Bundesfinanzhof, Urteil vom 29.04.2014, Az. VIII R 33/10

8. Senat | REWIS RS 2014, 6056

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Gegenstand

Lotsrevier einer Lotsenbrüderschaft als weiträumige Betriebsstätte


Leitsatz

1. Fahrtkosten eines Lotsen zwischen seiner Wohnung und dem mit einer Lotsenstation versehenen Hafen des Lotsreviers seiner Lotsenbrüderschaft sind regelmäßig nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 1 EStG nur in Höhe der Entfernungspauschale als Betriebsausgabe abziehbar.

2. Das Lotsrevier einer Lotsenbrüderschaft ist eine großräumige Betriebsstätte, weil es alle Fahrstrecken in einem durch normative Regelungen begrenzten Einzugsbereich umfasst und über eine Lotsenstation als ortsfeste Einrichtung der Lotsenbrüderschaft zur Organisation der Einsätze der Lotsen in dem räumlich begrenzten Zuständigkeitsbereich der Lotsenbrüderschaft verfügt.

3. Der prägende --regionbezogene-- Schwerpunkt der Arbeitstätigkeit des Lotsen schließt es aus, den Mittelpunkt der Lotsentätigkeit auf den jeweils gelotsten Schiffen (Anschluss an BFH-Urteil vom 16. November 2005 VI R 12/04, BFHE 212, 64, BStBl II 2006, 267) oder in den nur der Arbeitsvorbereitung oder Arbeitsnachbereitung dienenden Büros der Lotsen zu sehen.

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten über die steuerrechtliche Beurteilung von Fahrten des [X.] und Revisionsklägers (Kläger) in den Streitjahren 2003 bis 2006 mit seinem PKW von seinem von ihm bewohnten Mehrfamilienhaus zu seinen Einsätzen als Seelotse.

2

Der Kläger ist seit dem 1. November 2002 als Lotse für ein [X.] bestellt und seitdem Mitglied der dafür gebildeten [X.]. Er übt nach § 21 Abs. 1 des Gesetzes über das Seelotswesen (Seelotsgesetz) einen freien Beruf aus.

3

Dieses [X.] gliedert sich in drei [X.]e.

4

Für jeden [X.] besteht eine [X.]station, von der der Einsatz der [X.] erfolgt. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 der [X.] ([X.]) hat der Seelotse grundsätzlich jede Lotsung durchzuführen, für die er nach der [X.] bestimmt ist. Nach Abs. A 2, [X.]dienst allgemein, der Bört- und Dienstfolgeordnung der [X.] sind alle [X.] der [X.] verpflichtet, auf allen Fahrstrecken der drei [X.]e zu lotsen. Jeder Lotse hat an 263 Tagen im Jahr 24 Stunden Rufbereitschaft. Außerdem hat jeder Lotse [X.] im Jahr für jeweils eine Woche den Wachlotsendienst in einer [X.]station zu verrichten.

5

Die rufbereiten [X.] werden vom wachhabenden [X.] der Reihe nach eingesetzt. Dabei kann ein im Einsatz befindlicher Lotse aus Gründen der Zweckmäßigkeit noch für weitere zwei bis drei Lotsungen abgerufen werden, bevor er wieder an das Ende der Reihe gesetzt wird.

6

Der Kläger hat seinen Wohnsitz in der Nähe einer der [X.]stationen. Im Untergeschoss seines teils von ihm, teils von [X.] bewohnten Mehrfamilienhauses befindet sich räumlich getrennt vom übrigen Wohnbereich sein --über einen separaten Eingang [X.] 17 qm großes Büro, in dem er seine [X.]tätigkeit vor- und nachbereitet sowie sich über seinen [X.] und eine verschlüsselte Internetseite der [X.] ein aktuelles Bild über die Lotsungen verschaffen kann.

7

Für seine Einsätze von dieser [X.]station aus hat der Kläger zudem einen [X.] am Hafen angemietet, den er in den Streitjahren jeweils nach Anforderung zu einem Einsatz in dem betreffenden [X.] mit seinem eigenen PKW von seinem Wohnhaus aus anfuhr, soweit er nicht unmittelbar zu dem zu lotsenden Schiff fuhr oder in anderer Weise anreiste. Die Weiterfahrt von seinem [X.] zu den von ihm zu lotsenden Schiffen bzw. zu den seewärtigen [X.]versetzpositionen erfolgte jeweils mit dem [X.] und/oder dem [X.]versetzboot. Die Rückfahrten des [X.] von den zu lotsenden Schiffen zum [X.] und von dort zurück zu seinem Wohnhaus gestalteten sich in den Streitjahren nach den Feststellungen des Finanzgerichts ([X.]) entsprechend.

8

In den Streitjahren ermittelte der Kläger den Gewinn aus seiner selbständigen Tätigkeit als Lotse nach dem Überschuss seiner Einnahmen über die Betriebsausgaben. Für die Fahrten mit seinem PKW zu seinen [X.] und zu seinen sonstigen Dienstreisen setzte er in den Einnahmenüberschussrechnungen die tatsächlich entstandenen [X.] an.

9

Nachdem der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) den Kläger zunächst weitgehend erklärungsgemäß für die Streitjahre unter Vorbehalt der Nachprüfung veranlagt hatte, ging er aufgrund einer Außenprüfung für den Streitzeitraum davon aus, dass der Kläger für seine Fahrten von seinem Wohnhaus zu dem [X.] am Hafen nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes in der für die Streitjahre geltenden Fassung (EStG) nur die dort geregelten Pauschbeträge als Aufwand ansetzen könne. Denn diese Fahrten seien solche zwischen Wohnung und regelmäßiger Betriebsstätte gewesen, weil der Kläger in den Jahren 2004 bis 2006 mit Ausnahme von 28, 35 bzw. 4 Tagen immer diesen Parkplatz als Zwischenstation zu seinen [X.] angefahren habe.

Gegen die entsprechend für die Streitjahre ergangenen Einkommensteueränderungsbescheide legte der Kläger Einspruch mit der Begründung ein, er habe eine Einsatzwechseltätigkeit ausgeübt. Das [X.] wies den Einspruch als unbegründet zurück.

Mit der daraufhin erhobenen Klage machte der Kläger geltend, er sei im Rahmen seiner Rufbereitschaft grundsätzlich verpflichtet, auf Anforderung des wachhabenden [X.] Einsätze im gesamten Lotsrevier durchzuführen. Es liege ausschließlich in seiner Verantwortung, wie und mit welchen Verkehrsmitteln er die Anreise zu den jeweils zu lotsenden Schiffen organisiere. Der Gesetzgeber habe in Fällen wechselnder Einsatzstellen das Abzugsverbot für Verpflegungsmehraufwendungen in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 3 EStG ausdrücklich aufgehoben und einen Betriebsausgabenabzug mit den dort in Satz 2 genannten Pauschbeträgen zugelassen. Hätte der Gesetzgeber den Abzug der Fahrtkosten zu wechselnden Einsatzstellen beschränken wollen, dann hätte er diesen Willen ebenso deutlich zum Ausdruck gebracht. Auch nach der jüngeren Rechtsprechung des [X.] ([X.]) seien für Wege zwischen Wohnung und ständig wechselnden Tätigkeitsstätten nicht die Entfernungspauschalen, sondern die nachgewiesenen tatsächlichen Kosten anzusetzen. Schließlich erkenne auch das [X.] an, dass es sich bei den zu lotsenden Schiffen um ständig wechselnde Einsatzstellen des [X.] handele. Wenn das [X.] dementsprechend hinsichtlich der Verpflegungsmehraufwendungen von einer Einsatzwechseltätigkeit ausgehe, müsse es dies aus Gründen der Folgerichtigkeit und zum Zweck der Vereinfachung auch für die Fahrten zu seinen ständig wechselnden Tätigkeitsorten, den zu lotsenden Schiffen, anerkennen.

Das [X.] gab der Klage nur insoweit statt, als es für das Streitjahr 2003 weitere Betriebsausgaben in Höhe von 4.171,80 € berücksichtigte. Im Übrigen wies es die Klage als unbegründet ab.

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung des Verfahrensrechts sowie des materiellen Rechts.

Zu Unrecht habe das [X.] seinen Vortrag, dass sich sein Büro in einem Mehrfamilienhaus mit mehreren --teils fremd [X.] Wohnungen befunden habe und deshalb --sowie wegen seiner technischen [X.] seine Betriebsstätte sei, unberücksichtigt gelassen und darauf bezogene Sachaufklärungsmaßnahmen unterlassen. Fehlerhaft sei auch die Sachverhaltsdarstellung des angefochtenen Urteils, der Kläger sei "von seiner Wohnung" zu den [X.]einsätzen gefahren. Denn er sei von seinem Büro aus dorthin gefahren. Des Weiteren hätte das [X.] ergänzend erwähnen müssen, dass es eine [X.]station im eigentlichen Sinn in dem Lotsrevier nicht gebe und diese nur aus einem Wachzimmer bestehe. Dies sei entscheidungserheblich, da die [X.] ihre Rufbereitschaft nicht in der [X.]station ausüben könnten, sondern insoweit --insbesondere wegen der erforderlichen [X.]-Nutzung-- jeweils auf ihr Büro angewiesen seien.

Im Übrigen habe das [X.] unbeachtet gelassen, dass der Kläger nicht ausschließlich den [X.] auf dem Weg zu seinen Einsätzen angefahren, sondern zum Teil auch unmittelbar zu dem Liegeplatz des [X.] oder zu dem [X.]versetzboot gefahren sei. Dementsprechend hätten die darauf bezogenen Darstellungen im angefochtenen Urteil nicht als unstreitig dargestellt werden dürfen.

Im Übrigen habe das [X.] zu Unrecht eine einheitliche großräumige Betriebsstätte angenommen. Die zu lotsenden Schiffe hätten sowohl im Lotsrevier als auch in den einzelnen [X.]en keine Nähebeziehung. Entgegen der Ansicht des [X.] seien diese Schiffe jeweils als Betriebsstätte anzusehen. Die abweichende Entscheidung des [X.] beruhe darauf, dass es die Begriffe "betrieblich genutztes Büro" und "häusliches Arbeitszimmer" sowie "wechselnde Einsatzstellen" in Abweichung von der höchstrichterlichen Rechtsprechung fehlerhaft ausgelegt habe.

Schließlich verstoße das angefochtene Urteil auch gegen die Denkgesetze.

Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben sowie die angefochtenen Einkommensteueränderungsbescheide für die Streitjahre 2003 bis 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung in der Weise zu ändern, dass die Einkommensteuer für 2003 auf 35.796 €, für 2004 auf 25.878 €, für 2005 auf 25.518 € und für 2006 auf 44.034 € festgesetzt wird.

Das [X.] beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) zurückzuweisen.

1. Entgegen der Auffassung des [X.] verletzt die angefochtene Entscheidung nicht Bundesrecht.

Vielmehr hat das [X.] zu Recht das Begehren des [X.] abgelehnt, seine Aufwendungen für die Fahrten von seinem u.a. von ihm bewohnten Mehrfamilienhaus bzw. dem dort ebenfalls befindlichen und von ihm beruflich genutzten Büro hin zu den einzelnen [X.]einsätzen über die vom [X.] anerkannte Entfernungspauschale hinaus als Betriebsausgabe anzusetzen.

a) Rechtsgrundlage für diese Rechtsauffassung des [X.] ist § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 1 EStG. Danach dürfen die Aufwendungen für Fahrten zwischen der Wohnung des Steuerpflichtigen und der Betriebsstätte nicht als Betriebsausgabe abgezogen werden, soweit sie über die Entfernungspauschale nach Satz 2 der Vorschrift [X.]. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 und 5 Sätze 1 bis 6 sowie Abs. 2 EStG hinausgehen.

b) Zu Recht hat das [X.] die streitigen Fahrten zwischen dem vom Kläger bewohnten Mehrfamilienhaus bzw. von dem in diesem Haus befindlichen Büro zu der vorbezeichneten [X.]station als solche Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 1 EStG angesehen.

aa) Der Begriff der Betriebsstätte im Sinne der Vorschrift ist dabei nicht deckungsgleich mit dem Betriebsstättenbegriff in § 12 der Abgabenordnung ([X.]). Maßgeblich ist insoweit --wie der [X.] insbesondere zur [X.]tätigkeit entschieden hat ([X.]-Urteil vom 31. Juli 1996 XI R 5/95, [X.]/NV 1997, 279)-- der Ort, an dem oder von dem aus die beruflichen oder gewerblichen Leistungen erbracht werden, die den steuerbaren Einkünften zugrunde liegen. Eine abgrenzbare Fläche oder Räumlichkeit und eine hierauf bezogene eigene Verfügungsmacht des Steuerpflichtigen ist --im Unterschied zur Geschäftseinrichtung oder zur Anlage i.S. des § 12 Satz 1 [X.]-- nicht erforderlich ([X.]-Urteile vom 19. September 1990 [X.], [X.]E 162, 77, [X.] 1991, 97; vom 18. September 1991 XI R 34/90, [X.]E 165, 411, [X.] 1992, 90). Nach diesen Grundsätzen ist etwa bei einem Schulungsleiter oder Trainer Betriebsstätte der Unterrichts- oder Sportraum, bei einem Händler im Reisegewerbe der Ort, an dem die Leistungen gegenüber dem Kunden erbracht werden ([X.]-Urteil vom 15. April 1993 IV R 5/92, [X.]/NV 1993, 719), bei einem Bezirksschornsteinfeger der [X.] ([X.]-Urteil vom 19. September 1990 [X.], [X.]E 162, 82, [X.] 1991, 208).

Entsprechendes gilt für die jeweiligen Einsatzorte des [X.] in seinem Lotsbezirk ([X.]-Urteil in [X.]/NV 1997, 279). Die dafür maßgebenden Grundsätze hat der [X.] in der Weise konkretisiert, dass bei vorübergehenden Einsätzen an Bord eines Schiffes und anschließender Rückkehr an eine ortsfeste Station an Land nicht das jeweilige Schiff, sondern die an Land befindliche Station regelmäßige Arbeitsstätte ist ([X.]-Urteil vom 16. November 2005 [X.] R 12/04, [X.]E 212, 64, [X.] 2006, 267).

Auf dieser Grundlage ist der Begriff der Betriebsstätte schon wegen der Verweisung in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 2 EStG auf die Regelung in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG ([X.]-Urteil vom 11. Mai 2005 [X.] R 16/04, [X.]E 209, 518, [X.] 2005, 789) gleichermaßen wie der dort für Arbeitnehmer verwendete Begriff der "Arbeitsstätte" dadurch gekennzeichnet, dass er eine ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung voraussetzt, die der Steuerpflichtige nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, das heißt fortdauernd und immer wieder zur Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit aufsucht.

Dies erfordert, jeweils den ortsgebundenen Mittelpunkt der dauerhaft angelegten Tätigkeit (regelmäßige Arbeitsstätte) zu bestimmen ([X.]-Urteil vom 9. Juni 2011 [X.] R 55/10, [X.]E 234, 164, [X.] 2012, 38). Dabei kann auch ein größeres, räumlich geschlossenes Gebiet regelmäßige Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG und [X.] des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG sein, wenn

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es sich um ein zusammenhängendes Gelände handelt, auf dem der Steuerpflichtige auf Dauer und mit einer gewissen Nachhaltigkeit tätig wird (so [X.]-Urteil vom 18. Juni 2010 [X.] R 61/06, [X.]E 226, 59, [X.] 2010, 564) und

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sich in diesem Gelände jedenfalls eine ortsfeste betriebliche Einrichtung befindet, die nach ihren infrastrukturellen Gegebenheiten mit einem Betriebssitz oder mit einer sonstigen betrieblichen Einrichtung eines Arbeitgebers vergleichbar ist ([X.]-Urteil vom 17. Juni 2010 [X.] R 20/09, [X.]E 230, 533, [X.] 2012, 32).

bb) Diese Voraussetzungen erfüllt auch das im Streitfall betroffene Lotsrevier.

(1) Es ist zum einen eine großräumige Betriebsstätte, weil es alle Fahrstrecken in seinem durch normative Regelungen der ALV begrenzten Einzugsbereich umfasst, in dem der Kläger gemeinschaftlich mit den anderen Mitgliedern der Seelotsenbrüderschaft den Mittelpunkt seiner betrieblichen Tätigkeit, Schiffe sicher durch diesen Bereich zu lotsen, hat.

Dieser prägende [X.] Schwerpunkt der Arbeitstätigkeit des [X.] schließt es aus, den Mittelpunkt der [X.]tätigkeit auf den jeweils gelotsten Schiffen (vgl. für die regelmäßige Arbeitsstätte eines Marinesoldaten [X.]-Urteil in [X.]E 212, 64, [X.] 2006, 267) oder aber in dem nur der Arbeitsvorbereitung oder Arbeitsnachbereitung dienenden sog. Büro des [X.] in dem von ihm auch zu Wohnzwecken genutzten Mehrfamilienhaus zu sehen.

(2) Zum anderen weist diese großräumige Betriebsstätte in der Form der [X.]station eine ortsfeste Einrichtung im Sinne der dargestellten Rechtsprechung auf.

Für eine solche ortsfeste Einrichtung genügt nämlich eine [X.]station, selbst wenn sich der Lotse dort --wie vom Kläger geltend gemacht-- nur für kurze Zeit aufhält und seine Tätigkeit im Wesentlichen auf den Schiffen und im Wachdienst auf den Außenstationen oder zu Hause (in einem häuslichen Arbeitszimmer oder Büro) erbringt ([X.]-Urteil vom 17. Dezember 2003 XI R 13/01, [X.]/NV 2004, 909, in Abgrenzung zum [X.]-Urteil vom 9. August 1995 XI R 109/92, [X.]/NV 1996, 404; ebenso Schleswig-Holsteinisches [X.], Urteil vom 2. Oktober 2002  2 K 268/00, Entscheidungen der Finanzgerichte 2003, 74: Nur Entfernungspauschale für Fahrtkosten von der Wohnung zur [X.]station). Sie ist nämlich als ortsfeste Einrichtung für die Durchführung der von der [X.] in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit zu leistenden [X.]dienste wesentlicher Teil zur Organisation und Steuerung der [X.]einsätze.

(3) Soweit der Kläger für seine gegenteilige Auffassung auf das [X.]-Urteil vom 6. Februar 2014 [X.] R 34/13 ([X.]/NV 2014, 691) Bezug nimmt, nach dem der Fahrer eines Müllfahrzeugs schwerpunktmäßig auf einem Fahrzeug und damit auswärts mit Anspruch auf Fahrtaufwendungsersatz nach [X.] tätig ist, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung.

Diese Entscheidung geht im Ausgangspunkt von der bisherigen --auch den Ausführungen unter [X.]aa zugrunde gelegten-- Rechtsprechung aus, dass regelmäßige Arbeitsstätte der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit und damit der Ort ist, an dem die geschuldete Leistung zu erbringen ist. Dies ist der Betrieb oder die Betriebsstätte, die der Steuerpflichtige nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, also fortdauernd und immer wieder aufsucht ([X.]-Urteile vom 10. Juli 2008 [X.] R 21/07, [X.]E 222, 391, [X.] 2009, 818; vom 9. Juli 2009 [X.] R 21/08, [X.]E 225, 449, [X.] 2009, 822; vom 17. Juni 2010 [X.] R 35/08, [X.]E 230, 147, [X.] 2010, 852; vom 22. September 2010 [X.] R 54/09, [X.]E 231, 127, [X.] 2011, 354, m.w.N.; in [X.]E 234, 164, [X.] 2012, 38; vom 9. Februar 2012 [X.] R 44/10, [X.]E 236, 431, [X.] 2013, 234, und vom 28. März 2012 [X.] R 48/11, [X.]E 237, 82, [X.] 2012, 926). Des Weiteren nimmt die Entscheidung in [X.]/NV 2014, 691 die vom Senat angewandte Rechtsprechung des [X.]. Senats zur weiträumigen Betriebsstätte ([X.]-Urteil in [X.]E 226, 59, [X.] 2010, 564) ohne jede Distanzierung in Bezug, sodass ersichtlich unverändert von weiträumigen Betriebsstätten ausgegangen werden kann, wenn sie entsprechend der [X.]-Entscheidung in [X.]E 230, 533, [X.] 2012, 32 (zuletzt zustimmend in Bezug genommen durch [X.]-Urteil vom 11. Juli 2013 [X.] R 62/12, [X.]/NV 2014, 147) über ortsfeste --betriebsstättenähnliche-- Einrichtungen verfügen.

Ob die jeweilige ortsfeste Einrichtung der weiträumigen Betriebsstätte tatsächlich den Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit bildet, bestimmt sich nach den qualitativen Merkmalen sowie nach dem konkreten Gewicht der dort verrichteten Tätigkeit ([X.]-Urteile vom 19. Januar 2012 [X.] R 36/11, [X.]E 236, 353, [X.] 2012, 503, und [X.] R 32/11, [X.]/NV 2012, 936, sowie in [X.]E 234, 164, [X.] 2012, 38; vom 9. Juni 2011 [X.] R 36/10, [X.]E 234, 160, [X.] 2012, 36, und [X.] R 58/09, [X.]E 234, 155, [X.] 2012, 34).

Für das Verfahren in [X.]/NV 2014, 691 hat der [X.] das Vorliegen einer solchen eigenen betrieblichen Einrichtung (in Gestalt des Betriebshofs eines Dritten für Zwecke der Abstellung von [X.]) verneint sowie den Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit (Müllentsorgung) nicht auf dem streitbefangenen Grundstück gesehen.

Diese auf den konkreten Sachverhalt bezogene Würdigung bietet keine Anhaltspunkte für die hier zu beurteilende [X.]station einer [X.], die von jedem der ihr angehörigen [X.] mit zu unterhalten ist, für jeden der von ihnen zu erfüllenden Lotsaufträge als ortsfeste Einrichtung die organisatorischen Voraussetzungen schafft und damit von zentraler funktioneller Bedeutung für die Abwicklung der Lotsaufträge im Einzugsbereich der weiträumigen Betriebsstätte ist.

c) Danach ist das [X.] im Streitfall zu Recht davon ausgegangen, dass die Fahrten des [X.] zwischen dem von ihm bewohnten Mehrfamilienhaus --ungeachtet der dort genutzten [X.] zu der [X.]station solche sind, für die [X.] nur nach Maßgabe des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG im Umfang der Entfernungspauschale als Betriebsausgabe in Ansatz zu bringen sind.

aa) Allerdings ist es nach der [X.]-Rechtsprechung unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung von [X.] und Betriebsausgabenabzug geboten, die von der Rechtsprechung für den [X.] von Arbeitnehmern mit ständig wechselnden Einsatzstellen entwickelten Grundsätze auch auf den Regelungsbereich des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG zu übertragen und Fahrtkosten ausnahmsweise zum uneingeschränkten Betriebsausgabenabzug zuzulassen, soweit sie zwischen Wohnung und ständig wechselnden Beschäftigungsstätten angefallen sind ([X.]-Urteil vom 5. November 1987 IV R 180/85, [X.]E 151, 413, [X.] 1988, 334).

Diese Ausnahme setzt aber voraus, dass der Fahrtaufwand im Einzelfall --entsprechend der Situation von Arbeitnehmern mit wechselnden [X.] deshalb regelmäßig höher ist, weil der Steuerpflichtige nicht die Möglichkeit hat, durch eine entsprechende Wohnsitznahme vorzusorgen und dadurch selbst die Höhe seiner [X.] zu bestimmen ([X.]-Urteile vom 31. Oktober 1973 [X.] R 98/73, [X.]E 111, 76, [X.] 1974, 258; vom 11. Juli 1980 [X.] R 198/77, [X.]E 131, 64, [X.] 1980, 654; vom 20. November 1987 [X.] R 6/86, [X.]E 152, 232, [X.] 1988, 443).

bb) Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall hinsichtlich der streitigen Fahrten des [X.] zu der [X.]station nicht vor; der Bereich der von der Regelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 [X.]. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG erfassten Fahrten wird im Streitfall nicht verlassen, zumal das [X.] für Fahrten des [X.] zu anderen [X.]stationen einen Ansatz der Fahrtkosten nach [X.] nach Maßgabe der Entscheidung in [X.]E 151, 413, [X.] 1988, 334 berücksichtigt hat.

d) Auf dieser Grundlage kommt es auf den weiteren Einwand des [X.], das in dem von ihm bewohnten Mehrfamilienhaus unterhaltene Büro sei --wegen der räumlichen Trennung von den eigentlichen Wohnräumen und wegen der teilweisen Fremdvermietung des [X.] kein häusliches Arbeitszimmer, ersichtlich nicht an.

Zum einen kommt es für die Frage, ob es sich um eine Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte handelt, nach dem dargestellten Zweck der Regelung nur darauf an, dass die jeweilige Fahrstrecke einerseits durch das Gebäude, in dem sich die Wohnung befindet, und andererseits durch die Räumlichkeiten der Arbeitsstätte gekennzeichnet ist als diejenige Fahrstrecke, deren regelmäßige Nutzung es ermöglicht, durch entsprechende Wohnsitznahme vorzusorgen und dadurch selbst die Höhe der [X.] zu bestimmen (vgl. [X.]-Urteile in [X.]E 111, 76, [X.] 1974, 258; in [X.]E 131, 64, [X.] 1980, 654; in [X.]E 152, 232, [X.] 1988, 443).

Zum anderen kommt das Büro --gleich ob es als häusliches oder außerhäusliches [X.] anzusehen ist-- als Betriebsstätte schon deshalb nicht in Betracht, weil nach dem Gesamtbild der Verhältnisse bei einer [X.]tätigkeit --wie ausgeführt-- das Lotsrevier mit der für die [X.]tätigkeit erforderlichen [X.]station als ortsfester Einrichtung die Betriebsstätte ist, an der oder von der aus die beruflichen oder gewerblichen Leistungen erbracht werden.

2. Auf die geltend gemachten Verfahrensmängel kommt es danach nicht an.

Meta

VIII R 33/10

29.04.2014

Bundesfinanzhof 8. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, 18. November 2009, Az: 3 K 266/08, Urteil

§ 4 Abs 4 EStG 2002, § 4 Abs 5 S 1 Nr 6 EStG 2002, § 12 AO, § 9 Abs 1 S 3 Nr 4 EStG 2002, § 4 Abs 5 S 1 Nr 5 S 2 EStG 2002, § 21 Abs 1 SeelotG, EStG VZ 2005, EStG VZ 2006

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 29.04.2014, Az. VIII R 33/10 (REWIS RS 2014, 6056)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6056

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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