Bundesfinanzhof, Beschluss vom 02.09.2015, Az. V B 1/15

5. Senat | REWIS RS 2015, 5989

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Gegenstand

Kindergeld einer Staatenlosen


Leitsatz

1. NV: Die Rechtsfrage, ob bei einer Staatenlosen, die im Zeitpunkt der Einreise aus einem Drittland kommt, die nicht anwendbare Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 dann gilt, wenn der Einreisestaat 19 Jahre später in die EU aufgenommen wird, ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung, weil sich aus dieser Verordnung ohnehin kein Anspruch auf Kindergeld ergibt (Anschluss an das BFH-Urteil vom 20. März 2013 XI R 37/11, BStBl II 2014, 831, Verfassungsbeschwerde 2 BvR 2338/13 nicht angenommen durch Beschluss vom 23. Januar 2014).

2. NV: Die Differenzierung in § 62 Abs. 2 EStG für die Kindergeldberechtigung eines Ausländers nach der Integration in den Arbeitsmarkt ist verfassungsgemäß.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 20. November 2014  3 K 1510/13 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Gründe

1

Die Beschwerde ist unbegründet; die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) oder wegen Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) zuzulassen.

2

1. Die Rechtsfrage, "ob sich das [X.] auf ein sogenanntes Rückwirkungsverbot beziehen darf, wenn es Leistungen verneint, weil zum Zeitpunkt der Einreise die Klägerin nicht zu dem bevorzugten Personenkreis der Norm gehörte", sondern erst 19 Jahre nach der Einreise im Jahre 2007 [X.] in die [X.] aufgenommen wurde, ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung, weil sie sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen würde. Denn nach der Rechtsprechung des [X.] --[X.]-- (Urteil vom 20. März 2013 XI R 37/11, [X.], 394, [X.] 2014, 831; ebenso [X.] in [X.], EStG, § 62 Rz 8) ergibt sich aus der Richtlinie 1408/71 kein Rechtsanspruch auf Zahlung von Kindergeld, weil es sich hierbei nur um eine Kollisionsnorm und nicht um eine selbständige Anspruchsgrundlage handelt. Aus demselben Grunde ist auch eine Revisionszulassung wegen Divergenz zu einem angegebenen --nicht mit Fundstelle bezeichneten-- Urteil des [X.] "vom [X.][X.] 8/09" nicht geboten, weil geklärt ist, dass die Rechtsfrage nicht entscheidungserheblich ist.

3

2. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ergibt sich auch nicht wegen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 62 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nach der Vorlage des [X.] an das [X.] ([X.]), da die Vorlage vom [X.] als unzulässig verworfen wurde ([X.]-Beschluss vom 6. November 2009  2 BvL 4/07, [X.], 153) und der [X.] von der Verfassungsmäßigkeit einer Differenzierung des [X.] nach Maßgabe der Integration des Ausländers in den Arbeitsmarkt ausgeht ([X.]-Beschluss vom 14. Juni 2013 III B 119/12, [X.]/NV 2013, 1417). Die Kindergeldberechtigung eines nicht freizügigkeitsberechtigten Ausländers von der tatsächlichen Erteilung eines entsprechenden Aufenthaltstitels zu Beginn des [X.] abhängig zu machen, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ([X.]-Beschluss vom 5. Februar 2015 III R 19/14, [X.]/NV 2015, 1167). Weiteren Klärungsbedarf hat die Klägerin und Beschwerdeführerin nicht dargelegt. Soweit der Bevollmächtigte ausführt, dass der [X.] "den tieferen Sinn des Kindergeldes als negative Einkommensteuer nicht erkennt", ist darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber die Voraussetzungen des [X.] --die Gerichte bindend-- in § 62 EStG geregelt hat. Die steuerliche Freistellung des Existenzminimums eines Kindes wird durch den Abzug des [X.] nach § 32 Abs. 6 EStG vom --soweit vorhanden-- Einkommen erreicht. Im Übrigen wird es als Sozialleistung gezahlt (§ 31 EStG).

4

3. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

Meta

V B 1/15

02.09.2015

Bundesfinanzhof 5. Senat

Beschluss

vorgehend FG Nürnberg, 20. November 2014, Az: 3 K 1510/13, Urteil

EWGV 1408/71, § 62 Abs 2 EStG, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 02.09.2015, Az. V B 1/15 (REWIS RS 2015, 5989)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 5989


Verfahrensgang

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Az. V B 1/15

Bundesfinanzhof, V B 1/15, 02.09.2015.


Az. 2 BvR 2068/15

Bundesverfassungsgericht, 2 BvR 2068/15, 19.04.2023.


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