Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.01.2013, Az. I ZR 51/11

I. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 8693

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
I ZR 51/11
Verkündet am:

24. Januar 2013

Führinger

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 24. Januar 2013 durch [X.] [X.] und [X.] Dr.
Büscher, Prof. Dr.
Schaffert, [X.] und Dr.
Löffler

für Recht erkannt:

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 29.
Zivilsenats des Oberlandesgerichts [X.] vom 17.
März 2011 aufgeho-ben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht [X.].

Von Rechts wegen
-
3
-
Tatbestand:

Der Kläger ist der 2008 gegründete GIG
Verband für Gewerbetreibende im [X.] Der Beklagte zu
1 ist der Freistaat [X.]n, der über seine Staatliche Lotterieverwaltung in [X.]n Sofortlotterien veranstaltet. Der Kläger nimmt den Beklagten zu
1 und den Geschäftsführer
der Staatlichen Lot-terieverwaltung in [X.]n, den Beklagten zu
2, wegen unzulässiger Glücks-spielwerbung im [X.]
in Anspruch.

Die Satzung des [X.] bestimmt in §
5 Nr.
1, dass "juristische Perso-nen des öffentlichen Rechts oder privatrechtliche Gesellschaften, an denen [X.] Personen des öffentlichen Rechts unmittelbar oder mittelbar maßgeb-"
von der Mitgliedschaft ausgeschlossen sind. Gemäß §
3 Nr.
1 der Satzung bezweckt der Kläger ausschließlich die Förderung der Inter-essen privater Gewerbetreibender im Glücksspielwesen; zu diesem Zweck will er den lauteren Wettbewerb fördern und das Marktverhalten von [X.] beobachten.

Der Kläger wendet sich gegen die nachfolgend eingeblendete Werbung, die am 7.
April 2009 auf der [X.]seite

aufgerufen werden konnte:
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4
-

Der Kläger hat, soweit für die Revisionsinstanz noch von Interesse, [X.],

den Beklagten unter Androhung von [X.] zu verbieten, bei ge-schäftlichen Handlungen im Bereich des Glücksspielwesens
für öffentliches Glücksspiel, nämlich Sofortlotterien,
insbesondere [X.]nlose,
extraGehalt-
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-
5
-
und/oder Astrolose, wie nachstehend wiedergegeben und am 7.
April 2009 im [X.] geschehen, zu werben oder werben zu lassen

(es folgt die Einblendung der beanstandeten Werbung).

Das Landgericht hat die Beklagten nach dem
Unterlassungsantrag
verur-teilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage als unzulässig abgewiesen, weil sie rechtsmissbräuchlich sei. Mit der vom [X.]
zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, ver-folgt der Kläger seinen Unterlassungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

[X.] Das Berufungsgericht hat
seine Entscheidung wie folgt begründet:

Die angegriffene Werbung sei zwar
unlauter, weil sie gegen §
5 Abs.
3 GlüStV 2008 verstoße. Die Klage sei aber unzulässig, weil der Kläger die [X.] gemäß §
8 Abs.
3 Nr.
2 UWG rechtsmissbräuchlich allein zu dem Zweck einsetze, unlauterem Wettbewerbsverhalten der staatlichen Lottogesell-schaften entgegenzuwirken, sich aber kategorisch weigere, Wettbewerbsver-stöße seiner Mitglieder zu verfolgen.

I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision des [X.] hat [X.]. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht.

1. Wie der [X.] nach Verkündung des Berufungsurteils entschieden hat, handelt der Kläger nicht rechtsmissbräuchlich, wenn er sich dauerhaft auf die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen der staatlichen Lottogesellschaften 5
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-
beschränkt. Denn diese Beschränkung folgt bereits aus seinem
rechtlich un-bedenklichen
Verbandszweck, ausschließlich die Interessen privater Gewer-betreibender im Glücksspielwesen zu vertreten und zu
diesem Zweck
den lau-teren Wettbewerb zu fördern und das Marktverhalten von Marktteilnehmern zu beobachten ([X.], Urteil vom 17.
August 2011
I
ZR
148/10, [X.], 411 Rn.
25 = [X.], 453
Glücksspielverband).

Besondere Umstände, die im Streitfall die Rechtsverfolgung durch den Kläger rechtsmissbräuchlich erscheinen lassen könnten, hat das Berufungsge-richt nicht festgestellt
und sind auch sonst nicht ersichtlich.

2. Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben. Der [X.] kann nicht in der Sache selbst entscheiden, so dass sie zur neuen Verhandlung und Entschei-dung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist (§
563 Abs.
1 ZPO).

Da das Berufungsgericht die Berufung für unzulässig gehalten hat, hat es keine Entscheidung zur Sache getroffen und konnte sie auch nicht treffen. Sei-ne Ausführungen zur Sache gelten grundsätzlich für die Revisionsinstanz als nicht geschrieben (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 23.
Oktober 1998

LwZR
3/98, NJW 1999, 794; Urteil vom 22.
März 2006
VIII
ZR
212/04, [X.], 2705 Rn.
11, jeweils mwN).

II[X.] Für das weitere Verfahren weist der [X.] auf
Folgendes hin:

Der
in die Zukunft gerichtete
Unterlassungsantrag
des [X.] ist nur begründet, wenn er auch nach dem zum Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Recht besteht (st. Rspr.;
vgl. nur [X.], Urteil vom 25.
April 2012

I
ZR
105/10, GRUR
2012, 1279
Rn.
16 = [X.], 1517
DAS [X.]).

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7
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1.
Dafür kommt es einerseits darauf an, ob die
beanstandete Werbung "Glückspäckchen im Osternest"
den
Anforderungen
entspricht, die nach
§
5 Abs.
1
und 2
des für [X.]n seit dem 1.
Juli 2012 geltenden [X.] (GlüStV 2012) für alle Formen von [X.] gelten.

Gemäß §
5 Abs.
1 GlüStV 2012 ist Art und Umfang der Werbung für [X.] Glücksspiel an den Zielen des §
1 GlüStV
2012
auszurichten. Neben einem konkretisierten [X.] bestimmt §
5 Abs.
2 GlüStV
2012, dass sich die Glücksspielwerbung nicht an Minderjährige oder vergleichbar ge-fährdete Zielgruppen richten darf.
Nach §
5 Abs.
4 GlüStV 2012 soll eine
Wer-berichtlinie der Länder Art und Umfang der erlaubten Werbung konkretisieren.

a)
Bei der Prüfung der Frage, ob die beanstandete Werbung mit den Zie-len des
§
1 Abs.
1 GlüStV 2012
in Einklang steht, wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben,
dass ein Aufforderungscharakter von Werbung für sich allein
nicht das Ziel
beeinträchtigt,
"das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbe-kämpfung zu schaffen". Denn mit dem gegenüber dem bisherigen Recht neuen Regelungsansatz für Glücksspielwerbung in §
5 GlüStV 2012 sollte eine Kanali-sierung der Nachfrage auf legale und weniger gefährliche Formen des Glücks-spiels erreicht werden. Damit wird
vorausgesetzt, dass auf diese legalen [X.] in
wirksamer Weise aufmerksam gemacht werden darf (vgl. Erläuterungen zum Antrag auf Zustimmung zum [X.], [X.]. [X.], Drucks.
16/11995, S.
16, 26 i.V.m. 21).

b)
Hinsichtlich eines Verstoßes gegen §
5 Abs.
2 GlüStV 2012 wird es kaum
ausreichen, dass eine Werbung
auch von Minderjährigen oder vergleich-bar gefährdeten Personen aufgerufen werden kann. Es spricht vielmehr einiges
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dafür, dass sich eine Werbung nur dann an
Angehörige
der
von
§
5 Abs.
2 GlüStV
geschützten Kreise
richtet,
wenn sie in Inhalt oder Gestaltung erkennbar

zumindest auch

auf diese Personengruppen
als Zielgruppe
ausgerichtet ist
(vgl. auch
[X.]. [X.], Drucks.
16/11995, S.
16, 26).

2.
Andererseits besteht nach dem Ersten
Glücksspieländerungsstaats-vertrag
für Glücksspielwerbung im [X.]
kein ausnahmsloses Verbot mehr.
Vielmehr gilt für Lotterien, Sport-
und Pferdewetten gemäß §
5 Abs.
3 GlüStV 2012 ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Im wiedereröffneten
Berufungsverfah-ren haben die Beklagten Gelegenheit, zur Frage der Erlaubnis
vorzutragen.

Bornkamm
Büscher
Schaffert

Kirchhoff
Löffler
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom [X.] -
4 [X.] 13833/09 -

OLG [X.], Entscheidung vom 17.03.2011 -
29 U 2819/10 -

19

Meta

I ZR 51/11

24.01.2013

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.01.2013, Az. I ZR 51/11 (REWIS RS 2013, 8693)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8693

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