Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.10.2017, Az. 3 StR 78/17

3. Strafsenat | REWIS RS 2017, 3716

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:181017B3STR78.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR
78/17

vom
18. Oktober 2017
in der Strafsache
gegen

wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln

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Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.] -
zu 2. auf dessen Antrag -
am 18.
Oktober 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 5.
Dezember 2016 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben

a) im [X.] der Urteilsgründe,
b) im Strafausspruch.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.]s zurückver-wiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäu-bungsmitteln in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln in elf Fällen, Be-sitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit [X.] mit Betäubungsmitteln und Veräußerung von Betäubungsmitteln, [X.] mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Er-werb von Betäubungsmitteln und Veräußerung von Betäubungsmitteln sowie wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer 1
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Menge in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln unter Einbeziehung von drei früheren Verurteilungen zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestütz-te Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersicht-lichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die auf die Sachrüge gebotene umfassende Überprüfung des Urteils hat keinen
Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben, soweit er in den Fällen [X.] bis 13. der Urteilsgründe verurteilt worden ist.
2. Der Schuldspruch wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäu-bungsmitteln im [X.] der Urteilsgründe hält hingegen rechtlicher [X.] nicht stand.
a) Nach den hierzu getroffenen Feststellungen lagerte der Angeklagte in der von ihm bewohnten Wohnung des Mitangeklagten [X.]

200 Gramm
Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 15,2 % Tetrachlorhydrocannabinol (THC), von denen 155 Gramm zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt waren; der Rest war zum Eigenkonsum bzw. zur Weitergabe zum [X.] vorgesehen. Am 13. Januar 2016 bewahrte der Angeklagte zudem ein "[X.]" mit einer etwa 6 cm langen Klinge,
das so in eine an einer Kette befindliche Halterung eingepasst werden kann, dass lediglich der nicht sogleich als Messergriff erkennbare Griff zu sehen ist, "zugriffsbereit" in der Wohnung auf.
b) Diese Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (§ 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG) im [X.] der Urteilsgründe nicht. Sie sind hinsichtlich des objektiven Tatbestandsmerk-2
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mals des Mitsichführens lückenhaft, begegnen aber auch zur subjektiven [X.] rechtlichen Bedenken. Im Einzelnen:
aa) Bewaffnetes Handeltreiben im Sinne von § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG setzt voraus, dass der Täter eine Schusswaffe oder sonstige Gegenstände, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt
sind, bei der Tat mit sich führt. Setzt diese sich aus mehreren [X.]en zusammen, so reicht es zur Tatbestandserfüllung aus, wenn der qualifizierende Umstand nur bei einem [X.] verwirklicht ist. Am eigenen Körper muss die Waffe oder der Gegenstand dabei nicht getragen werden; es genügt, dass sie der Täter zugleich mit den Betäubungsmitteln in einer Weise verfügungsbereit hält, dass er beim Umgang mit den Betäubungsmitteln ohne nennenswerten Zeitaufwand auf sie zugreifen kann (vgl. [X.], Beschlüsse vom 10. Dezember 2014 -
3 [X.], [X.], 641; vom 15. Januar 2013 -
2 StR 589/12, [X.], 663; jeweils mwN). Befindet sich die Waffe in einem Behältnis und/oder in einem anderen Raum als die Betäubungsmittel, so kann dies -
je nach den Umstän-den des Einzelfalles -
ein Mitsichführen im Sinne des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG ausschließen (vgl.
[X.], Urteil vom 21. März 2000 -
1 [X.], [X.], 433; Beschlüsse vom 10. Februar 2015 -
5 [X.], [X.], 349; vom 15.
Januar 2013 -
2 StR 589/12, [X.], 663; vom 23.
Juni 2010 -
2 [X.], [X.], 99; [X.]/[X.]/[X.], BtMG, 8.
Aufl., § 30a Rn. 81).
[X.]) Nach diesen Maßstäben belegen die Urteilsgründe nicht, dass der Angeklagte im [X.] beim Handeltreiben eine Waffe oder einen sonstigen Gegenstand im Sinne des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG mit sich geführt hat. Der bloße Hinweis auf die Wohnung des Angeklagten als Fundort erlaubt nicht oh-ne weiteres die Schlussfolgerung, dass der Angeklagte während der Lagerung der Betäubungsmittel in seiner Wohnung das Messer auch mit sich führte. 6
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Auch die bloße allgemein gehaltene Wendung, das Messer habe sich "zugriffs-bereit" in der Wohnung befunden, belegt für sich genommen dieses [X.] nicht (vgl.
[X.], Urteil vom 21. März 2000 -
1 [X.], [X.], 433), da das angefochtene Urteil die räumlichen Verhältnisse nicht be-schreibt, insbesondere weder die Größe der Wohnung und die Anzahl und Auf-teilung ihrer Räume noch die genaue Lage des Messers und die der Drogen mitteilt. Auch die Aussage des Mitangeklagten [X.]

, dass der Angeklagte das "[X.]" an der Kette "stets um den Hals trage", belegt nicht, dass der Angeklagte bei anderer Gelegenheit zugleich unmittelbaren Zugriff auf das [X.] und das Messer hatte; denn dass dies bei dem Erwerb der Drogen
oder dem späteren Umgang mit diesen tatsächlich der Fall war, stellt die [X.] nicht fest.
cc) Rechtlich nicht unbedenklich ist es darüber hinaus, dass sich die Ur-teilsgründe nicht dazu verhalten, ob das Messer (vom Angeklagten) zur Verlet-zung von
Personen bestimmt war, das [X.] vielmehr angesichts der Gestaltung des Messers davon ausgeht, eine solche Zweckbestimmung sei nicht erforderlich.
(1) Ausführungen dazu können zwar dann im Einzelfall entbehrlich sein, wenn es sich bei dem Gegenstand um eine Waffe im technischen Sinne han-delte, da bei einer solchen die Feststellung regelmäßig naheliegt, diese sei zur Verletzung von Personen bestimmt (vgl. [X.], Urteile vom 12. Januar 2017

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1 [X.], NStZ
2017, 714, 715; vom 21. Oktober 2014
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1
StR 78/14, NStZ
2015, 226, 227; vom 8. Dezember 2016 -
4 [X.], juris Rn. 17;
Beschluss vom 5. April 2016 -
1 [X.], [X.]R BtMG §
30a Abs.
2 [X.]). Die Urteilsgründe erlauben jedoch keine sichere Zuordnung dahin-gehend, dass es sich bei dem sichergestellten Messer um einen tragbaren
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Gegenstand im Sinne
des § 1 Abs.
2 Nr. 2 Buchstabe a) WaffG
in Verbindung mit Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Ziff. 1.1. (Hieb-
und [X.], die bereits ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, Verletzungen herbeizuführen) bzw. eine sogenannte gekorene Waffe im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 [X.]) WaffG
in Verbindung mit Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Ziff.
2.1. (Springmesser, Fallmesser, [X.] oder [X.]) handelt.
[X.] Ist der fragliche Gegenstand keine Waffe im technischen Sinn, so sind an die Prüfung und Darlegung der subjektiven Merkmale umso höhere An-forderungen zu stellen, je ferner die Gefahr des Einsatzes ist und je weniger geeignet und bestimmt zur Verletzung von Personen der Gegenstand in objek-tiver Hinsicht ist ([X.], Urteil vom 28. Februar 1997 -
2 [X.], [X.]St 43, 8, 14; vgl. auch [X.], Beschluss vom 4. September 1996 -
5 [X.], [X.], 50, 51). Dem [X.] ist zuzugeben, dass nach diesen Maß-stäben nach der Gestaltung des Messers der Schluss auf eine entsprechende Zweckbestimmung durch den Angeklagten nicht fernliegt. Der völlige Verzicht auf diesbezügliche Feststellungen unterliegt indes durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
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3. Der Wegfall des Schuldspruchs im [X.] führt zur Aufhebung der verhängten Jugendstrafe.
[X.] Spaniol

Berg

Hoch
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Meta

3 StR 78/17

18.10.2017

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.10.2017, Az. 3 StR 78/17 (REWIS RS 2017, 3716)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 3716

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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3 StR 503/14

2 StR 589/12

5 StR 594/14

2 StR 203/10

1 StR 394/16

1 StR 38/16

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