Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.10.2007, Az. XII ZR 24/06

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 1270

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] ZR 24/06 Verkündet am: 24. Oktober 2007 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 24. Oktober 2007 durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.], [X.], Dr. [X.] und die Richterin Dr. [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 22. Zivilsenats des [X.] vom 31. Januar 2006 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Miet-verhältnis durch fristlose Kündigung des [X.] beendet worden ist. 1 Mit schriftlichem Vertrag vom 26. Juni 1998 mietete der Kläger von der Rechtsvorgängerin des Beklagten Gewerberäume zum Betrieb eines "[X.](s)/Lager(s) etc. einer Filmcateringgesellschaft mit Küche" fest bis zum 30. Juni 2008. 2 § 1 Nr. 5 des [X.] lautet: 3 "Der Vermieter leistet keine Gewähr dafür, dass die gemieteten Räume den in Frage kommenden technischen Anforderungen sowie den behörd-- 3 - lichen und anderen Vorschriften entsprechen. Der Mieter hat behördliche Auflagen auf eigene Kosten zu erfüllen." 4 In § 14 Nr. 1 des [X.] heißt es: "Bauliche Änderungen durch den Mieter, insbesondere Um- und Einbau-ten, Installationen, auch die Vergitterung der Fenster und die Herstellung und Veränderung von Feuerstätten, dürfen nur mit schriftlicher Einwilli-gung des Vermieters vorgenommen werden. Erteilt der Vermieter eine solche Einwilligung, so ist der Mieter für die Einholung der bauaufsichts-amtlichen Genehmigung verantwortlich und hat alle Kosten hierfür zu tragen." Die vom Kläger gemieteten baulichen Anlagen waren als "[X.] und Fahrzeughalle" baurechtlich genehmigt. Der Kläger betrieb in diesen Räumen sein Cateringunternehmen bis April 2004 unbeanstandet. Mit Schreiben vom 5. April 2004 wies das zuständige [X.] ihn jedoch im Rahmen einer [X.] darauf hin, dass die geänderte Nutzung der Mieträume als Cateringbetrieb ohne Genehmigung ordnungswidrig sei. Daraufhin forderte der Kläger den Beklagten auf, an der Einholung der Geneh-migung der geänderten Nutzung mitzuwirken, was dieser jedoch ablehnte. Mit Schreiben vom 23. August 2004 drohte das [X.] unter Hinweis auf sein Anhörungsschreiben vom 5. April 2004 dem Kläger den Erlass einer Ord-nungsverfügung an. Weiterhin räumte es ihm Frist zur Beantragung einer Bau-genehmigung bis zum 14. September 2004 ein. Daraufhin stellte der Kläger beim [X.] den Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung nach § 68 BauO [X.] für die erfolgte Nutzungsänderung. Der Antrag wurde mit [X.] vom 23. September 2004 zurückgewiesen, weil bestimmte Planunterla-gen fehlten. Daraufhin erklärte der Kläger mit [X.] vom 25. Oktober 2004, eingegangen bei der Beklagten am 26. Oktober 2004, die fristlose Kündi-gung des [X.] und erhob Klage auf Feststellung, dass das Mietver-hältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 25. Oktober 2004 be-5 - 4 - endet sei. Nachdem das [X.] mit Schreiben vom 6. Januar 2005 erneut den Erlass einer Ordnungsverfügung wegen Fehlens der Genehmigung der Nutzungsänderung angedroht hatte, kündigte der Kläger mit Schreiben sei-ner Prozessbevollmächtigten vom 8. Februar 2005 das Mietverhältnis erneut fristlos. Weiter kündigte der Kläger das Mietverhältnis fristlos mit Schreiben vom 3. März 2005, weil der Beklagte trotz Abmahnung keine Heizung zur Verfügung stelle. Das [X.] hat der Klage antragsgemäß stattgegeben. Auf die Be-rufung des Beklagten hat das [X.] die Klage abgewiesen. Hier-gegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des [X.], mit der dieser die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt. 6 Entscheidungsgründe: Die Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Ur-teils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. 7 [X.] Das [X.] hat ausgeführt, dass die Kündigungen vom 25. Oktober 2004 und vom 8. Februar 2005 unwirksam seien, da der Kläger keinen wichtigen Grund zur Kündigung des Mietverhältnisses (§ 543 BGB) habe 8 - 5 - dartun können. Zwar könne eine zur fristlosen Vertragskündigung [X.] Entziehung des vertragsgemäßen Gebrauchs bzw. eine erhebliche Mangel-haftigkeit der Mietsache dann vorliegen, wenn die im Mietvertrag vorgesehene Nutzung der Mieträume gegen Vorschriften des öffentlichen Baurechts verstoße und die zuständige Baubehörde deshalb ein Einschreiten androhe. Vorliegend sei eine Haftung des Beklagten für den vom Kläger geltend gemachten Mangel aber wirksam ausgeschlossen. Dies ergebe sich zwar nicht aus § 1 Nr. 5 des [X.]. Vielmehr bestünden gegen diese formularvertragliche Regelung Bedenken, weil sie dem Mieter auch das Risiko aufbürde, dass eine erforderli-che behördliche Erlaubnis nicht zu erreichen sei. Im vorliegenden Fall komme jedoch die Regelung in § 14 Nr. 1 des Vertrages hinzu. Danach habe es der Kläger übernommen, selbst für die zum Betrieb seines [X.] erforderliche baurechtliche Nutzungsänderungsgenehmigung zu sorgen, insbe-sondere sei es seine Aufgabe gewesen, die erforderlichen Planunterlagen für eine Genehmigung der Nutzungsänderung auf eigene Kosten zu beschaffen. Die Regelung halte auch einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stand. Sie be-ziehe sich nämlich nach ihrem Sinn und Zweck nur auf genehmigungsfähige Nutzungsänderungen und würde deshalb nicht eingreifen, wenn feststünde, dass die vom Kläger vorgenommene Nutzungsänderung aus Gründen des [X.] Baurechts nicht genehmigt werden könnte. Soweit der Kläger geltend mache, die für seinen Betrieb erforderliche Küche sei nicht genehmigungsfähig, sei sein Vortrag ohne hinreichende Substanz. Die Klausel benachteilige den Mieter nicht unangemessen. Denn der Vermieter könnte dem Mieter lediglich Planunterlagen über den baulichen Zustand vor der Nutzungsänderung zur [X.] stellen. Da es allein die Entscheidung des Mieters sei, welche Baumaß-nahmen er für seinen Betrieb für erforderlich halte und in welchem Umfang deshalb eine Nutzungsänderungsgenehmigung erwirkt werden müsse, sei es auch sachgerecht, dass der Mieter diese Unterlagen - durch Beauftragung [X.] Architekten - selbst beschaffe. [X.] hohe Kosten seien dabei nicht zu erwarten. 9 Nicht entschieden zu werden brauche, ob die Einführung der Kündi-gungserklärung vom 8. März 2005 in den Prozess dahin auszulegen sei, dass der Kläger seine Klage hilfsweise auch hierauf habe stützen wollen. Denn sein Vortrag, der Beklagte habe die Heizung einfach abgeklemmt, sei wegen des Umstands, dass die Räume durch Fernwärme beheizt würden, nicht nachvoll-ziehbar. I[X.] Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. 10 1. Zu Recht geht das [X.] allerdings davon aus, dass das Fehlen der erforderlichen behördlichen Genehmigung zur vertragsgemäßen Nutzung von Mieträumen einen Mangel im Sinne von § 536 BGB darstellt, der den Mieter zur fristlosen Kündigung berechtigt, wenn ihm durch eine mit einer Zwangsmittelandrohung verbundene Ordnungsverfügung die vertragsgemäße Nutzung untersagt wird und für ihn zumindest Ungewissheit über deren Zuläs-sigkeit besteht ([X.], Urteil vom 22. Juni 1988 - [X.] - NJW 1988, 2664, 2665; Wolf/[X.]/[X.] Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts 9. Aufl. [X.]. 228 f.; [X.]/[X.]/[X.]. 14, [X.]. 259 ff.). 11 2. Nicht zu beanstanden ist weiter die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die Klausel in § 1 Nr. 5 des [X.] der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht standhält, weil sie eine Haftung des Vermieters auch für den Fall 12 - 7 - ausschließt, dass die erforderliche behördliche Genehmigung für den vom [X.] vorgesehenen Gewerbebetrieb aus Gründen versagt wird, die ausschließlich auf der Beschaffenheit oder der Lage des Mietobjekts beruhen. Damit sind nach der Klausel im Falle der Verweigerung der Genehmigung nicht nur Gewährleis-tungsrechte des Mieters, sondern auch dessen Befugnis zur fristlosen Kündi-gung des [X.] ausgeschlossen. Ein so weit gehender Haftungsaus-schluss benachteiligt aber den Mieter entgegen den Geboten von [X.] unangemessen und ist deshalb nach § 307 BGB unwirksam (vgl. [X.], Urteil vom 22. Juni 1988 aaO). 3. Die Auslegung jedoch, die das Berufungsgericht § 14 Nr. 1 des [X.] gegeben hat, hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. 13 Da nunmehr auch gegen [X.] der [X.]e eine [X.] stattfinden kann, vermag der Senat die Klausel selbst auszulegen, ohne dass es [X.] im Gegensatz zur Meinung der Revisionserwiderung - darauf an-kommt, ob die Klausel über den Bezirk des [X.]s (oder auch nur eines [X.]s) hinaus verwendet wird (vgl. [X.], Urteil vom 5. Juli 2005 - [X.]/04 - NJW 2005, 2919, 2921). Entgegen der Ansicht des Berufungsge-richts ergibt sich aus der Klausel nicht, dass der Kläger selbst für die zum Be-trieb seines [X.] erforderliche baurechtliche Nutzungsände-rungsgenehmigung zu sorgen hätte. Dieser vom Berufungsgericht vorgenom-menen Auslegung steht der Wortlaut der Klausel entgegen, der die Verpflich-tung des Vermieters unberührt lässt, für den vertragsgemäßen Zustand der Mietsache zu sorgen. Vielmehr handelt es sich bei der genannten Klausel um die in vielen Mietverträgen anzutreffende Regelung, wonach der Mieter bauliche Änderungen an der Mietsache nur mit Zustimmung des Vermieters vornehmen darf und ggf. die hierfür anfallenden Kosten selbst zu tragen hat. 14 - 8 - 4. Der Senat kann jedoch nicht selbst entscheiden, ob die Weigerung des Beklagten, an der Einholung der Genehmigung zur Nutzungsänderung mit-zuwirken, den Kläger zur fristlosen Kündigung gemäß § 543 Abs. 1 BGB be-rechtigte, so dass zwischen den Parteien ein Mietverhältnis nicht mehr besteht. Vielmehr sind weitere Feststellungen erforderlich. 15 16 a) Vorab wäre zu klären, ob der Kläger nicht mit der Rechtsvorgängerin des Beklagten in einer mündlichen Vereinbarung, die allerdings entgegen § 550 BGB keinen Niederschlag im schriftlichen Vertrag gefunden hat, es übernom-men hat, die Räume selbst in den vertragsgemäßen Zustand zu versetzen und die entsprechenden Genehmigungen herbeizuführen. Hierfür mag sprechen, dass der Kläger nach seinem Vortrag 75.000 • in die Räume investiert hat. Auch hat der Beklagte jedenfalls vorprozessual den Abschluss einer solchen mündlichen Vereinbarung behauptet). In diesem Falle würde ein Mangel der Mietsache - vorbehaltlich getroffe-ner Absprachen - allenfalls dann vorliegen, wenn, wie der Kläger behauptet, eine Küche zur Zubereitung von Speisen für den Cateringbetrieb nicht geneh-migungsfähig gewesen wäre. 17 b) Sollte eine solche mündliche Vereinbarung nicht geschlossen worden sein, wird das [X.] zu prüfen haben, ob die Weigerung des [X.], an der Herbeiführung der Genehmigung der Nutzungsänderung [X.], tatsächlich einen wichtigen Grund im Sinne von § 543 Abs. 1 BGB dar-stellt. Dabei kann - auch im Rahmen von [X.] - eine Rolle spielen, welcher Aufwand für den Kläger erforderlich gewesen wäre, um die im [X.] des [X.]s vom 23. September 2004 genannten Auflagen zu erfüllen. 18 - 9 - c) Falls sich ergeben sollte, dass die Kündigungen des [X.] vom 25. Oktober 2004 und 8. Februar 2005 unwirksam waren, so wird das [X.] zu prüfen haben, ob das Mietverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung des [X.] vom 3. März 2005 beendet worden ist. Der Feststellungsantrag des [X.] ist dahingehend auszulegen, dass er sich nicht auf die Wirksamkeit einer bestimmten Kündigung bezieht, sondern darauf, dass das Mietverhältnis zwischen den Parteien ab 26. Oktober 2004 bzw. ab 9. [X.] 2005 beendet ist (vgl. Senatsurteil vom 29. September 1999 - [X.] ZR 313/98 - NJW 2000, 354, 356). Die Einführung der Kündigungserklärung vom 3. März 2005 im Schriftsatz vom 21. März 2005 in den Rechtsstreit ist daher dahingehend aufzufassen, dass der Kläger damit weiter hilfsweise zu erreichen sucht, dass die Beendigung des Mietverhältnisses zwischen den Parteien für die [X.] ab Zugang dieser Kündigungserklärung festgestellt werde. Ansonsten wäre die Einführung der genannten Kündigungserklärung ohne Sinn erfolgt. 19 - 10 - d) Die Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht gibt den Parteien Gelegenheit zu weiterem Sachvortrag. 20 Vorsitzende Richterin am [X.] [X.] [X.] [X.] ist urlaubsabwesend und verhindert zu unterschreiben. [X.] [X.] [X.]
Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 02.06.2005 - 8 O 455/04 - [X.], Entscheidung vom 31.01.2006 - 22 U 112/05 -

Meta

XII ZR 24/06

24.10.2007

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.10.2007, Az. XII ZR 24/06 (REWIS RS 2007, 1270)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 1270

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