Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 28.03.2012, Az. 5 B 57/11

5. Senat | REWIS RS 2012, 7619

© Bundesverwaltungsgericht, Foto: Michael Moser

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Zuzug von Angehörigen Vertriebener; Anspruch auf Aufnahme außerhalb des Aufnahmeverfahrens


Gründe

1

Die allein auf [X.] gestützte [X.]eschwerde hat keinen Erfolg.

2

Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher [X.]edeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) kommt nur in [X.]etracht, wenn in der [X.]eschwerdebegründung in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise dargelegt wird, dass für die Entscheidung des [X.]erufungsgerichts eine konkrete fallübergreifende Rechtsfrage bedeutsam war, die auch für die Entscheidung in dem erstrebten Revisionsverfahren erheblich wäre und deren höchstrichterliche Klärung im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Revisionsverfahren geboten erscheint (stRspr, vgl. [X.]eschlüsse vom 2. Oktober 1961 - [X.]VerwG 8 [X.] 78.61 - [X.]VerwGE 13, 90 <91 f.> = [X.] 310 § 132 VwGO Nr. 18 S. 22 und vom 11. August 1999 - [X.]VerwG 11 [X.] - [X.] 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 19). Daran fehlt es hier.

3

1. Soweit die [X.]eschwerde als rechtsgrundsätzlich geklärt wissen möchte,

"ob einen Person, die sich auf die Vertriebeneneigenschaft beruft, welche sie gemäß § 7 [X.] a.F. von einem Elternteil erworben hat, dass behördliche Tätigwerden oder das Verhalten der [X.]ehörde, das vorausgesetzt wird, um davon ausgehen zu können, der ständige Aufenthalt werde nicht verweigert, Anspruch darauf hat, dieses Aufnahmeverhalten bzw. den [X.] gegenüber der [X.]ehörde, die für die Gewährung von Rechten und Vergünstigung nach [X.] zuständig ist, geltend machen kann und welche Voraussetzungen hierfür erforderlich sind sowie ob dieser Anspruch gerichtlich überprüfbar ist" (S. 3 der [X.]eschwerdebegründung),

ist die [X.]eschwerde bereits unzulässig, da es an einer klar und verständlich herausgearbeiteten Rechtsfrage mangelt. Es ist nicht Aufgabe des [X.], einen sprachlich defizitären Vortrag auszulegen und mögliche Rechtsfragen herauszuarbeiten (vgl. [X.]eschlüsse vom 30. September 2005 - [X.]VerwG 1 [X.] - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 82 und vom 21. Februar 2006 - [X.]VerwG 1 [X.] 108.05 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 83).

4

Sollte die [X.]eschwerde darauf gerichtet sein, rechtsgrundsätzlich zu klären, ob und ggf. gegenüber wem und unter welchen Voraussetzungen sowie mit welchen Rechtsbehelfsmöglichkeiten § 100 Abs. 2 Satz 3 [X.] das [X.]undesverwaltungsamt verpflichtet festzustellen, ob eine Person, die sich auf die Eigenschaft als Vertriebene beruft, Vertriebene ist, so wäre eine solche Frage nicht klärungsbedürftig. Das für die Auslegung des Sozialversicherungsrechts in erster Linie zuständige [X.]undessozialgericht hat entschieden, die Norm schließe sowohl die Antragsbefugnis des [X.]etroffenen als auch die [X.]efugnis der Vertriebenenbehörde aus, über die Vertriebeneneigenschaft dem [X.]etroffenen gegenüber durch feststellenden Statusbescheid zu entscheiden. Eine unmittelbare Rechtsbeziehung des [X.]etroffenen zur Vertriebenenbehörde bestehe nicht. Die Feststellung erfolge vielmehr auf Ersuchen der Leistungsbehörde als verwaltungsinterne Mitwirkungshandlung ausschließlich dieser gegenüber und stelle mangels unmittelbarer Rechtswirkung im Verhältnis zum [X.]ürger keinen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Satz 1 SG[X.] X dar. Die Entstehungsgeschichte der Norm belege, dass die Vertriebenenbehörde nur noch im [X.]edarfsfall auf Ersuchen der Leistungsbehörde und nur dieser gegenüber - verwaltungsintern - tätig werden solle ([X.]SG, Urteil vom 21. März 2006 - [X.] 5 RJ 54/04 R - [X.]SGE 96, 93 ). Mit dieser Rechtsprechung setzt sich die [X.]eschwerde nicht auseinander. Sie lässt insoweit einen neuerlichen oder weitergehenden Klärungsbedarf nicht erkennen.

5

2. Die von der [X.]eschwerde aufgeworfenen Fragen

a) "des [X.]estehens eines Anspruches auf dauernde Aufenthalt in der [X.]undesrepublik [X.] für Vertriebene und Abkömmlingen von Vertriebenen, die keine Spätaussiedler sind und deren Vertriebeneneigenschaft bereits wirksam vor dem 01.01.1993 entstanden ist" (S. 3 f. der [X.]eschwerdebegründung), und

b) "ob ein Vertriebener sich dauerhaft im [X.]undesgebiet aufhalten darf oder nicht" (S. 5 der [X.]eschwerdebegründung),

genügen angesichts ihrer unbestimmt-offenen Formulierung bereits nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.

6

Sie entziehen sich zudem einer Klärung in dem angestrebten Revisionsverfahren, weil das [X.]erufungsgericht Tatsachen, die vorliegen müssten, damit sich die Rechtsfragen in dem angestrebten Revisionsverfahren stellen würden, nicht aufgeklärt hat. Dies gilt gleichermaßen für die weiteren Fragen,

c) "ob die [X.] [X.], die bereits vor dem 01.01.1993 eine Vertriebeneneigenschaft im Sinne des § 1 - 3 [X.] erworben haben und sich noch nicht im [X.]undesgebiet befinden, die Rechte, die ihnen vor dem 01.01.1993 zustanden, wozu auch der Anspruch auf dauernden Aufenthalt im [X.]undesgebiet gehörte, weiterhin zustehen geltend gemacht werden können und auf welchem Wege" ([X.] der [X.]eschwerdebegründung),

d) ob Vertriebene, die sich "nach der [X.]eendigung der Zwangslage (Zerfall d. ehemaligen [X.]) aus ihrer Vertreibung befreit und in die [X.]undesrepublik [X.] ohne jegliches Visum eingereist sind und hier ihren ständigen Aufenthalt genommen haben", "ab diesem Zeitpunkt einen Anspruch auf dauernden Aufenthalt im [X.]undesgebiet zu Inanspruchnahme der ihnen nur bei dauerndem Aufenthalt zustehenden Rechte und Vergünstigungen nach dem [X.] haben und wie das Recht, ihren dauernden Aufenthalt in [X.] zu nehmen, durchgesetzt werden" ([X.] der [X.]eschwerdebegründung),

e) "ob Vertriebene, deren Vertriebeneneigenschaft vor dem 01.01.1993 rechtsverbindlich entstanden ist und weiterhin Wirksamkeit entfaltet, nach dem sie sich mit [X.]illigung einer [X.]ehörde im [X.]undesgebiet dauerhaft niedergelassen haben, dann, wenn ihre Vertriebeneneigenschaft feststeht, von dem ihnen zustehenden allgemeinen Aufnahmeanspruch als Vertriebene ausgeschlossen werden könne oder nicht" (S. 5 der [X.]eschwerdebegründung), und

f) "ob sich Vertriebene, die keine [X.] Staatsangehörigen und keine [X.] im Sinne des [X.] sind, bei der Durchsetzung ihres Anspruches auf dauernden Aufenthalt im [X.]undesgebiet gem. § 100 Abs. 1 [X.] auf § 94 [X.] a.F. berufen können" (S. 6 der [X.]eschwerdebegründung).

7

Die Fragen gründen bei verständiger Würdigung jeweils auf der Annahme, dass erstens die Mutter der Klägerin zu 1 [X.] Volkszugehörige und als solche Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 [X.] sei und zweitens die Klägerinnen die Eigenschaft der Mutter der Klägerin zu 1 als Vertriebene gemäß § 7 [X.] a.F. erworben hätten. Eine Feststellung, dass die Mutter der Klägerin zu 1 [X.] Volkszugehörige und als solche Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 [X.] sei, hat das [X.]erufungsgericht nicht getroffen. Es hat es vielmehr ausdrücklich offengelassen, ob die Klägerinnen Abkömmlinge einer Vertriebenen seien ([X.] Rn. 65, 68, 75 f.), ohne dass dies von der [X.]eschwerde erfolgreich mit einer Verfahrensrüge angegriffen worden ist. Die von der Revision aufgeworfenen Fragen würden sich daher in dem erstrebten Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich stellen (vgl. [X.]eschlüsse vom 29. Januar 1985 - [X.]VerwG 7 [X.] 4.85 - [X.] 421.0 Prüfungswesen Nr. 209 S. 232, vom 30. Juni 1992 - [X.]VerwG 5 [X.] 99.92 - [X.] 310 § 132 VwGO Nr. 309, vom 5. September 1996 - [X.]VerwG 9 [X.] 387.96 - [X.] 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 12, vom 10. Januar 1997 - [X.]VerwG 8 [X.] 204.96 - NVwZ 1997, 801, vom 22. Mai 2008 - [X.]VerwG 9 [X.] 34.07 - [X.] 442.09 § 18 [X.] Nr. 65; ferner [X.]eschluss vom 13. April 1971 - [X.]VerwG 4 [X.] 61.70 - [X.] 310 § 132 VwGO Nr. 76).

8

Dessen ungeachtet ist in der Rechtsprechung des [X.]undesverwaltungsgerichts geklärt, dass § 94 [X.] a.F. nicht zu dem [X.]estand an vertriebenenrechtlichen Rechtspositionen zählt, auf dessen Aufrechterhaltung § 100 [X.] zielt, und dass Personen im Sinne der §§ 1 bis 3 [X.], die nach dem 1. Januar 1993 ohne Aufnahmeverfahren in das [X.]undesgebiet einreisen, keinen speziellen vertriebenenrechtlichen Anspruch auf Aufnahme außerhalb des Aufnahmeverfahrens haben (vgl. Urteil vom 5. Dezember 2000 - [X.]VerwG 1 [X.] 24.00 - [X.] 412.3 § 94 [X.] a.F. Nr. 1). Der [X.] hat diese Rechtsprechung ausdrücklich bestätigt und hierzu ausgeführt,

"dass die Regelung des § 94 [X.] a.F. über den Zuzug von Angehörigen Vertriebener nach Aufhebung der Vorschrift durch das [X.] ab dem 1. Januar 1993 nicht mehr für den unter §§ 1 bis 3 [X.] fallenden Personenkreis anzuwenden ist. Insbesondere rechnet § 94 [X.] a.F. nicht zu dem [X.]estand an vertriebenenrechtlichen Rechtspositionen, auf dessen Aufrechterhaltung § 100 [X.] zielt, vielmehr wollte der Gesetzgeber durch die Aufhebung des § 94 [X.] a.F., bei dem es sich gerade nicht um eine ausschließlich vertriebenenrechtliche [X.]estimmung handelte, durch das [X.] gerade auch dem Umstand Rechnung tragen, dass durch das am 1. Januar 1991 in [X.] getretene [X.] eine bundeseinheitliche Regelung über den Nachzug ausländischer Familienangehöriger von [X.] getroffen worden ist; Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes oder des Gleichbehandlungsgebotes stehen dem nicht entgegen. Die in dem Urteil vom 5. Dezember 2000 angeführten Gründe für die Nichtanwendung des § 94 [X.] (jedenfalls) ab dem 1. Januar 1993 gelten unabhängig davon, ob ein [X.] Familienangehöriger bzw. der Vertriebene selbst bei Außerkraftsetzung des § 94 [X.] bereits einen Antrag auf Familienzusammenführung gestellt oder sich der zur Familienzusammenführung anstehende Angehörige des Vertriebenen tatsächlich bereits im [X.]undesgebiet aufgehalten hatte, so dass auch insoweit die Revision nicht wegen grundsätzlicher [X.]edeutung zuzulassen ist."

([X.]eschluss vom 22. März 2004 - [X.]VerwG 5 [X.] 20.04 - [X.]A S. 2 f.). Das Vorbringen der [X.]eschwerde begründet keinen neuerlichen oder weiteren Klärungsbedarf.

9

Von einer weiteren [X.]egründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

Meta

5 B 57/11

28.03.2012

Bundesverwaltungsgericht 5. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 23. August 2011, Az: 11 B 10.1202, Urteil

§ 94aF BVFG, § 100 BVFG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 28.03.2012, Az. 5 B 57/11 (REWIS RS 2012, 7619)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7619

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

5 B 21/09, 5 B 21/09, 5 PKH 16/09 (Bundesverwaltungsgericht)

Nichtzulassungsbeschwerde; Darlegungsanforderungen bei der Klagebefugnis; Hinweispflicht des Gerichts


5 B 11/13, 5 B 11/13, 5 PKH 14/13 (Bundesverwaltungsgericht)

Rügefähigkeit der Aussetzungsentscheidung; informatorische Anhörung; Parteivernehmung; Ablehnung


1 C 47/18 (Bundesverwaltungsgericht)

Fortführung eines Aufnahmeverfahrens nach Rückkehr in die Aussiedlungsgebiete


1 C 29/14 (Bundesverwaltungsgericht)

Aufenthaltnahme bestimmt maßgebliche Rechtslage für die Beurteilung der Spätaussiedlereigenschaft auch in Altfällen


1 C 30/14 (Bundesverwaltungsgericht)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.