Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 01.06.2010, Az. 3 B 9/10

3. Senat | REWIS RS 2010, 6217

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Gegenstand

Grundsatzrevision bei auslaufendem Recht; Anforderungen an den Traditionsnachweis zur Arzneimittelnachzulassung


Gründe

1

1. Die Klägerin begehrt die Verlängerung der Zulassung (Nachzulassung) eines [X.]adezusatzes als traditionelles Arzneimittel unter Aufnahme der Stoffkombination in die sog. [X.] nach Maßgabe des § 109a [X.]. Das [X.]erufungsgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Klägerin den [X.] nicht erbracht habe. Die tradierte Erfahrung müsse für die konkrete Stoffkombination erbracht werden; es genüge nicht, dass nur teilweise übereinstimmende Kombinationspräparate oder die Einzelstoffe seit längerem im Verkehr seien. Das Arzneimittel selbst werde nur dann traditionell verwendet, wenn es sich bereits vor dem 1. August 1961 in Verkehr befunden habe und sich bis zum 1. Januar 1978 ein tradiertes Erfahrungswissen gebildet habe. Das Präparat der Klägerin sei jedoch nach ihren eigenen Angaben frühestens seit 1970 auf dem Markt. Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.]erufungsgerichts richtet sich die [X.]eschwerde der Klägerin.

2

2. Die [X.]eschwerde bleibt ohne Erfolg. Der Rechtssache kommt die geltend gemachte grundsätzliche [X.]edeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht zu.

3

Die Klägerin hält die Anforderungen an den [X.] nach § 109a Abs. 3 [X.] für klärungsbedürftig. Sie wirft die Frage auf, ob für eine Stoffkombination der Nachweis einer Anwendungstradition für diese Kombination erforderlich sei oder Erfahrungen mit zumindest teilweise übereinstimmenden [X.] ausreichten; ferner will sie geklärt wissen, auf welche Zeiträume und Zeitpunkte für eine Traditionsbildung nach § 109a Abs. 3 [X.] abzustellen sei.

4

Diese Fragen verleihen der Rechtssache keine grundsätzliche [X.]edeutung; denn sie beziehen sich auf auslaufendes Recht. Für Zulassungen traditioneller pflanzlicher Arzneimittel, die nach § 105 in Verbindung mit § 109a [X.] verlängert wurden, folgt dies bereits aus § 141 Abs. 14 [X.]. Danach erlischt eine solche Zulassung grundsätzlich am 30. April 2011, spätestens jedoch nach der Entscheidung über den rechtzeitig gestellten Antrag auf Zulassung oder Registrierung. Unabhängig davon zählt § 109a [X.] als eine Sonderregelung des [X.] für die sog. Altarzneimittel im Sinne des § 105 Abs. 1 [X.] zu den [X.] aus Anlass des [X.] des [X.] (§ 99 ff. [X.]), die mit der Abwicklung der Nachzulassungsverfahren auslaufen. Fragen auslaufenden oder ausgelaufenen Rechts verleihen einer Rechtssache regelmäßig keine grundsätzliche [X.]edeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Dieser Zulassungsgrund soll die Revision eröffnen, um die Auslegung des geltenden Rechts mit [X.]lick auf die Zukunft richtungweisend zu klären. Fragen zur Auslegung ausgelaufenen oder auslaufenden Rechts dienen jedoch nicht der Fortentwicklung des Rechts (vgl. nur [X.]eschluss vom 13. Juli 2007 - [X.]VerwG 3 [X.] 16.07 - [X.]uchholz 451.111 § 6 [X.] Nr. 9 m.w.N.).

5

Von diesen Grundsätzen ist eine Ausnahme zu machen, wenn das ausgelaufene Recht noch für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft von [X.]edeutung sein könnte; doch ist der [X.]eschwerdeführer für das Vorliegen einer solchen Sachlage darlegungspflichtig. Hierauf beruft sich die Klägerin ohne Erfolg. Sie macht geltend, die aufgeworfenen Rechtsfragen beträfen nicht nur bereits rechtshängige Verfahren, in denen über die Aufnahme eines Stoffes oder einer Stoffkombination in die [X.] gestritten werde (und deren Zahl die [X.]eklagte unwidersprochen mit unter 20 angegeben hat), sondern wegen § 109a Abs. 4a [X.] eine unbestimmte Vielzahl noch nicht abgeschlossener Nachzulassungsverfahren, in denen sich die Frage künftig stellen könne. Dieses Argument berücksichtigt den eng umgrenzten Anwendungsbereich des § 109a Abs. 4a [X.] nicht hinreichend. Grundsätzlich kommt eine Nachzulassung als traditionelles Arzneimittel zufolge § 109a Abs. 3 [X.] nur in den Fällen in [X.]etracht, in denen der Antragsteller die Unterlagen nach § 105 Abs. 4a [X.], die bis zum 1. Februar 2001 vorzulegen waren, nicht eingereicht und statt dessen erklärt hat, eine Nachzulassung nach Maßgabe des § 109a [X.] anzustreben. Dieser Anwendungsbereich ist durch den mit dem [X.] zur Änderung des [X.]es eingefügten § 109a Abs. 4a [X.] nachträglich um diejenigen Fälle erweitert worden, in denen die Verlängerung der Zulassung zu versagen wäre, weil ein nach § 25 Abs. 7 Satz 1 [X.] in der vor dem 17. August 1994 geltenden Fassung bekannt gemachtes Ergebnis, also namentlich Monographien der Aufbereitungskommissionen, zum Nachweis der Wirksamkeit nicht mehr anerkannt werden kann. Das betrifft entgegen der Annahme der Klägerin nicht etwa eine Vielzahl oder potentiell alle noch nicht bestandskräftig abgeschlossenen Nachzulassungsverfahren, sondern von vornherein nur solche noch nicht beschiedenen Verfahren, in denen die erforderlichen Nachweise durch Monographien nicht mehr zu führen sind, aus diesem Grund eine Versagung droht ("zu versagen wäre") und der Antragsteller deshalb nachträglich in das Verfahren nach § 109a [X.] wechselt. Selbst bei diesen Verfahren käme es auf die von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfragen des Weiteren nur in den Fällen an, in denen sich der Antragsteller nicht auf eine bereits bestehende Listenposition berufen kann, sondern für die Nachzulassung als traditionelles Arzneimittel - wie hier - erst noch die Eintragung einer bestimmten Listenposition in die Aufstellung nach § 109a Abs. 3 [X.] erstreiten muss. Abgesehen davon könnten nach den Angaben der [X.]eklagten solche (neuen) Fälle ohnehin nicht mehr auftreten, weil alle Nachzulassungsverfahren auf [X.]ehördenebene abgeschlossen seien.

6

Die von der Klägerin gezogene Parallele zu den [X.]eschlüssen des Senats vom 1. März 2010 ([X.]VerwG 3 [X.] 1.10 und 3 [X.] 3.10) trägt nicht. Die dort behandelte Frage, ob im Nachzulassungsverfahren die [X.]erufung auf eine EU-Zulassung nach § 105 Abs. 4c [X.] durch den Ablauf einer Mängelbeseitigungsfrist präkludiert oder auch noch später (ggf. erst im gerichtlichen Verfahren) möglich ist, betrifft unabhängig von den [X.] und dem Verfahrensstand potentiell alle noch nicht bestandskräftig abgeschlossenen Nachzulassungsverfahren, in denen eine solche EU-Zulassung noch geltend gemacht werden könnte.

7

Die aufgeworfenen Rechtsfragen bleiben auch nicht deshalb weiter klärungsbedürftig, weil sie sich bei einer Nachfolgevorschrift in gleicher Weise stellten (vgl. dazu [X.]eschluss vom 26. Juli 2005 - [X.]VerwG 6 [X.] 24.05 - [X.]uchholz 421 Kultur- und Schulwesen Nr. 129). Die Klägerin weist selbst darauf hin, dass das [X.] für die Registrierung traditioneller pflanzlicher Arzneimittel in § 39b Abs. 1 Nr. 4 [X.] abweichend von § 109a Abs. 3 [X.] die Voraussetzungen für einen [X.] in bestimmter Weise konkretisiert.

Meta

3 B 9/10

01.06.2010

Bundesverwaltungsgericht 3. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 25. November 2009, Az: 13 A 523/06, Urteil

§ 132 Abs 2 Nr 1 VwGO, § 109a Abs 3 AMG 1976, § 109a Abs 4a AMG 1976, § 105 Abs 4a AMG 1976, § 25 Abs 7 S 1 AMG 1976

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 01.06.2010, Az. 3 B 9/10 (REWIS RS 2010, 6217)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 6217

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