Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.01.2013, Az. 2 StR 589/12

2. Strafsenat | REWIS RS 2013, 9077

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Gegenstand

Bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln: Schusswaffen in einem anderen Raum als die Betäubungsmittel als Mitsichführen von Schusswaffen


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 28. Juni 2012, soweit es ihn betrifft, aufgehoben

a) in den Fällen 14 bis 17 der Urteilsgründe mit den zugehörigen Feststellungen und

b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 13 Fällen, jeweils in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, und wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Außerdem hat es den Wertersatzverfall in Höhe von 20.315,30 Euro angeordnet. Die Revision des Angeklagten, die auf die [X.] der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützt ist, hat den aus dem [X.] ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Nach den Feststellungen des [X.]s führten der Angeklagte und seine Ehefrau, die nicht revidierende Mitangeklagte, in 17 Fällen Marihuana im [X.] aus den [X.] nach [X.] ein und verkauften es hier jeweils gewinnbringend weiter. Das in den Fällen 14 bis 17 der Urteilsgründe eingeführte Marihuana lagerten sie zunächst in der gemeinsam genutzten 4-Zimmerwohnung, bevor sie es außerhalb der Wohnung weiterverkauften. Im Schlafzimmer der Wohnung verwahrte der Angeklagte, [X.] mit Waffenbesitzkarte, in einer unverschlossenen Schrankwand mehrere geladene Pistolen und Revolver auf. Auf dem Nachttisch lag eine Pistole. Der Angeklagte war sich im Gegensatz zu seiner Ehefrau der Verfügbarkeit der Waffen bewusst.

3

2. Die getroffenen Feststellungen tragen in den Fällen 14 bis 17 der Urteilsgründe die Verurteilung des Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG) nicht.

4

a) Die im Schlafzimmer des Angeklagten in einer unverschlossenen Schrankwand deponierten geladenen Pistolen und Revolver hat das [X.] zwar zu Recht als Schusswaffen im Sinne der genannten Vorschrift angesehen. Der Tatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG setzt aber weiter voraus, dass der Täter die Schusswaffe beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln mit sich führt. Ein Mitsichführen liegt nur dann vor, wenn er die Schusswaffe bewusst gebrauchsbereit in der Weise bei sich hat, dass er sich ihrer jederzeit bedienen kann. Am eigenen Körper muss die Waffe dabei nicht getragen werden; es genügt, wenn sie sich in Griffweite befindet. Auch ist es nicht erforderlich, dass der Täter gewillt ist, die Waffe gegebenenfalls einzusetzen. Setzt sich die Tat aus mehreren [X.]en zusammen, reicht es zur Tatbestandserfüllung aus, wenn der qualifizierende Umstand nur bei einem [X.] verwirklicht ist (vgl. [X.], Urteil vom 28. Februar 1997 - 2 [X.], [X.]St 43, 8, 10; Beschluss vom 25. Juni 1999 - 3 StR 372/98).

5

b) Nach diesen Maßstäben belegen die Urteilsgründe nicht in ausreichender Weise, dass sich der Angeklagte in den genannten vier Fällen des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gemacht hat. Die [X.] hat dazu, wo die Betäubungsmittel als [X.] des Handeltreibens gelagert wurden, überhaupt nur im Fall 17 der Urteilsgründe Feststellungen getroffen. In diesem Fall wurde das Marihuana in einem als Büro genutzten Raum sowie eine kleine Menge im Wohnzimmer verwahrt. Dass das Marihuana in den übrigen drei Fällen anderswo, etwa im Schlafzimmer aufbewahrt wurde, ist nicht ersichtlich. Damit kann aber selbst im Fall 17 nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der Angeklagte während der Lagerung der Betäubungsmittel in seiner Wohnung Schusswaffen mit sich führte. Befindet sich die Schusswaffe in einem Behältnis und in einem anderen Raum als die Betäubungsmittel, so ist dies in der Regel hierfür nicht ausreichend (vgl. [X.], Urteil vom 21. März 2000 - 1 StR 441/99, [X.], 433; Urteil vom 13. August 2009 - 3 [X.]; Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 [X.], [X.], 99). Auch die allgemein gehaltene Wendung des [X.]s, der Angeklagte habe "die Waffen offen in der Wohnung in unmittelbarer Nähe zu den Betäubungsmitteln aufbewahrt", belegt für sich genommen nicht das Merkmal des Mitsichführens. Es hätte vielmehr der konkreten Darlegung bedurft, wo die Betäubungsmittel gelagert wurden und wie die räumlichen Verhältnisse im Einzelnen waren, die es dem Angeklagten nach Ansicht der [X.] ermöglichten, sich jederzeit der in einer Schrankwand im Schlafzimmer befindlichen Pistolen und Revolver zu bedienen.

6

Bei dieser Beurteilung kann auch nicht auf die auf dem Nachttisch gelagerte Pistole abgestellt werden, da Feststellungen dazu, ob diese Pistole geladen war bzw. überhaupt entsprechende Munition vorhanden war, fehlen und von daher nicht davon ausgegangen werden kann, dass es sich um eine, wie von § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG vorausgesetzt, verwendungsfähige Schusswaffe handelte (vgl. Körner, BtMG, 7. Aufl., § 30a Rn. 64 mwN).

7

3. Dieser Mangel des Urteils führt zur Aufhebung des Schuldspruchs in den Fällen 14 bis 17 der Urteilsgründe nebst den zugehörigen Feststellungen. Der Wegfall der insoweit in Ansatz gebrachten Einzelstrafen entzieht dem [X.] die Grundlage.

[X.]

                  [X.]

Meta

2 StR 589/12

15.01.2013

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Bad Kreuznach, 28. Juni 2012, Az: 1043 Js 12738/11 KLs

§ 30a Abs 2 Nr 2 BtMG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.01.2013, Az. 2 StR 589/12 (REWIS RS 2013, 9077)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 9077

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