Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.09.2023, Az. 3 StR 216/23

3. Strafsenat | REWIS RS 2023, 7509

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Gegenstand

Jugendstrafverfahren: Anrechenbarkeit vollstreckten Beugearrestes bei Verhängung einer neuen Einheitsjugendstrafe


Leitsatz

Zur Anrechenbarkeit vollstreckten Beugearrestes bei Verhängung einer neuen Einheitsjugendstrafe.

Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 9. Januar 2023 im Strafausspruch dahin ergänzt, dass verbüßter mit Urteil des [X.] vom 6. Oktober 2020 festgesetzter [X.] und verbüßter mit dessen Beschluss vom 18. August 2021 festgesetzter [X.] im Verhältnis 1:1 auf die verhängte [X.] angerechnet werden.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten unter Einbeziehung des Urteils des [X.] vom 6. Oktober 2020 wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, Diebstahls, versuchten Diebstahls in zwei Fällen, Besitzes von Betäubungsmitteln und Hausfriedensbruchs zu einer zur Bewährung ausgesetzten [X.] von einem Jahr und neun Monaten verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Die auf die unausgeführte allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten führt lediglich zu einer Ergänzung des Strafausspruchs und ist im Übrigen unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2

Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat zum Schuldspruch keinen dem Angeklagten nachteiligen Rechtsfehler ergeben. Der Strafausspruch ist allein insofern rechtsfehlerhaft, als das [X.] die Prüfung der Anrechnung von in dem Verfahren des einbezogenen Urteils vollstreckten Arrestzeiten nach § 31 Abs. 2 Satz 2 [X.] verabsäumt hat. Bei dieser Ermessensentscheidung wäre über den - im Antrag des [X.] zutreffend benannten - verbüßten mit diesem Urteil festgesetzten [X.] von zwei Tagen hinaus allerdings auch ein verbüßter [X.] von einer Woche zum Gegenstand der Prüfung zu machen gewesen; diese Maßnahme hatte das [X.] nachträglich durch Beschluss vom 18. August 2021 gemäß § 15 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 11 Abs. 3 Satz 1 [X.] angeordnet, weil der Angeklagte eine mit dem Urteil erteilte Auflage schuldhaft nicht erfüllt hatte (zur gleichgelagerten Frage der Einbeziehung eines unerledigten [X.]es in eine neue [X.] vgl. [X.], Beschluss vom 26. Mai 2009 - 3 [X.], juris Rn. 2; für eine Anrechenbarkeit weiterhin [X.], Beschluss vom 7. Mai 2021 - 2 [X.], NStZ-RR 2021, 189 f.; [X.]/[X.], [X.], 24. Aufl., § 26a Rn. 26, § 31 Rn. 51; NK-[X.]/[X.], 11. Aufl., § 31 Rn. 23; [X.]/[X.]/[X.]/Wulf, [X.], 2. Aufl., § 26 Rn. 13; [X.], [X.], 593, 596 ff.; aA BeckOK [X.]/Schlehofer, [X.]., § 31 Rn. 47a f.; [X.]/[X.]/Sonnen, [X.], 8. Aufl., § 31 Rn. 43; [X.]/Dölling, [X.], 14. Aufl., § 31 Rn. 39).

3

Entscheidend für eine grundsätzliche Anrechenbarkeit auch von [X.] spricht trotz aller Unterschiedlichkeiten der verschiedenen Arrestformen die Erwägung, dass hierdurch dem Einheitsprinzip am besten Rechnung getragen wird (vgl. [X.], Beschluss vom 7. Mai 2021 - 2 [X.], NStZ-RR 2021, 189, 190; [X.]/[X.], [X.], 24. Aufl., § 26a Rn. 26). Dieses soll eine verhältnismäßige jugendstrafrechtliche Sanktion, die auf den aktuell erzieherisch erforderlichen [X.] abgestimmt ist, sicherstellen und eine Mehrheit sich womöglich widersprechender oder miteinander unverträglicher Sanktionen verhindern (vgl. [X.]/[X.], [X.], 24. Aufl., § 31 Rn. 3; [X.]/[X.]/Sonnen, [X.], 8. Aufl., § 31 Rn. 3; Streng, Jugendstrafrecht, 5. Aufl., Rn. 266; [X.]/[X.], Jugendstrafrecht, 16. Aufl., Rn. 279, 281). Das Gegenargument, der [X.] sei aufgrund seiner abweichenden Rechtsnatur nicht anrechnungsfähig (vgl. [X.]/[X.]/Sonnen, [X.], 8. Aufl., § 31 Rn. 43; BeckOK [X.]/Schlehofer, [X.]., § 31 Rn. 47a f.), überzeugt indessen nicht. Die formalen Umstände, dass derselbe außerhalb des Urteils durch Beschluss verhängt wird und unmittelbar ein anderes Sanktionsbedürfnis erfüllen soll, besagen nicht, dass er als mit der durch Urteil bestimmten Weisung oder Auflage untrennbar verbundene, mithin akzessorische Maßnahme (vgl. [X.], [X.], 593, 597; vgl. auch [X.], Beschluss vom 7. Mai 2021 - 2 [X.], NStZ-RR 2021, 189, 190: „aus Anlass einer Tat“) bei der Bestimmung der verhältnismäßigen jugendstrafrechtlichen Sanktion keine Berücksichtigung finden darf.

4

Der Senat holt die gemäß § 31 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 105 Abs. 1 [X.] erforderliche Anrechnungsentscheidung nach und ordnet, um jedwede Benachteiligung des Angeklagten auszuschließen, die Anrechnung beider verbüßten Arrestzeiten auf die erkannte [X.] an (vgl. [X.], Beschlüsse vom 22. Oktober 2013 - 4 StR 409/13, juris Rn. 2; vom 15. März 2016 - 4 StR 15/16, juris Rn. 2).

5

Angesichts des geringfügigen Erfolgs der Revision ist es nicht unbillig, den Angeklagten insgesamt mit den Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).

Berg     

      

Paul     

      

Erbguth

      

Kreicker     

      

Voigt     

      

Meta

3 StR 216/23

19.09.2023

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend BGH, 19. September 2023, Az: 3 StR 216/23, Beschluss

§ 11 Abs 3 S 1 JGG, § 15 JGG, § 31 Abs 2 S 2 JGG, § 105 Abs 1 JGG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.09.2023, Az. 3 StR 216/23 (REWIS RS 2023, 7509)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 7509

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