Bundesfinanzhof, Urteil vom 09.01.2013, Az. I R 72/11

1. Senat | REWIS RS 2013, 9191

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Gegenstand

(Kein Abzugsverbot nach § 8b Abs. 3 KStG 2002 a.F. für vergeblichen sog. Due-Diligence-Aufwand)


Leitsatz

"Vergebliche" Kosten für die sog. Due-Diligence-Prüfung aus Anlass des gescheiterten Erwerbs einer Kapitalbeteiligung unterfallen nicht dem Abzugsverbot des § 8b Abs. 3 KStG 2002 a.F.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine AG, ist kraft Verschmelzung Rechtsnachfolgerin einer anderen AG, der [X.]. Die [X.] hatte ab Mitte 2001 die Absicht, die Anteile an einem [X.] Unternehmen, einer AG, zu erwerben. Im September 2001 genehmigte der Aufsichtsrat der [X.], das Projekt weiter zu verfolgen, ebenso wie auf Seiten des [X.] Unternehmens dessen Verwaltungsrat. Ende 2001 wurde --unter Hinzuziehung diverser Investmentbanken und [X.] ein gemeinsamer Businessplan für 2002 bis 2004 erstellt und an entsprechenden Transaktionsstrukturen gearbeitet. In der Folgezeit wurde ein Kaufangebot unterbreitet, das aber unter dem Vorbehalt sog. [X.] stand, sowie ein entsprechender "[X.]" abgeschlossen. Es fand sodann auch eine [X.] statt, in deren weiteren Verlauf die Akquisition im Streitjahr 2002 scheiterte.

2

Die [X.] verbuchte die Aufwendungen für die [X.] im Streitjahr als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) folgte dem nur insoweit, als es sich hierbei um allgemeine Beratungskosten handelte; die Beteiligten haben sich darauf verständigt, dass dies die betragliche Hälfte der Gesamtaufwendungen ausmachte. Im Übrigen sah das [X.] die Aufwendungen als Anschaffungsnebenkosten des geplanten Anteilserwerbs an, auf welche nach Auflösung des [X.] das Abzugsverbot des § 8b Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 des [X.] ([X.] 2002 a.F.) anzuwenden sei.

3

Die dagegen gerichtete Klage war erfolgreich (Finanzgericht --FG-- Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Oktober 2011  10 K 5175/09). Das [X.] rügt mit seiner Revision die Verletzung von § 8b Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 [X.] 2002 a.F. und beantragt, das [X.] aufzuheben und die Klage abzuweisen.

4

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

5

II. Die Revision ist unbegründet. Das [X.] hat zutreffend erkannt, dass der [X.] nicht dem Abzugsverbot des § 8b Abs. 3 [X.] 2002 a.[X.] unterfällt.

6

1. Nach § 8b Abs. 3 [X.] 2002 a.[X.], für die Ermittlung des [X.]. § 7 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG 2002), sind Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit dem in Abs. 2 genannten Anteil entstehen, bei der Gewinnermittlung nicht zu berücksichtigen. In § 8b Abs. 2 Satz 1 [X.] 2002 a.[X.] ist u.a. ein Anteil an einer Körperschaft aufgeführt, deren Leistungen beim Empfänger (u.a.) zu Einnahmen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG 2002) gehören; Gewinne aus der Veräußerung eines solchen Anteils bleiben bei der Ermittlung des Einkommens der beteiligten Körperschaft außer Ansatz.

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2. Das [X.] geht im Streitfall davon aus, dass es sich jedenfalls bei der Hälfte des in Rede stehenden [X.]s um (vorweggenommene) Anschaffungskosten der Anteile an dem [X.] Unternehmen handelt (vgl. § 255 Abs. 1 Sätze 1 und 2 des Handelsgesetzbuchs, § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG 2002), die aber nach dem endgültigen Scheitern der Akquisition im Streitjahr nicht mehr anzusetzen waren; die dadurch ausgelöste Gewinnminderung sei infolge des Abzugsverbots [X.] auszugleichen. Nach Auffassung der Klägerin stellt der [X.] hingegen in Gänze laufenden Aufwand (vgl. § 4 Abs. 4 EStG 2002) dar, der dem Abzugsverbot des § 8b Abs. 3 [X.] 2002 a.[X.] nicht unterfällt. Der [X.] entscheidet über diese Kontroverse nicht (vgl. dazu allgemein z.B. [X.] Köln, Urteil vom 6. Oktober 2010  13 K 4188/07, Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 264, mit Anmerkung Trossen; [X.]/ [X.], [X.], 63; [X.], [X.] und Bilanzen 2011, 81; [X.], Betriebs-Berater --BB-- 2011, 174; s. auch --im Hinblick auf fehlgeschlagene Werbungskosten für den beabsichtigten Erwerb einer wesentlichen Kapitalbeteiligung i.S. von § 17 EStG-- Urteil des [X.] vom 20. April 2004 VIII R 4/02, [X.], 292, [X.], 597). Denn auch, wenn die Annahme des [X.] zuträfe und der im Ergebnis vergebliche [X.] in dem beschriebenen Umfang zunächst hätte aktiviert werden müssen, wäre er im Streitjahr bei seiner Ausbuchung nicht [X.] hinzuzurechnen. Das Abzugsverbot des § 8b Abs. 3 [X.] 2002 a.[X.] ist nicht einschlägig; es mangelt an dem dafür notwendigen Zusammenhang der Gewinnminderung mit dem in § 8b Abs. 2 [X.] 2002 a.[X.] genannten Anteil (ebenso [X.], [X.] --DStR-- 2010, 1322; [X.]/[X.], Der Betrieb 2011, 2676 und [X.], 1161; [X.], [X.], 2032; [X.]/von [X.]/Achatz, BB 2008, 1592; Dinkelbach, Recht der Finanzinstrumente 2012, 270, 272; anders [X.]/[X.] in [X.]/[X.]/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 8b [X.] [X.] 114; unklar [X.] in [X.]/ [X.], [X.], § 8b [X.] 436).

8

a) Nur Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit einem konkret vorhandenen Anteil i.S. von § 8b Abs. 2 [X.] 2002 a.[X.] ("dem" Anteil) entstehen, sind dem Abzugsverbot des § 8b Abs. 3 [X.] 2002 a.[X.] unterworfen. An einem derartigen Zusammenhang fehlt es im Streitfall, weil der zunächst von der [X.] beabsichtigte Erwerb der Anteile an dem [X.] Unternehmen sich im Zuge der Ankaufsverhandlungen zerschlagen hatte. Dass Gewinne, welche aus einer Veräußerung solcher Anteile resultiert hätten, nach § 8b Abs. 2 Satz 1 [X.] 2002 a.[X.] steuerbefreit gewesen wären, ändert daran nichts. Ausschlaggebend ist, dass entsprechend qualifizierte Anteile an dem [X.] Unternehmen als (sachliches) Bezugsobjekt des Abzugsverbots der [X.] tatsächlich zu keinem Zeitpunkt rechtlich oder wirtschaftlich zuzurechnen waren. Dessen bedarf es aber; der betreffende Zusammenhang zu solchen Anteilen bestimmt sich "objektbezogen" (ähnlich wie etwa bei der Ermittlung des [X.] die Bestimmung des Kürzungsumfangs im Hinblick auf eine fehlgeschlagene ausländische Betriebsstätte nach Maßgabe von § 9 Nr. 3 GewStG 2002; s. dazu z.B. [X.]/[X.], § 9 GewStG [X.] 221, m.w.N.), nicht jedoch "veranlassungsbezogen" (wie z.B. bei § 3c Abs. 1 EStG 2002; s. dazu z.B. [X.] in [X.], EStG, 11. Aufl., § 49 [X.] 107, m.w.N.). [X.] (immaterieller und zu aktivierender) Transaktions- und Akquisitionsaufwand aus einem gescheiterten [X.] ist demnach nicht einzubeziehen.

9

b) Allein dieses Ergebnis deckt sich mit Sinn und Zweck des [X.], nämlich für die Ausgabenseite eine Korrespondenz zu der in § 8b Abs. 2 [X.] 2002 a.[X.] für Veräußerungsgewinne statuierten Steuerbefreiung herzustellen, wobei jene Steuerbefreiung wiederum darauf abzielt (ggf. --in Konzernzusammenhängen-- "kaskadierenden") wirtschaftlichen Doppelbelastungen mit Körperschaftsteuer entgegenzutreten (vgl. [X.], [X.], 2. Aufl., § 8b [X.] 1 ff.). Bei einem gescheiterten [X.] droht eine solche wirtschaftliche Doppelbelastung nicht. Für eine Steuerbefreiung ist hier deswegen ebenso wenig Raum, wie dies für ein Abzugsverbot der Fall ist, das sich auf vergeblichen betrieblichen Aufwand im Zusammenhang mit dem gescheiterten [X.] erstreckt. Im Gegenteil würde durch ein solches Verbot ohne tragfähigen Grund --nämlich der anzustrebenden Korrespondenz von Steuerbefreiung einerseits und Abzugsausschluss andererseits-- in die aus Gründen einer leistungsfähigkeitsgerechten Besteuerung prinzipiell gebotene Abzugsfähigkeit betrieblichen Aufwands eingegriffen. Doch bedarf es, um dieses allein sachgerechte Ergebnis herzuleiten, keiner (zusätzlichen oder [X.]) "teleologischen Reduktion" des [X.], wie von der Vorinstanz angenommen worden ist. Die Abzugsfähigkeit vergeblichen Aufwands erschließt sich vielmehr bereits mit hinreichender Klarheit aus dem [X.], welcher --entgegen der Annahme des [X.]-- keineswegs aus Gründen einer "Pauschalierung" oder "Typisierung" über das wirtschaftlich und rechtlich Gebotene hinausgeht.

Meta

I R 72/11

09.01.2013

Bundesfinanzhof 1. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 24. Oktober 2011, Az: 10 K 5175/09, Urteil

§ 8b Abs 3 KStG 2002, § 8b Abs 2 KStG 2002

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 09.01.2013, Az. I R 72/11 (REWIS RS 2013, 9191)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 9191

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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