Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.07.2004, Az. 1 StR 129/04

1. Strafsenat | REWIS RS 2004, 2497

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 129/04
vom 6. Juli 2004 in der Strafsache gegen

wegen Verstoßes gegen das [X.] ([X.]) - 2 - Der 1. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 6. Juli 2004, an der teilgenommen haben: [X.] am [X.] [X.]

und [X.] am [X.] Dr. Wahl, [X.], [X.]in am [X.] Elf, [X.] am [X.] Dr. [X.],

Bundesanwalt

als Vertreter der [X.],

Rechtsanwalt

als Verteidiger,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
- 3 - 1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 27. Oktober 2003 wird verworfen. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. 2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorgenannte Urteil mit den Feststellungen aufgehoben, soweit von einer Verfallsanordnung abgesehen wurde. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten dieses Rechts-mittels, an eine andere Strafkammer des [X.]. Von Rechts wegen

Gründe:

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Verstoßes gegen das [X.] gemäß § 34 Abs. 4 [X.] i.V.m. § 69e Abs. 2 Buchst. [X.] in 67 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Der Angeklagte rügt mit seiner Revision die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die zuungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der - 4 - Staatsanwaltschaft ist wirksam auf die Nichtanordnung des Verfalls beschränkt. Die Revision des Angeklagten ist unbegründet; das Rechtsmittel der Staatsan-waltschaft hat Erfolg. Das [X.] hat im wesentlichen folgendes festgestellt: Der Ange-klagte stammt aus dem [X.] und ist anerkannter Flüchtling. In dem Zeitraum von Dezember 2000 bis Januar 2003 verhalf er gegen Entgelt in [X.] ansässigen Landsleuten dazu, Geldbeträge an Privatleute im Zentral- und Süd-irak zu übermitteln. Zu welchen Zwecken das Geld im [X.] verwendet werden sollte, wurde dem Angeklagten von den Auftraggebern nicht gesagt und von ihm auch nicht hinterfragt. Er ging in der Weise vor, daß er die von den [X.] Auftraggebern gegen Quittung entgegengenommenen Geldbeträge, die sich überwiegend im vierstelligen Bereich bewegten, zunächst auf eigenen Bankkonten ansammelte und sodann in regelmäßigen Abständen gebündelt auf ein Konto [X.] Landsleute in [X.], die ein Netzwerk zur Geldver-teilung im [X.] aufgebaut hatten, überwies. Von dort wurde das Geld von Boten in den [X.] verbracht und von weiteren Boten an die einzelnen Empfänger ver-teilt. Die Gelder waren auf diese Weise meist innerhalb einer Woche ab Ein-gang beim Angeklagten an ihrem jeweiligen Bestimmungsort im [X.] angekom-men. Über die Genehmigungspflicht für Zahlungen an im [X.] ansässige Per-sonen (§ 69e Abs. 2 Buchst. [X.]) setzte sich der Angeklagte hinweg. Er erhielt von den Auftraggebern jeweils eine Provision in Höhe von 3 % des [X.]. Insgesamt veranlaßte der Angeklagte mindestens 68 Geldüberweisungen mit einer Gesamtsumme von 2.255.031 •. Der Angeklagte hat in der Hauptverhandlung vor dem [X.] ein umfassendes Geständnis abgelegt. - 5 - Das [X.] ist davon ausgegangen, daß der Angeklagte - als Mittä-ter in das Netzwerk zur Geldverteilung im [X.] eingebunden - durch jede der jeweils aus mehreren Einzahlungen gespeisten Überweisung nach [X.] einen Embargoverstoß beging. [X.] Die Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg. 1. Das [X.] hat im Ergebnis zu Recht angenommen, daß der An-geklagte die Strafbestimmungen zum Schutze des [X.]s verletzt hat. a) Der Straftatbestand des § 34 Abs. 4 [X.] i.V.m. § 69e Abs. 2 Buchst. [X.] wurde zwar erst durch das Verbringen der einzelnen Geldbe-träge von [X.] in den [X.] und deren Verteilung an die einzelnen [X.] erfüllt; diese Ausführungshandlungen hat der Angeklagte, dessen Tat-beiträge sich auf die Entgegennahme der einzelnen Beträge in [X.], die [X.] nach [X.] und die Benennung der Empfänger beschränkte, nicht selbst durchgeführt. Er handelte jedoch nach den [X.] von ihm selbst wesentlich mitgestalteten "ausgeklügelten Sy-stem von Banken, Konten und Boten zur Durchführung der Taten im Rahmen einer Organisation". Er muß sich deshalb die dem Gesamtplan entsprechenden Tatbeiträge seiner Mittäter, die die Gelder in den [X.] brachten und an die Empfänger verteilten, gemäß § 25 Abs. 2 StGB zurechnen lassen. b) Allerdings hat das [X.] das Konkurrenzverhältnis der dem [X.] zuzurechnenden Einzelakte unzutreffend bewertet. Richtig ist zwar im Ausgangspunkt, daß die Frage der Handlungseinheit oder -mehrheit bei einer durch mehrere Personen begangenen Deliktsserie für jeden der Beteilig-ten gesondert zu prüfen und zu entscheiden ist, wobei maßgeblich der Umfang des [X.] jedes Tatbeteiligten ist (vgl. [X.] in [X.]. - 6 - § 52 Rdn. 16 m. zahlr. Nachw.). Hat jedoch ein Mittäter einen mehrere Einzel-delikte fördernden Tatbeitrag bereits im Vorfeld erbracht - hier die jeweilige Sammelüberweisung nach [X.] - und sich an der weiteren Ausführung der Taten nicht mehr beteiligt, so hat er den Straftatbestand nicht nur einmal verletzt. Es werden ihm vielmehr die einzelnen Taten der anderen Mittäter als gemäß § 52 Abs. 1 2. Alt. StGB (gleichartige Tateinheit) tateinheitlich began-gen zugerechnet (vgl. BGHR StGB § 52 Abs. 1 Handlung, dieselbe 26; BGH StV 2002, 73). Auch wenn die Zahl der Einzelaufträge nicht festgestellt ist, sieht der Senat von einer Änderung des Schuldspruchs ab, da der Angeklagte durch diesen Rechtsfehler nicht beschwert ist (vgl. BGHSt 8, 34, 37; Senatsbeschluß vom 22. August 2001 - 1 [X.]). Der Schuldgehalt der Tat wird von der anderen rechtlichen Bewertung des [X.] nicht berührt (vgl. [X.], Beschluß vom 1. März 2004 - 2 BvR 2251/03). Es kann ausgeschlos-sen werden, daß der Strafausspruch des [X.]s von der unzutreffenden Bewertung der Einzelfälle beeinflußt ist. Insbesondere hätte für den Angeklag-ten auch nicht der Strafrahmen des minder schweren Falles (§ 34 Abs. 4 Satz 2 [X.]) zur Anwendung kommen können, und zwar auch dann nicht, wenn - was wegen der Vielzahl der Fälle und des gewerblichen Vorgehens des Angeklag-ten eher fern liegt - einige der Einzelfälle wegen ihres geringen [X.] als minder schwere Fälle hätten eingestuft werden können. Bei mehrfacher Verwirklichung desselben Gesetzes durch dieselbe Handlung - die jeweilige Sammelüberweisung - ist der Strafrahmen unmittelbar dem mehrfach tateinheit-lich verletzten Strafgesetz zu entnehmen (vgl. [X.] in [X.]/[X.] StGB 26. Aufl. § 52 Rdn. 33). Da jede Sammelüberweisung auch höhere - überwie-gend vierstellige - Einzelbeträge enthielt, für die die Annahme eines minder schweren Falles offensichtlich ausscheidet, kam für die mit der jeweiligen - 7 - Sammelüberweisung begangenen [X.] insgesamt nur der Normalstraf-rahmen des § 34 Abs. 4 Satz 1 [X.] in Betracht. 2. Das [X.] brauchte im Rahmen der Strafzumessung nicht der Frage nachzugehen, ob Zahlungen der einzelnen Auftraggeber des Angeklag-ten ausschließlich humanitären Zwecken dienten und deshalb genehmigungs-fähig gewesen wären. In einem solchen Fall würde sich zwar der Unrechtsgehalt des Tuns im Handeln ohne die erforderliche Genehmigung erschöpfen, so daß die Annah-me minder schwerer Fälle in Betracht zu ziehen wäre (Senat NStZ-RR 2003, 55). Hier liegt der Fall jedoch anders. Das [X.] hat tragfähig begründet, daß der Angeklagte selbst, dessen Schuld unabhängig von dem Maß der Strafbarkeit anderer Beteiligter zu beurteilen ist (§ 29 StGB), für die von ihm vorgenommenen Handlungen in keinem Falle eine - von ihm im übrigen auch überhaupt nicht angestrebte - Genehmigung erhalten hätte und deshalb nicht nur einen Formalverstoß begangen hat. Der Angeklagte ging konspirative Wege, die jeglicher Überprüfung durch die Genehmigungsbehörde entzogen waren. Der Zweck der Zahlungen der einzelnen Auftraggeber war ihm gleichgültig. Auch wegen Art und Höhe der von ihm praktizierten [X.] aus einer Vielzahl von Einzelzah-lungen schied eine Genehmigung aus, weil sie eine Überwachung der Einhal-tung der Embargovorschriften unmöglich machten. Der Verstoß des Angeklagten erschöpft sich damit nicht in einem bloßen Handeln ohne Genehmigung. Der Genehmigungsvorbehalt des § 34 Abs. 4 [X.] i.V.m. § 69e Abs. 2 Buchst. [X.] dient dem Schutz der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik [X.]. Die UN-Resolution verlangt von - 8 - den Mitgliedstaaten eine effektive Durchsetzung des Embargos, die eine um-fassende verwaltungsrechtliche Überwachung von dessen Einhaltung bedingt. Schon eine unzureichende Effizienz dieser Überwachung ist geeignet, die Be-ziehungen [X.]s zur [X.] erheblich zu belasten und seinem Ansehen zu schaden (Senat aaO). Das im Hinblick auf das geschützte Rechtsgut pflichtwidrige Handeln des Angeklagten stellt daher auch einen ma-teriellen Verstoß gegen die Strafbestimmung dar. Angesichts dessen, daß das [X.] Einzelstrafen am unteren Rand des eröffneten Strafrahmens verhängt und sie - bei 67 [X.] - straff zu-sammengezogen hat, bestehen auch im übrigen gegen den Strafausspruch keine Bedenken. 3. Da es - wie dargelegt - für die Strafbarkeit des Angeklagten nicht dar-auf ankam, ob die Zahlungen einzelner Auftraggeber des Angeklagten humani-tären Zwecken gedient hatten, bleibt auch der dahingehenden Aufklärungsrüge der Erfolg versagt. - 9 - I[X.] Die Revision der Staatsanwaltschaft greift durch. Aus den Feststellungen ergibt sich, daß der Angeklagte für die von ihm begangenen 67 Straftaten 67.650.91 • Provision im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt hat. Dies hat das [X.] nicht beachtet. Vielmehr war es zwingend geboten, in Höhe des sich nach dem [X.] ergebenden Geldbetrages den Verfall (des Wertersatzes) anzuordnen, soweit nicht die Här-tevorschrift des § 73c Abs. 1 StGB entgegensteht. [X.]

Wahl Kolz

Elf

[X.]

Meta

1 StR 129/04

06.07.2004

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.07.2004, Az. 1 StR 129/04 (REWIS RS 2004, 2497)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2497

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