Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.07.2015, Az. XII ZB 671/14

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 7494

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.] 671/14

vom

28. Juli
2015

in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
FamFG §§ 7, 59, 172, 181
a) Wird in
einem Antragsverfahren im Sinne des §
59 Abs. 2 FamFG
der Antrag allein aus verfahrensrechtlichen Gründen -
etwa wegen Fehlens der [X.]deberechtigung -
zurückgewiesen, so eröffnet die darin liegende [X.] das Rechtsmittel, und zwar unabhängig davon, ob der [X.] sachlich zur Antragstellung berechtigt ist (Fortführung von [X.] Beschluss vom 6.
November 1997 -
BLw
31/97 -
FamRZ 1998, 229).
b) Stirbt während eines
Abstammungsverfahrens der als Vater geltende Mann, so sind seine Eltern nicht berechtigt, gemäß §
181 FamFG die Fortsetzung des Verfahrens zu verlangen.

[X.], Beschluss vom 28. Juli 2015 -
XII [X.] 671/14 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am
28. Juli
2015
durch den
Vor-sitzenden
Richter
Dose
und die Richter Schilling, Dr.
Günter, Dr.
Nedden-Boeger
und Guhling
beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 7. Zivilsenats und Senats
für Familiensachen des [X.]s [X.]
vom 14. November 2014
wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beschwerde nicht als unzulässig verworfen, sondern als unbegründet zurückgewiesen wird.
Die Kosten des [X.] hat die weitere [X.] zu 4
zu tragen.
Wert: 2.000

Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Mutter des die [X.]chaft anfechtenden Mannes nach dessen Tod die Fortsetzung des [X.] verlangen kann.
Der Antragsteller hatte am 9.
Mai 2011 die [X.]chaft für das am 20.
April 2011 geborene betroffene Kind anerkannt. Mit Schriftsatz vom 18.
April 2013 hat er die [X.]chaft angefochten. Der Schriftsatz ist der Kindesmutter 1
2
-
3
-
(Beteiligte zu
2) am 17.
Mai 2013 zugestellt worden. Am 27.
Mai 2013 ist der Antragsteller verstorben. Im Anhörungstermin
vom 15.
Juli 2013, zu dem seine Verfahrensbevollmächtigte, die Beteiligte zu
2
sowie ein Vertreter des Kreisju-gendamts
(Beteiligter zu
3) erschienen waren, hat das Amtsgericht die [X.] festgestellt. Weiter hat es darauf hingewiesen, dass das Verfahren nur fortgesetzt werde, wenn ein Beteiligter dies innerhalb einer Frist von einem Monat verlange. Nachdem binnen dieser Frist kein Fortset-zungsantrag eingegangen war, hat das Amtsgericht mit Verfügung vom 19.
August
2013 die Erledigung des Verfahrens festgestellt.
Mit Schriftsatz vom 8. August 2014 hat die Mutter des Antragstellers ([X.] zu 4)
beantragt, sie zum Verfahren hinzuzuziehen und dieses
fortzuset-zen. Das Amtsgericht hat die Anträge zurückgewiesen. Mit dem hier [X.] Beschluss hat das [X.] die Beschwerde der Beteiligten zu 4
gegen die Zurückweisung des [X.]s
als unzulässig verworfen. Die Beteiligte zu 4
verfolgt mit der zugelassenen Rechts-beschwerde ihren Antrag auf Verfahrensfortsetzung weiter.

II.
Die Rechtsbeschwerde hat im Ergebnis keinen Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht hat seine in [X.], 770 veröffentlichte Entscheidung wie folgt begründet:
Die Beschwerde sei unzulässig, weil die Beteiligte zu 4
nicht beschwer-deberechtigt sei. Ihre Beschwerdeberechtigung ergebe sich nicht aus §
59 Abs.
2 FamFG. Zwar setzten sowohl ein [X.]chaftsanfechtungsverfahren als auch dessen Fortführung nach dem Tod eines Beteiligten einen Antrag voraus. 3
4
5
6
-
4
-
Dass die Beteiligte zu 4
diesen Antrag gestellt habe, führe jedoch nicht dazu, dass ihre Beschwerdeberechtigung zu bejahen sei. Denn zu der formellen [X.] des §
59 Abs.
2 FamFG müssten auch die Voraussetzungen des §
59 Abs.
1 FamFG hinzukommen. Der Beschwerdeführer müsse daher unmittelbar in seinen Rechten beeinträchtigt sein. Hierfür sei ein unmittelbarer Eingriff in ein subjektives Recht erforderlich; ein berechtigtes wirtschaftliches, ideelles oder sonstiges Interesse an der Änderung oder Beseitigung der Entscheidung genü-ge nicht.
Die Beteiligte zu 4
sei aber nicht unmittelbar in ihrer Rechtsstellung be-troffen. Das [X.] betreffe unmittelbar nur den Vater und das Kind selbst. Eine Rechtsbeeinträchtigung im erforderlichen Sinne
leite sich zum einen nicht aus einer möglichen Erbenstellung ab, weil es hier nicht um die [X.], sondern um die Anfechtung einer bestehenden Vater-schaft gehe. Zum anderen ergebe sie sich auch nicht aufgrund der aus dem Verwandtschaftsverhältnis abgeleiteten Rechte und Pflichten wie etwa Um-gangsrecht und Unterhaltspflicht.
Die Beschwerdeberechtigung folge des Weiteren nicht aus §
184 Abs.
3 FamFG. Denn die Beteiligte zu 4
sei weder am bisherigen [X.] beteiligt gewesen noch sei sie zu beteiligen. Schon dem Wort-laut des §
181 FamFG sei zu entnehmen, dass das Recht zur
Stellung des [X.] nur den übrigen, also den bereits bis zum Tod des [X.] am Verfahren Beteiligten zustehe. Angehörige des Verstorbenen seien
nur mit-telbar betroffen, zudem handele es sich bei dem Anfechtungsrecht um ein höchstpersönliches Recht. Ebenso wenig ergebe sich eine Beschwerdeberech-tigung aus materiellem Recht, nachdem §
1600
g BGB ersatzlos gestrichen worden sei, oder aus der Rechtsprechung des [X.] zur Durch-7
8
-
5
-
brechung der [X.] des §
1600
d Abs.
4 BGB im [X.] des Scheinvaters gegen den mutmaßlichen Erzeuger des Kindes.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung zwar nicht stand, weil das Beschwerdegericht die Beschwerdeberechtigung der Beteiligten zu 4
zu Unrecht verneint hat.
Das [X.] ist jedoch unbegrün-det. Denn die Mutter des Mannes, der seine [X.]chaft angefochten hat
und während des Verfahrens verstirbt, ist
nicht antragsberechtigt gemäß §
181 Satz
1 FamFG.
a) Entgegen der Auffassung des [X.] fehlt es der [X.] zu 4
nicht an der Beschwerdeberechtigung gemäß §
59 FamFG.
aa)
Wie das [X.] zutreffend erkennt, handelt es sich
bei dem [X.] nach § 181 Satz
1 FamFG um einen Antrag im Sinne des
§
59 Abs.
2 FamFG. Ebenso wie der zur Einleitung eines [X.] gemäß §
171 Abs.
1 FamFG unabdingbare Antrag ist im von §
181 FamFG geregelten Fall des Todes eines Beteiligten das Fortsetzungsver-langen eine
zwingende verfahrensrechtliche Voraussetzung dafür, dass es zu einer der Rechtskraft fähigen Gerichtsentscheidung in der [X.] kommen kann.
Dem Beschwerdegericht ist auch darin zuzustimmen, dass
die Regelung des §
59 Abs.
2 FamFG, die für nur auf Antrag zu erlassende Entscheidungen gilt, keine eigenständige Beschwerdeberechtigung begründet, sondern lediglich die Begrenzung einer grundsätzlich nach §
59 Abs.
1 FamFG bestehenden
[X.]deberechtigung auf die Person des Antragstellers enthält (Senatsbe-schluss vom 18.
April 2012 -
XII
[X.]
624/11 -
FamRZ 2012, 1131 Rn.
8). Die Bestimmung des §
59 Abs.
2 FamFG setzt mithin dem Grundsatz nach voraus, 9
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-
6
-
dass der Antragsteller durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist

59
Abs.
1 FamFG).
bb) Gleichwohl kann keinen rechtlichen Bestand haben, dass das Ober-landesgericht der Beteiligten zu 4
die Beschwerdeberechtigung abgesprochen hat. Hierfür bedarf es vorliegend nicht der Prüfung, ob der angefochtene Be-schluss unmittelbar in ein subjektives Recht der Beschwerdeführerin eingreift
und daher die Voraussetzungen des §
59 Abs.
1 FamFG erfüllt sind.
Wird nämlich ein Antrag vom erstinstanzlichen Gericht allein aus verfah-rensrechtlichen Gründen zurückgewiesen, so eröffnet
die darin begründete [X.] das Rechtsmittel, und zwar unabhängig davon, ob der [X.] sachlich zur Antragstellung berechtigt ist
(vgl. [X.] Beschluss vom 6.
November 1997 -
BLw 31/97 -
FamRZ 1998, 229, 230). Dies gilt [X.] bei Verneinung seiner Antragsberechtigung, denn nur auf diese Weise kann das Fehlen des Antragsrechts mit einem Rechtsmittel nachgeprüft werden (OLG Düsseldorf [X.] 2013, 134; vgl. auch [X.] FamRZ 2011, 1257; [X.]/[X.] Betreuungsrecht 5.
Aufl. §
59 FamFG Rn.
15;
[X.]/[X.] FamFG 18.
Aufl. §
59 Rn.
40; [X.]/[X.][X.] FamFG 4.
Aufl. §
59 Rn.
29).
So liegt der Fall hier. Das Amtsgericht hat dem Antrag der Beteiligten zu
4
allein deshalb den Erfolg versagt, weil es ihr die Antragsberechtigung ab-gesprochen hat, und ist deshalb nicht zu einer der materiellen Rechtskraft fähi-gen Entscheidung über die verfahrensgegenständliche [X.] gelangt. Dass es den Antrag dabei nicht ausdrücklich als unzulässig bezeichnet hat, ist ohne Belang. Maßgeblich ist, dass es der Sache nach dem Antrag allein aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht nachgekommen ist.

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15
-
7
-
b) Dem Rechtsmittel
ist
jedoch letztlich kein Erfolg beschieden, weil es der Beteiligten zu 4
-
wie die Vorinstanzen im Ergebnis zu
Recht angenommen haben -
an der Berechtigung fehlt, gemäß § 181 Satz
1
FamFG die Fortsetzung des Abstammungsverfahrens zu verlangen.
aa) Stirbt in einer
[X.]
im Sinne von §
169 FamFG ein Beteiligter vor Rechtskraft der Entscheidung, hat das Gericht gemäß §
181 Satz 1 FamFG die übrigen Beteiligten darauf hinzuweisen, dass das Verfahren nur fortgesetzt wird, wenn ein Beteiligter dies innerhalb einer Frist von einem Monat durch Erklärung gegenüber dem Gericht verlangt. Ohne ein solches Verlangen binnen der vom Gericht gesetzten Frist gilt das Verfahren gemäß §
181
Satz 2 FamFG als in der Hauptsache erledigt.
Die Beteiligung in [X.]n regelt §
172 FamFG, wonach das Kind, die Mutter und der Vater sowie in bestimmten Fällen auch das Ju-gendamt (auf seinen Antrag)
zu beteiligen sind. Diese Aufzählung ist jedoch nicht abschließend. Vielmehr sind auch weitere Personen als sog. Mussbeteilig-te zum Verfahren hinzuzuziehen, sofern die Voraussetzungen des §
7 Abs.
2 Nr.
1 FamFG
vorliegen, also ihr Recht durch das Verfahren unmittelbar betrof-fen wird (vgl. BT-Drucks.
16/6308 S.
345; [X.]/[X.] FamFG 18.
Aufl. §
172 Rn.
13).
bb) Ob die Eltern des [X.] nach dessen Tod als Beteiligte im Sinne des
§
181 Satz
1 FamFG anzusehen und als solche berechtigt sind, die Fortsetzung des Verfahrens zu verlangen, ist streitig.
Nach einer Auffassung sollen die nächsten Angehörigen des [X.] gemäß §
181 Satz 1 FamFG antragsberechtigt
sein, weil sie am Verfahren zu beteiligen seien ([X.]/[X.] in [X.]/[X.] FamFG 5.
Aufl. §
181 Rn.
3 und §
172 Rn.
2; unklar und nur bezogen auf das [X.]chaftsfeststel-16
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-
8
-
lungsverfahren: Prütting/[X.]/[X.] FamFG 3.
Aufl. §
181 Rn.
2).
Teilweise wird vertreten, dass dann, wenn das Verfahren fortgesetzt wird, die nächsten Angehörigen hinzuzuziehen seien, ohne dass daraus auf ein Antragsrecht im Sinne des
§
181 Satz 1 FamFG geschlossen
wird ([X.]/[X.]/[X.]/[X.]
FamFG 2.
Aufl. §
181 Rn.
1; [X.], 1798, 1800; so wohl auch Haußleiter/[X.] FamFG §
172 Rn.
5; [X.] 2010, 441, 449; [X.]/[X.]Schwonberg FamFG 4.
Aufl. §
181 Rn.
2).
Die überwiegende Meinung geht hingegen dahin, dass die nächsten An-gehörigen des Verstorbenen nicht zu den Beteiligten zu zählen
seien, die die Fortsetzung des Verfahrens verlangen können (LG
Berlin FamRZ 2011, 1308, 1309; BeckOK
FamFG/[X.] [Stand: 1.
April 2015] §
181 Rn.
2
a; [X.]/[X.]/[X.]/[X.] FamFG 2.
Aufl. §
181 Rn.
3; [X.] 22/2011 Anm.
6; [X.] in [X.]/Schreiber [X.] 3.
Aufl. §
181 Rn.
2; [X.]/[X.]
FamFG 18.
Aufl. §
181 Rn.
2; [X.]/Coester-Waltjen/Hilbig-Lugani §
181 [X.]. 5; [X.] in Bahren-fuss FamFG 2.
Aufl. §
181 Rn.
2 mit abweichender Lösung für die Verfahren nach §
169 Nr.
2 und 3 FamFG; ebenso allein für Anfechtungsverfahren: [X.]/[X.]Schwonberg FamFG 4.
Aufl. §
172 Rn.
35).
cc) Die letztgenannte Auffassung ist zutreffend.
(1) Für sie streitet bereits der Gesetzestext.
(a) Die Vorschrift des §
181 Satz 1 FamFG stellt auf den Zeitpunkt des Versterbens des Beteiligten ab
und will erkennbar lediglich den bis dahin schon Verfahrensbeteiligten das Recht einräumen, die Fortsetzung des Verfahrens zu verlangen. Denn der Hinweis auf die Möglichkeit des [X.]s hat allein an "die übrigen Beteiligten"
zu ergehen. Dieser
Wortlaut lässt für die Annahme, anstelle des Verstorbenen zu beteiligende Personen seien ebenfalls 21
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-
9
-
antragsberechtigt, nur wenig
Raum (vgl. BeckOK
FamFG/[X.] [Stand: 1.
April 2015] §
181 Rn.
2
a). Die Frage, wer bei Fortsetzung des Verfahrens nach [X.]
durch einen der "übrigen Beteiligten"
gegebenenfalls zusätzlich zum Verfahren hinzuzuziehen ist, erlangt nach dem Gesetzestext für das Recht aus §
181 Satz
1 FamFG hingegen keine Bedeutung.
(b) Über den Wortlaut des §
181 FamFG hinaus muss das Recht, die Fortsetzung des Verfahrens
zu verlangen, allerdings auch den nach §
172 FamFG
oder §
7 Abs.
2 Nr. 1 FamFG zwingend zu [X.] zustehen, de-ren Beteiligung am Verfahren bis zum Versterben eines Beteiligten unterblieben ist. Ein solcher Mussbeteiligter kann -
obwohl im für § 181 Satz
1 FamFG maß-geblichen Zeitpunkt tatsächlich nicht am Verfahren beteiligt -
jedenfalls die Fort-setzung verlangen
(vgl. Senatsbeschluss vom 4.
Juni 2014 -
XII
[X.]
353/13 -
FamRZ 2014, 1357
zum Beschwerderecht einer nicht beteiligten Mussbeteilig-ten). Denn dieses Recht kann ihm nicht dadurch genommen werden, dass das Gericht zwingende Beteiligungsrechte missachtet oder das Versterben zu ei-nem Zeitpunkt erfolgt, in dem das Abstammungsverfahren bereits
eingeleitet ist, aber eine Beteiligung zeitlich noch nicht möglich war.
Dass die Eltern des [X.] -
ebenso wie seine sonstigen nächsten Verwandten -
zu dessen Lebzeiten zu diesen Mussbeteiligten gehören, wird zu Recht von niemand vertreten. Denn
sämtliche verwandtschaftlichen und rechtli-chen Beziehungen zum Kind stellen sich für sie nur als Reflex ihres Verwandt-schaftsverhältnisses zum Kindesvater, nicht aber als unmittelbares Recht dar
(vgl. Senatsbeschluss [X.]Z 163, 37 = [X.], 1067
f.). Ob dies nach dem Tod des [X.] anders zu beurteilen ist, erscheint zweifelhaft, ist aber dann, wenn man zur Ermittlung der zum [X.] Berechtig-ten mit dem Wortlaut des §
181 Satz
1 FamFG auf den Zeitpunkt des Verster-bens abstellt, ohne
Bedeutung. Daher bedarf unabhängig davon, dass es vor-25
26
-
10
-
liegend um eine [X.]chaftsanfechtung geht, keiner Entscheidung, ob der Se-nat an der unter Geltung des früheren Rechts getroffenen Aussage (vgl. Se-natsbeschluss [X.]Z 163, 37 = [X.], 1067
f.) festhält, die postmortale [X.]stellung der [X.]chaft greife unmittelbar in die Rechtsstellung gesetzli-cher Erben entfernterer Ordnung ein (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 4.
Juni 2014 -
XII
[X.]
353/13 -
FamRZ 2014, 1357 Rn.
9).
(2) Dieses Verständnis des Gesetzestextes steht auch im Einklang mit dem Willen des Gesetzgebers, wie er sich aus der Gesetzgebungsgeschichte erschließt.
(a) Nach dem bis einschließlich 30.
Juni
1998
geltenden Recht
konnten die Eltern des als Vater geltenden Mannes gemäß §
1595
a Abs. 1 Satz
1, Abs.
2 BGB nach seinem Versterben dessen [X.]chaft für ein eheliches Kind
anfechten, wenn er bis zu seinem Tod keine Kenntnis von der Geburt des [X.] erlangt oder innerhalb von zwei Jahren seit der Geburt des Kindes gestor-ben war, ohne die
Ehelichkeit
angefochten zu haben und ohne dass die Nicht-anfechtung seinem Willen entsprach.
Die Regelung des §
1600
g Abs.
2
BGB sah vor, dass die Eltern des Verstorbenen dessen [X.]chaftsanerkennung anfechten konnten, wenn ihr [X.] innerhalb von einem Jahr seit [X.] der Anerkennung gestorben war, ohne diese angefochten zu haben und ohne dass die Nichtanfechtung seinem Willen entsprach. Nach §
640
g Abs.
1 und 2 ZPO
konnten die Eltern des als Vater geltenden Mannes nach dessen Tod zudem ein von ihm eingeleitetes Anfechtungsverfahren aufnehmen.
Mit dem [X.] vom 16.
Dezember 1997 (Kindschaftsrechtsreformgesetz -
KindRG,
[X.]. I S.
2942,
in der berich-tigten Fassung vom 29.
April 1998, [X.].

I S.
946) wurden
diese [X.] sowie die Aufnahmemöglichkeit beseitigt. Der Gesetzgeber konnte 27
28
29
-
11
-
überwiegende Eigeninteressen der Eltern des (Schein-)[X.], mit denen ein solches Recht begründet werden könnte, nicht erkennen. Das Argument,
sie würden unter Umständen
an Stelle des Kindes Erben ihres [X.]es, gelte gleichermaßen für alle anderen in Betracht kommenden [X.]. [X.] könne auch die Tatsache, dass das ([X.] ihr pflichtteils-berechtigter Abkömmling sei, ein solches Anfechtungsrecht nicht rechtfertigen. Denn auch in anderen Fallgestaltungen, in denen es sich bei dem Kind nicht um einen leiblichen Abkömmling des [X.]es handele, könnten sich die Großeltern nicht gegen das Pflichtteilsrecht wehren. Eine "Beerbung"
in familienrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten kenne das Bürgerliche Gesetzbuch nicht. Die Klä-rung der [X.] solle wegen des damit zusammenhängenden Eingriffs in höchstpersönliche Belange auf den Kernbereich verwandtschaftli-cher Beziehungen beschränkt werden, so dass
nur Vater, Mutter und Kind an-fechtungsberechtigt sein sollten (BT-Drucks. 13/4899 S.
57).
(b) Dementsprechend hatten die Eltern des als Vater geltenden Mannes gemäß
der vom 1.
Juli 1998 bis einschließlich 31.
August 2009 gültigen
Rechts-lage keine Möglichkeit mehr, nach dem Tod ihres [X.]es ein [X.]chafts-anfechtungsverfahren in Gang zu setzen oder die Fortsetzung eines [X.] zu bewirken. Für die dem Grundsatz nach
als Zivilprozess zu führenden
Verfahren auf [X.]chaftsfeststellung und -anfechtung sah der über den Verweis in §
640 Abs.
1 ZPO auch in [X.] grundsätzlich [X.] §
619 ZPO vor, dass das Verfahren bei Tod einer der Parteien vor Rechtskraft des Urteils als erledigt anzusehen war. Eine Ausnahme hiervon bestand nach §
640
g ZPO nur dann, wenn bei Klagen von Kind oder Mutter die klagende Partei verstarb und der andere Klageberechtigte -
also Mutter oder Kind -
den Rechtsstreit binnen eines Jahres aufnahm.

30
-
12
-
Im Übrigen eröffnete §
1600
e Abs.
2 BGB lediglich den in §
1600
e Abs.
1 BGB genannten Personen -
mithin Mann, Mutter und Kind -
die Möglich-keit, bei Versterben der Personen, gegen die eine [X.]chaftsfestellungs-
oder -anfechtungsklage zu richten gewesen wäre, ein postmortales Abstammungs-verfahren nach den Regeln
der Freiwilligen Gerichtsbarkeit einzuleiten.
Allein für [X.]chaftsfeststellungsverfahren sah §
55
b Abs.
1 Satz
1 FGG die Anhö-rung nächster Angehöriger des Mannes vor, denen in §
55
b Abs.
3 FGG gegen eine die [X.]chaft feststellende Verfügung auch ein Beschwerderecht einge-räumt war.
(c) Durch das Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17.
Dezember 2008 (FGG-Reformgesetz -
FGG-RG; [X.]. I S.
2586) hat der Gesetzgeber mit Wir-kung ab 1.
September 2009 in §
181 FamFG
eine Bestimmung eingeführt, die für alle Fälle des Versterbens eines an einem Abstammungsverfahren Beteilig-ten während des laufenden Verfahrens eine einheitliche Regelung trifft. Nach der Gesetzesbegründung sind "dass
das Verfahren nur fortgesetzt wird, wenn einer von ihnen dies verlangt"
(BT-Drucks 16/6308 S.
246).
Zum einen lässt sich diesen Erwägungen eindeutig entnehmen, dass der Gesetzgeber das Recht auf Stellung eines [X.]s
nur den be-reits bis zum Tod eines Beteiligten am Verfahren
Beteiligten -
bzw. zwingend zu [X.]
-
einräumen wollte
(vgl. auch [X.]/[X.]/[X.]/[X.] FamFG
2.
Aufl. §
181 Rn.
3). Zum anderen ist aus den Materialien nichts dafür ersichtlich, dass durch §
181 FamFG die im Zusammenhang mit dem [X.] getroffene gesetzgeberische Entscheidung [X.] teilweise wieder rückgängig gemacht und den nächsten Verwandten des 31
32
33
-
13
-
verstorbenen Mannes die Möglichkeit eröffnet
werden sollte, Abstammungsver-fahren weiter zu betreiben.
Dem steht die -
ohnedies nur für [X.]stellungs-, nicht aber für [X.] einschlägige -
bis 31.
August 2009 gültige Regelung in §
55
b Abs.
1 Satz
1, Abs.
3 FGG nicht entgegen. Für das erstinstanzliche Verfahren schrieb sie lediglich eine Pflicht vor, nächste Angehörige im postmortalen [X.]sverfahren anzuhören, was vor allem der Sachaufklärung diente (Senatsbeschluss [X.]Z 163, 37 = [X.], 1067). Die Möglichkeit der nächsten Angehörigen, nach dem Tod ihres Verwandten ein Abstam-mungsverfahren in Gang zu setzen oder ein laufendes Verfahren vor der Erle-digung durch das Versterben des Mannes zu bewahren, war hiermit jedoch nicht verbunden und folgte auch nicht aus dem Beschwerderecht gegen eine die [X.]chaft feststellende gerichtliche Verfügung.
(3) Sinn und Zweck
sowie die Systematik des Gesetzes sprechen eben-falls dafür, die Eltern des Verstorbenen nicht
als zum [X.] berechtigt
einzustufen.
(a) Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die Klärung von Abstam-mungsfragen auf den Kernbereich verwandtschaftlicher Beziehungen be-schränkt werden, weshalb nur Vater, Mutter und Kind anfechtungsberechtigt sind (BT-Drucks. 13/4899 S.
57).
Dem würde es aber widersprechen, wenn der Tod des [X.] während laufenden Verfahrens zu einer Ausweitung des [X.] führen würde, dem das Initiativrecht zur rechtlichen Infragestellung der bestehenden Verwandtschaftsverhältnisse zugewiesen ist.
(b) Hinzu kommt, dass den nächsten Verwandten des Mannes -
hier sei-ner Mutter
-
bei einem solchen Verständnis für den Fall des Versterbens wäh-rend des laufenden Verfahrens eine rechtliche Stellung zugebilligt würde, die 34
35
36
37
-
14
-
sie bei einem Versterben ihres [X.]es
ohne bereits anhängiges Abstam-mungsverfahren nicht innehätten.
Dem kann die Rechtsbeschwerde nicht mit Erfolg entgegenhalten, dies sei gerechtfertigt, weil der anfechtungsberechtigte Vater von seinem Anfech-tungsrecht bereits Gebrauch gemacht habe.
Das Recht, die Fortsetzung des Verfahrens gemäß §
181 FamFG zu verlangen, ist von der jeweiligen Rolle des Beteiligten abgekoppelt und hängt demnach nicht davon ab, ob dieser [X.], Antragsgegner oder sonstiger Beteiligter ist. Die nächsten Verwandten als nach §
181 FamFG antragsberechtigt anzusehen hieße
daher, dass etwa die Eltern des Mannes auch dann den Antrag stellen könnten, wenn es gegen seinen Willen zu dem Abstammungsverfahren gekommen war. Darüber hinaus hätte es ihm bis zur rechtskräftigen Entscheidung als Antragsteller freigestan-den, den Antrag gemäß §
22 Abs.
1 FamFG zurückzunehmen -
was bis zum Erlass der Endentscheidung auch nicht der Zustimmung der übrigen Beteiligten bedurft hätte -
und so das Verfahren zu beenden. Letztlich handelt
es sich bei den auf den Status als Vater bezogenen Gestaltungsrechten des Mannes wie das der Anerkennung und der Anfechtung der [X.]chaft ebenso wie bei den hierzu geschaffenen [X.] um höchstpersönliche Rechtspositio-nen
(vgl. [X.] FamRZ
2003, 536, 537; BeckOK
FamFG/[X.] [Stand: 1.
April 2015] §
181 Rn.
2
a; [X.] FamRZ 2007, 606, 607;
[X.]/[X.] FamFG 18.
Aufl. §
181 Rn.
2), die nicht auf die Erben über-gehen
und auch nicht von nächsten Verwandten geltend gemacht werden kön-nen.
(c) Gegen ein Antragsrecht nächster Verwandter spricht auch der vom Gesetzgeber verfolgte
Zweck, in [X.] möglichst Rechtsklarheit zu schaffen und Schwebezustände zu vermeiden (vgl. Senatsbeschluss [X.]Z 163, 37 = [X.], 1067). Mit diesem wäre es kaum vereinbar, wenn nach 38
39
-
15
-
dem Versterben des Mannes im Gesetz nicht benannte und am Verfahren bis-lang nicht beteiligte Verwandte zur Erteilung des Hinweises nach §
181 Satz
1 FamFG ermittelt werden müssten oder andernfalls unbefristet die Verfahrens-fortsetzung verlangen könnten.
Die Ziele der Statusklarkeit und -beständigkeit dienen auch und vor allem den Interessen des Kindes ([X.] FamRZ 2007, 606, 607), denen eine Ausweitung des nach §
181 Satz
1 FamFG berechtigten Personenkreises re-gelmäßig zuwiderliefe
(vgl. dazu auch BT-Drucks. V/2370 S.
31
f.).
(d) Auch die Rechtspositionen
der nächsten Verwandten des [X.] führen zu keinem
anderen rechtlichen Ergebnis.
Zwar sind die
nächsten Verwandten
gegebenenfalls in ihrer erb-
oder un-terhaltsrechtlichen Stellung betroffen. Dabei handelt es sich aber jeweils um eine unvermeidliche Reflexwirkung der verwandtschaftlichen Beziehung zum Verstorbenen (vgl. Senatsbeschluss [X.]Z
163, 37 = [X.], 1067
f.) und lediglich um eine Betroffenheit in
wirtschaftlichen Interessen. Weder das allgemeine Persönlichkeitsrecht noch die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Handlungsfreiheit vermitteln jedoch einen Schutz vor den wirtschaft-lichen Folgen der Verwandtschaft, die auf verfassungsgemäßen Normen beru-hen und nicht zu verfassungswidrigen Ergebnissen führen (vgl. Senatsurteil
vom 28.
Januar 2015 -
XII
ZR
201/13 -
[X.], 642
Rn.
56 mwN).
Ein Recht der Eltern darauf, rechtsgestaltend auf die verwandtschaftli-chen Bande zur Enkelgeneration einzuwirken, lässt sich entgegen der [X.] aus der Verfassung nicht herleiten. [X.] kann, ob -
was sehr zweifelhaft erscheint -
Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG das Interesse der Eltern des als Vater geltenden verstorbenen [X.] als Ausformung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts
schützt, Kenntnis 40
41
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43
-
16
-
davon zu erlangen, ob ein Kind von ihnen leiblich abstammt. Denn dieses Grundrecht gebietet jedenfalls nicht, ihnen ein die statusrechtliche Zuordnung des Kindes
veränderndes Anfechtungsrecht oder das Recht auf Fortsetzung eines laufenden Abstammungsverfahrens zu gewähren (vgl. zum leiblichen, nicht rechtlichen Vater
BVerfG FamRZ 2008, 2257, 2258
mwN). Ebenfalls ohne Erfolg beruft sich die Rechtsbeschwerde auf
Art.
6 GG.
Insbesondere garantiert Art.
6 Abs.
1 GG den Schutz von, nicht aber vor Ehe und Familie.

(e) Schließlich erfordert das postmortale Persönlichkeitsrecht des Ver-storbenen ebenso wenig, dass dessen nächste Verwandte ein Abstammungs-verfahren nach seinem Tod fortsetzen können, wie es gebietet, dass sie ein solches überhaupt erst einleiten können. Inwieweit dann, wenn einer der übri-gen Beteiligten die Fortsetzung verlangt, eine Beteiligung nächster Verwandter mit Blick auf das Persönlichkeitsrecht des
Toten angezeigt ist
(vgl. dazu etwa Senatsbeschluss vom 29.
Oktober 2014 -
XII
[X.]
20/14 -
[X.], 39 Rn.
32; [X.] in [X.]/Schreiber [X.] 3.
Aufl. §
172 Rn.
3; [X.] in Bahrenfuss FamFG 2.
Aufl. §
181 Rn.
2), ist eine hiervon
zu trennende Frage, die vorliegend keiner Entscheidung bedarf.
dd) Der Beteiligten zu 4,
der Mutter des als Vater geltenden Antragstel-lers,
stand mithin nicht das Recht zu, die Fortsetzung des Abstammungsverfah-rens zu verlangen. Da nach dem §
181 Satz
1 FamFG genügenden gerichtli-chen Hinweis keiner der hierzu berechtigten übrigen Beteiligten binnen der Frist 44
45
-
17
-
des §
181 Satz
2 FamFG einen Fortsetzungsantrag gestellt hat, ist das [X.] erledigt. Das Amtsgericht hat deshalb
die Fortsetzung zu Recht abgelehnt, so dass die Beschwerde der Beteiligten zu 4
unbegründet ist
und ihre Rechts-beschwerde im Ergebnis ohne Erfolg bleibt.
[X.]Schilling

Günter

Nedden-Boeger Guhling
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 12.08.2014 -
1 [X.]/13 -

OLG [X.], Entscheidung vom 14.11.2014 -
7 UF 1196/14 -

Meta

XII ZB 671/14

28.07.2015

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.07.2015, Az. XII ZB 671/14 (REWIS RS 2015, 7494)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 7494

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