Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.11.2012, Az. XII ZB 17/12

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 1642

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen



BUNDESGERICHT[X.]OF

BESCHLUSS
XII ZB 17/12

vom

7.
November 2012

in der Betreuungssache

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7.
November 2012
durch den
Vorsitzenden
Richter
Dose
und [X.], Dr.
Klinkhammer, Schilling und Dr.
Nedden-Boeger
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu
1 wird der Be-schluss der 23.
Zivilkammer des [X.] vom 22.
Dezember 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das [X.] zu-rückverwiesen.
[X.]: 7.453

Gründe:
I.
Die Beteiligte zu 3, die Landeskasse, fordert aus übergegangenem Recht die Rückzahlung der Betreuervergütung vom Erben der Betroffenen, dem [X.] zu 1.
Über das Vermögen der Betroffenen war im April 2007 das Regelinsol-venzverfahren eröffnet worden, das nach ihrem Tod am 10.
August 2010 in ein Nachlassinsolvenzverfahren übergeleitet wurde. Nachdem der Insolvenzverwal-ter die Gläubiger der Betroffenen, darunter auch die Landeskasse, in Kenntnis 1
2
-
3
-
gesetzt hatte, dass die Betroffene durch eine Erbschaft Vermögen erworben hatte, forderte das Amtsgericht die aus der Landeskasse an die Betreuerin ge-zahlte Vergütung für den Zeitraum vom 8.
März 2007 bis 9.
August 2010 in [X.] von 7.453,60

e-troffenen erhebt die Einrede der Verjährung und beruft sich auf den Vorrang des Insolvenzverfahrens. Seine Beschwerde hat das [X.] zurückgewie-sen. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde, mit der er die Aufhebung des [X.]es begehrt.
Mit Beschluss vom 20.
August 2012 hat das Amtsgericht das [X.] gemäß §
212 [X.] wegen Wegfalls des [X.] eingestellt.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist nach §
70 Abs.
2 FamFG statthaft, weil das [X.] sie zugelassen hat.
Sie ist auch begründet und führt zur Aufhebung der angefochtenen Ent-scheidung und Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
1. Das [X.] hat ausgeführt, der Rückforderungsanspruch der Landeskasse bestehe nach §§
1908
i, 1836
e BGB und sei weder verjährt, noch sei die Festsetzung wegen des laufenden [X.] unzu-lässig. Nach Art.
229 §
23 Abs.
2 Satz
1 EGBGB beginne der Lauf der [X.] erst am 1.
Januar 2010. Beim Erstattungsanspruch handele es sich um eine Erbfallschuld, die nach Erlass des Rückforderungsbescheids als Nachlassverbindlichkeit im Insolvenzverfahren zur Tabelle anzumelden sei.
3
4
5
6
-
4
-
2. Dies hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
a) Nicht frei von [X.] ist das Beschwerdegericht davon [X.], dass die gesamte Regressforderung der Landeskasse zum Zeitpunkt des Erlasses des [X.]es im November 2011 noch nicht verjährt sei. Wie der [X.] nach Erlass der angefochtenen Entscheidung ent-schieden hat, verjähren die -
gemäß §
1836
e Abs.
1 Satz
1 BGB auf die Staatskasse übergegangenen
-
Vergütungs-
bzw. [X.] des Betreuers aus §
1908
i Abs.
1 Satz
1 i.V.m.
§§
1835, 1836 BGB in drei Jahren. Zugleich hat der [X.] entschieden, dass die Mittellosigkeit des [X.] im Sinne von §
1836
d BGB dem Verjährungsbeginn nicht entgegensteht und nicht zu einer Hemmung der Verjährung nach
§
204 BGB führt. Schließlich findet die Übergangsregelung des Art.
229 §
23 EGBGB auf den Regressan-spruch aus §
1836
e BGB keine Anwendung (vgl. insgesamt [X.]sbeschlüsse vom 25.
Januar 2012 -
XII
ZB
461/11
-
FamRZ 2012, 627 und XII
ZB 605/10
-
BtPrax 2012, 118; zu dem auf die Staatskasse übergegangenen Aufwandsent-schädigungsanspruch siehe [X.]sbeschluss vom 25.
Januar 2012 -
XII
ZB
497/11
-
FamRZ 2012, 629).
Die auf die Staatskasse übergegangenen Ansprüche für das [X.] waren demnach zum Zeitpunkt des Erlasses des [X.]es im November 2011 nach §
195 i.V.m.
§
199 Abs.
1 BGB verjährt.
b) Die Frage nach dem Vorrang und der Unterbrechungswirkung des In-solvenzverfahrens, derentwegen das Beschwerdegericht die [X.] zugelassen hat, kann dahin stehen, da das Nachlassinsolvenzverfahren zwi-schenzeitlich im August 2012 nach §
212 [X.] wegen Wegfalls des [X.] eingestellt worden ist.

7
8
9
10
-
5
-
Diese in der [X.] eingetretene neue Tatsache ist auch zu berücksichtigen, da ihre Berücksichtigung den Grundsätzen der [X.] entspricht. §
74 Abs.
3 Satz
4 FamFG bestimmt in ent-sprechender Anwendung von §
559 ZPO, welche Tatsachengrundlage für die Entscheidung des [X.] maßgebend ist; nämlich nur das-jenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil bzw. der Beschwerdeent-scheidung und dem Sitzungsprotokoll bzw. den Vermerken über Anhörungs-termine (§
28 Abs.
4 FamFG) ersichtlich ist. Damit ist in der [X.]instanz eine Nachprüfung tatsächlicher Verhältnisse grundsätzlich ausge-schlossen ([X.]/[X.] FamFG 17.
Aufl. §
74 Rn.
29). Eine Ausnahme hiervon gilt aus Gründen der Verfahrensökonomie, also im Interesse einer mög-lichst raschen und Kosten sparenden Erledigung
der Sache bei Vermeidung eines neuen Verfahrens, wenn die Berücksichtigung neuer tatsächlicher Um-stände keine nennenswerte Mehrarbeit verursacht ([X.]surteil vom 21.
No-vember 2001 -
XII
ZR
162/99
-
FamRZ 2002, 318, 319 und [X.]sbeschluss vom 17.
Oktober 2010 -
XII
ZB
161/94
-
FamRZ 2002, 93, 94; [X.]/[X.] FamFG 17.
Aufl. §
74 Rn.
36). Voraussetzung für die Berücksichtigung neuer Tatsachen ist aber stets, dass sie schützenswerte Belange anderer Be-teiligter nicht verletzt ([X.]/[X.] FamFG 17.
Aufl. §
74 Rn.
38).
Würde die Einstellung des [X.] während des laufenden Rechtsbeschwerdeverfahrens nicht berücksichtigt, und käme man zu dem Ergebnis, dass der [X.] wegen des Vorrangs des Insolvenzverfahrens nicht hätte ergehen dürfen, wie die Rechtsbeschwerde [X.], wäre er aufzuheben und die Staatskasse darauf zu verweisen, ihre Forderung zur Insolvenztabelle anzumelden. Nach Einstellung des Verfahrens gibt es indes keine Tabelle mehr, zu der die Forderung angemeldet werden könnte, so dass ein solcher Beschluss obsolet wäre. Aber auch in dem Fall, in dem ein laufendes Insolvenzverfahren dem Erlass des Rückforderungsbe-11
12
-
6
-
schlusses nicht entgegenstehen würde, wäre der Beschluss des [X.]s aufzuheben,
da die Verjährung nicht rechtsfehlerfrei beurteilt wurde. Schüt-zenswerte Belange eines Beteiligten werden durch die Berücksichtigung der Einstellung des Insolvenzverfahrens auch nicht verletzt.
3. Der [X.] kann allerdings nicht gemäß §
74 Abs.
6 Satz
1 FamFG in der Sache abschließend entscheiden, da noch weitere Feststellungen dazu er-forderlich sind, welcher Teil der festgestellten Gesamtsumme von 7.453,60

auf das [X.] entfällt.

Dose

[X.]

Klinkhammer

Schilling

Nedden-Boeger

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 11.11.2011 -
4 XVII B 1056 ([X.]) -

LG Bielefeld, Entscheidung vom 22.12.2011 -
23 [X.] -

13

Meta

XII ZB 17/12

07.11.2012

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.11.2012, Az. XII ZB 17/12 (REWIS RS 2012, 1642)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1642

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZB 17/12 (Bundesgerichtshof)

Betreuungsverfahren: Berücksichtigung neuer tatsächlicher Umstände in der Rechtsbeschwerdeinstanz aus verfahrensökonomischen Gründen


XII ZB 474/11 (Bundesgerichtshof)


XII ZB 605/10 (Bundesgerichtshof)


XII ZB 478/11 (Bundesgerichtshof)


XII ZB 497/11 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

XII ZB 17/12

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.