Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.11.2009, Az. 4 StR 373/09

4. Strafsenat | REWIS RS 2009, 804

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[X.] vom 3. November 2009 in der Strafsa[X.]he gegen wegen gefährli[X.]hen Eingriffs in den Straßenverkehr u.a. - 2 - Der 4. Strafsenat des [X.] hat na[X.]h Anhörung des [X.] und des Bes[X.]hwerdeführers am 3. November 2009 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO bes[X.]hlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] (Oder) vom 9. März 2009 mit den Feststellungen aufgehoben, a) soweit der Angeklagte wegen gefährli[X.]hen Eingriffs in den Straßenverkehr (Fall II. 3 der Urteilsgründe) verurteilt worden ist, b) im Ausspru[X.]h über die Gesamtstrafe. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sa[X.]he zu neuer [X.] und Ents[X.]heidung, au[X.]h über die Kosten des Re[X.]htsmittels, an eine andere Strafkammer des Landge-ri[X.]hts zurü[X.]kverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen gefährli[X.]hen Eingriffs in den Straßenverkehr, Bedrohung und Beleidigung unter Freispre[X.]hung im Übri-gen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und se[X.]hs Monaten verur-teilt. Hiergegen wendet si[X.]h der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sa[X.]hli[X.]hen Re[X.]hts rügt. Das Re[X.]htsmittel hat in dem aus der [X.] ersi[X.]htli[X.]hen Umfang mit der 1 - 3 - Sa[X.]hrüge Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 1. Die Überprüfung des Urteils auf Grund der [X.] hat keinen Re[X.]htsfehler zum Na[X.]hteil des Angeklagten ergeben, soweit ihn das [X.] wegen Beleidigung und Bedrohung (Fälle II. 1 und 2 der Urteils-gründe) verurteilt hat. Insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Ausfüh-rungen in der Antragss[X.]hrift des [X.] vom 19. August 2009. 2 2. Dagegen hält die Verurteilung des Angeklagten wegen (vorsätzli[X.]hen) gefährli[X.]hen Eingriffs in den Straßenverkehr (§ 315 b Abs. 1 Nr. 3 StGB) der re[X.]htli[X.]hen Na[X.]hprüfung ni[X.]ht stand. 3 a) Na[X.]h den vom [X.] getroffenen Feststellungen stellte der An-geklagte der Nebenklägerin, seiner früheren Lebensgefährtin, wiederholt na[X.]h, na[X.]hdem sie die Beziehung zu ihm beendet hatte. Als die Nebenklägerin am [X.] gegen 14.30 Uhr mit ihrem Pkw ihre Arbeitsstätte in [X.] hatte, um na[X.]h Hause zu fahren, kam ihr no[X.]h innerorts der Angeklagte mit seinem Pkw entgegen. Der Angeklagte erkannte die Nebenklägerin in ihrem Pkw und lenkte seinen Pkw bewusst auf die Gegenfahrbahn. Dies entspra[X.]h seiner früheren Ankündigung: "[X.] fahren sehe, fahre i[X.]h drauf zu, au[X.]h wenn wir beide in den Himmel kommen". Der Angeklagte bes[X.]hleunigte seinen Pkw. "Ihm war auf Grund seiner gema[X.]hten Äußerung und dem [X.] seines Fahrzeuges klar, dass zumindest die Mögli[X.]hkeit eines Frontalzusammenstoßes der Kraftfahrzeuge mit der Gefahr der Lebensgefähr-dung für die [Nebenklägerin] bestand, jedo[X.]h wollte er keinen konkreten Unfall mit s[X.]hwerwiegenden Folgen für den Unfallgegner herbeiführen". Die Neben-klägerin, die mit einer Ges[X.]hwindigkeit von 30 bis 40 km/h fuhr, sah den auf sie 4 - 4 - zufahrenden Pkw des Angeklagten und lenkte ihren Pkw na[X.]h re[X.]hts, um einen Unfall zu vermeiden. Au[X.]h der Angeklagte lenkte seinen Pkw na[X.]h re[X.]hts. [X.] Fahrzeuge fuhren aneinander vorbei. "Wäre au[X.]h nur ein Kraftfahrzeug ni[X.]ht na[X.]h re[X.]hts ausgewi[X.]hen, wäre es zu einem Zusammenstoß der Kraftfahrzeu-ge gekommen". b) Diese Feststellungen belegen die für die Annahme einer vollendeten Tat na[X.]h § 315 b Abs. 1 Nr. 3 StGB vorausgesetzte Herbeiführung einer kon-kreten Gefahr für Leib oder Leben eines anderen Mens[X.]hen oder eine fremde Sa[X.]he von bedeutendem Wert ni[X.]ht. Na[X.]h gefestigter Re[X.]htspre[X.]hung muss die Tathandlung über die ihr innewohnende latente Gefährli[X.]hkeit hinaus in eine kritis[X.]he Situation geführt haben, in der - was na[X.]h allgemeiner [X.] auf Grund einer objektiv na[X.]hträgli[X.]hen Prognose zu beurteilen ist - die Si[X.]herheit einer bestimmten Person oder Sa[X.]he so stark beeinträ[X.]htigt war, dass es nur no[X.]h vom Zufall abhing, ob das Re[X.]htsgut verletzt wurde oder ni[X.]ht (Senat, Urteil vom 30. März 1995 - 4 StR 725/94, NJW 1995, 3131 f., zu § 315 [X.] StGB und Urteil vom 4. September 1995 [X.] 4 StR 471/95, NJW 1996, 329 f., zu § 315 b StGB). 5 Na[X.]h den dazu entwi[X.]kelten Maßstäben genügen die Feststellungen des [X.]s den Anforderungen zur Darlegung einer konkreten Gefahr ni[X.]ht. Ein Verkehrsvorgang, bei dem es zu einem "Beinahe-Unfall" gekommen wäre - also ein Ges[X.]hehen, bei dem ein unbeteiligter Beoba[X.]hter zu der [X.] gelangt, "das sei no[X.]h einmal gut gegangen" (Senat aaO) -, lässt si[X.]h dem Urteil ni[X.]ht entnehmen. Dass si[X.]h beide Fahrzeuge beim Gegenverkehr in enger räumli[X.]her Nähe zueinander befunden haben, genügt für si[X.]h allein ni[X.]ht. Insbesondere belegen die bisher getroffenen Feststellungen ni[X.]ht, dass es dem Angeklagten und der Nebenklägerin etwa nur auf Grund überdur[X.]hs[X.]hnittli[X.]h 6 - 5 - guter Reaktion sozusagen im allerletzten Moment gelungen ist, einer sonst [X.] Kollision dur[X.]h Auswei[X.]hen zu begegnen. Vielmehr legen die [X.] nahe, dass die Nebenklägerin no[X.]h ohne Weiteres na[X.]h re[X.]hts auswei-[X.]hen konnte, bevor eine kritis[X.]he Situation im Sinne des "[X.]" ent-standen war. Verhielte es si[X.]h so, fehlte es an einer bereits eingetretenen kon-kreten Gefahr im Sinne des § 315 b Abs. 1 StGB und es käme deshalb nur eine Strafbarkeit wegen versu[X.]hten gefährli[X.]hen Eingriffs in den Straßenverkehr na[X.]h Absatz 2 der Vors[X.]hrift in Betra[X.]ht (vgl. Senat, Urteil vom 4. September 1995, aaO). [X.]) Der neue Tatri[X.]hter wird deshalb zunä[X.]hst die Verkehrssituation, in der si[X.]h die beiden beteiligten Fahrzeuge bei ihrer Annäherung im Vorfallszeit-punkt befanden, tunli[X.]hst unter Hinzuziehung eines Sa[X.]hverständigen für [X.], näher aufzuklären haben. Au[X.]h wenn an die diesbe-zügli[X.]hen Feststellungen im Urteil keine zu hohen Anforderungen gestellt wer-den dürfen (vgl. Senat, NJW 1995 aaO), wird si[X.]h der Tatri[X.]hter um nähere Er-mittlung der von beiden Fahrzeugen im Vorfallszeitpunkt gefahrenen Ge-s[X.]hwindigkeiten, ihrer Entfernung zueinander unmittelbar vor der Einleitung der Auswei[X.]hbewegungen, zur Breite der Fahrbahn und der am [X.] [X.] Auswei[X.]hmögli[X.]hkeiten zu bemühen und das Ergebnis in einer Weise im Urteil darzulegen haben, die dem Revisionsgeri[X.]ht eine Na[X.]hprüfung ermög-li[X.]ht, ob eine - wie bes[X.]hrieben - konkrete Gefahr im Sinne eines "[X.]" bereits vorlag. Vermag der neue Tatri[X.]hter eine dahingehende Feststel-lung ni[X.]ht zu treffen, so wird er bei der Prüfung einer Versu[X.]hsstrafbarkeit na[X.]h § 315 b Abs. 2 StGB zu bedenken haben, dass für die subjektive Tatseite ein bloßer Gefährdungsvorsatz, wie ihn das [X.] angesi[X.]hts der [X.] auf [X.] mögli[X.]herweise als ausrei[X.]hend era[X.]htet hat, ni[X.]ht genügt, vielmehr der Täter mit - mindestens bedingtem - S[X.]hädigungsvorsatz handeln 7 - 6 - muss (Senat, BGHSt 48, 233, 237 f.). S[X.]hließli[X.]h wird au[X.]h zu prüfen sein, ob der Angeklagte von einem Versu[X.]h na[X.]h § 315 b Abs. 2 StGB mit strafbefreien-der Wirkung gemäß § 24 Abs. 1 StGB zurü[X.]kgetreten ist, indem er seinerseits na[X.]h re[X.]hts ausgewi[X.]hen ist und dadur[X.]h eine Kollision beider Fahrzeuge ver-hindert hat. Im Übrigen kommt unabhängig von einer Strafbarkeit des Angeklag-ten na[X.]h § 315 b StGB eine Verurteilung des Angeklagten jedenfalls wegen vollendeter Nötigung (§ 240 Abs. 1 und 2 StGB) in Betra[X.]ht (zur Konkurrenz mit § 315 b StGB [X.] Tateinheit [X.] Senat, BGHSt 48, 233, 237 f.; [X.] in [X.] 12. Aufl. § 315 b Rdn. 93). Denn der Angeklagte hat na[X.]h den bisher getroffe-nen Feststellungen dur[X.]h sein Verhalten die Nebenklägerin mit Gewalt zum Auswei[X.]hen gezwungen. 3. Die Aufhebung der Verurteilung des Angeklagten wegen gefährli[X.]hen Eingriffs in den Straßenverkehr zieht die Aufhebung der insoweit erkannten Einzelstrafe von einem Jahr und vier Monaten Freiheitsstrafe, die zuglei[X.]h die 8 - 7 - [X.] bildet, na[X.]h si[X.]h. Dies hat die Aufhebung des Gesamtstrafenaus-spru[X.]hs zur Folge, über den ebenfalls neu zu verhandeln und zu ents[X.]heiden ist. [X.] Athing Ernemann Franke

Meta

4 StR 373/09

03.11.2009

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.11.2009, Az. 4 StR 373/09 (REWIS RS 2009, 804)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 804

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