Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.10.2009, Az. VI ZR 24/09

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 1314

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 6. Oktober 2009 [X.] als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: [X.] § 426 Abs. 1 Zur Frage der Beweislastumkehr aufgrund eines groben ärztlichen Behand-lungsfehlers für den selbständigen Ausgleichsanspruch eines Gesamtschuld-ners nach § 426 Abs. 1 [X.]. [X.], Urteil vom 6. Oktober 2009 - [X.] - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. Oktober 2009 durch den Vorsitzenden [X.], [X.] und [X.] sowie die Richterin [X.] und [X.] für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des [X.] vom 18. Dezember 2008 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen. Von Rechts wegen Tatbestand:Die Klägerin, bei der der Gynäkologe [X.] haftpflichtversichert ist, macht aus übergegangenem Recht gegenüber dem Beklagten als Insolvenz-verwalter über das Vermögen der [X.]. GmbH den [X.] Ausgleichsanspruch geltend. 1 Am 8. August 1997 wurde die Schwangere [X.] in die ge-burtshilfliche Abteilung der Belegklinik der Insolvenzschuldnerin wegen prätibia-ler Ödeme eingewiesen. Am 9. August 1997 gegen 4.00 Uhr morgens hatte [X.] einen Blasensprung. Gegen 9.15 Uhr legte die Hebamme [X.] einen Wehen-tropf an und kontrollierte die kindliche Herzfrequenz mittels eines [X.]. Da die Herzfrequenz schon kurz nach Beginn der Aufzeichnungen bei 200 s/min. lag, verabreichte die Hebamme gegen 9.45 Uhr der Schwangeren [X.]. Daraufhin sank die Frequenz auf 165 s/min. bis kurz vor 10.00 Uhr und bis 11.00 Uhr auf 2 - 3 - etwas unter 160 s/min. [X.] untersuchte die Schwangere gegen 11.00 Uhr. Dabei sah er die [X.]-Kurve nicht ein. Ohne weitere medizinische Maßnahmen zu veranlassen, verließ er die Klinik. Um die Mittagszeit begann [X.] aus der Scheide zu bluten. Da die Herztöne des Kindes gegen 13.15 Uhr auf 70 s/min. absanken, rief die Hebamme [X.] um 14.15 Uhr [X.] an, der um 14.20 Uhr eine sofortige Kaiserschnittentbindung anordnete. Um 14.25 Uhr verständigte [X.] den Anästhesisten N., der gegen 15.00 Uhr im Krankenhaus eintraf. Die Narkose zur Durchführung der Notsectio wurde um 15.20 Uhr eingeleitet. Um 15.24 Uhr erfolgte die Geburt des Mädchens [X.], das als Folge einer geburtsassoziier-ten hypoxisch-ischämischen Hirnschädigung unter einem schweren psycho-neurologischen Restschadensyndrom leidet. Es besteht ein fokales cerebrales Anfallsleiden. [X.] kann weder allein essen noch trinken und muss über eine Sonde ernährt werden. Die Mutter [X.] musste wegen einer Uterusruptur und der Folgen einer vorzeitigen Plazentaablösung in die Frauenklinik in [X.] verlegt werden, wo die Gebärmutter entfernt werden musste. Die Insolvenzschuldnerin hatte im Rahmen des [X.] mit [X.] vereinbart, dass er wegen der räumlichen Entfernung zu seinem Wohnort während der Bereitschaftszeit innerhalb von 45 Minuten nach Alarmierung in der Klinik eintreffen müsse. [X.] kannte die Vereinbarung. Er erklärte sich am 23. Januar 1995 trotzdem damit einverstanden, dass [X.] als Facharzt für Anästhesie die gesamte operative und postoperative anästhesiologische Betreuung seiner Patienten in der Belegklinik der Insolvenzschuldnerin auf Dauer übernimmt. 3 [X.] und [X.] haben [X.] und die Insolvenzschuldnerin auf materiel-len Schadensersatz und Zahlung eines Schmerzensgeldes in Anspruch ge-nommen ([X.].: 4 O 2113/00 [X.]). Die Klage gegen die Insolvenzschuldnerin hat das [X.] durch rechtskräftig gewordenes [X.] - 4 - urteil vom 5. Juli 2001 abgewiesen. Danach ist die Insolvenzschuldnerin nach [X.] dem Rechtsstreit gegen [X.] beigetreten. Mit Grundurteil vom 13. Juni 2002 hat das [X.] die Klage gegen [X.] dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Das [X.] hat mit Urteil vom 16. Januar 2003 ([X.].: 1 U 70/02) die Berufung gegen die [X.] zur Zahlung von Schmerzensgeld an [X.] zurückgewiesen und [X.], dass [X.] verpflichtet ist, ihr sämtliche künftigen materiellen und imma-teriellen Schäden zu ersetzen, soweit sie nicht auf Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen sind oder übergehen. Am 24. Mai 2005 haben die Parteien einen Vergleich gemäß § 278 Abs. 6 ZPO abgeschlossen, auf-grund dessen [X.] u. a. ein Schmerzensgeld von 500.000 • an [X.] zu zah-len hat. Im Streitfall hat das [X.] der Klage auf Ausgleich der von der Klägerin erbrachten Zahlungen teilweise stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das [X.] das Urteil des [X.]s teilweise ab-geändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Die Anschlussberufung, mit der die Klägerin Ersatz von Rechtsverfolgungskosten begehrt hat, hat es [X.]. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. 5 Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht verneint einen Anspruch auf Gesamtschuldner-ausgleich für die Klägerin, weil nicht erwiesen sei, dass das späte Eintreffen des Anästhesisten [X.] in der Belegklinik der Insolvenzschuldnerin [X.] - 5 - ursächlich geworden sei. Der [X.] neige zwar dazu, einen groben Organisati-onsfehler der Insolvenzschuldnerin anzunehmen. Nach dem medizinischen Standard sei nämlich bei einer Notsectio die Einhaltung einer [X.] von 20 bis 30 Minuten zwischen der Entscheidung zur sectio bis zur Entbindung (E-E-[X.]) erforderlich. Bei der vereinbarten Anreisezeit von maximal 45 [X.] für den Anästhesisten werde dieser [X.]raum nicht eingehalten. [X.] wegen eines groben Behandlungsfehlers fänden für den [X.] nach § 426 Abs. 1 [X.] zwischen grob fehlerhaft handelnden Personen oder Einrichtungen jedoch keine Anwendung. Die Figur des groben Behandlungsfehlers sei entwickelt worden, um zur Waffengleichheit zwischen Patient und Arzt im [X.] bei-zutragen. Sie sei keine Sanktion für ärztliches Behandlungsverschulden, son-dern diene der Ausgleichung der durch den groben Behandlungsfehler zu Las-ten des Patienten verschlechterten Beweissituation. Im Streitfall komme hinzu, dass der Versicherungsnehmer der Klägerin, [X.], aufgrund der groben [X.] der Behandlung und der Unterlassung der möglichen weitergehen-den Befunderhebungen und Dokumentationen die Beweissituation zur Frage der Schadenskausalität und für die Abgrenzung etwaiger Verursachungsbeiträ-ge verschlechtert habe. Es spreche viel dafür, dass bei der Abwägung der beid-seitigen Verschuldens- und Verursachungsanteile (§ 254 [X.]) die Mitverant-wortung der Insolvenzschuldnerin hinter dem überwiegenden Verschulden des [X.] zurücktrete. [X.] habe die Gebärende trotz erkennbarer schwerster Komplikationen letztlich sich selbst überlassen. Ein schwerer Behandlungsfeh-ler sei schon darin zu sehen, dass [X.] aufgrund der Nachlässigkeit bei der Visite die absolut kontraindizierte Gabe von [X.] durch die Hebamme nicht bemerkt habe. Zusätzlich zu den bereits festgestellten Fehlern sei auch noch zu berücksichtigen, dass der Schwangeren am Vortag bei der Aufnahme kontraindikativ das Medikament Lasix verabreicht worden sei. - 6 - Soweit die Klägerin ihren Anspruch nach § 426 Abs. 2 [X.] i.V.m. § 67 [X.] a.F. auf den übergegangenen Anspruch der Geschädigten gegen die [X.] stütze, müsse sie die rechtskräftige Abweisung der Klage durch Teilurteil des [X.]s B. vom 5. Juli 2001 - 4 O 2113/00 - gegen sich gelten lassen. Das Klagebegehren und der zugrunde liegende Lebenssachver-halt seien identisch mit dem des rechtskräftig entschiedenen [X.]. 7 Zur Klärung der Frage, ob der Grundsatz der Beweiserleichterung auf-grund eines groben ärztlichen Behandlungsfehlers auch auf den selbständigen Anspruch auf [X.] (§ 426 Abs. 1 [X.]) zugunsten eines Behandlers Anwendung findet, der einen der Behandlungsseite zuzuordnenden Mitschädiger in Anspruch nimmt, hat das Berufungsgericht die Revision [X.]. 8 I[X.] Die Revision der Klägerin bleibt erfolglos. 9 1. Für den ausgleichsberechtigten Gesamtschuldner sind in der Regel drei Anspruchsgrundlagen in Betracht zu ziehen, zum einen der Regressan-spruch aus § 426 Abs. 1 Satz 1 [X.], der gleichzeitig mit der Gesamtschuld entsteht, zum andern der zur Bestärkung des Regressrechts des [X.] kraft Gesetzes übergehende Anspruch des Gläubigers gegen die anderen Gesamtschuldner nach § 426 Abs. 2 [X.] und des Weiteren außerhalb der Gesamtschuld stehende vertragliche oder gesetzliche Ansprüche z.B. aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder Bereicherung zwischen dem [X.] und den anderen Gesamtschuldnern. Diese Ansprüche können in Anspruchskonkurrenz zu § 426 Abs. 1 [X.] und dem gemäß § 426 Abs. 2 [X.] 10 - 7 - übergegangenen Anspruch eine dritte Anspruchsgrundlage bilden, ihnen kommt vor allem die Wirkung zu, das Maß der offenen Regel des § 426 Abs. 1 Satz 1 [X.] abweichend von der kopfteiligen Haftung zu bestimmen (vgl. [X.], Urteil vom 15. Januar 1988 - [X.] - NJW 1988, 1375, 1376; [X.]/Ehmann, [X.], 12. Aufl., § 426 Rn. 14 und 32). Der gemäß § 426 Abs. 2 [X.] überge-gangene Anspruch und der selbständige Regressanspruch aus § 426 Abs. 1 [X.] wie auch der unter Umständen hinzutretende dritte Anspruch aus eigenem Recht sind selbständige Ansprüche, die auf unterschiedlichen Rechtsgründen beruhen, verschiedene Voraussetzungen haben und in Anspruchskonkurrenz zueinander stehen (vgl. [X.] 59, 97, 102 f.). Unabhängig davon können sich die konkurrierenden Regressansprüche gegenseitig beeinflussen. So wird zwar in der Regel der Anspruch aus § 426 Abs. 1 [X.] von den Einreden und [X.] den übergegangenen Anspruch nicht berührt (vgl. [X.], Ur-teil vom 9. Juli 2009 - [X.]I ZR 109/08 - [X.], 1854 Rn. 10 ff. zur Einrede der Verjährung; [X.]/Ehmann, aaO, Rn. 33; Soergel/Wolf, [X.], 13. Aufl., § 426 Rn. 53). Jedoch geht der Anspruch aus fremdem Recht nur insoweit über als der [X.] gemäß § 426 Abs. 1 Satz 1 Regress verlangen kann, womit die Höhe der Ansprüche aneinander angepasst wird. a) Außerhalb der Gesamtschuld stehende vertragliche oder gesetzliche Ansprüche gegen die Insolvenzschuldnerin werden von der Klägerin nicht gel-tend gemacht und sind ersichtlich nicht gegeben. 11 b) Der Streitfall wirft auch nicht die Frage auf, ob die für den Patienten geltenden Beweiserleichterungen bei Geltendmachung eines übergeleiteten Anspruchs im [X.] nach § 426 Abs. 2 [X.] Anwendung finden (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 14. Juli 2005 - [X.] - [X.], 1443 und [X.] 163, 53 zur Beweislast bei der Haftung wegen eines voll be-herrschbaren Risikos; [X.], [X.] 2005, 70; [X.], Urteil vom 12 - 8 - 18. April 2006 - 1 [X.]/04 - rechtskräftig durch Zurückweisung der Nichtzulas-sungsbeschwerde durch den erkennenden [X.] vom 10. Juli 2007 - [X.] ZR 94/06 und [X.], Urteil vom 19. Oktober 2004 - 1 U 87/03 - rechtskräf-tig durch Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch den erkennen-den [X.] vom 31. Mai 2005 - [X.] ZR 300/04 -; [X.]/[X.], [X.], 6. Aufl., [X.] Rn. 256; [X.]/[X.]/[X.], Arzthaftungsrecht, 4. Aufl., Rn. 139; [X.], [X.] im Arzthaftungsrecht, Diss. 1992, [X.] ff.; verneinend für den Fall der Überleitung eines Anspruchs we-gen vorsätzlicher Körperverletzung gegen den das Opfer falsch behandelnden Arzt [X.], [X.], 294 = [X.]). Da die Klage der Geschä-digten gegen die Insolvenzschuldnerin durch das rechtskräftige Teilurteil des [X.]s Braunschweig vom 5. Juli 2001 ([X.].: 4 O 2113/00) abgewiesen worden ist, kann die Klägerin wegen der [X.] nach § 325 Abs. 1 ZPO einen übergeleiteten Anspruch gegen die Insolvenzschuldnerin nicht gel-tend machen. Dies stellt die Revision nicht in Frage. Dagegen ist rechtlich auch nichts zu erinnern. c) Hier ist nicht zu entscheiden, ob die für die Arzthaftung anerkannte Umkehrung der Beweislast bei grobem Behandlungsfehler bei dem [X.] unter [X.] greift. Unter den besonderen Umständen des Streitfalls hat das Berufungsgericht im Ergebnis mit Recht auch für den Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 [X.] die Beweislastumkehr zu Gunsten der Klägerin für die Schadensursächlichkeit eines groben Organisati-onsverschuldens der Insolvenzschuldnerin verneint. Die vom Berufungsgericht offen gelassene Frage, ob die [X.] durch die Insolvenzschuldnerin grob fehlerhaft gewesen ist, [X.] deshalb keiner weiteren Klärung. 13 - 9 - aa) Die beweisrechtlichen Konsequenzen aus einem grob fehlerhaften Behandlungsgeschehen folgen nicht - wie die Revision insoweit in Überein-stimmung mit dem Berufungsgericht fälschlich meint - aus dem Gebot der pro-zessrechtlichen Waffengleichheit (vgl. [X.] 52, 131, 156). Sie knüpfen vielmehr daran an, dass die nachträgliche Aufklärbarkeit des tatsächlichen [X.] wegen des besonderen Gewichts des [X.] und seiner Bedeutung für die Behandlung in einer Weise erschwert ist, dass der Arzt nach [X.] und Glauben - also aus Billigkeitsgründen - dem Pati-enten den vollen [X.] nicht zumuten kann. Die [X.] soll einen Ausgleich dafür bieten, dass das Spektrum der für die Schädi-gung in Betracht kommenden Ursachen gerade durch den Fehler besonders verbreitert oder verschoben worden ist (ständige Rechtsprechung so etwa [X.], [X.] 72, 132, 136; 132, 47, 52; 159, 48, 55; Urteile vom 7. Juni 1983 - [X.] ZR 284/81 - [X.], 983; vom 28. Juni 1988 - [X.] ZR 217/87 - [X.], 80, 81; vom 4. Oktober 1994 - [X.] ZR 205/93 - [X.], 46, 47; vom 16. April 1996 - [X.] ZR 190/95 - [X.], 976, 979; und vom 11. Juni 1996 - [X.] ZR 172/95 - [X.], 1148, 1150; [X.] in Festschrift für [X.] 1996 S. 327, 335 f.). Unter dem Gesichtspunkt der gleichmäßigen Beweislastri-sikoverteilung kann ferner die Mitverursachung von Unklarheiten in der Ursa-chenaufklärung durch den Patienten wegen der damit verbundenen Erschwe-rung der Aufklärung des [X.] sogar die Beweislastumkehr wegen des groben Behandlungsfehlers ausschließen. Voraussetzung ist, dass der Patient durch sein Verhalten eine selbständige Komponente für den Hei-lungserfolg vereitelt und dadurch in gleicher Weise wie der grobe Behandlungs-fehler des Arztes dazu beigetragen hat, dass der Verlauf des [X.] nicht mehr aufgeklärt werden kann (vgl. [X.], [X.] 159, aaO; [X.], 928 mit Nichtannahmebeschluss des [X.]s vom 19. Februar 1991 - [X.] ZR 224/90; [X.], [X.], 459 mit Nichtannahme-14 - 10 - beschluss des [X.]s vom 20. Januar 1998 - [X.] ZR 161/97). Bei der Frage der Beweislastumkehr im Rechtsstreit über den [X.] sind im Verhältnis zwischen mehreren Mitschädigern diese Gesichtspunkte in gleicher Weise maßgebend. [X.]) Nach diesen Grundsätzen kann der Klägerin eine Beweislastumkehr nicht zugute kommen. Hätte nämlich Dr. B. die für ihn gebotenen Maßnahmen durchgeführt, wäre die Verzögerung der sectio durch die lange Anreise des Anästhesisten nicht ursächlich geworden. [X.] war die Vereinbarung zwischen dem Anästhesisten [X.] und der Insolvenzschuldnerin bekannt, ihn traf [X.] die persönliche Verantwortung für die Patientin [X.], die er in das Krankenhaus eingewiesen hatte. Er hätte bei seiner Visite um 11.00 Uhr das [X.] einsehen müssen, dessen Inhalt ihm Veranlassung gegeben hätte, die Hebamme zu den näheren Umständen zu befragen. Hierbei wäre ihm die feh-lerhafte Verabreichung von [X.], die geeignet war, einen eventuell bedenkli-chen Zustand des Kindes zu verschleiern, mitgeteilt worden. Keinesfalls durfte [X.] die Gebärende trotz erkennbarer schwerster Komplikationen sich selbst überlassen. Da unstreitig die technischen Voraussetzungen für eine Mikroblut-untersuchung der Schwangeren in der Klinik der Streithelferin nicht gegeben waren, hätte die Geburt durch eine Schnittentbindung sofort beendet werden müssen. Dass eine Schnittentbindung zu diesem [X.]punkt die hypoxische Schädigung des Kindes selbst dann verhindert hätte, wenn die [X.] zwischen der Entscheidung zur Entbindung bis zu deren Durchführung tatsächlich 64 Mi-nuten gedauert hätte, wird auch von der Klägerin nicht in Zweifel gezogen. 15 Im Rechtsstreit der Geschädigten gegen den Versicherungsnehmer der Klägerin hat das [X.] deshalb im Urteil vom 16. Januar 2003 ([X.].: 1 U 70/02) einen für die Schädigung der [X.] ursächli-chen Behandlungsfehler des [X.] bejaht. Im Streitfall waren die Akten des 16 - 11 - Rechtsstreits gegen [X.] Gegenstand der mündlichen Verhandlung, wobei die Klägerin die der Verurteilung zugrunde liegenden Tatsachen nicht in Frage ge-stellt hat. Der Versicherungsnehmer der Klägerin hat mithin die Notsectio erst aufgrund seines pflichtwidrigen Verhaltens erforderlich gemacht, obwohl ihm bekannt war, dass [X.] eine längere [X.] benötigen würde, um in das Krankenhaus zu kommen. Es handelte sich keineswegs um einen plötzlich auf-tretenden, nicht kalkulierbaren Notfall, vielmehr hat einen solchen [X.] durch seine Nachlässigkeit erst herbeigeführt, so dass ihn der weit überwiegende Verursachungsanteil an dem weiteren tragischen Verlauf der Geburt trifft, dem gegenüber das Organisationsverschulden der Insolvenzschuldnerin nicht mehr zum Tragen kommt. Eine rechtliche Verpflichtung des Beklagten, sich am [X.] zu beteiligen, besteht danach schon deshalb nicht, weil ein Gesamtschuldverhältnis nicht gegeben ist. - 12 - II[X.] Damit erweist sich die Revision der Klägerin als unbegründet und ist mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen. 17 Galke Zoll [X.]

[X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom [X.] - [X.], Entscheidung vom 18.12.2008 - 1 U 40/07 -

Meta

VI ZR 24/09

06.10.2009

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.10.2009, Az. VI ZR 24/09 (REWIS RS 2009, 1314)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 1314

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