Bundespatentgericht, Beschluss vom 14.02.2012, Az. 24 W (pat) 84/10

24. Senat | REWIS RS 2012, 9198

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "ERP Doktor" - Freihaltungsbedürfnis -


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 306 63 447.3

hat der 24. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 14. Februar 2012 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] sowie der Richterin [X.] und des Richters am Oberlandesgericht Heimen

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

In zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 42 des [X.] der Wortmarke 306 63 447.3

2

[X.] Doktor

3

für die Waren und Dienstleistungen

4

„[X.]: [X.] (gespeichert); Computerprogramme (gespeichert); Computerprogramme (herunterladbar); Computersoftware (gespeichert); Monitore (Computerprogramme);

5

[X.]: Bereitstellen des Zugriffs auf ein weltweites Computernetzwerk; Bereitstellen des Zugriffs auf Computerprogramme in Datennetzen; Bereitstellen des Zugriffs auf Informationen im [X.]; Bereitstellen des Zugriffs auf Computerprogramme in Datennetzen; Bereitstellen von Plattformen im [X.]; Bereitstellen von Portalen im [X.]; elektronische Nachrichtenübermittlung; E-Mail-Dienste; Nachrichten- und Bildübermittlung mittels Computer; Übermittlung von Nachrichten;

6

Klasse 42: Aktualisieren von Computersoftware; Aktualisierung von [X.]seiten; Benutzer- und Rechteverwaltung in Computernetzwerken; Beratung für Telekommunikationstechnik; Beratung via [X.] und vor Ort; [X.]; [X.]; [X.]; Design von Computersystemen; Datenverwaltung auf Servern; Design von Computersoftware; Design von Homepages und Webseiten; Dienstleistungen einer Zertifizierungsstelle ([X.]), nämlich Ausgabe und Verwaltung von digitalen Schlüsseln und/oder digitalen Unterschriften; Dienstleistungen eines EDV Programmierers; Dienstleistungen zum Schutz von [X.]; digitale Bildbearbeitung; Durchführung technischer Tests und Checks; Editieren, Formatieren und Übertragung von Daten auf CD-Rohlinge (Premastering); EDV-Beratung; elektronische Datensicherung; elektronische Datenspeicherung; Entwicklung von Nutzungskonzepten in technischer Hinsicht (Facility Management); Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Erstellen von Webseiten; Erstellen von Computeranimationen; Hard- und Softwareberatung; Implementierung von EDV-Programmen in Netzwerken; Installation und Wartung von Software für [X.]zugänge; Installation, Wartung und Reparatur von Software für datentechnische Anlagen; Installieren von Computerprogrammen; integrative Beratung von Einzelpersonen und Unternehmen (Mediation); Konfiguration von Computernetzwerken durch Software; Konvertieren von Computerprogrammen und Daten (ausgenommen physische Veränderung); Konvertieren von Daten oder Dokumenten von physischen auf elektronische Medien; Kopieren von Computerprogrammen; Leistungsüberwachung und Analyse des [X.]; Lizenzierung von Software; Pflege und Installation von Software; Serveradministration; Schlichtung zwischen Softwareanbieter und Anwender oder Gutachter; Sicherheitsdienstleistungen zum Schutz von illegalem Netzwerkzugriffen; technische Beratung; technische Projektmanagement im EDV Bereich; Vermietung von Computersoftware; Vermittlung und Vermietung von Zugriffszeiten zu Datenbanken; Wartung von Computersoftware; Wiederherstellung von Computerdaten“

7

die Eintragung mit der Begründung versagt, dass dem Zeichen jegliche Unterscheidungskraft fehle, § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. Das Kürzel „[X.]“ stehe, so hat die Markenstelle unter Vorlage von Belegen ausgeführt, für „Enterprice Resource Planning“. Der durch Verbindung mit dem nachgestellten Wortelement „Doktor“ gebildete Gesamtbegriff weise schlagwortartig darauf hin, dass die beanspruchten, so gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen für eine Person oder Firma geeignet und bestimmt seien, die Hilfestellung in Bezug auf [X.]-Software auf dem Gebiet der Unternehmensführung, nämlich zur Planung der Verwendung von [X.] anbiete oder diese Waren und Dienstleistungen von einem solchen „[X.] Doktor“ angeboten würden. U. a. in ihrem Erstbescheid vom 21. November 2008 hat sich die Markenstelle zusätzlich mit der Frage auseinandergesetzt, ob einer Eintragung des Zeichens ein Freihaltebedürfnis [X.] § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegenstehe.

8

Gegen diese Entscheidungen wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde. Im Verfahren vor dem [X.] hat sie die Auffassung vertreten, „[X.] Doktor“ stelle einen Phantasiebegriff dar. Dem Kürzel „[X.]“ kämen verschiedene Bedeutungen zu. Soweit sich die Verwendung des Begriffs „Doktor“ bislang in der Praxis nachweisen lasse, werde allein auf die Reparatur von Hardware abgestellt, jedoch keine Beratung für Software angeboten. Würden neue Patches oder Updates für Software bereitgestellt, handele es sich gerade nicht um eine Reparatur.

9

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 42 des [X.] vom 21. November 2008 und 12. April 2010 aufzuheben.

Ergänzend wird auf die Verfahrensakten Bezug genommen.

II.

Die gem. § 66 Abs. 1 [X.] zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, denn einer Eintragung der Wortkombination „[X.] Doktor“ steht für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen ein Freihaltebedürfnis [X.] § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegen.

Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren und Dienstleistungen dienen können.

Wie sich aus den von der Markenstelle zur Akte gereichten Belegen ergibt, stellt der Wortbestandteil „[X.]“ eine Abkürzung des [X.] Begriffs „Enterprice Resource Planning“ dar, welche die angesprochenen [X.] für computergestützte Unternehmensverwaltung in ihrer Bedeutung „Planung der Verwendung von [X.]“ verstehen.

Dem [X.] "Doktor" kommt neben seiner Bedeutung als akademischer Grad auch die eines Reparaturen durchführenden, besonders qualifizierten Handwerkers zu. Die Bezeichnung des Gegenstands der handwerklichen Tätigkeit in Verbindung mit dem Wort „Doktor“ drückt hierbei die berufliche Höherbewertung aus (vgl. [X.], [X.], 6. Auflage [X.] 2006, CD-ROM; [X.], Wörterbuch der [X.] Umgangssprache, 1997, Seite 168). Im Verkehr sind entsprechende Kombinationen gebräuchlich, z. B. „PC-Doktor“, „[X.]“, „Beton-Doktor“; „[X.]“, „Autodoktor“, „Fahrraddoktor“, „Beulendoktor“ oder „Videodoktor“ (vgl. BPatG 33 W (pat) 536/10, Entsch. v. 05.07.2011 – phonedoctor; BPatG 33 W (pat) 5/10, Entsch. v. 17.05.2011 - Doktor Autoglas; [X.] (pat) 206/03, Entsch. v. 10.05.2005 – FINANZDOC; [X.] (pat) 94/03, Entsch. v. 16.02.2005 – [X.]). Darüber hinaus wird der Begriff "Telefondoktor" oder "phonedoctor" in verschiedenen Kennzeichen und Domains als Hinweis auf den Tätigkeitsbereich der jeweiligen Unternehmen verwendet (vgl. BPatG 33 W (pat) 536/10, Entsch. v. 05. 07.2011 – phonedoctor). So bietet beispielsweise „www.telefondoktor.de“ einen umfangreichen Service rund um den Bereich der Telekommunikation. Dies entspricht der gebräuchlichen Verbindung einer handwerklichen Tätigkeit bzw. deren Bezugsobjekt mit dem nachgestellten Wort „Doktor", um auszudrücken, dass die Tätigkeit von bzw. mit fachlich besonders qualifizierten Personen und/oder Hilfsmitteln erbracht wird und steht damit im Einklang mit dem lexikalisch nachweisbaren Begriffsverständnis (vgl. [X.], a. a. [X.], S. 168) der Wortkombination (vgl. BPatG 33 W (pat) 536/10, Entsch. v. 05. 07.2011 – phonedoctor).

Ein „Doktor“ für die Planungsaufgabe „[X.]“ ist somit eine Person, ein Unternehmen oder im übertragenen Sinne auch ein Computerprogramm, das die Unternehmen bei der Wahrnehmung ihrer Planungsaufgaben durch Hilfe von außen unterstützt.

Dementsprechend ist das beanspruchte Zeichen geeignet, ein Merkmal, insbesondere die Bestimmung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu beschreiben.

Da [X.] unternehmensintern heutzutage häufig durch Anwendungssoftware unterstützt wird, kann die Hilfe eines „[X.] Doktors“ unter anderem darin bestehen, dass er Geschäftskunden in [X.] beanspruchte Software zum Kauf anbietet, die [X.] unterstützt, vorhandene [X.]-Systeme wartet oder ergänzt.

Ein „[X.] Doktor“ kann außerdem Dienstleistungen anbieten, die die Unternehmen bei der Wahrnehmung ihrer Planungsaufgaben helfend unterstützen. Dabei kann es sich um technische Dienstleistungen der [X.] handeln. Die dort beanspruchten Bereitstellungsdienstleistungen können ebenso wie die Dienstleistungen zur Übermittlung von Nachrichten dazu bestimmt sein, die Verwendung von [X.] zu planen.

Die in Klasse 42 angemeldeten Beratungsdienstleistungen können die Einführung, Wartung, Unterstützung, Aktualisierung und Auswahl einer Soft- und Hardware für computergestützte Unternehmensverwaltung betreffen. Zu den Dienstleistungen eines „[X.] Doktors“ können Verwaltungs-, Zertifizierungs-, Implementierungs-, Vermietungs- und Installationsdienstleistungen ebenso wie Sicherheitsdienstleistungen und „Facility Management“ gehören. Die beanspruchten Designdienstleistungen und diejenigen zum Entwurf und zur Entwicklung von Computerhardware und -software sowie deren Lizenzierung können dazu bestimmt sein, Unternehmen bei der Wahrnehmung ihrer Planungsaufgaben durch Hilfe von außen zu unterstützen und bei der Erstellung entsprechender, auch individuell auf die Bedürfnisse eines Kunden zugeschnittener Anwendersoftware behilflich zu sein.

Für eine Schutzversagung [X.] § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] reicht es bereits aus, dass ein Wortzeichen in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen beschreiben kann (vgl. [X.] GRUR 2003, 58, 59 ([X.]. 21) - [X.]; [X.] 2003, 450, 453 ([X.]. 32) - [X.], [X.] 2004, 99, 109 ([X.]. 97) - Postkantoor; [X.] 2004, 111, 115 ([X.]. 38) - [X.]; [X.], [X.]/Hacker, [X.], 10. Auflage, Rn. 301 zu § 8).

 Da es auch Wettbewerbern der Anmelderin unbenommen bleiben muss, „[X.] Doktor“ für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen als beschreibende Sachangabe zu verwenden, ist das Zeichen mithin freihaltebedürftig [X.] § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.].

Aus diesen Gründen war die Beschwerde zurückzuweisen.

Meta

24 W (pat) 84/10

14.02.2012

Bundespatentgericht 24. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 14.02.2012, Az. 24 W (pat) 84/10 (REWIS RS 2012, 9198)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 9198

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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