Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.11.2004, Az. XII ZR 332/01

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 939

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] ZR 332/01 Verkündet am: 3. November 2004 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

BGB §§ 1833, 1915 Abs. 1 Zum Umfang der Pflichten eines [X.]s bei der Geltendmachung und Sicherung von Gewinnanteilen aus einem Unternehmen und zu den Voraussetzun-gen eines Schadensersatzanspruchs aufgrund der Verletzung dieser Pflichten. [X.], Urteil vom 3. November 2004 - [X.][X.]

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 3. November 2004 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.], [X.], Prof. Dr. [X.] und Dose für Recht erkannt: Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 19. Zivilsenats des [X.] vom 1. März 2001 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlan-desgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Kläger verlangen vom [X.]n Schadensersatz in Höhe von 108.382,35 [X.] aus einer Pflichtverletzung, welche sie ihm als ihrem früheren Pfleger im Zusammenhang mit einer Schenkung zu Last legen. Die am 20. Januar 1974 bzw. 20. Dezember 1975 geborenen Kläger sind die Enkel der am 20. Februar 1996 verstorbenen [X.].. Dieser stand ein Nießbrauch an einem Drittel des Kommanditanteils ihres verstorbenen Ehe-manns an der [X.] (im folgenden: [X.]) zu. 1983 trat [X.]. mit [X.] an die Kläger jeweils 25 % dieses Nießbrauchs ab. Der Aufgabenkreis des [X.]n, der bereits zuvor zum [X.] der - 3 - damals minderjährigen Kläger bestellt worden war, wurde auf diese Schenkung erweitert. In der Folgezeit wurde für [X.]. ein [X.] bestellt. Der [X.], zuletzt Rechtsanwalt [X.], bestritt die Wirksamkeit der Abtre-tung an die Kläger unter Berufung auf die angeblich fehlende [X.] der [X.].. Auf Ersuchen des [X.]n hinterlegte deshalb die [X.] im Jahre 1987 Gewinne von insgesamt rund 190.000 [X.] zugunsten der Kläger und für [X.].. Ab 1987 führten die Kläger, vertreten durch den [X.]n, gegen [X.]. sodann einen Rechtsstreit auf Feststellung der Wirksamkeit der Abtretung. Im Rahmen dieses Rechtsstreits erhob [X.]. im Februar 1992 Widerklage mit dem Antrag, die Kläger zu verurteilen, in die Auszahlung weite-rer jeweils am 1. Juli 1989, 1990 und 1991 fällig gewordener Gewinne für die [X.], 1989 und 1990 in Höhe von insgesamt 108.382,35 [X.] (also der jetzigen Klagforderung) einzuwilligen. Aufgrund dieser Widerklage erfuhr der [X.] erstmals, daß diese Gewinne nicht, wie die 1987 ausgekehrten [X.], hinterlegt worden, sondern in der [X.] verblieben waren. Der [X.] forderte daraufhin am 7. November 1992 die [X.] auf, die auf die Kläger entfallenden Gewinne für 1988, 1989 und 1990 an diese auszu-zahlen oder zu hinterlegen. Die [X.] lehnte eine Auszahlung ab und verwies auf eine Abrede mit Rechtsanwalt [X.] als dem [X.] der [X.]., nach welcher die streitigen Gewinne in der Firma verbleiben sollten. Nachdem Rechtsanwalt [X.] die [X.] zur Hinterlegung dieser Gewinne aufgefordert hatte, teilte diese ihm am 4. Dezember 1992 mit, daß die Geschäftslage angespannt sei, man aber in dieser Woche 128.171,20 [X.] hinterlegen werde. [X.] teilte daraufhin am 23. Dezember 1992 dem [X.]n mit, daß die [X.] den zur Verfügung stehenden Betrag nunmehr ebenfalls beim Amtsgericht [X.] 4 - terlegen werde. Dazu kam es nicht. Im Dezember 1993 wurde über das Vermö-gen der [X.] der Konkurs eröffnet. Mit einer Konkursquote ist nicht zu rechnen. Nachdem 1995 in dem Rechtsstreit zwischen den Klägern und der [X.]. die Wirksamkeit der Schenkung rechtskräftig festgestellt worden war, forderte der [X.] am 1. Juli 1995 Rechtsanwalt [X.] auf, in die Auszahlung der von der [X.] hinterlegten Gewinne einzuwilligen. Rechtsanwalt [X.] teilte [X.] dem [X.]n mit, daß die [X.] zwar einen Hinterlegungsantrag gestellt habe, die Gewinne für 1988, 1989 und 1990 aber tatsächlich nicht hinterlegt habe. Die auf Schadensersatz gerichtete Klage hatte in beiden Instanzen kei-nen Erfolg. Mit der vom Senat angenommenen Revision verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe: Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.]. 1. Nach Auffassung des [X.]s stellt das Verhalten des [X.] keine objektive Pflichtverletzung dar, so daß schon deshalb ein Scha-densersatzanspruch der Kläger aus § 1833 in Verbindung mit § 1915 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht in Betracht komme. Denn der [X.] sei nicht gehalten ge-wesen, sofort bei Fälligkeit der [X.] zugunsten der Kläger zu drängen. Er habe vielmehr von der Möglichkeit ausgehen dürfen, daß den Klägern kein Anspruch auf diese Gewinne zustünde, - 5 - da die zu dieser [X.] im Rechtsstreit zwischen den Klägern und [X.]. erhol-ten Gutachten eher zu Ungunsten der Kläger ausgegangen seien. Diese [X.] sind nicht frei von Rechtsirrtum. Die Beurteilung, ob das Verhalten eines Pflegers eine Pflichtverletzung darstellt, ist im wesentlichen tatrichterlicher Natur. In der Revisionsinstanz ist allerdings zu prüfen, ob das Berufungsgericht bei seiner Würdigung den Rechtsbegriff der Pflichtverletzung verkannt hat (vgl. etwa [X.] Urteile vom 26. Januar 1984 - [X.]/81 - [X.], 556, 558 und vom 3. Juli 1986 - I ZR 171/84 - [X.], 1413, 1414; st. Rspr.). Das ist hier der Fall. Eine [X.] liegt in jeglichem Verstoß eines Pflegers gegen das Gebot treuer und gewissenhafter Amtsführung. Diese verlangt die konsequente Verfolgung der Interessen des Pfleglings. Daran hat es der [X.] fehlen lassen. Da er als Vertreter der Kläger im Rechtsstreit mit [X.]. die Wirksamkeit der Abtretung des [X.] an die Kläger geltend machte, gehörte es zur folgerich-tigen Wahrung der Interessen der Kläger, dafür zu sorgen, daß ihnen die [X.] aus dem ihnen angeblich zustehenden Nießbrauchsrecht zufließen. Der [X.] mußte sich deshalb vergewissern, welche Gewinne künftig auf die Kläger - wirksame Abtretung des Nießbrauchs unterstellt - entfallen würden; außerdem mußte er überlegen, wie er die Ansprüche auf diese Gewinne ange-sichts des laufenden Prozesses sinnvoll geltend machen könnte. Bei ordnungs-gemäßer Erfüllung dieser Pflicht hätte sich dem rechtskundigen [X.]n ohne weiteres die Notwendigkeit erschlossen, sich unverzüglich nach Fälligkeit über die Höhe und den Verbleib der fällig werdenden Gewinne Aufklärung zu [X.] und zumindest - entsprechend der bisherigen Übung - deren Hinterle-gung zu verlangen. 2. Das [X.] hat die Voraussetzungen eines Schadenser-satzanspruchs der Kläger nach § 1833 in Verbindung mit § 1915 Abs. 1 Satz 1 - 6 - BGB auch deshalb verneint, weil es jedenfalls an einem Verschulden des [X.] fehle. Aufgrund des Schreibens des Rechtsanwalts [X.] vom 23. Dezem-ber 1992 habe der [X.] davon ausgehen können, daß die Gewinne für 1988 bis 1990 noch im Dezember 1992 beim Amtsgericht hinterlegt würden. Daß der [X.] den Wahrheitsgehalt dieser Mitteilung nicht überprüft habe, gereiche ihm nicht zum Verschulden, da sich ein Rechtsanwalt auf Erklärungen eines Kollegen verlassen könne, falls nicht konkrete Anhaltspunkte ersichtlich seien, die Anlaß zu Zweifeln geben könnten. Das sei hier nicht der Fall. Auch diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Pflichtverletzung des [X.]n liegt - wie ausgeführt - bereits darin, daß dieser die jeweils am 1. Juli 1989, 1990 und 1991 fällig gewordenen [X.] für die [X.], 1989 und 1990 nicht alsbald nach deren Fälligkeit geltend gemacht hat. Folglich kann das Verschulden hinsichtlich dieser Pflicht-verletzung nicht deshalb entfallen, weil der [X.] am 23. Dezember 1992 - also rund dreieinhalb bis eineinhalb Jahre später - die Erklärung eines An-waltskollegen über die Hinterlegung dieser Gewinne erhielt. Zudem konnte der [X.] der Mitteilung seines Anwaltskollegen lediglich eine Absichtsbekun-dung der [X.] entnehmen, die Gewinne im Dezember 1992 hinterlegen zu [X.]. Bei der Mitteilung des Anwaltskollegen handelt es sich mit anderen Worten um eine Einschätzung des künftigen Verhaltens der [X.], die den [X.]n je-denfalls nicht von der Aufgabe entbinden konnte sich zu vergewissern, ob die von der [X.] angekündigte Hinterlegung auch tatsächlich erfolgt ist. 3. Was die Frage der Kausalität der schuldhaften Pflichtverletzung für den geltend gemachten Schaden angeht, haben die Kläger unter Beweisantritt vorgetragen, daß die [X.] die Gewinne für die [X.] bis 1990 zugunsten - 7 - der Kläger hinterlegt hätte, wenn der [X.] sofort bei Fälligkeit der jeweiligen Gewinnauszahlungsansprüche hierauf gedrängt hätte. Das [X.] hat hierüber keine Feststellungen getroffen. Im Revisionsverfahren ist deshalb von der Richtigkeit des klägerischen Vortrags auszugehen. 4. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht deshalb als im Ergebnis richtig, weil - wie der [X.] geltend macht - ein etwaiger Schadensersatzan-spruch verjährt wäre; denn die Verjährungsfrist beträgt für auf § 1833 (i.V. mit § 1935) BGB gestützte Ansprüche 30 Jahre (Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 EGBGB i.V. mit § 195 BGB a.F.; zum alten Verjährungsrecht vgl. Münch-Komm/[X.] BGB 4. Aufl. § 1833 Rdn. 1 unter Hinweis auf RG Recht 1907 Nr. 2575). 5. Nach allem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Der [X.] vermag allerdings in der Sache nicht abschließend zu entscheiden, da das [X.] - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - zur Ursächlichkeit der Pflichtverletzung des [X.]n für den von den Klägern erlittenen Schaden keine Feststellungen getroffen hat. Das [X.] wird diese Feststel-lungen nachzuholen haben. Hahne [X.] [X.] [X.] Dose

Meta

XII ZR 332/01

03.11.2004

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.11.2004, Az. XII ZR 332/01 (REWIS RS 2004, 939)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 939

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