Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.01.2014, Az. VI ZR 469/12

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 8780

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VI ZR 469/12
Verkündet am:

14. Januar 2014

Holmes

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

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Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 14.
Januar 2014 durch den Vorsitzenden [X.], die Richterin
[X.], [X.], die Richterin von [X.] und den Richter
[X.]
für Recht erkannt:
Auf die Revision der [X.] wird der Beschluss des 27.
Zivilsenats des [X.] vom 20.
September 2012 aufgehoben.
Die Sache wird zur Verhandlung und neuen
Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Kläger machen gegen die Beklagte, eine Aktiengesellschaft nach [X.] Recht, deliktische Schadensersatzansprüche wegen des Erwerbs von Anteilen an der [X.] geltend.
Die Kläger zu
1 und 3 sind die Söhne des [X.] zu 2. Der Kläger zu
1 erwarb am 29.
Mai 1999 über den Anlagevermittler B. nicht börsennotierte [X.] der [X.] im Wert von 40.500
DM. [X.] erwarb er weitere Ak-1
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tien im Wert von 20.345
DM. Der Kläger zu
2 zeichnete am 25.
Januar 2001 Aktien im Wert von 51.132,78

3 erwarb am 29.
Mai 1999 Aktien im Wert von 64.165
DM und im Jahr 2000 Aktien im Wert von 31.300
DM. An-fang 2001
geriet der Konzern, zu dem die Beklagte gehört, in wirtschaftliche Schwierigkeiten.
Die Kläger behaupten, ihnen sei [X.] zugesagt worden, dass der je-weilige Anlagebetrag auf Verlangen innerhalb von drei Monaten an sie [X.] werde. Hätten sie gewusst, dass es sich um Aktien mit unternehmeri-schem Risiko und der Möglichkeit des Totalverlustes handle, hätten sie die [X.] nicht getätigt.
Das [X.] hat den auf Rückzahlung der Anlagebeträge gerichteten
Klagen stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der [X.] hat das Berufungsgericht durch Beschluss zurückgewiesen. Mit der vom Senat zuge-lassenen Revision verfolgt die Beklagte das Ziel der Abweisung der Klagen
wei-ter.

Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Der Anspruch gegen die Beklagte ergebe sich aus §
823 Abs.
2,
§
31 BGB, §
263 StGB. Der Vorstandsvorsitzende der [X.], [X.], habe ge-genüber Anlegern in einem Schreiben im [X.] erklärt, dass hinsichtlich der Aktien eine Kündigungsmöglichkeit bestünde und das Geld in einem Zeit-raum von drei Monaten zurückbezahlt werde. Hierdurch sei bei den Anlegern der Eindruck erweckt worden, dass sie einen von der wirtschaftlichen Situation 3
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der [X.] unabhängigen garantierten rechtlichen Anspruch auf Rücknahme der Aktien gegen Rückzahlung der Einlagen hätten, was für den Erwerb der Papiere entscheidend gewesen sei. Die Realisierung der Zusage habe letztlich von der wirtschaftlichen Situation der [X.] und der für die Zukunft nicht kalkulierbaren,
keineswegs sicheren Nachfrage auf dem Zweitmarkt abgehan-gen. Dies habe der Vorstandsvorsitzende H.
B. gewusst. Ohne die Anleger über die Unwägbarkeiten zu informieren, habe die Beklagte die [X.]. Sie habe es letztlich dem Zufall überlassen, ob sich die Gefahr, dass das Kapital nicht zurückgezahlt werden könne, verwirkliche oder nicht.

II.
Die Revision ist begründet.
1. Erfolglos bleibt
allerdings die
Rüge der
Revision, dass dem angefoch-tenen Beschluss nicht zu entnehmen sei, ob die Entscheidung einstimmig er-gangen ist.
Es ist nicht schon deshalb anzunehmen, dass der Zurückweisungs-beschluss
nicht einstimmig gefasst worden ist, weil
dort
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anders als im Hin-weisbeschluss
-
die Einstimmigkeit nicht ausdrücklich erwähnt
ist. Zwar ist die einstimmige Beschlussfassung zwingende Voraussetzung dafür, dass es einer mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht nicht bedarf
([X.]/[X.], ZPO 30.
Aufl., §
522 Rn.
32). Jedoch ist, wenn das Berufungsgericht -
wie hier
-
nach §
522 Abs.
2 ZPO verfahren ist, grundsätzlich davon auszugehen, dass das gesetzlich bestimmte Erfordernis gewahrt worden ist.

2. Die Revision rügt mit Erfolg, dass das Berufungsgericht den Vortrag der [X.] außer [X.] gelassen hat, wonach
diese
erst im Jahre 1997 ge-gründet worden sei
und keine Umstände festgestellt sind, die die Zurechnung 7
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des Inhalts des Schreibens aus dem [X.], in dem der Vorstandsvorsit-zende [X.] die Rücknahme der Aktien zusicherte,
begründen würden (§
286 ZPO).
Die in §
31 BGB normierte haftungsrechtliche Zurechnung knüpft an die Fähigkeit des Organs an, für die juristische Person zu handeln (vgl. [X.] vom 13.
Januar 1987 -
VI
ZR 303/85, [X.], 298, 299f.
und vom 8.
Juli 1986 -
VI
ZR 47/85, [X.], 148, 151). Die Einstandspflicht der juristischen Person setzt deshalb voraus, dass das Organ in dem
ihm zugewiesenen [X.] handelte (vgl. Senatsurteile vom 5.
Dezember 1958 -
VI
ZR 114/57, [X.], 80, 81; vom 20.
Februar 1979 -
VI
ZR 256/77, [X.], 115
= VersR 1979, 523, 524; vom 8.
Juli 1986 -
VI
ZR 47/85 aaO, 151f.
und vom 13.
Januar 1987 -
VI
ZR 303/85 aaO, 300). Für das zum Schadensersatz ver-pflichtende Verhalten des H.
B. muss die Beklagte in zeitlicher Hinsicht
mithin
nur insoweit einstehen, als H.
B. als ihr Organ gehandelt hat. Das war in der
Zeit nach ihrer Gründung der Fall.
Mangels entsprechender Feststellungen ist revisionsrechtlich vom Vor-trag der [X.] auszugehen, wonach sie zusammen mit ihrer Schwesterge-sellschaft K.

A. S. erst im Jahre 1997 gegründet worden ist. Wurde die Beklagte aber erst
im Jahr
1997 gegründet, konnte
ihr Vorstandsvor-sitzender nicht bereits bei Abfassung des Schreibens im [X.] für sie in einem ihm zugewiesenen Wirkungskreis handeln. Daran änderte
sich auch dann nichts, wenn der Vorstandsvorsitzende im Jahre 1995 für eine andere ju-ristische Person gehandelt hätte, die zum selben Konzern gehörte. Umstände, aufgrund derer
sich die Beklagte Erklärungen
des H.
B.
vor ihrer Gründung [X.] lassen müsste, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.
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3. Danach war der Beschluss des Berufungsgerichts aufzuheben und die Sache zur Verhandlung und neuen Entscheidung an das Berufungsgericht zu-rückzuverweisen.
Das Berufungsgericht wird dabei auch den
in
der [X.] gebrachten Vortrag der Parteien hinsichtlich eines zu Schadensersatz verpflichtenden
Verhaltens
des H.
B., für das die Beklagte nach §
31 BGB ein-stehen müsste,
unter Berücksichtigung der Darlegungen des erkennenden Se-nats im Urteil vom 4. Juni 2013 -
VI
ZR 288/12, [X.], 1144 ff. zu prüfen haben.
Galke
[X.]
Pauge

von [X.]
[X.]

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 16.05.2012 -
1 O 1399/09 -

OLG [X.] in [X.], Entscheidung vom 20.09.2012 -
27 U 2612/12 -

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Meta

VI ZR 469/12

14.01.2014

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.01.2014, Az. VI ZR 469/12 (REWIS RS 2014, 8780)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8780

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