Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.07.2014, Az. XII ZB 16/14

12. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 4021

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Gegenstand

Versorgungsausgleich betrieblicher Anrechte: Unabhängigkeit von der Leistungsform


Leitsatz

Ein Anrecht im Sinne des Betriebsrentengesetzes ist unabhängig von der Leistungsform auszugleichen. Es kann deshalb nicht durch Ausübung eines Wahlrechts auf einmalige Kapitalauszahlung dem Versorgungsausgleich entzogen werden (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 18. April 2012, XII ZB 325/11, FamRZ 2012, 1039).

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 6. [X.] des [X.] in [X.] vom 20. Dezember 2013 wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen.

[X.]: 5.640 €

Gründe

I.

1

Auf den am 5. September 2012 zugestellten Antrag hat das Familiengericht die am 21. Oktober 1988 geschlossene Ehe der Antragstellerin (Ehefrau) und des Antragsgegners (Ehemann) rechtskräftig geschieden, den Versorgungsausgleich abgetrennt und hierüber durch gesonderten Beschluss entschieden. Während der Ehezeit (1. Oktober 1988 bis 31. August 2012; § 3 Abs. 1 [X.]) erwarb der Ehemann - soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren von Belang - betriebliche Anrechte aus zwei von seinem Arbeitgeber für ihn bei der Beteiligten zu 1 abgeschlossenen Direktversicherungen mit Kapitalwerten von 18.491,76 € (Ausgleichswert: 9.045,88 €) und 13.438,55 € (Ausgleichswert: 6.519,28 €) sowie eine weitere vom Arbeitgeber für ihn bei der Beteiligten zu 2 abgeschlossene Pensionskassenversorgung mit einem Kapitalwert von 20.150,20 € (Ausgleichswert: 9.875,10 €). Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. März 2013 - also nach Ehezeitende - übertrug der vormalige Arbeitgeber die Rechte aus den Direktversicherungen und der Pensionskassenversorgung auf den Ehemann mit Wirkung ab 1. April 2013. Dieser teilte den Versorgungsträgern mit Schreiben vom 2. April 2013 mit, dass er von seinem „Auszahlungswahlrecht“ Gebrauch mache und auf jegliche Umwandlung in eine Rentenzahlung verzichte.

2

Das Familiengericht hat die bezeichneten Anrechte - neben weiteren Anrechten - intern geteilt. Unter anderem gegen die Einbeziehung der bezeichneten Anrechte in den Versorgungsausgleich hat der Ehemann Beschwerde eingelegt. Das [X.] hat die Beschwerde insoweit zurückgewiesen; hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Ehemanns.

II.

3

Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.

4

1. Das [X.] hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Bei den im Wege der Direktversicherung begründeten Anrechten handle es sich um Anrechte nach dem [X.], die gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 3 [X.] unabhängig von der Leistungsform auszugleichen seien. Ob die Klassifizierung der Anrechte als solche nach dem [X.] dadurch nachträglich verändert worden sei, dass sie bei Ausscheiden aus dem Betrieb vom Arbeitgeber auf ihn übertragen worden seien, könne dahinstehen, da es maßgeblich auf den Rechtszustand zum Ehezeitende ankomme, in dem die Anrechte jedenfalls noch dem [X.] unterfielen.

5

2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung stand.

6

a) Nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 [X.] ist ein Anrecht im Sinne des [X.]es oder des [X.] unabhängig von der Leistungsform auszugleichen. Ein Ausgleich findet also auch statt, wenn das betriebliche Anrecht auf eine Kapitalzahlung gerichtet ist. Mit dieser Ausnahmeregelung gegenüber dem ansonsten für den Versorgungsausgleich geltenden Grundsatz, dass nur auf Renten gerichtete Anrechte auszugleichen sind, sollten zum einen die bei der nach früherem Recht durch Einbeziehung von Anrechten auf Kapitalzahlung in den Zugewinnausgleich entstehende Liquiditätsprobleme des [X.] vermieden, zum anderen [X.] durch Ausübung eines Kapitalwahlrechts nach Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags abgeschnitten werden (vgl. BT-Drucks. 16/10144, S. 46).

7

Die unterschiedliche Behandlung der Anrechte aus einer betrieblichen Altersversorgung (sowie der ebenfalls in § 2 Abs. 2 Nr. 3 [X.] genannten Anrechte nach dem [X.]) gegenüber Anrechten aus einer privaten, auf Kapitalleistung gerichteten Lebensversicherung rechtfertigt sich daraus, dass bei diesen besonders genannten Anrechten der Zweck der Alterssicherung eindeutig feststeht und durch Verfügungsbeschränkungen gesichert wird. So ist der Versicherte nach § 2 Abs. 2 Satz 4 bis 6, Abs. 3 Satz 3 [X.] daran gehindert, den Vertrag vorzeitig zu kündigen und die Auszahlung zu verlangen oder den Anspruch abzutreten oder zu beleihen (vgl. Senatsbeschluss vom 18. April 2012 - [X.] 325/11 - FamRZ 2012, 1039 Rn. 15 ff.).

8

b) Der Ehemann konnte daher die bei den Beteiligten zu 1 und 2 begründeten Anrechte nicht dem Versorgungsausgleich entziehen (vgl. [X.]/[X.]/Otto [X.] 5. Aufl. § 2 Rn. 260 ff.). Seine Schreiben vom 2. April 2013 betrafen lediglich die Form der Leistung bei deren zukünftiger Fälligkeit. Das berührt unabhängig von dem Zeitpunkt der Ausübung dieses Wahlrechts nicht den Charakter der Anrechte als betriebliche Altersversorgung im Sinne des [X.]es.

Dose                            Schilling                     Günter

          Nedden-Boeger                      Botur

Meta

XII ZB 16/14

16.07.2014

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, 20. Dezember 2013, Az: 14 UF 123/13

§ 2 Abs 2 Nr 3 VersAusglG, BetrAVG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.07.2014, Az. XII ZB 16/14 (REWIS RS 2014, 4021)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4021

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