Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.02.2017, Az. 3 StR 455/16

3. Strafsenat | REWIS RS 2017, 15325

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:210217B3STR455.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 455/16
vom
21. Februar 2017
in der Strafsache
gegen

wegen gefährlicher Körperverletzung

-
2
-
Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 21. Februar 2017 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 24.
Mai 2016 mit den [X.].

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.] des [X.] zurückverwiesen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverlet-zung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt,
deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Seine dagegen gerich-tete, auf die Sachrüge gestützte Revision hat Erfolg.
1. Nach den vom [X.] getroffenen Feststellungen fasste der An-geklagte
gemeinsam mit den gesondert verfolgten

[X.]

,

[X.]

,

V.

sowie
einer
unbekannten
männlichen
Person den Entschluss, mit dem Zeugen Go.

ein "klärendes Gespräch"
wegen eines gescheiterten Drogengeschäfts
zu
führen.

[X.]

klingelte an der Haustür des Zeugen Go.

und versuchte zunächst, ihn unter dem Vorwand einer Autopanne nach draußen zu locken. Als dieser sich weigerte, vor die Tür zu treten oder Einlass 1
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zu gewähren, schlug

[X.]

ihm unvermittelt mit der Faust ins Gesicht und rief gleichzeitig seine Begleiter herbei, die sich zwischenzeitlich mit schwarzen Sturmhauben maskiert hatten und nun in die Wohnung stürmten. Hierbei war ihnen bewusst, dass es zu einer körperlichen Auseinandersetzung mit dem Zeugen kommen sollte; auch der Angeklagte war bereit, daran mitzuwirken. Zwischen

[X.]

und dem Zeugen Go.

entwickelte sich "ein Gerangel", das sich vom Flur ins Bad verlagerte, wohin ihnen mindestens einer der [X.] folgte. Die anderen Eindringlinge begaben sich in Richtung des Wohn-zimmers und trafen auf die Zeugin F.

. Während ein Maskierter weiter in das Schlafzimmer ging, bedrohte ein anderer die Zeugin mit einer Waffe und schlug ihr damit gegen den Kopf, um ihre Gegenwehr zu unterbinden. Nunmehr kam auch der Zeuge Go.

ins Wohnzimmer; ihm
folgten nach kurzer Zeit

[X.]

und ein Maskierter. Einer der Maskierten veranlasste den Zeugen Go.

mit der Drohung, ihm im Falle der Weigerung ins Bein zu schießen, sein n-ständen der Geschädigten verließen die Täter die Wohnung. Der Zeuge Go.

erlitt durch den Faustschlag sowie durch
die weitere Auseinandersetzung eine blutende Verletzung im Bereich der Nase und eine weitere Verletzung unter-halb des linken Auges.
2. Das [X.] hat in dem [X.] in die Wohnung und der Teilnahme an der Demonstration einer erheblichen physischen Präsenz und zahlenmäßiger Überlegenheit eine mittäterschaftliche Beteiligung des Ange-klagten an einer gefährlichen Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB zum Nachteil des Zeugen Go.

gesehen.
Diese Bewertung hält rechtlicher [X.] nicht stand.

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a) Bei Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht, ist Mittäter im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB, wer seinen eigenen Tatbeitrag so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Hand-lung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen [X.] erscheint. Mittäterschaft erfordert dabei zwar nicht zwingend eine Mitwirkung am [X.] selbst; ausreichen kann auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorberei-tungs-
oder Unterstützungshandlung beschränkt. Stets muss sich diese Mitwir-kung aber nach der Willensrichtung des sich [X.] als Teil der Tätigkeit aller darstellen. Ob danach Mittäterschaft anzunehmen ist, hat der Tatrichter aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände zu prüfen; maßgebliche Kriterien sind der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen (st. Rspr.; vgl. etwa [X.], Urteile
vom 15. Januar 1991 -
5 [X.], [X.]St 37, 289, 291
mwN;
vom 17. Oktober 2002 -
3 [X.], [X.], 253, 254; Beschluss vom 2. Juli 2008 -
1 [X.], [X.], 25, 26).
b) Nach diesen Maßstäben begegnet die Annahme mittäterschaftlichen Handelns des Angeklagten durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Hinsichtlich des initialen [X.] ist eine Mittäterschaft des Angeklagten schon [X.] zweifelhaft, weil der gesondert verfolgte [X.]

erst danach den Angeklag-ten und die weiteren Beteiligten, die sich bis dahin in der Nähe ihres Fahrzeugs aufhielten, hinzurief. Ein zuvor gefasster gemeinsamer Entschluss zur gleichbe-rechtigten, arbeitsteiligen Deliktsbegehung oder ein Beitrag im [X.], der so große Bedeutung hat, dass er in (mit-)bestimmender Weise in das [X.] hineinwirkte, ist nicht festgestellt. Das bloße Einver-4
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ständnis mit Gewalthandlungen und die Billigung einer bereits verwirklichten Tat können die Mittäterschaft jedoch nicht begründen (vgl. [X.], Beschluss vom 12.
Februar 1997 -
2 StR 28/97, [X.], 272; SSW-StGB/Murrmann, StGB 3. Aufl., § 25 Rn. 39 mwN). Eine sukzessive Zurechnung setzt vielmehr voraus, dass der Hinzutretende in der Vorstellung handelt, die Herbeiführung des tatbestandsmäßigen Erfolges durch sein eigenes Handeln weiter zu fördern (vgl. [X.], Beschluss vom 18. Mai 2010 -
5 [X.], [X.], 296; [X.], Urteil vom 1. Dezember 2011
-
5 [X.], NStZ
2012, 207, 208). Hin-reichende Feststellungen dazu fehlen ebenso wie zu konkreten weiteren Ver-letzungshandlungen nach dem Eintreffen des Angeklagten.
c) Auch unter der der rechtlichen Würdigung der [X.] zugrunde liegenden Annahme, dass

[X.]

dem Zeugen Go.

im Zuge der [X.] weitere Schläge versetzte, ist eine täterschaftliche Beteiligung des Angeklag-ten daran nicht rechtsfehlerfrei belegt, da es an einer den genannten [X.] genügenden Gesamtbewertung fehlt. Die Erwägung des [X.], dem Angeklagten sei bewusst gewesen, dass nicht nur eine verbale Klärung geplant, sondern Gewalt angewendet werden sollte, weil sonst die Maskierung völlig sinnlos gewesen wäre, genügt zur Abgrenzung von Täterschaft und Teil-nahme nicht, da auch beim Teilnehmer ein Interesse daran, nicht wiederer-kannt zu werden, naheliegt und sein Wissen um die Haupttat ihn nicht schon zum Mittäter macht. Auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen kommt daher auch eine bloße Beihilfe (§ 27 StGB) des Angeklagten in Be-tracht.
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3. Das angefochtene Urteil kann daher keinen Bestand haben. Die
Sache bedarf insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung.
[X.] Schäfer

Ri'in[X.] Dr.
Spaniol befindet

sich im Urlaub und ist daher

gehindert zu unterschreiben.

[X.]

Berg Hoch
7

Meta

3 StR 455/16

21.02.2017

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.02.2017, Az. 3 StR 455/16 (REWIS RS 2017, 15325)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 15325

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Beteiligung an einer Straftat: Mittäterschaft oder Beihilfe bei aktiver Beteiligung an einem schweren Raub


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5 StR 360/11

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