Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.01.2012, Az. V ZB 316/10

V. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 9932

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

V ZB 316/10
vom

20. Januar 2012
in der Abschiebungshaftsache

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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am
20.
Januar 2012
durch [X.] [X.], [X.] [X.] und Prof.
Dr. Schmidt-Räntsch und
die Richterinnen
Dr. Brückner
und Weinland

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird festgestellt, dass der Beschluss des [X.] vom 18. September 2010 und der Beschluss der 2. Zivilkammer des [X.]s Trier
vom 3. Dezember 2010 den Betroffenen in seinen Rechten verletzt ha-ben.
Der Antrag des Betroffenen auf Bewilligung von Verfahrens-kostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird [X.].
Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die zur zweckentsprechen-den Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen in allen Instanzen trägt das [X.].

Gründe:
I.
Der Betroffene ist [X.] Staatsangehöriger und
nach be-standskräftigem Abschluss seines [X.] im Jahr 1995, der Ablehnung eines Antrages auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens im Jahr 2005 sowie der Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Jahr 2008 1
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vollziehbar ausreisepflichtig. Der Aufforderung, das [X.] zu verlassen, kam er in der Folgezeit nicht nach. Er wurde vielmehr am 17.
September 2010 anlässlich einer Kontrolle des [X.] unter Beteiligung von Beamten der [X.] in einer Gaststätte in [X.] angetroffen und [X.]. Am 18.
September 2010 stellte
die
Beteiligte zu 2 nach Absprache zwischen ihr und der [X.] sowie zwischen dieser und dem [X.] [X.] beim Amtsgericht einen Antrag auf Anordnung der [X.]. In
der dem Haftantrag beigefügten Sachverhaltsschilderung der [X.] ist u.a. ausgeführt, dass gegen den Betroffenen eine Strafanzeige wegen des Verdachts des unerlaubten Aufenthalts und der unerlaubten Arbeitsaufnahme erstattet worden sei
und dass der Betroffene als Beschuldigter sich zu diesen Vorwürfen
nicht habe äußern wollen.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 18.
September 2010 gegen den Betroffenen die [X.] angeordnet. Die hiergegen gerichtete Be-schwerde hat das [X.] zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde [X.] der Betroffene nach seiner am 6.
Dezember 2010 erfolgten [X.] die Feststellung, dass ihn die Entscheidungen des Amtsgerichts und des [X.]s in seinen Rechten verletzt haben.
Zudem beantragt er
für das Rechtsbeschwerdeverfahren
die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe.

II.
Das Beschwerdegericht meint, die Beteiligte zu 2 sei die für die [X.] zuständige Behörde. Die Entscheidung des Amtsgerichts sei rechtmäßig, auch wenn sich die Dauer der angeordneten Haft nicht aus dem Tenor ergebe. Ausweislich der Gründe der Entscheidung gebe es keinen
Zwei-fel daran, dass die Haft bis zum 17.
Dezember 2010 angeordnet worden sei. Es 2
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lägen die Haftgründe nach
§
62 Abs. 2 Nr. 4 und 5 [X.] vor.
Die Anord-nung der Haft verstoße auch nicht
gegen das Beschleunigungsgebot und gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

III.
1. Die Rechtsbeschwerde ist auch nach Erledigung der Hauptsache mit dem Feststellungsantrag analog § 62 FamFG ohne Zulassung nach §
70 Abs.
3 Nr. 3 FamFG statthaft
(vgl. nur Senat, Beschluss vom 25. Februar 2010 -
V
ZB 172/09, [X.] 2010, 150, 151; Beschluss vom 29. April 2010 -
V [X.], [X.] 2010, 359, 360) und im Übrigen nach § 71 FamFG zulässig.
2 . Sie ist auch begründet.
a) Der Betroffene ist durch die Haftanordnung des Amtsgerichts und ihre Aufrechterhaltung durch das Beschwerdegericht in seinen Rechten verletzt, weil der Haftanordnung schon kein zulässiger Haftantrag zugrunde lag.
Das Vorlie-gen eines zulässigen Haftantrags ist Verfahrensvoraussetzung und aus diesem Grund in jeder Lage des
Verfahrens von Amts wegen zu prüfen (vgl. Senat, [X.] vom 29. April 2010 -
V
[X.], [X.] 2010, 210, 211; Beschluss vom 22. Juli 2010 -
V
ZB 28/10, [X.] 2010, 316, 317; Beschluss vom 9. De-zember 2010 -
V
ZB 136/10, Rn. 6, juris). Dem
Haftantrag
vom 18.
September 2010 fehlt es
an den nach §
417 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 FamFG notwendigen An-gaben.
aa) Danach
müssen unter anderem die Voraussetzungen und die Durch-führbarkeit der Abschiebung dargelegt werden. Demzufolge muss der Antrag auch Ausführungen
dazu enthalten, ob das nach § 72 Abs. 4 Satz 1 [X.]
erforderliche Einvernehmen der Staatsanwaltschaft vorliegt, wenn sich aus dem 4
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Antrag selbst oder den ihm beigefügten Unterlagen ohne weiteres ergibt, dass ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren anhängig ist. Das Fehlen entspre-chender Ausführungen ist deshalb ein Begründungsmangel, der zur Unzuläs-sigkeit des Antrags führt (Senat, Beschluss vom 20. Januar 2011 -
V
ZB 226/10, [X.] 2011, 144 Rn. 9). So ist es hier. In der dem Haftantrag beige-fügten Sachverhaltsschilderung der [X.] ist ausgeführt, dass gegen den Betroffenen wegen des Verdachts des unerlaubten Aufenthalts sowie der unerlaubten Arbeitsaufnahme Anzeige erstattet und der Betroffene als Beschul-digter vernommen wurde. Dies reicht für die Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens aus (vgl. Senat, Beschluss vom 3.
Februar 2011
-
V
ZB
224/10, [X.] 2011, 148, 149 Rn. 10).
Ausführungen zu einem gene-rellen oder im Einzelfall erteilten Einvernehmen der Staatsanwaltschaft (vgl. Senat, Beschluss vom 10. Februar 2011 -
V
ZB 49/10, Rn. 8,
juris) mit der Ab-schiebung des
Betroffenen
fehlen.
bb) Dieser Mangel ist auch nicht -
was für die Zukunft möglich gewesen wäre
(Senat, Beschluss vom 29.
September 2011 -
V
ZB
173/11, NJW 2011, 3792, 3793 Rn. 4)
-
im weiteren Verlauf des Verfahrens geheilt worden.
Das Beschwerdegericht durfte die Haftanordnung deshalb nicht aufrechterhalten.
b)
Von einer weiteren Begründung wird gemäß §
74 Abs. 7 FamFG ab-gesehen.

IV.
Der Antrag des Betroffenen auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren ist unbegründet.
Der Betroffene hat nach sei-ner
Abschiebung weder die erforderliche
Erklärung über die persönlichen und 8
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wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem durch § 1 PKH-VV
festgelegten Formular abgegeben noch
eine gleichgestellte Unterlage vorgelegt oder [X.] dargelegt (vgl. Senat, Beschluss vom 14. Oktober 2010 -
V
ZB 214/10, [X.] 2011, 41).

V.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2, §
83 Abs.
2, § 430 FamFG, Art. 5 Abs. 5 [X.] analog. Die Festsetzung des [X.] folgt aus § 128c Abs. 2 KostO i.V.m. § 30 Abs. 2 KostO.
Krüger
[X.]
Schmidt-Räntsch

Brückner
Weinland
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 18.09.2010 -
35 XIV 29/10 B -

LG Trier, Entscheidung vom 03.12.2010 -
2 T 164/10 -

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Meta

V ZB 316/10

20.01.2012

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.01.2012, Az. V ZB 316/10 (REWIS RS 2012, 9932)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 9932

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