Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.04.2008, Az. 4 StR 639/07

4. Strafsenat | REWIS RS 2008, 4486

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES Urteil 4 [X.] vom 15. April 2008 in der Strafsa[X.]he gegen wegen fahrlässiger Körperverletzung u.a.- 2 - Der 4. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 15. April 2008, an der teilgenommen haben: Vorsitzende [X.]in am [X.] [X.], [X.] am [X.] Maatz, [X.]in am [X.] [X.], [X.] am [X.] Dr. Ernemann, [X.]in am [X.] [X.]als beisitzende [X.], Staatsanwältin

als Vertreterin der [X.], Re[X.]htsanwalt als Verteidiger, Justizangestellte

als Urkundsbeamtin der Ges[X.]häftsstelle, für Re[X.]ht erkannt: - 3 - 1. Auf die Revisionen der Staatsanwalts[X.]haft und des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 6. Juni 2007 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sa[X.]he wird zu neuer Verhandlung und Ents[X.]heidung, au[X.]h über die Kosten der Re[X.]htsmittel, an eine andere als S[X.]hwurgeri[X.]ht zuständige Strafkammer des [X.] zurü[X.]kverwiesen. Von Re[X.]hts wegen Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen [vorsätzli[X.]her] Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung und mit [vorsätzli[X.]hem] Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt und bestimmt, dass dem Angeklagten vor Ablauf von vier Jahren keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf. Gegen dieses Urteil wenden si[X.]h der Angeklagte und die Staatsanwalts[X.]haft mit ihren Revisionen, mit denen sie die Verletzung sa[X.]hli[X.]hen Re[X.]hts rügen; die Staatsanwalts[X.]haft beanstandet darüber hinaus au[X.]h das Verfahren. Während der Angeklagte si[X.]h gegen die Verurteilung wegen Gefährdung des Straßenverkehrs wendet, erstrebt die Staatsanwalts[X.]haft eine Verurteilung des Angeklagten wegen gefährli[X.]her Körperverletzung und wegen gefährli[X.]hen Eingriffs in den Straßenverkehr und wendet si[X.]h darüber hinaus au[X.]h gegen die unterbliebene Verurteilung des Angeklagten wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort. Beide Re[X.]htsmittel haben Erfolg. 1 - 4 - [X.] 2 1. Das [X.] hat festgestellt: 3 Der heroinabhängige Angeklagte wollte si[X.]h am Morgen des [X.] mit Heroin versorgen und fuhr deshalb mit dem Pkw seiner Lebensgefährtin, obwohl er keine Fahrerlaubnis besaß, na[X.]h S.

. Auf dem Wege dorthin versu[X.]hte er im G.

-Markt in [X.]

DVD's zu entwenden, um sie später gegen Heroin einzutaus[X.]hen. Dabei wurde er von dem Kaufhausdetektiv [X.]beoba[X.]htet, der ihn auf der Weiterfahrt mit seinem eigenen Pkw bis [X.]verfolgte. Als der Angeklagte dort an einem Taxistand anhielt, stellte si[X.]h der Zeuge mit seinem Pkw s[X.]hräg vor den des Angeklagten, um ihn an der Weiterfahrt zu hindern. Der zunehmend unter körperli[X.]hem Entzug stehende Angeklagte sah sein Vorhaben, si[X.]h mögli[X.]hst s[X.]hnell wieder Heroin zuzuführen, gefährdet, wollte si[X.]h aber auf Grund des bestehenden Su[X.]htdru[X.]ks ni[X.]ht aufhalten lassen. Er lenkte deshalb seinen Pkw um den des Zeugen herum und bog na[X.]h re[X.]hts in die dreispurig ausgebaute [X.]ein. Dort bes[X.]hleunigte er seinen Pkw und fuhr auf die Li[X.]htzei[X.]henanlage vor dem "Sa. " zu, an der zu diesem Zeitpunkt auf dem äußerst re[X.]hten sowie auf dem äußerst linken Fahrstreifen Fahrzeuge hielten, weil die Ampel Rotli[X.]ht zeigte. Dagegen war der mittlere Fahrstreifen frei. Dies nutzte der Angeklagte aus, um seine Fahrt ungehindert fortzusetzen. Er fuhr deshalb mit einer Ges[X.]hwindigkeit von 40 bis 60 km/h zwis[X.]hen den an der Ampel haltenden Fahrzeugen hindur[X.]h. Dabei sah er si[X.]h na[X.]h hinten um, um festzustellen, ob der Zeuge [X.] ihn weiter verfolgte. Zu diesem Zeitpunkt überquerte der später Ges[X.]hädigte de F.

die [X.]a. 15 m hinter der Haltelinie für Kraftfahrzeuge befindli[X.]he, ebenfalls mit einer Li[X.]htzei[X.]henanlage versehene [X.] bei "Grün". Der Angeklagte erfasste den - 5 - Ges[X.]hädigten mit dem Pkw vorne links. Der Ges[X.]hädigte wurde dur[X.]h den Aufprall über die Motorhaube in die Winds[X.]hutzs[X.]heibe des Pkw ges[X.]hleudert, die zersplitterte und na[X.]h innen in den Fahrgastraum gedrü[X.]kt wurde. Der Angeklagte "realisierte" die Situation zunä[X.]hst ni[X.]ht. Erst na[X.]hdem er die Glassplitter aus seinem Gesi[X.]ht gewis[X.]ht hatte, bemerkte er, dass si[X.]h der Ges[X.]hädigte auf der Motorhaube befand. In diesem Moment fiel der Ges[X.]hädigte au[X.]h bereits vom Fahrzeug herunter und blieb am Fahrbahnrand s[X.]hwer verletzt liegen. Bis dahin waren seit der Kollision drei bis fünf Sekunden vergangen und hatte der Angeklagte [X.]a. 50 m zurü[X.]kgelegt. Obwohl er zwis[X.]henzeitli[X.]h bemerkt hatte, dass er eine Person angefahren hatte, hielt er ni[X.]ht an, da er si[X.]h mögli[X.]hst s[X.]hnell mit Heroin versorgen wollte. 2. Das [X.] hat eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen - tateinheitli[X.]h mit fahrlässiger Körperverletzung (§ 229 StGB) und vorsätzli[X.]hem Fahren ohne Fahrerlaubnis (§ 21 Abs. 1 StVG) verwirkli[X.]hter - vorsätzli[X.]her Gefährdung des Straßenverkehrs na[X.]h § 315 [X.] Abs. 1 Nr. 1 Bu[X.]hst. b) und Nr. 2 Bu[X.]hst. [X.]) StGB angenommen. Der Angeklagte sei auf Grund der von seiner Heroinsu[X.]ht ausgehenden massiven körperli[X.]hen Entzugsers[X.]heinungen "absolut fahruntü[X.]htig" gewesen. Das Unfallges[X.]hehen belege au[X.]h, dass der Angeklagte in Folge dieses körperli[X.]hen Mangels in seiner Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit stark beeinträ[X.]htigt gewesen sei. Darüber hinaus sei der Angeklagte grob verkehrswidrig und rü[X.]ksi[X.]htslos an einem Fußgängerüberweg fals[X.]h gefahren, indem er, um so s[X.]hnell wie mögli[X.]h an Raus[X.]hgift zu kommen, auf seiner Flu[X.]ht vor dem ihn verfolgenden Zeugen [X.]si[X.]h unter Missa[X.]htung des für ihn geltenden Rotli[X.]hts den "Fußgängerüberweg" überfahren und dabei den Ges[X.]hädigten erfasst habe. Der Angeklagte habe sowohl hinsi[X.]htli[X.]h der Tathandlung als au[X.]h hinsi[X.]htli[X.]h der Gefährdung vorsätzli[X.]h gehandelt (sog. Vorsatz-Vorsatz-Kombination); 4 - 6 - indem er, obwohl er vor der Ampel haltende Fahrzeuge wahrgenommen habe, na[X.]h hinten ges[X.]haut und ni[X.]ht auf die Li[X.]htzei[X.]henanlage gea[X.]htet habe, habe er zumindest billigend in Kauf genommen, dass er "eine rote Ampel überfährtfi und die auf dem dahinter liegenden Fußgängerüberweg die Fahrbahn überquerenden Passanten gefährdet. 5 Eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen versu[X.]hten Mordes hat das S[X.]hwurgeri[X.]ht verneint, weil dem Angeklagten ein Tötungsvorsatz ni[X.]ht na[X.]hzuweisen sei. Er habe den Ges[X.]hädigten ni[X.]ht wahrgenommen, weil er si[X.]h na[X.]h hinten umgesehen habe; ihm sei beim "Überfahren der roten Ampel" au[X.]h ni[X.]ht bewusst gewesen, dass eine Person die dahinter liegende [X.] überquert. Mangels entspre[X.]henden Vorsatzes hat das [X.] au[X.]h eine gefährli[X.]he Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 und 5 StGB) verneint. Eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142 Abs. 1 StGB) hat das [X.] ni[X.]ht erörtert, na[X.]hdem die Staatsanwalts[X.]haft mit der Anklage das Verfahren gemäß den §§ 154, 154 a StPO auf die angeklagten Tatbestände des versu[X.]hten Mordes, des gefährli[X.]hen Eingriffs in den Straßenverkehr und der gefährli[X.]hen Körperverletzung bes[X.]hränkt hatte. 6 - 7 - I[X.] 7 Revision des Angeklagten 8 Der S[X.]huldspru[X.]h hält auf die Revision des Angeklagten der re[X.]htli[X.]hen Na[X.]hprüfung ni[X.]ht stand, soweit das [X.] den Angeklagten wegen Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315 [X.] StGB) verurteilt hat. Wie der [X.] bereits in seiner Zus[X.]hrift an den Senat vom 12. Dezember 2007 zutreffend ausgeführt hat, belegen die getroffenen Feststellungen ni[X.]ht, dass der Angeklagte den Tatbestand des § 315 [X.] StGB in den beiden vom [X.] angenommenen Tatbestandsalternativen verwirkli[X.]ht hat. 1. Die Annahme des [X.], der Angeklagte habe den Tatbestand des § 315 [X.] Abs. 1 Nr. 1 Bu[X.]hst. [X.] erfüllt, weil er infolge seiner körperli[X.]hen Entzugsers[X.]heinungen "absolut" fahrunsi[X.]her gewesen sei, begegnet re[X.]htli[X.]hen Bedenken. 9 Da si[X.]h die "absolute" von der "relativen" Fahruntü[X.]htigkeit allein in ihrem Na[X.]hweis unters[X.]heidet (BGHSt 31, 42, 44), ers[X.]heint bereits fragli[X.]h, ob außerhalb des Berei[X.]hs der unwiderlegbaren Vermutung der Fahruntü[X.]htigkeit auf Grund eines Blutalkoholgrenzwerts der Begriff der "absoluten" Fahruntü[X.]htigkeit überhaupt Verwendung finden kann. In Extremfällen (z.B. der blinde Fahrzeugführer) mag dies zutreffen; ein sol[X.]her Extremfall lag hier aber jedenfalls ni[X.]ht vor. Relative Fahruntü[X.]htigkeit (genauer: Fahrunsi[X.]herheit), wie sie hier allein in Betra[X.]ht zu ziehen ist, setzt voraus, dass die Gesamtleistungsfähigkeit des Fahrzeugführers infolge geistiger und/oder körperli[X.]her Mängel soweit herabgesetzt ist, dass er ni[X.]ht mehr fähig ist, sein 10 - 8 - Fahrzeug im Straßenverkehr eine längere Stre[X.]ke, au[X.]h bei Eintritt s[X.]hwieriger Verkehrslagen, si[X.]her zu steuern (BGHSt 13, 83, 90; 44, 219, 221). Zwar ist - wie bei raus[X.]hmittelbedingter Fahrunsi[X.]herheit - ni[X.]ht unbedingt erforderli[X.]h, dass si[X.]h die körperli[X.]hen bzw. geistigen Mängel in [X.] ausgewirkt haben. Vielmehr können unter Umständen zum Na[X.]hweis der Fahrunsi[X.]herheit au[X.]h sonstige Auffälligkeiten im Verhalten des Fahrzeugführers genügen, sofern sie konkrete Hinweise auf eine s[X.]hwerwiegende Beeinträ[X.]htigung seiner psy[X.]hophysis[X.]hen Leistungsfähigkeit, insbesondere seiner Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeit geben (vgl. BGHSt 31, 42, 44 f.; 44, 221 f.). Dass es si[X.]h hier so verhält, belegen die bislang festgestellten Entzugssymptome des Angeklagten aber ni[X.]ht. Die Ausführungen des [X.] ers[X.]höpfen si[X.]h vielmehr in der allgemein gehaltenen Aufzählung vers[X.]hiedener Entzugsers[X.]heinungen wie Händezittern, Übelkeit, S[X.]hweißausbrü[X.]he, gestörtes Temperaturempfinden und Konzentrations-s[X.]hwierigkeiten, ohne si[X.]h damit auseinanderzusetzen, ob si[X.]h diese körperli[X.]hen Mängel au[X.]h auf die Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeit oder die Risikobereits[X.]haft des Angeklagten ausgewirkt haben. Dies versteht si[X.]h hier ni[X.]ht von selbst. Der Angeklagte lenkte nämli[X.]h ni[X.]ht nur sein Fahrzeug offenbar beanstandungsfrei über [X.]

na[X.]h [X.]

und dort dur[X.]h den innerstädtis[X.]hen Verkehr, sondern er zeigte au[X.]h anlässli[X.]h seines Aufenthalts im "[X.]" in Unterbre[X.]hung dieser Fahrt keine körperli[X.]hen oder geistigen Auffälligkeiten; vielmehr verhielt er si[X.]h in dem Ges[X.]häft beim Versu[X.]h, einen Ladendiebstahl zu begehen, umsi[X.]htig und unternahm sogar Maßnahmen, um den versu[X.]hten Diebstahl zu vertus[X.]hen. 11 Das [X.] hätte deshalb na[X.]h den Maßstäben der Re[X.]htspre[X.]hung zur "relativen" Fahrunsi[X.]herheit prüfen müssen, ob weitere aussagekräftige Beweisanzei[X.]hen, insbesondere der unfallursä[X.]hli[X.]he 12 - 9 - Fahrfehler, den si[X.]heren Na[X.]hweis der entzugsbedingten Fahrunsi[X.]herheit des Angeklagten begründen konnten. Dies ist ni[X.]ht ges[X.]hehen. Zwar hat das [X.] ein außergewöhnli[X.]h fehlerhaftes und risikorei[X.]hes Fahrverhalten des Angeklagten festgestellt. Dieser drehte si[X.]h beim Herannahen an die ges[X.]haltete Li[X.]htzei[X.]henanlage um und übersah deshalb den später Ges[X.]hädigten. Glei[X.]hwohl bedurfte es näherer Darlegung, dass dieser Fahrfehler seine Ursa[X.]he au[X.]h in den körperli[X.]hen Entzugsers[X.]heinungen des Angeklagten hatte. Dagegen könnte nämli[X.]h spre[X.]hen, dass das Streben des Angeklagten in dem Augenbli[X.]k seines [X.] an die Li[X.]htzei[X.]henanlage auf Flu[X.]ht vor dem Zeugen [X.] ausgeri[X.]htet war. Es ist deshalb ni[X.]ht auszus[X.]hließen, dass si[X.]h der Angeklagte bewusst unter Inkaufnahme eines Unfalls der Verfolgung dur[X.]h den Zeugen entziehen wollte. Ob die extrem waghalsige Fahrweise des Angeklagten dur[X.]h den Heroinentzug bedingt war, bedarf deshalb neuer tatri[X.]hterli[X.]her Prüfung, wobei die Hinzuziehung eines Sa[X.]hverständigen geboten ers[X.]heint. Dieser wird Gelegenheit haben darzulegen, ob unter Berü[X.]ksi[X.]htigung der langjährigen Heroinabhängigkeit des Angeklagten die festgestellten und/oder weitere typis[X.]he Entzugsers[X.]heinungen Auswirkungen auf die Wahrnehmungs- und/oder Reaktionsfähigkeit des Angeklagten haben konnten oder etwa zu einer erhöhten Risikobereits[X.]haft oder Selbstübers[X.]hätzung geführt haben. 13 2. Au[X.]h die Bejahung der Tatbestandsalternative der Nr. 2 Bu[X.]hst. [X.]) des § 315 [X.] Abs. 1 StGB hält der re[X.]htli[X.]hen Na[X.]hprüfung ni[X.]ht stand. Die Regelung wurde dur[X.]h das Zweite Gesetz zur Si[X.]herung des Straßenverkehrs in den Katalog der sog. "Todsünden" aufgenommen, weil die Unsitte, links an einem vor einem Fußgängerüberweg haltenden Fahrzeug, das den Fußgängern den Weg freima[X.]hen will, vorbeizufahren, zu s[X.]hweren Unfällen geführt hatte (BT-Dru[X.]ks. IV/651 S. 29; [X.] 11. Aufl. § 315 [X.] Rdn. 101). Sie 14 - 10 - erfasst ein Fals[X.]hfahren aber nur an Fußgängerüberwegen im Sinne des § 26 [X.]. Das sind die dur[X.]h Zei[X.]hen 293 zu § 41 [X.] i.V.m. mit dem Hinweiszei[X.]hen 350 zu § 42 [X.] markierten Zebrastreifen. Der Senat hätte indes Bedenken, die Vors[X.]hrift des § 315 [X.] Abs. 1 Nr. 2 Bu[X.]hst. [X.]) StGB von vornherein dann ni[X.]ht eingreifen zu lassen, wenn der "Fußgängerüberweg" zusätzli[X.]h dur[X.]h eine in Betrieb befindli[X.]he Li[X.]htzei[X.]henanlage gesi[X.]hert ist (so aber OLG Düsseldorf VRS 66 (1984), 135; [X.] NJW 1969, 440; OLG Stuttgart NJW 1969, 889; [X.] 55. Aufl. § 315 [X.] Rdn. 7; Hents[X.]hel Straßenverkehrsre[X.]ht 38. Aufl. StGB § 315 [X.] Rdn. 35; [X.]/Burmann/[X.] Straßenverkehrsre[X.]ht 20. Aufl. StGB § 315 [X.] Rdn. 23; [X.]/[X.] StGB 26. Aufl. § 315 [X.] Rdn. 15; [X.] aaO Rdn. 102; a.A. mit bea[X.]htli[X.]hen Gründen [X.] 1976, 12; [X.]/[X.] in S[X.]hönke/[X.] StGB 27. Aufl. § 315 [X.] Rdn. 21; [X.] in [X.] 67. Lieferung [Oktober 2006] § 315 [X.] Rdn. 12). Dies bedarf hier jedo[X.]h keiner Ents[X.]heidung. Denn das [X.] hat ni[X.]ht festgestellt, dass die Unfallstelle ein Fußgängerüberweg im Sinne des § 26 [X.] (Zebrastreifen) war. II[X.] Revision der Staatsanwalts[X.]haft 15 1. Die Verfahrensbes[X.]hwerden, mit denen die Staatsanwalts[X.]haft eine Verletzung der geri[X.]htli[X.]hen Aufklärungspfli[X.]ht sowie des Beweisantragsre[X.]hts beanstandet, greifen aus den vom [X.] in seiner Zus[X.]hrift an den Senat genannten Gründen ni[X.]ht dur[X.]h. 16 2. Jedo[X.]h hat die Revision der Staatsanwalts[X.]haft mit der Sa[X.]hrüge Erfolg. 17 - 11 - Im Ergebnis zu Re[X.]ht beanstandet die Bes[X.]hwerdeführerin, dass das [X.] den Angeklagten ni[X.]ht au[X.]h wegen gefährli[X.]her Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 und 5 StGB), ggfls. tateinheitli[X.]h mit einem versu[X.]hten Tötungsdelikt, verurteilt hat. 18 19 a) Das Urteil hält der re[X.]htli[X.]hen Na[X.]hprüfung ni[X.]ht stand, weil die Beweiswürdigung zur subjektiven Tatseite im ersten Tatabs[X.]hnitt bis zur Kollision lü[X.]kenhaft ist. Die Annahme des [X.], der Angeklagte habe, indem er den Ges[X.]hädigten mit seinem Pkw erfaßte und lebensgefährli[X.]h verletzte, nur fahrlässig gehandelt, wird den Besonderheiten des Falles ni[X.]ht gere[X.]ht und ist au[X.]h ni[X.]ht ohne weiteres vereinbar mit der re[X.]htli[X.]hen Würdigung, mit der das S[X.]hwurgeri[X.]ht im Zusammenhang mit § 315 [X.] Abs. 1 StGB einen [X.] bedingten [X.] (sog. Vorsatz-Vorsatz- Kombination) bejaht hat. Na[X.]h den Feststellungen nahm der ortskundige Angeklagte wenigstens billigend in Kauf, dass die Li[X.]htzei[X.]henanlage für den Fahrzeugverkehr Rotli[X.]ht zeigte und die dahinter befindli[X.]he Fußgängerampel "grün" war, so dass si[X.]h Fußgänger auf der Fahrbahn befinden konnten, um die Straße zu überqueren. Diese Gefährdung der die Fahrbahn überquerenden Passanten nahm er, um so s[X.]hnell wie mögli[X.]h an Heroin zu kommen, billigend in Kauf. Bei dieser Sa[X.]hlage hätte si[X.]h das S[X.]hwurgeri[X.]ht ni[X.]ht damit begnügen dürfen, einen Tötungs- und ebenso einen Körperverletzungsvorsatz in diesem Tatabs[X.]hnitt allein mit der Begründung zu verneinen, der Angeklagte habe den später Ges[X.]hädigten zunä[X.]hst ni[X.]ht wahrgenommen, weil er si[X.]h na[X.]h hinten umgesehen hatte. Denn diese Erwägung trägt ledigli[X.]h den Auss[X.]hluss direkten Vorsatzes, lässt aber eine [X.] hier gebotene [X.] Auseinandersetzung mit der naheliegenden Frage jedenfalls bedingten Vorsatzes vermissen. Dieser Prüfung war die S[X.]hwurgeri[X.]htskammer au[X.]h ni[X.]ht etwa deshalb enthoben, weil sie gemeint haben mag, einen - zumindest - 12 - bedingten - Tötungsvorsatz wegen der hohen Hemms[X.]hwelle gegenüber der Tötung eines Mens[X.]hen von vornherein ni[X.]ht na[X.]hweisen zu können. Unter den hier gegebenen besonderen Umständen ers[X.]heint vielmehr denkbar, dass dem unter starkem Su[X.]htdru[X.]k befindli[X.]hen Angeklagten [X.] wenn er s[X.]hon die Anwesenheit von Passanten im Berei[X.]h der [X.] und deren Gefährdung in Kauf nahm [X.] au[X.]h deren mögli[X.]he Verletzung glei[X.]hgültig war (vgl. BGHR StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 51). b) Die Sa[X.]he bedarf deshalb au[X.]h auf die Revision der Staatsanwalts[X.]haft insgesamt neuer tatri[X.]hterli[X.]her Prüfung und Ents[X.]heidung dur[X.]h das [X.]. Dort besteht au[X.]h Gelegenheit, den Vorwurf des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142 Abs. 1 StGB) gemäß § 154 a Abs. 3 StPO wieder in das Verfahren einzubeziehen. Einem entspre[X.]henden Antrag der Staatsanwalts[X.]haft ist zu entspre[X.]hen (§ 154 a Abs. 3 Satz 2 StPO). 20 - 13 - 3. Darauf, dass die Revision der Staatsanwalts[X.]haft au[X.]h zu Gunsten des Angeklagten wirkt (§ 301 StPO), kommt es ni[X.]ht an, weil die Gründe, die Re[X.]htsfehler des angefo[X.]htenen Urteils zum Na[X.]hteil des Angeklagten aufde[X.]ken, auf dessen Revision zu berü[X.]ksi[X.]htigen sind (BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtü[X.]ke 9 a.E.). 21 Tepperwien [X.] [X.]

ist infolge Urlaubs gehindert zu

unters[X.]hreiben Tepperwien

Ernemann Sost-S[X.]heible

Meta

4 StR 639/07

15.04.2008

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.04.2008, Az. 4 StR 639/07 (REWIS RS 2008, 4486)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 4486

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