Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.05.2012, Az. V ZB 36/12

V. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 6571

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V [X.]
36/12
vom

10. Mai 2012

in der Grundbuchsache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 19, § 27 Satz 1
Zu der Löschung einer Grundschuld an einem herrenlosen Grundstück bedarf es weder der Zustimmung eines für den Eigentümer handelnden Pflegers noch der des früheren Eigentümers.
[X.], Beschluss vom 10. Mai 2012 -
V [X.] 36/12 -
OLG [X.]/Main

[X.]

-

2

-
Der V. Zivilsenat des [X.] hat am 10. Mai 2012 durch [X.] [X.], [X.] und [X.] und die Richterinnen Dr. [X.] und Weinland

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel der beteiligten Gläubigerin werden der Be-schluss des [X.]s [X.] am Main vom
5. Januar 2012 und die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Fritzlar

Grundbuchamt

vom 22. März 2011 aufgehoben.
Das Amtsgericht Fritzlar

Grundbuchamt

wird angewiesen, den Vollzug des Antrags auf Löschung der in [X.] nicht aus den in der genannten [X.] angeführten Gründen zu verweigern, soweit diese auf das Erfordernis einer Zustimmung des Eigentümers bezogen sind.
Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 3.000

Gründe:

I.
Zugunsten der Beteiligten sind an dem im Eingang dieses Beschlusses bezeichneten Grundstück sechs Grundschulden eingetragen. Die Eigentümerin 1
-

3

-
gab das Eigentum an dem Grundstück durch Verzicht gemäß §
928 Abs.
1 [X.] auf. Die Beteiligte beantragt die Löschung der in Abteilung [X.] Nr.
1 des Grundbuchs eingetragenen Grundschuld unter Vorlage der [X.], weil sie aus dem in Abteilung [X.] Nr. 2 eingetragenen Recht die Zwangsversteigerung betreibt. Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung vom 22. März 2011 darauf hingewiesen, dass die Löschung die Zustimmung des Eigentümers voraussetze und diese gegebenenfalls im Klagewege zu [X.] sei. Die Beschwerde hat das [X.] zurückgewiesen. [X.] wendet sich die Beteiligte mit der Rechtsbeschwerde, mit der sie erreichen will, dass das Grundbuchamt die Löschung nicht aus den in der Zwischenver-fügung genannten Gründen verweigern darf.

II.
Das Beschwerdegericht meint, die Löschungsbewilligung des Gläubigers reiche für die Löschung einer Grundschuld an einem herrenlosen
Grundstück nicht aus. Weil ein gegenwärtiger Eigentümer nicht existiere, müsse die gemäß § 27 [X.] erforderliche Zustimmung des Eigentümers im Klageverfahren er-setzt werden, indem gemäß §
58 ZPO ein Pfleger eingesetzt werde. Grund für das Zustimmungserfordernis sei der Schutz des möglicherweise fortbestehen-den Interesses des Eigentümers an dem Erhalt einer Eigentümergrundschuld oder eines entsprechenden Anwartschaftsrechts. Es müsse verhindert werden, dass Interessen des früheren Eigentümers, des Aneignungsberechtigten oder ablösungsberechtigter Dritter, die bereits Zahlungen auf die Grundschuld ge-leistet hätten, bei der Löschung unberücksichtigt blieben.

2
-

4

-
[X.].
Die gemäß § 78 Abs. 1 [X.] statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Zu Unrecht nimmt das Beschwerdegericht an, dass ein Pfleger die Interessen des Eigentümers wahrzunehmen und die [X.] zu der Löschung der Grundschuld zu erteilen hat.
1. Gemäß § 27 Satz 1 [X.] darf eine Grundschuld nur mit Zustimmung des Eigentümers des Grundstücks gelöscht werden. Nach dem Wortlaut der Norm bedarf es bei einem herrenlosen Grundstück keiner Zustimmung, weil der Eigentümer im Zeitpunkt der Löschung gemeint ist (Bauer/v. Oefele/[X.], [X.], 2. Aufl., § 27 Rn. 28; [X.], [X.], 28. Aufl., § 27 Rn. 15; Lem-ke/[X.]/[X.], Immobilienrecht, § 27 [X.] Rn. 9; Meikel/[X.], [X.], 10. Aufl., § 27 Rn. 82). Einen solchen gibt es aufgrund der Dereliktion nicht.
2. Eine analoge Anwendung von § 27 Satz 1 [X.] auf den Sonderfall der Dereliktion
scheidet aus, weil es an einer Regelungslücke fehlt und es der Erteilung der Zustimmung durch einen Pfleger nicht bedarf. § 27 Satz 1 [X.] bezweckt allein den Schutz des Eigentümers. Ihm soll ein durch Zahlungen auf das Grundpfandrecht entstandenes, aus dem Grundbuch nicht ersichtliches Eigentümergrundpfandrecht nicht ohne seine Zustimmung genommen werden können (BeckOK-[X.]/[X.], Stand 1.3. 2012, § 27 Rn.
2; [X.]/
[X.]/[X.], aaO, § 27 Rn. 1; Meikel/[X.], aaO, § 27 Rn.
1). Entgegen der Auffassung des [X.] schützt die Norm weder den [X.] als möglichen zukünftigen Eigentümer noch den früheren Eigentümer oder Dritte, die Zahlungen auf die Grundschuld geleistet haben. Das zeigt sich schon daran, dass der Aneignungsberechtigte nach der [X.] die Zustimmung erteilen kann, ohne auf die Interessen Dritter Rücksicht nehmen zu müssen. Die Einsetzung eines Pflegers wäre sinnlos. Er dürfte bei seiner Entscheidung nur die Interessen des nicht vorhandenen gegenwärtigen 3
4
5
-

5

-
Eigentümers wahrnehmen und sich nicht von denjenigen Dritter leiten lassen. Solche Interessen gibt es nicht, weil zugunsten eines nicht vorhandenen Eigen-tümers kein Eigentümergrundpfandrecht entstehen kann.
3. Ebenso wenig ergibt sich aus §
19 [X.] ein Bewilligungserfordernis für Dritte (vgl. [X.]/[X.]/[X.], aaO, § 27 Rn. 10). Insbesondere die frühere Eigentümerin muss auch dann nicht zustimmen, wenn man mit der überwiegenden Ansicht davon ausgeht, dass sich eine durch Zahlung des [X.] auf die Grundschuld entstehende Eigentümergrundschuld mit der [X.] in eine Fremdgrundschuld umwandelt ([X.]/[X.], [X.], 71. Aufl., § 928 Rn.
3; MünchKomm-[X.]/[X.], 5. Aufl., § 928 Rn.
11). Ein solches Recht der früheren Eigentümerin hätte das Grundbuchamt nämlich nur dann zu beachten, wenn es für dessen Entstehung Anhaltspunkte gäbe, durch die die Vermutung gemäß §
891 Abs. 1 [X.] zugunsten der [X.] als eingetragener Grundschuldgläubigerin widerlegt wäre ([X.]/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl., Rn. 2757; für den Sonderfall der Höchstbetragshypothek OLG [X.], [X.] 1984, 85, 86; [X.], aaO, § 27 Rn. 15; [X.], Rpfleger 2004, 348, 349 jeweils mwN). Einen solchen Geschehensablauf hat das Beschwerdegericht nicht festgestellt;
für ihn ist auch nichts ersichtlich.
6
-

6

-
IV.
Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 131 Abs. 4, § 30 Abs. 2 Satz 1 KostO.

Krüger

Schmidt-Räntsch

Ri[X.] [X.] ist infolge

Urlaubs an der Unterschrift

gehindert.

[X.], den 18. Mai 2012

Der Vorsitzende

Krüger

[X.]

Weinland

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 22.03.2011 -
BW-5025-17 -

OLG [X.]/Main, Entscheidung vom 05.01.2012 -
20 W 162/11 -

7

Meta

V ZB 36/12

10.05.2012

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.05.2012, Az. V ZB 36/12 (REWIS RS 2012, 6571)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 6571

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

V ZB 36/12 (Bundesgerichtshof)

Grundbuchverfahrensrecht: Zustimmungserfordernis bei Löschung einer Grundschuld an einem herrenlosen Grundstück


V ZB 131/16 (Bundesgerichtshof)

Grundbuchsache: Nachweis für die Befugnis des Antragstellers zur Abgabe der Zustimmungserklärung zur Löschung einer Grundschuld …


V ZB 131/16 (Bundesgerichtshof)


34 Wx 18/16 (OLG München)

Zur Pfändbarkeit des Zustimmungsrechts des Eigentümers auf Löschung einer Grundschuld


V ZB 209/12 (Bundesgerichtshof)

Grundbuchsache: Voraussetzungen der Löschung eines Nacherbenvermerks


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

V ZB 36/12

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.