind gezahlt, ist der Erstattungsbetrag entsprechend § 76 Satz 2 Nr. 1 EStG zu berechnen. Danach ist je Kind grundsätzlich nur eine Erstattung bis zu dem [X.]etrag möglich, der sich bei gleichmäßiger Verteilung des Kindergeldes auf jedes der Kinder ergibt, für das der Leistungsberechtigte Kindergeld erhält (ebenso Dienstanweisung zur Durchführung des [X.]amilienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes 74.2.1 Abs. 4 Satz 1, [X.], 1030; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 74 EStG [X.] am Ende; [X.]/[X.], EStG, 29. Aufl., § 74 [X.] 5; [X.], [X.], 5. Aufl., § 94 [X.] 9).

Zwar ordnet § 74 Abs. 2 EStG --anders als § 74 Abs. 1 Satz 2 EStG für die Abzweigung von [X.] die entsprechende Anwendung des § 76 EStG auf Erstattungsansprüche nicht ausdrücklich an. Aus dem [X.]ehlen einer solchen Anordnung folgt jedoch kein Verbot, diese Vorschrift entsprechend anzuwenden (a.A. wohl Stähr in [X.]/[X.], [X.], § 94 [X.] 14). Denn § 76 Satz 2 Nr. 1 EStG, der die Höhe des pfändbaren Teils des Kindergeldes regelt, ist Ausdruck des allgemeinen Grundsatzes, dass der Gesamtbetrag des Kindergeldes allen Kindern gleichmäßig zugute kommen soll (vgl. [X.] vom 22. Januar 1998 [X.]/10 KG 24/96 R, Sozialrecht --SozR-- 3-1300 § 104 Nr. 13, zur Pfändungsschutzvorschrift des § 54 Abs. 5 Satz 2 des [X.]). Nach § 31 Sätze 1 und 2 EStG dient das Kindergeld der steuerlichen [X.]reistellung des Existenzminimums des Kindes und, soweit es dafür nicht erforderlich ist, der [X.]örderung der [X.]amilie. Die Staffelung des Kindergeldes bei mehreren Kindern gemäß § 66 Abs. 1 EStG beruht nicht auf dem unterschiedlichen [X.]edarf der einzelnen Kinder, sondern auf dem mit steigender Kinderzahl überproportional zunehmenden Entlastungsbedarf der [X.]amilie (Urteil des [X.] Thüringen vom 5. Juni 2002 III 1017/01, E[X.] 2002, 1462; [X.]/[X.], [X.]amilienleistungsausgleich, Kommentar, [X.]ach A, [X.] Kommentierung, § 76 EStG [X.] 3). Das für das jeweilige Kind gezahlte Kindergeld soll also nicht allein diesem Kind zugute kommen. Vielmehr soll die Summe des gesamten Kindergeldes die [X.]amilie insgesamt entlasten und für alle Kinder gleichermaßen verwendet werden ([X.], a.a.[X.], § 66 EStG [X.] 10; Urteil des [X.] Thüringen in E[X.] 2002, 1462).

Auch Sinn und Zweck der Erstattungsvorschriften stehen einer Aufteilung des [X.] nach [X.] nicht entgegen. Die in § 94 Abs. 3 Satz 2 [X.] vorgesehene Erstattung des Kindergeldes zielt wie die Heranziehung des [X.] zu einem Kostenbeitrag gemäß § 94 Abs. 3 Satz 1 [X.] darauf ab, dem [X.] nicht einen als unbillig empfundenen Kindergeldvorteil zu belassen. Ein Jugendhilfeträger, der Leistungen über Tag und Nacht außerhalb des Elternhauses gewährt, stellt nach § 39 [X.] den Lebensunterhalt des betroffenen Kindes sicher. Dementsprechend bezweckt § 94 Abs. 3 Satz 2 [X.] mit seiner Verweisung auf § 74 Abs. 2 EStG und dessen Weiterverweisung auf § 104 Abs. 1 Sätze 1 und 4 [X.], eine ungerechtfertigte [X.]ereicherung des [X.] zu vermeiden, wenn der Jugendhilfeträger für seine Leistungen von ihm Kostenersatz verlangen kann (vgl. [X.] in Lehr- und Praxiskommentar [X.], § 104 [X.] 26; [X.], in: [X.], [X.], § 104 [X.] 18). Soll das gesamte Kindergeld gleichmäßig allen Kindern zugute kommen, liegt der abzuschöpfende ungerechtfertigte Vorteil des [X.] aber nicht in dem für das betreffende Kind gezahlten Kindergeld, sondern in der nach Kopfteilen anhand des [X.] ermittelten Ersparnis bei der Unterhaltsleistung.

Die entsprechende Anwendung des § 76 Satz 2 Nr. 1 EStG ist auch deshalb geboten, weil die Rechtsposition des Jugendhilfeträgers derjenigen eines Pfändungsgläubigers entspricht. Dabei ersetzt der [X.] den für die Pfändung erforderlichen Titel. Da funktional eine [X.]orm der Zwangsvollstreckung vorliegt ([X.][X.]H-Urteil in [X.][X.]H/NV 2005, 864, m.w.N.; [X.] in [X.]/[X.], [X.], § 104 [X.] [X.] 18; Störmann in [X.]/[X.], [X.], § 104 [X.] 28), müssen auch die Grenzen, die § 76 Satz 2 Nr. 1 EStG für die Pfändung des [X.] vorgibt, eingehalten werden.

Schließlich ermöglicht die analoge Anwendung des § 76 Satz 2 Nr. 1 EStG bei der [X.]erechnung des [X.] eine system- und praxisgerechte Lösung, wenn Abzweigung und Erstattung von Kindergeld zusammentreffen und das für die betreffenden Kinder gezahlte Kindergeld gemäß § 66 Abs. 1 EStG unterschiedlich hoch ist. Der [X.]etrag des für eines der älteren Kinder in vollem Umfang abgezweigten Kindergeldes übersteigt in diesem [X.]all das für dieses Kind gezahlte Kindergeld. Denn bei der Abzweigung ist das [X.] gemäß § 74 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 76 Satz 2 Nr. 1 EStG nach [X.] aufzuteilen. Dadurch erhöht sich der für ein älteres Kind abzuzweigende [X.]etrag anteilig um das für ein jüngeres Kind gezahlte erhöhte Kindergeld. Mit dieser gesetzlich vorgegebenen [X.]erechnung des [X.] und dem Umstand, dass die Höhe des [X.] eine feststehende Größe ist, wäre es nicht vereinbar, wenn stets das für das betreffende Kind gezahlte Kindergeld zu erstatten wäre. Das erhöhte Kindergeld für ein jüngeres Kind, das bei einer Abzweigung des Kindergeldes für ein älteres Kind bereits (anteilig) an den [X.] auszuzahlen ist, kann nicht zugleich in voller Höhe bei dem jüngeren Kind als Erstattungsbetrag anzusetzen sein. Anderenfalls würde die Summe von [X.] und Erstattungsbetrag das insgesamt gezahlte Kindergeld übersteigen. Zu derartigen Verwerfungen kommt es nicht, wenn die Höhe des [X.] analog § 76 Satz 2 Nr. 1 EStG nach demselben Maßstab berechnet wird, wie ihn § 74 Abs. 1 Satz 2 EStG für die [X.]erechnung des [X.] vorschreibt.

b) Wird teils Kindergeld nach § 66 EStG und teils niedrigeres [X.] gezahlt, ist dieser Umstand auch bei der [X.]erechnung der Höhe des Erstattungsanspruchs entsprechend § 76 Satz 2 Nr. 1 EStG zu berücksichtigen.

Das Kindergeld nach Art. 46 Abs. 1 EG-EStRG i.V.m. Art. 33 Abs. 2 des [X.] ist gegenüber dem Kindergeld nach § 66 EStG deutlich niedriger. Dieser Unterschied beruht darauf, dass die Lebenshaltungskosten für in der [X.] lebende Kinder deutlich geringer sind als die Lebenshaltungskosten für Kinder, die im Inland bzw. in einem der in § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG genannten [X.] ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt haben (sog. Wohnland-[X.]edarfsprinzip; vgl. Denkschrift zum [X.] zur Änderung des [X.] vom 30. April 1964, [X.]TDrucks 7/3022, [X.]; [X.] vom 13. Dezember 2000 [X.] KG 1/00 R, [X.], 181, zum [X.]undeskindergeldgesetz).

Der Gesetzgeber unterscheidet damit bei der Höhe des Kindergeldes typisierend zwischen in der [X.] lebenden Kindern und Kindern, die im Inland, einem Mitgliedstaat der [X.] bzw. in einem Staat leben, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet. Da der Erstattungsanspruch nach § 94 Abs. 3 Satz 2 [X.], § 74 Abs. 2 EStG, § 104 Abs. 1 Sätze 1 und 4 [X.] insbesondere die Ersparnis des [X.] bei der Leistung des Kindesunterhalts abschöpfen soll, erscheint es geboten, dieser Typisierung bei der Aufteilung des Kindergeldes nach [X.] analog § 76 Satz 2 Nr. 1 EStG Rechnung zu tragen.

[X.]ei der Aufteilung des Kindergeldes nach [X.] ist zu trennen zwischen dem Kindergeld nach § 66 EStG und dem Kindergeld nach dem [X.]. Maßgeblich für die [X.]erechnung des einzelnen Erstattungsanspruchs ist jeweils nur dasjenige Kindergeld, das nach den gleichen Vorschriften gezahlt wird wie das Kindergeld für das Kind, auf das sich der Erstattungsanspruch bezieht.

[X.]etrifft der Erstattungsanspruch Kindergeld nach § 66 EStG, ist das Kindergeld für alle Kinder, für die der [X.]erechtigte Anspruch auf Kindergeld nach § 66 EStG hat, zusammenzurechnen und durch die Zahl dieser Kinder zu dividieren. Diejenigen Kinder, für die das niedrigere [X.] gewährt wird, bleiben außer [X.]etracht.

Sollte ein Anspruch auf Erstattung von [X.] bestehen, ergibt sich der Erstattungsbetrag aus dem gesamten [X.] geteilt durch die Zahl der Kinder, für die der Kindergeldberechtigte [X.] bezieht. Das nach einkommensteuerlichen Vorschriften gezahlte Kindergeld wird in diese [X.]erechnung nicht mit einbezogen.

Sollten Erstattungsansprüche sowohl für Kindergeld nach den einkommensteuerlichen als auch nach den abkommensrechtlichen Vorschriften bestehen, ist das Kindergeld jeweils getrennt voneinander für das einkommensteuerliche und das [X.] nach [X.] aufzuteilen.

c) [X.]ei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall beläuft sich der Erstattungsanspruch des [X.] auf je 154 € monatlich für [X.] und [X.].

Der Erstattungsanspruch bezieht sich ausschließlich auf [X.] für [X.] und [X.], für die der [X.]eigeladene Anspruch auf Kindergeld nach § 66 EStG hat. Das Kindergeld für [X.] und [X.] in Höhe von insgesamt 308 € entfällt auf jede der beiden Töchter zur Hälfte. Die in der [X.] lebenden Kinder des [X.]eigeladenen und das für sie gezahlte [X.] sind nicht mit in die [X.]erechnung einzubeziehen, weil insofern kein Erstattungsanspruch im Streit ist.

3. Der Kläger hat seinen Antrag auf Erstattung des Kindergeldes für [X.] und [X.] ab Juni 2006 zeitlich nicht begrenzt. Da das [X.] --aus seiner Sicht zu [X.] bisher nicht festgestellt hat, für welchen Zeitraum der Kläger [X.] für [X.] und [X.] erbracht hat, die einen Erstattungsanspruch begründen, kann der [X.] nicht abschließend entscheiden, für welchen Zeitraum dem Kläger ein Erstattungsanspruch zusteht.

Meta

III R 44/08

28.04.2010

Bundesfinanzhof 3. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 17. April 2008, Az: 10 K 10521/06 B, Urteil

Art 33 Abs 2 SozSichAbk TUR, Art 46 Abs 1 EStRGEG, § 74 Abs 2 EStG 2002, § 76 S 2 Nr 1 EStG 2002, § 94 Abs 3 S 2 SGB 8, § 104 Abs 1 S 1 SGB 10, § 104 Abs 1 S 4 SGB 10, § 66 EStG 2002

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 28.04.2010, Az. III R 44/08 (REWIS RS 2010, 7144)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 7144

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