Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.11.2009, Az. AnwZ (B) 87/08

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2009, 722

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[X.][X.] ([X.]) 87/08 vom 9. November 2009 in dem Verfahren wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft - 2 - Der [X.]undesgerichtshof, [X.], hat durch den Präsidenten des [X.]undesgerichtshofs Prof. Dr. [X.], [X.] Schmidt-Räntsch, die Richterin [X.] und die Rechtsanwälte Prof. Dr. Stüer und Prof. Dr. [X.] nach mündlicher Verhandlung am 9. November 2009 beschlossen: Die sofortige [X.]eschwerde des Antragstellers gegen den [X.]eschluss des 2. Senats des [X.] vom 28. Juli 2008 wird zurückgewiesen. Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im [X.]eschwerdeverfahren entstande-nen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten. Der Geschäftswert für das [X.]eschwerdeverfahren wird auf 50.000 • festgesetzt. Gründe: [X.] Der Antragsteller ist seit 1981 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit [X.]escheid vom 9. Oktober 2007 hat die Antragsgegnerin die Zulassung des [X.] widerrufen. Den Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der [X.] zurückgewiesen. Gegen dessen [X.]e-schluss hat der Antragsteller sofortige [X.]eschwerde eingelegt. 1 - 3 - I[X.] 2 Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 [X.]RAO a.F.), bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. 3 Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.]RAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Der Antragsteller befand sich im Zeitpunkt des Widerrufs und befindet sich, wie er einräumt, nach wie vor im Vermögensverfall. 4 Entgegen seiner Auffassung sind auch die Interessen der [X.] durch den Vermögensverfall weiterhin gefährdet. Die vom Antragsteller eingegangenen [X.] ändern hieran nichts. 5 Der Antragsteller ist hauptberuflich als Justiziar bei der Dr. W.

AG angestellt. Dort bezieht er bei einer wöchentlichen Arbeits-zeit von 30 bis 40 Stunden ein monatliches Gehalt von 3.000 • brutto zuzüglich Dienstwagen. Der Anstellungsvertrag erlaubt eine nebenberufliche Tätigkeit als Rechtsanwalt bis zu 20 Stunden wöchentlich. Entsprechend dieser Erlaubnis hat er unter dem 1. November 2007 einen Anstellungsvertrag mit der [X.]. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH abgeschlossen, der eine wö-chentliche Arbeitszeit von bis zu zehn Stunden und eine Vergütung von 400 • brutto monatlich vorsieht. In dem Vertrag ist ferner geregelt, dass der [X.] keine eigenen Mandate übernimmt, sich nicht im Wege der [X.] beiordnen lässt, keine Mandantengelder annimmt und keinen Zugriff auf die Konten der Kanzlei hat. 6 Obwohl sich der Antragsteller damit gegenüber der ihn beschäftigenden Rechtsanwaltsgesellschaft weitreichenden arbeitsvertraglichen [X.]eschränkun-7 - 4 - gen unterworfen hat, liegen die Voraussetzungen, unter denen nach der Recht-sprechung des Senats ([X.]eschl. v. 18. Oktober 2004 - [X.] ([X.]) 43/03, [X.], 511; [X.]eschl. v. 25. Juni 2007 - [X.] ([X.]) 101/05, NJW 2007, 2924) trotz des fortbestehenden Vermögensverfalls ausnahmsweise eine Gefährdung der Rechtsuchenden zu verneinen ist, nicht vor. [X.]ei der gebotenen Gesamtwürdi-gung der beiden [X.] bieten die formal vereinbarten [X.] nicht die für die Annahme eines Ausnahmefalls erforderliche Ge-währ, dass eine Gefährdung von Mandantengeldern dauerhaft ausgeschlossen ist. Nach den Umständen des Falles ist vielmehr anzunehmen, dass der [X.] den Geschäftsbetrieb beider Gesellschaften im Wesentlichen be-stimmt und keiner wirksamen Kontrolle durch die Rechtsanwälte [X.]. und [X.] unterliegt. Der Antragsteller verfügt auf dem Gebiet der Kapitalbeschaffung über herausragende Kenntnisse und Erfahrung. Er ist durch zahlreiche Veröffentli-chungen und Vorträge in Erscheinung getreten; der Internetauftritt der Dr. W.

AG, deren Kerngeschäft in der Mittelstandsfinan-zierung mit bankenunabhängiger Kapitalbeschaffung besteht, ist weitgehend auf seine Person zugeschnitten. Die hieraus entspringenden rechtlichen Man-date werden der - auf der Internetseite der Dr. W.

AG als "Netzwerkpartner" bezeichneten - [X.].

Rechtsanwaltsgesellschaft vermittelt, tatsächlich aber federführend von dem Antragsteller selbst bearbei-tet, wie dieser in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt hat. In die-sen selbst akquirierten Mandatsverhältnissen, in denen der Antragsteller das Vertrauen seiner Kunden genießt und diese über die unmittelbare rechtliche Tätigkeit hinaus umfassend in Finanzierungs- und Kapitalmarktangelegenheiten berät, ist eine effektive Kontrolle durch die Arbeitgeber nicht zu erwarten. 8 - 5 - Hinzu kommt, dass die Rechtsanwälte [X.]. und [X.] früher Angestell-te der [X.] waren. Sie sind in zeitli-chem Zusammenhang mit seinem Vermögensverfall mit ihm zusammen bei der [X.], [X.]

& Collegen ausgeschieden und haben die [X.].

Rechtsanwaltsgesellschaft gegründet. Dies lässt besorgen, dass dem Antragsteller trotz seines formal geringen Tätigkeitsum-fangs eine dominierende Stellung in der Rechtsanwaltsgesellschaft zukommt, zumal er von den beteiligten Rechtsanwälten in der [X.]ranche den bei weitem größten [X.]ekanntheitsgrad genießt, der ihm einen deutlichen Vorteil bei der Ak-quisition von Mandaten verschafft. Es steht daher nicht zu erwarten, dass eine ausreichende Kontrolle der arbeitsvertraglich vereinbarten [X.]eschränkungen erfolgt. Der Antragsteller hat auch keine näheren Angaben dazu gemacht, [X.] Sicherungsvorkehrungen und [X.] getroffen worden sind und durchgeführt werden, um zu verhindern, dass er mit Mandantengeldern in [X.]erührung kommt (vgl. Senatsbeschluss vom 15. September 2008 - [X.] ([X.]) 67/07, Anw[X.]l. 2009, 64, 65). 9 Die Tätigkeit des Antragstellers im Rahmen der Dr. W.

AG bringt es im Übrigen - wie dieser in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat - mit sich, dass er für seine Kunden in gewissem Umfang Rechtsdienstleistungen erbringt, ohne die eine sachgerechte [X.]eratung etwa auf dem Gebiet der Unternehmensfinanzierung oder der Emission von Kapitalanla-gen nicht möglich ist. Die Vorschrift des § 5 Abs. 1 [X.] bietet eine rechtliche Grundlage dafür, solche Rechtsdienstleistungen als Nebenleistung zu der ei-gentlichen Tätigkeit anzubieten. Die erlaubnisfreie Annexberatung, zu der die Dr. W.

AG befugt ist, und die hauptsächlich rechtsbera-tende Tätigkeit werden dabei vielfach ineinander übergehen. Dass der [X.] hierbei trennscharf unterscheidet, hat er dem Senat bei seiner Anhö-rung nicht zu vermitteln vermocht und ist auch deshalb nicht zu erwarten, weil 10 - 6 - er beabsichtigt, die erlaubnispflichtige Rechtsberatung ebenfalls in eigener Per-son, nämlich als angestellter Rechtsanwalt der [X.].

Rechtsanwalts-gesellschaft, zu erbringen. Seine Mandanten werden zwischen den beiden [X.]e-tätigungsfeldern ohnehin nicht klar unterscheiden. Unter diesen Umständen kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass der Antragsteller auch unter dem Dach der Dr. W.

AG als Rechtsanwalt tätig wird und in diesem Zusammenhang mit Mandantengeldern in [X.]erührung kommt. Dass er hierbei vergleichbaren arbeitsvertraglichen [X.]e-schränkungen zum Ausschluss einer Gefährdung der Rechtsuchenden unter-liegt, hat er nicht vorgetragen. Angesichts der beschriebenen Zusammenarbeit der beiden Gesellschaften in der Person des Antragstellers lässt sich dessen Tätigkeit nicht in eine solche auf einem überwachten rechtsanwaltlichen Gebiet und eine davon verschiedene unüberwachte Tätigkeit auf dem [X.] trennen. - 7 - Der Senat entscheidet in der seit 1. September 2009 geltenden verklei-nerten [X.]esetzung nach § 106 Abs. 2 Satz 1 [X.]RAO (Senatsbeschluss vom 4. November 2009 - [X.] ([X.]) 16/09, zur [X.] in [X.]GHZ vorgese-hen). 11 [X.] Schmidt-Räntsch [X.]
Stüer [X.] Vorinstanz: [X.], Entscheidung vom 28.07.2008 - [X.] 28/07 -

Meta

AnwZ (B) 87/08

09.11.2009

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.11.2009, Az. AnwZ (B) 87/08 (REWIS RS 2009, 722)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 722

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