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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 303/11
vom
27. Juli
2011
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
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Der 4. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 27. Juli
2011
gemäß §
349 Abs.
2 und 4, § 354 Abs. 1b Satz 1
[X.] beschlossen:
1.
Auf die Revisionen
der Staatsanwaltschaft und
des An-geklagten wird das Urteil des [X.] vom 14. Januar 2011 im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit der Maßgabe aufgehoben, dass eine nachträgliche ge-richtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 [X.] zu treffen ist.
2.
Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird ver-worfen.
3.
Die Entscheidung
über die Kosten der
Rechtsmittel bleibt dem für das Nachverfahren nach §§ 460, 462 [X.] zu-ständigen Gericht vorbehalten.
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von [X.] in nicht geringer Menge in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge,
unter Einbeziehung der durch das Urteil des [X.] vom 26. März 2010 verhängten Einzelstrafen und unter Auflösung der dort gebilde-ten Gesamtstrafe zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es bestimmt, dass die in [X.] erlittene [X.] im Maßstab 1:1 auf die Strafe angerechnet wird. Die auf die [X.] formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten 1
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hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 [X.]. Die zu Gunsten des Angeklagten eingelegte und wirksam auf den Ausspruch über die Gesamtstrafe beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft, die auf die Verletzung sachlichen Rechts ge-stützt ist, hat Erfolg.
Das Urteil hat keinen Bestand, soweit das [X.] unter Einbezie-hung der durch das Urteil des [X.] vom 26. März 2010 ver-hängten Einzelstrafen eine nachträgliche Gesamtfreiheitsstrafe nach §
55 Abs.
1 StGB gebildet hat. Hierzu hat der [X.] in seiner An-tragsschrift ausgeführt:
Der Angeklagte ist aufgrund des [X.] Haftbefehls vom 26. Juli 2010 ([X.], [X.]. 670), der Bezug nimmt auf den Haftbefehl des [X.] vom 25. Juni 2010 ([X.], [X.]. 612) aus [X.] ausgeliefert worden ([X.], [X.].
687), nachdem das Bezirksgericht [X.] mit [X.] vom 30. August 2010 wegen der im Haftbefehl aufge-führten [X.] die Auslieferung bewilligt [X.] ([X.], [X.]. 882).
Der Angeklagte hat der Durchführung des vereinfachten [X.] widersprochen und auf die Beachtung des Grundsatzes der Spezialität nicht verzichtet ([X.], [X.].
882). Eine [X.] zur Vollstreckung der Strafe aus dem Urteil des [X.] liegt bisher nicht vor.
a)
Der das [X.] beherrschende Grundsatz der Spezialität
Art. 14 des [X.], §
83h [X.]
verbietet es grundsätzlich, die mangels Zustimmung der [X.] Behörden nicht vollstreckbare Strafe aus dem Urteil des [X.] in eine neue Gesamtstrafe einzubeziehen (Senat, 2
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Beschluss vom 12. August 1997, 4 StR 345/97 m.w.N.; vgl. auch [X.], Beschluss vom 22. April 2004, 3 StR 115/04).
b)
[X.] weist zwar zu Recht darauf hin, dass §
83h Abs.
2 [X.] im Hinblick auf Personen, die
wie [X.]
von einem [X.] aufgrund eines [X.] Haftbefehls überstellt worden sind, Ausnahmen vom Grundsatz der Spezialität vorsieht. Diese greifen [X.] für den vorliegenden Fall nicht durch.
Nach
§
83h Abs.
2 Nr.
3 [X.] entfällt die Spezialität, wenn die Strafverfolgung im konkreten
Fall nicht zu einer Frei-heitsbeschränkung führt. Diese
ursprünglich für Geldstra-fen vorgesehene (vgl. [X.]/[X.]/[X.], Internationaler Rechtshilfeverkehr in Strafsachen, 3. Aufl., §
83h [X.], Rdn. 5 m.w.N.)
Ausnahme dürfte nach der Entscheidung des [X.] vom 1.
Dezember 2008 ([X.], 35) zwar
wie vom [X.] (Beschluss vom 29. Juli 2010, 3 [X.] = StraFo
2010, 469)
einen Widerrufsbeschluss hinsichtlich einer Strafaussetzung zur Bewährung ermöglichen. Anderes muss jedoch für die Einbeziehung einer Strafe in eine Ge-samtfreiheitsstrafe gelten, da
worauf die [X.] in ihrer Revision zutreffend hinweist
die Sach-
und Rechtslage nicht vergleichbar ist. Zwar bleiben bei einer nach §
55 StGB
gebildeten Gesamtstrafe
anders als bei der [X.] nach §
31 JGG
die zugrunde lie-genden Einzelstrafen in gewissem Umfang selbständig, dies ändert jedoch nichts daran, dass
im Falle der Rechtskraft
die Gesamtfreiheitsstrafe vollstreckt
wird. Dies kann aber nur mit Zustimmung des [X.] erfolgen ([X.], aaO).
Rechtshilferechtlich zu-lässig wäre wohl allenfalls eine vollständige Zurückstellung der Vollstreckung der verhängten Gesamtstrafe. Dies würde jedoch zum einen eklatant dem Gebot widersprechen, die Vollstreckung unverzüglich nach Eintritt der Rechtskraft einzuleiten (vgl. [X.], [X.], 53. Aufl., §
449 Rdn.
2), und wäre im Falle von Untersuchungshaft
wie vorliegend
praktisch nicht durchführbar, da die Untersu-chungshaft mit der Rechtskraft des Urteils unmittelbar in die Strafhaft übergeht ([X.]St 38, 63).
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c)
Das [X.] wird somit aus den für die abgeurteilten Verstöße gegen das [X.] rechtsfehler-frei bestimmten Einzelstrafen von vier und fünf Jahren unter Beachtung des §
358 Abs.
2 Satz
1 [X.] eine neue Ge-samtfreiheitsstrafe zu bilden haben. Dies kann im [X.]wege nach den §§
460, 462 [X.] erfolgen (§
354 Abs.
1 b [X.]). Im Falle einer nachträglichen Zustimmung [X.]s zur Vollstreckung des Urteils des [X.] wird
ebenfalls gemäß §
460 [X.]
nachträglich eine neue Gesamtstrafe zu bilden sein (Senat, Beschluss
Dem tritt der Senat bei.
Nach der vom [X.] zitierten Entscheidung des [X.] vom 1. Dezember 2008 ist die in Art. 27 Abs. 3 Buchst. c des Rahmenbeschlusses
2002/[X.] des Rates vom 13. Juni 2002 über den [X.] Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (= § 83h Abs. 2 Nr. 3 [X.])
vorgesehene Aus-nahme dahin auszulegen, dass bei einer "anderen Handlung" als derjenigen, die der Übergabe zugrunde liegt, nach Art. 27 Abs. 4 des Rahmenbeschlusses um Zustimmung ersucht werden und diese Zustimmung spätestens dann [X.] sein muss, wenn eine Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehende Maß-nahme zu vollstrecken ist. Die übergebene Person kann wegen einer solchen Handlung verfolgt und verurteilt werden, bevor diese Zustimmung eingegangen ist, sofern während des diese Handlung betreffenden Ermittlungs-
und Strafver-fahrens keine freiheitsbeschränkende Maßnahme angewandt wird. Die Aus-nahme des Art. 27 Abs. 3 Buchst. c des Rahmenbeschlusses verbietet es [X.] nicht, die übergebene Person einer freiheitsbeschränkenden Maßnahme zu
unterwerfen, bevor die Zustimmung eingegangen ist, wenn diese [X.] durch andere Anklagepunkte im [X.] Haftbefehl gerechtfertigt wird.
Jedenfalls in der hier vorliegenden Fallgestaltung, in der [X.] wegen der Taten vollzogen wird, derentwegen die Auslieferung bewilligt wurde, steht der Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe mit Einzelstrafen 3
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aus einer nicht von
der [X.] umfassten Vorverurteilung be-reits das vom [X.] Gerichtshof angenommene [X.] entgegen.
In einem solchen Fall ginge nicht nur die Untersuchungshaft mit Rechtskraft (§
34a [X.]) in Strafhaft über (§
449 [X.]), sondern die Gesamt-freiheitsstrafe wäre infolge der Anrechnung nach §
51 Abs.
1 StGB bereits teil-weise vollstreckt.
[X.]Roggenbuck Cierniak
Bender Quentin
Meta
27.07.2011
Bundesgerichtshof 4. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.07.2011, Az. 4 StR 303/11 (REWIS RS 2011, 4341)
Papierfundstellen: REWIS RS 2011, 4341
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
4 StR 303/11 (Bundesgerichtshof)
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2 StR 46/22 (Bundesgerichtshof)
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