Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.07.2012, Az. IX ZB 250/11

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 4420

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 250/11

vom

19. Juli 2012

in dem Insolvenzverfahren

-

2

-

Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.],
[X.] Dr. Gehrlein, [X.], die Richterin [X.] und
den Richter Dr. Fischer

am
19. Juli
2012
beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners wird der Beschluss der 5. Zivilkammer des [X.] vom 26. August 2011 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des [X.],
an das Beschwerdegericht
zu-rückverwiesen.

Der Wert des [X.] wird auf 101.872

festgesetzt.

Gründe:

I.

Über das Vermögen des Schuldners ist am 24. Februar 2010 das Insol-venzverfahren eröffnet worden; am 28. April 2010 ist
Eigenverwaltung angeord-net worden. Der Schuldner hat
einen Insolvenzplan vorgelegt, der mit den er-forderlichen Mehrheiten angenommen worden ist. Die weitere Beteiligte zu 1 1
-

3

-

(fortan: Gläubigerin), die Forderungen in Höhe von 101

und dem Plan nicht zugestimmt
hat,
hat beantragt,
den Plan gemäß § 231 [X.] [X.] und die Zustimmung zu diesem Plan zu versagen. Das Insol-venzgericht wies
beide Anträge ab;
die sofortige Beschwerde der Gläubigerin
blieb
erfolglos.

Mit Beschluss vom 9. Juli 2010 hat das Insolvenzgericht den [X.] bestätigt. Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin hat das [X.] diesen Beschluss aufgehoben
und den Antrag auf Bestätigung des Plans zurückgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde will der Schuldner die Wieder-herstellung der Entscheidung des Insolvenzgerichts erreichen.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 253, 6, 7 [X.] aF, Art. 103f EG[X.], § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegerichts.

1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Die Gläubigerin habe [X.] gemacht, dass der Schuldner über Mittel und Einnahmen verfüge, die kei-nen Eingang in den Insolvenzplan gefunden hätten. Dadurch werde die Gläubi-gerin
im Sinne von § 251 [X.]
benachteiligt.

2
3
4
-

4

-

2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

a) Die Bestätigung eines Insolvenzplans ist
auf Antrag eines Gläubigers
zu versagen, wenn der Gläubiger dem Plan spätestens im Abstimmungstermin schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle widersprochen hat und durch den Plan voraussichtlich schlechter gestellt wird, als er ohne einen Plan stünde (§ 251 Abs. 1 [X.]).
Zu vergleichen sind also die Positionen des Gläubigers bei Abwicklung des Insolvenzverfahrens nach den Vorschriften der Insolvenzord-nung und bei Ausführung des Insolvenzplans. Bringt
der Plan für den wider-sprechenden Gläubiger wirtschaftliche Nachteile, hat der Widerspruch Erfolg. Die Vorschrift des § 251 [X.] soll jedem Gläubiger den Wert garantieren, den seine Rechtsposition im Insolvenzverfahren noch hat. Die [X.] ist keine ausreichende Legitimation dafür, dass einem einzelnen Beteilig-ten gegen seinen Willen Vermögenswerte entzogen werden
(BT-Drucks. 12/2443, [X.] zu § 298 [X.]; [X.], Beschluss vom 29. März 2007 -
IX ZB 204/05, [X.], 409 Rn. 7; vom 19. Mai 2009 -
IX [X.], [X.], 515 Rn. 12; vom 24. März 2011
-
IX ZB 80/11, [X.], 410 Rn. 9). Der Gläubiger hat die Schlechterstellung glaubhaft zu machen (§ 251 Abs. 2 [X.]).
Dieses Erfordernis soll das Insolvenzgericht davor bewahren, dass ein Antrag, der auf bloße Vermutungen gestützt wird, zu umfangreichen Ermittlungen führt (BT-Drucks. 12/2443,
aaO
S. 212).
Ob der Gläubiger
durch den Plan wirtschaftlich benachteiligt wird, ist ausschließlich auf der Grundlage seines glaubhaft ge-machten
(§ 4 [X.], § 294 ZPO)
Vorbringens zu beurteilen ([X.], Beschluss vom 29. März 2007, aaO Rn. 10).

b) Den erforderlichen Vergleich zwischen der Rechtsposition der Gläubi-gerin im Insolvenz-
und im Planverfahren hat das Beschwerdegericht nicht an-gestellt.
5
6
7
-

5

-

III.

Der angefochtene Beschluss erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 577 Abs. 3 ZPO).

1.
Die Bestätigung des Plans ist gemäß § 250 Nr. 1 [X.] von Amts we-gen zu versagen, wenn die Vorschriften über den Inhalt des Insolvenzplans in einem wesentlichen Punkt nicht beachtet worden sind und der Mangel nicht behoben werden kann. Nach § 220 Abs. 2 [X.] soll der darstellende Teil alle sonstigen Angaben zu den Grundlagen und den Auswirkungen des Plans ent-halten, die für die Entscheidung der Gläubiger über
die Zustimmung zum Plan und für dessen gerichtliche Bestätigung erheblich sind.
Dazu gehören diejeni-gen Informationen und Erklärungen, die den Beteiligten in jedem Insolvenzver-fahren gegeben werden müssen
(HK-[X.]/[X.], 6. Aufl., § 220 Rn. 7), etwa das
Verzeichnis der Massegegenstände (§ 151 [X.]), das Gläubigerverzeichnis (§ 152 [X.]) und die
Vermögensübersicht (§ 153 [X.]).
Unerlässlich sind alle diejenigen Angaben, welche die Gläubiger für ein sachgerechtes Urteil über den Insolvenzplan, gemessen an ihren eigenen Interessen, benötigen ([X.], [X.] vom
13. Oktober 2011 -
IX ZB 37/08, [X.], 139 Rn. 9
mwN).
Un-richtige Angaben über Einkommen oder Vermögen des Schuldners stellen ei-nen Verstoß gegen § 220 Abs. 2 [X.] dar und führen zu einer Versagung der Bestätigung von Amts wegen; denn es handelt sich insoweit um einen Mangel des Plans, der Einfluss auf seine Annahme gehabt haben könnte.

2. Das Beschwerdegericht hat hierzu jedoch ebenfalls keine nachvoll-ziehbaren Feststellungen getroffen.
Seine Entscheidung lässt nicht erkennen, auf
welchen
Grundlagen
der Plan beruht und welche Annahmen sich aufgrund 8
9
10
-

6

-

des glaubhaft gemachten Vorbringens der Gläubigerin
als unrichtig erwiesen haben.
Eine Beurteilung der Frage, ob es sich um "wesentliche"
Fehler und Auslassungen handelt und ob diese behoben werden könnten, ist so nicht mög-lich.

IV.

Der angefochtene Beschluss kann daher keinen Bestand haben. Er ist aufzuheben; die Sache ist zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdege-richt zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Dieses wird unter Beach-tung der Rechtsauffassung des Senats zu prüfen haben, ob
der darstellende Teil des Plans unzutreffende Angaben zu Einkommen und Vermögen des

11
-

7

-

Schuldners enthält, welche die Entscheidung der Gläubiger zu beeinflussen geeignet ist, und ob
der Plan die Gläubigerin benachteiligt
(§ 577 Abs. 4 Satz 4 ZPO).

Kayser
Gehrlein
[X.]

[X.]
Fischer

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 09.07.2010 -
35 IN 25/10 -

LG [X.], Entscheidung vom 26.08.2011 -
5 [X.] -

Meta

IX ZB 250/11

19.07.2012

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.07.2012, Az. IX ZB 250/11 (REWIS RS 2012, 4420)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4420

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IX ZB 250/11 (Bundesgerichtshof)

Insolvenzrecht: Glaubhaftmachung der Schlechterstellung bei Beantragung der Versagung der Bestätigung des Insolvenzplans durch einen Insolvenzgläubiger


IX ZB 6/21 (Bundesgerichtshof)

Insolvenzverfahren: Befreiung des Schuldners von seinen restlichen Verbindlichkeiten durch den Insolvenzplan; Anforderungen an den darstellenden …


IX ZB 37/08 (Bundesgerichtshof)

Insolvenzverfahren: Versagung der Bestätigung eines Insolvenzplans wegen Nichtangabe vom Schuldner begangener Insolvenzstraftaten


IX ZB 37/08 (Bundesgerichtshof)


IX ZB 236/07 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

IX ZB 250/11

IX ZB 80/11

IX ZB 37/08

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.